Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der methodische An satz von Professor Klemm ist ganz überwiegend richtig. Kol lege Fulst-Blei hat es bereits ausgeführt. Die Landesregierung nimmt die Expertise von Professor Klemm natürlich als wert volle Anregung entgegen, will aber nicht in allen Punkten sei nen Folgerungen nachkommen. In manchen Bereichen stimmt eben die Einschätzung nicht, vor allem wenn es um die Ein beziehung der privaten Schullandschaft geht.

Die Expertise kommt zu dem Ergebnis, dass die demografi sche Rendite zu großen Teilen benötigt wird, um beispiels weise den Ausbau der Gemeinschaftsschulen zu finanzieren. Die Expertise arbeitet, was die Bedarfe betrifft, mit Annah men, von denen heute noch niemand sagen kann, ob sie in die ser Höhe eintreten werden oder nicht. Nur ein Teil der hier re levanten Faktoren kann durch die Landesregierung gesteuert werden. Vieles hängt von den Entscheidungen der Schulträ ger, vor allem aber auch von denen der Eltern ab. Bei man chen von Professor Klemm zugrunde gelegten Parametern muss man auch das eine oder andere Fragezeichen machen, beispielsweise bei der von ihm errechneten Bruttostellenfrei setzung und dem sich daraus ableitenden Nettorenditewert.

Ich möchte Sie aber am Ende dieses doch langen Plenartags nicht mit weiteren Details langweilen. In der Summe bleibt jedoch festzuhalten, dass die Landesregierung Stellen abbau en, die Unterrichtsversorgung sichern und den Bildungsauf bruch ermöglichen kann – nicht ohne jeden Abstrich, wie ich einräume, aber es ist nicht die Quadratur des Kreises, die wir in der gleichzeitigen Verfolgung aller drei Ziele versuchen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können davon ausgehen und es auch an den Maßnahmen, die wir in den ver gangenen zwei Jahren bereits eingeleitet haben, ablesen: Wir wollen eine gute, zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Bildungslandschaft in Baden-Württemberg, wir wollen gute Bildungsangebote für die Kinder in diesem Land, und wir wollen damit auch die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Ba den-Württemberg sichern. Ich glaube, wenn wir unseren Weg konsequent weitergehen, werden wir dieses Ziel auch errei chen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Abschlussfrage des Herrn Abg. Röhm?

Ja wohl.

Herr Minister, ich erken ne Ihr Bemühen, den Pflichtunterricht sicherzustellen. Das ist ein übergeordnetes Ziel, dem alles andere untergeordnet wird. Notfalls wird auch gekürzt.

Ihre Amtsvorgängerin hatte ein ziemlich schwieriges Verhält nis zu Bugwellenstunden. Jetzt möchte ich von Ihnen gern wissen, weil Sie diesen Punkt immer wieder anprangern: Wä re es damals richtiger gewesen, solche Bugwellenstunden nicht aufzubauen? Durch diese wurde der Fachunterricht si chergestellt, weil keine anderen Lehrer zu haben waren. Auch

heute werden noch Bugwellenstunden aufgebaut, und ich fin de das richtig.

Sie haben gesagt, dass 200 Vertretungslehrerstellen zusätzlich geschaffen wurden. Wie können Sie dadurch sicherstellen, dass den Schulen fachbezogen Lehrkräfte zugeordnet werden können, auch angesichts der Tatsache – dies als Ergänzungs frage –, dass Sie den jungen Leuten, die Sie vielleicht für ein Jahr gewinnen, gar keine Übernahmeperspektive bieten kön nen? Glauben Sie nicht auch, dass der Markt unter diesen Vo raussetzungen sehr schnell leergefegt sein wird?

Herr Kollege Röhm, was das Finden der richtigen Lehrerin nen und Lehrer gerade für den Ausbau der Krankheitsvertre tungsreserve angeht, sind wir in enger Abstimmung mit den Regierungspräsidien, die genau diese Reserve brauchen, um entsprechend reagieren zu können. Ich kann Ihnen sagen: Die Regierungspräsidien sind durch die ausgebaute Krankheits vertretungsreserve, die fest installiert ist, und durch die Mit tel, die zusätzlich vorhanden sind – die 65 Millionen plus 10 Millionen € –, in der Lage, flexibel zu reagieren.

Wir haben jedoch immer – da gebe ich Ihnen vollkommen recht – die Probleme, die richtigen Lehrerinnen und Lehrer mit den richtigen Profilen zu finden, um sie im Fall einer Ver tretungssituation an der richtigen Stelle einsetzen zu können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Da werden Sie immer Unschärfen haben. Da werden Sie im mer Probleme haben, ob die richtige Lehrkraft an der richti gen Stelle zur Verfügung stehen kann. Wenn das nicht mög lich ist, muss flexibel reagiert werden. Da kann die Bugwel lenstunde ein Mittel sein, aber sie darf nicht ein Mittel zum Zweck sein, das nur dazu dient, eine zu gering ausgestattete Krankheitsvertretungsreserve auszugleichen. Das darf nicht das Grundprinzip sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

