Denn tatsächlich stehen die Lehrerinnen und Lehrer in unse rem Land vor großen Herausforderungen. Das wissen alle, die sich intensiv mit dem Thema befasst haben, und das haben wir in der CDU-Landtagsfraktion gründlich getan. Auch wir hatten eine Art Expertenkommission eingerichtet, die aller dings von Praktikern dominiert war. Es waren ganz viele Leh rer, ganz viele Menschen dabei, die jeden Tag im Klassenzim mer stehen und wissen, wovon sie reden.
(Beifall bei der CDU – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Der Herr Röhm! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Zum Beispiel!)
Wir können nicht verleugnen, dass sich die Gesellschaft ver ändert. Das heißt, auch Schule und Unterricht müssen sich än dern. Aber Schule ist nur so gut, wie der Unterricht ist, der dann erteilt wird. Das hat überhaupt nichts mit Schulstruktu ren zu tun. Der Unterricht ist natürlich nur so gut, wie die Leh rerinnen und Lehrer dazu ausgebildet sind. Die Lehrerinnen und Lehrer müssen richtig ausgebildet sein – das ist klar –, und sie müssen heutzutage mehr leisten als nur Wissensver mittlung. Sie müssen einen hohen Anteil an Erziehungsarbeit leisten, sie müssen Sozialarbeit leisten, sie müssen sich noch mehr als früher mit den unterschiedlichen Lern- und Lehrme thoden auseinandersetzen, und sie müssen auf die vielen in dividuellen Bedürfnisse der kleinen Individualisten, die vor ihnen sitzen, eingehen können. Das heißt, sie müssen zum Fachwissen hinzu noch mehr an Bildungswissen, an Erzie hungskompetenz, an Pädagogik und Didaktik erfahren.
Dazu, Frau Ministerin Bauer und Herr Minister Stoch, stehen wir gern für einen Dialog und für ein konstruktives Gespräch bereit.
Wir haben die Forderungen dieser Expertenkommission sehr gründlich gelesen. Ich sage Ihnen ehrlich: Was darin steht, ist nicht alles falsch.
Wir können uns über das eine oder andere durchaus ausein andersetzen. Aber ich erwarte auch, dass Sie sich ebenso mit unseren Forderungen auseinandersetzen. Dazu gehört eindeu tig: Wir wollen keinen Einheitslehrer.
Wir brauchen unterschiedlich ausgebildete Lehrer für diffe renzierte Bildungswege, die den Ansprüchen der Kinder ge recht werden. Wir brauchen einen attraktiven Beruf. Das Image des Lehrerberufs muss gut bleiben. Es darf nicht so aussehen, als ob Lehrer schreien müssten: „Hilfe, holt mich hier raus“,
sondern es muss ein attraktiver Beruf sein. Deshalb ist die Ab senkung der Eingangsbesoldung für Beamte genau kontrapro duktiv.
Wir dürfen die Lehrerinnen und Lehrer nicht überfordern, son dern wir müssen ihnen Hilfe leisten. Dazu haben wir einige Ansätze vorgelegt. Ich bin gespannt, wie Sie auf unser Dialog angebot eingehen, Herr Minister.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind in den bildungspolitischen De batten mittlerweile einiges gewohnt.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir auch! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wer gibt Anlass dazu?)
und reiht sich ein in die Unfähigkeit, eine sachliche Debatte über den richtigen Weg in der Bildungspolitik zu führen.
Wenn Sie hier auf dem Niveau des „Dschungelcamps“ Debat ten führen oder – wie es Ihr Kollege Kern in der Debatte un längst getan hat – sagen, die Gemeinschaftsschule sei ein
Menschenexperiment, dann zeigt das ganz klar, dass Sie nicht in der Lage sind, auf die reale Situation in den Schulen ein zugehen und sie überhaupt reflektieren zu wollen.
Frau Kurtz, wenn Sie auch noch sagen, „Deutschland sucht den Superstar“ wäre auch noch eine Losung, die man hier ein fügen könnte, dann muss ich Ihnen sagen: Sie schauen zu viel Privatfernsehen.
Sie sollten sich wirklich einmal mit dem auseinandersetzen, was von der Expertenkommission vorgelegt worden ist. Frau Kurtz, Ihnen halte ich noch zugute, dass Sie gesagt haben, es stehen einige Dinge darin, über die man durchaus in die Dis kussion eintreten kann. Dies zeugt zumindest einmal von ei ner Dialogbereitschaft, und das begrüßen wir natürlich auch.
Wir haben diese Expertenkommission immer so verstanden, dass hier Vorschläge ausgearbeitet werden, um, basierend auf dem bestehenden Ausbildungssystem für die Lehrer in BadenWürttemberg, Antworten für die Zukunft zu geben. Das heißt: Wie gehen wir mit der größeren Heterogenität um? Welche Antworten müssen wir in der Lehrerausbildung dafür finden? Reicht es aus, dass Methodik, Didaktik und Pädagogik, wie wir sie heute in der Lehrerausbildung im gymnasialen Lehr amt haben, an den Pädagogischen Hochschulen eher unterent wickelt sind? Reicht es aus, dass wir in Bezug auf die Fach lichkeit, die an den Pädagogischen Hochschulen wirklich sehr gut entwickelt ist, auch was die Wissenschaftlichkeit anbe langt, sagen: „Es ist so in Ordnung“? Ich glaube, es ist nicht in Ordnung.
Auch zur Inklusion, die auch von der alten Landesregierung unterstützt wurde und für deren Notwendigkeit gesellschaft licher Konsens besteht, brauchen wir Antworten in der Leh rerausbildung. Da kann ich nicht verstehen, dass Sie, Herr Rülke, Ihre Plattitüden zur Bildungspolitik, die Sie seit Mo naten abgeben, einfach wiederholen.
Was sind Ihre Antworten? Ich muss Ihnen sagen: Ich bin selbst lange Jahre in der Lehrerausbildung tätig gewesen und weiß, wo die Probleme liegen. Es ist nicht bloß eine Frage der ers ten Phase der Lehrerausbildung. Es geht natürlich auch an schließend um die Frage: Wie implementiert man das Refe rendariat neu? Wie implementiert man auch die Fort- und Wei terbildung an den Schulen neu? Das ist erforderlich, weil in den nächsten zehn Jahren ca. 10 % der Lehrer in den Ruhe stand gehen.
Wenn wir die Reform jetzt aufsetzen, dann werden wir einen wichtigen Schritt für die Zukunft machen. Wir brauchen aber natürlich auch heute Antworten auf die veränderten Rahmen bedingungen in den Schulen. Diese haben sehr viel mit Fort- und Weiterbildung und auch mit der Frage zu tun: Wie gehen
Einen Aspekt, der mir besonders wichtig ist, haben Sie über haupt noch nicht erwähnt. Ich glaube, er war auch der Kom mission besonders wichtig. Es gibt heute viel zu viele Lehr amtsstudenten, die falsche Berufswahlentscheidungen treffen, die das Lehramtsstudium an der Hochschule aufnehmen und den Rollenwechsel von der Schule als Schüler über die Hoch schule zum Lehramt nicht vernünftig vollziehen.
Da brauchen wir mehr Pädagogik, Didaktik und Methodik; Herr Röhm, das wissen Sie auch. Wir brauchen eine andere Einstellung. Ebenso wichtig ist das Thema Polyvalenz,
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Eben! Keine Aus führungen der Vorredner dazu! Mann, ist das schwach!)
das in der Kommission diskutiert wurde. Dort wurde vor al lem auch gesagt, dass wir ein möglichst hohes Maß an Poly valenz in der Ausbildung brauchten, damit es möglich sei, ei ne Entscheidung für das Lehramt auch einmal zu korrigieren und dann auch in einen anderen Beruf einzutreten. Da sind dringend Reformen erforderlich, damit wir nicht Lehrer aus bilden, bei denen sich bereits zu Beginn ihrer Berufstätigkeit zeigt, dass sie für diesen Beruf nicht geeignet sind. Da brau chen wir neue Wege.
Diese Wege werden wir hier entwickeln. Ich sage Ihnen auch: Es wird nicht einfach werden, die hierfür nötigen Rahmenbe dingungen umfassend umzusetzen. Dafür wird es viele Dis kussionen brauchen. Wir brauchen natürlich die Fachlichkeit, wir brauchen auch mehr Methodik und Diadaktik in der Leh rerausbildung. Das muss natürlich mit den bestehenden Struk turen – Universitäten und Pädagogischen Hochschulen – zu sammen erarbeitet werden.
Die alte Landesregierung hat die Kooperation zwischen Uni versität und Pädagogischer Hochschule bereits auf den Weg gebracht. Das ist der richtige Weg. Wir werden diese Einrich tungen nicht abschaffen, sondern wir werden die Vorzüge, die beide Ausbildungsorte haben, stärken. Aber wir werden na türlich auch die Schwächen, die an beiden Einrichtungen vor handen sind, abbauen.
Es ist auch richtig, dass wir das Grundschullehramt aufwer ten. Das ist absolut notwendig. Aus allen Bildungsuntersu chungen, die es heute gibt, können wir eine Schlussfolgerung ziehen, nämlich: Das Grundschullehramt muss gestärkt wer den. Das ist ganz klar.
Wir werden das machen. In dieser Frage gibt es keinen Dis sens, auch wenn andere Fragen sicher noch offen sind. Aber wir werden das Grundschullehramt stärken, weil es wichtig ist, dass gerade in den Grundschulen eine breitere und besse re Basis gelegt wird. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum eine Ausbildung zum Grundschullehrer kürzer sein soll als die Ausbildung zum Gymnasiallehrer. Das hat sich uns noch nie erschlossen. In diesem Bereich müssen wir handeln.
Ich freue mich, wenn die CDU bereit ist, in diese Diskussion einzutreten. Die FDP/DVP hat sich offensichtlich schon in die Schmollecke zurückgezogen.