(Abg. Walter Heiler SPD: Warum?)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herr Minister Stoch, Sie müssen es schon ertragen, dass die Opposition nicht einfach nur die zahl reichen Versprechungen, die die grün-rote Koalition im Koa litionsvertrag niedergelegt hat, zur Kenntnis nimmt und durch aus auch einige von den Zielen mitträgt, sondern für die Op position – so verstehe ich die Aufgabe der Opposition – ist es selbstverständlich, dass sie nachhakt: Wie wollt ihr tatsäch lich eure zahlreichen Versprechen finanzieren? Nur, wenn sie jetzt mit den entsprechenden Lehrerstellen unterlegt werden, sind es auch seriöse Versprechen. Ich finde, es ist von einem Minister nicht zu viel verlangt, dass er akzeptiert, dass die Op position ihn bzw. die Politik der grün-roten Landesregierung auf Herz und Nieren prüft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Le opold Grimm FDP/DVP)

Der Antrag, der heute von Grün-Rot gestellt wurde, zeigt mir, dass es ein gewisses Entgegenkommen der Koalition gegen über dem Anliegen der FDP/DVP gibt. Deshalb würde ich jetzt folgenden Kompromissvorschlag machen: Die Große An frage ist durch die Beantwortung und die heutige Beratung er ledigt. Aber vielleicht schaffen wir es, im Bildungsausschuss beide Anträge, sowohl unseren Antrag als auch den Antrag von Grün-Rot, zusammenzuführen.

Ich würde deshalb vorschlagen, dass wir diese beiden Anträ ge noch einmal im Ausschuss beraten, um einen gemeinsa men Antrag auf der Grundlage der Studie von Professor Klemm zu finden, und wäre der Regierungskoalition sehr dankbar, wenn sie meinem Kompromissvorschlag heute zu stimmen würde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Poreski.

Herr Kollege Dr. Kern, wir haben heute Morgen mit dem Antrag zur Kinder- bzw. Jugend beteiligung ein gutes Beispiel gegeben, wie wir überfraktio nell etwas auf die Reihe bekommen, was auch Substanz hat. Deswegen halte ich Ihren Vorschlag für gut. Ich hätte ihn im Rest meiner Redezeit übrigens jetzt auch gemacht, weil ich glaube, dass wir nicht sehr weit voneinander entfernt sind. Wenn sich der Pulverdampf gelegt hat – um in meinem vori gen Bild zu bleiben –, dann sieht man wieder etwas klarer. Das wünsche ich uns allen.

Danke.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Große Anfrage Drucksache 15/2402 besprochen.

Wir haben jetzt noch zu entscheiden, wie wir mit den Anträ gen Drucksachen 15/3347 und 15/3351 verfahren. Die Frak tionen sind übereingekommen, diese beiden Anträge an den Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport zu überweisen. – Sie sind damit einverstanden.

Tagesordnungspunkt 9 ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Besoldung von Richterinnen/Richtern und Staatsanwältinnen/Staatsanwälten – Drucksache 15/2752

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

und für das Schlusswort der die Große Anfrage stellenden Fraktion eine Redezeit von fünf Minuten festgelegt.

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Löffler.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wieder der Löffler? Mein Gott! Muss das jetzt noch sein? – Abg. Walter Heiler SPD: Allzweckwaffe!)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Seit der Finanzkrise reden wir immer davon, wie wichtig ein funktionierendes Finanzsystem für un sere Wirtschaft ist.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wo sind wir jetzt? – Abg. Sascha Binder SPD: Falscher Tagesordnungs punkt!)

Das mag schon sein, aber ohne ein effektives Rechtssystem gäbe es keinen sozialen Frieden, keine Gerechtigkeit und kei nen gesellschaftlichen Konsens.

Das Rechtswesen hat daher einen viel höheren Stellenwert. Es ist auch ein wichtiger wirtschaftlicher Standortfaktor, denn eine gut gesicherte Eigentumsordnung macht unser Land at traktiv für in- und ausländische Investoren.

Die Richterinnen und Richter, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in diesem Land, die die dritte Gewalt im Staat vertreten, leisten dafür einen unschätzbaren Beitrag, den ich wesentlich höher bewerte als jede Finanzdienstleistung. Den schrulligen Dorfrichter Adam gibt es nur in der Komödie von Kleist. Unsere Richter sind hoch qualifiziert und engagiert. Sie gehören zu den Besten ihres Jahrgangs, aber wir besolden sie wie den Dorfrichter Adam.

In anderen europäischen Ländern ist das nicht so. In England, Schottland und Irland erhält ein Richter das Dreifache, im Zwergstaat Andorra das Doppelte dessen, was ein deutscher Kollege verdient.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was wollen Sie damit sagen? – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Im europäischen Vergleich liegen die Gehälter der Richter in Baden-Württemberg im unteren Bereich, und im Kontrast zu den Führungskräften der mit Milliarden gepamperten Fi nanzwelt sind das Peanuts. In der Privatwirtschaft kletterten die Einkommen für Juristen der ersten und zweiten Führungs ebene seit 2002 sprunghaft. Bei unseren Richtern und Staats anwälten hat sich kaum etwas getan.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was wollen Sie jetzt?)

Sind sie uns nichts wert? Oder haben wir uns daran gewöhnt, dass sie loyal arbeiten und keine Forderungen stellen? Man könnte es fast meinen, denn gerade einmal 1,5 % aller öffent lichen Ausgaben fallen in den Bereich Rechtswesen. Da lie gen wir auch im europäischen Vergleich weit hinten.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das war früher auch so! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist eine Erb last!)