Deshalb war es ein grandioser Fehler der Bundesregierung und des Bundesfinanzministers – übrigens mit Unterstützung der baden-württembergischen CDU und FDP –, zu versuchen, die Daten, die man aus sogenannten Steuer-CDs gewinnen kann, nicht zu gewinnen, sondern Schonräume und Schonfris ten einzuräumen. Wir sind der Landesregierung sehr dankbar, dass sie im Verbund mit anderen, befreundeten Landesregie rungen für den Zugriff auf diese Daten gesorgt hat, sodass man damit Steuersünder in Baden-Württemberg und in Deutsch land verfolgen kann.
Wie hat sich das ausgewirkt? Obwohl wir selbst keine „Steu er-CDs“ gekauft, aber auf die von anderen für einen zweistel ligen Millionenbetrag erworbenen „Steuer-CDs“ zugegriffen haben, kamen in Baden-Württemberg bis August 2012 durch über 10 000 Selbstanzeigen – 10 000 Selbstanzeigen! – 320 Millionen € zusätzlich in die Staatskasse.
Das zeigt, dass es wichtig ist, mit allen Möglichkeiten zu ar beiten, die sich bieten, um Steuern, die hinterzogen wurden – das ist Unrecht –, dem Fiskus zuzuführen. Denn Steuerhinter ziehung ist ja nicht irgendetwas, was für sich passiert. Viel mehr: Wer Steuern hinterzieht, lebt auf Kosten anderer. Ir gendjemand muss die Mittel erbringen. Wir hätten uns eine leidige Debatte um Steuererhöhungen längst schenken kön nen, wenn alle, die dazu verpflichtet sind, rechtmäßig ihre Steuern zahlen würden.
Wenn große Konzerne Steuergestaltungsspielräume im Zuge der Globalisierung und internationaler Finanzierungsströme ausnutzen, ist es auch eine grandiose Wettbewerbsverzerrung, wenn Mittelständler das nicht praktizieren und auch gar nicht können, ihren vollen Steueranteil entrichten, während große
Konzerne häufig trotz riesiger Gewinne einen minimalen Steu eranteil in Baden-Württemberg und in Deutschland lassen.
Das Zweite: Wenn man dem begegnen will, braucht man da für auch Personal. CDU und FDP/DVP haben in Baden-Würt temberg 2 000 Stellen in der Steuerverwaltung gestrichen – 2 000 Stellen! Das hat ganz einfach dazu geführt, dass dem Fiskus in Baden-Württemberg – auch nach Schätzung des Rechnungshofs – jedes Jahr mehrere Hundert Millionen Eu ro entgehen.
Was macht die neue Landesregierung? Sie hält dagegen. Al lein über den Vierten Nachtrag 2011 hat sie 50 Neustellen und 50 Anwärterstellen ausgebracht. 2012 waren es 100 Neustellen und 100 Anwärterstellen. Auch im Doppelhaushalt 2013/2014 werden diese Vorhaben weitergeführt. Von den insgesamt 500 Neustellen sollen 300 Stellen den Außendiensten, und zwar überwiegend der Betriebsprüfung, zugutekommen. Das wird dafür sorgen, dass in unserem Land endlich mehr Steuerge rechtigkeit Einzug hält, was dringend notwendig ist.
Es ist klar, dass wir im Zuge globalisierter Finanzierungsströ me mit unseren Landesmitteln, mit den nationalen Mitteln auch an Grenzen stoßen. Deshalb müssen wir uns überlegen, wie wir mit den zur Verfügung stehenden Mitteln einen wirk samen Beitrag leisten können, um diese globale Fehlentwick lung einzudämmen.
Dazu gehört für uns, dass die Landstriche in der Welt, die zwar die Offenlegungsregeln der OECD akzeptiert haben, sie aber nicht praktizieren, möglichst schnell von der grauen auf die schwarze Liste kommen, damit es möglich wird, gegenüber denjenigen, die Geschäftsbeziehungen mit diesen „schwar zen“ Ländern unterhalten, Kontaktsperren zu verhängen so wie Sanktionen zu verkünden und durchzuführen. Andere Möglichkeiten gibt es nicht.
Wir schauen ein bisschen neidvoll auf die USA, die einfach sagen: Entweder ihr liefert uns die Namen und die Daten, oder wir schränken eure Tätigkeit – beispielsweise die von Schwei zer Banken auf amerikanischem Boden – ein, und dann schi cken wir den Haftrichter los und nehmen einmal ein paar Bankverantwortliche in Haft.
Wir sind ganz dezidiert der Meinung, dass Banken – ob deut sche oder ausländische –, die sich an diesem System aktiv und engagiert beteiligen, strafrechtlich belangt werden müssen und im Zweifel auch ihre Banklizenz verlieren müssen, wenn sie diese benutzen, um systematisch zu diesen globalen Steuer hinterziehungen beizutragen.
Ich bin sehr gespannt, was uns der Finanzminister nachher da zu sagen kann, was auf Landes- und auf Bundesebene weiter unternommen wird, damit der Zusammenhalt in unserer Ge sellschaft nicht weiter gestört wird durch diejenigen, die sich ihrer Steuerpflicht entziehen, während das Gros der Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer und auch die Mittelständler im Wesentlichen jeden Monat ihren Steuerbeitrag leisten. Des halb können wir nicht dulden, dass sich insbesondere die Su
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mir lange überlegt, was das Thema „Soziale Gerechtigkeit durch Steuergerechtigkeit – Steuerbetrug bekämpfen auch von Baden-Württemberg aus“ soll. Ich habe den Eindruck, es geht hier nicht um ein sachli ches Thema, nicht um Steuergerechtigkeit, nicht um soziale Gerechtigkeit, sondern es geht zum Teil um Wahlkampf. So ziale Gerechtigkeit und Steuergerechtigkeit sind jedoch wich tige Themen und zu schade für ein Wahlkampfvorgeplänkel. Oder geht es darum, dass Sie die baden-württembergischen Steuerzahler unter Generalverdacht stellen wollen? Ich gehe bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, dass alle Steuer zahler in Baden-Württemberg ihre Steuern bezahlen.
Dass die Bürger in Baden-Württemberg keine Glücksgefühle beim Zahlen von Steuern haben, ist selbstverständlich.
Zunächst einmal gehe ich auf das Thema Steuergerechtigkeit ein. Das Wort „Steuer“ kommt aus dem Altdeutschen und be deutet „Stütze“. Wir alle sollen den Staat durch Abgaben stüt zen. Unter Steuer versteht man eine Geldleistung ohne Rechts anspruch auf eine Gegenleistung. Das heißt aber nicht, dass der Staat das Geld mit vollen Händen ausgeben soll.
Eine Regierung muss sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes stammt. Es ist gerecht, dass jeder Einzelne dazu beiträgt, die Aus gaben des Staates tragen zu helfen. Aber es ist nicht ge recht, dass er die Hälfte seines jährlichen Einkommens mit dem Staate teilen muss.
Merken Sie sich den letzten Teil, dass nicht mehr als die Hälf te gefordert werden soll. Auf die Steuerpläne Ihres Spitzen kandidaten komme ich noch zu sprechen.
Jetzt will ich auf die Steuergerechtigkeit eingehen. Ein ge rechtes Steuersystem muss Starke fordern und Schwache för dern. Die gesamten Steuereinnahmen in der Bundesrepublik sind von 440 Milliarden € im Jahr 2002 auf 600 Milliarden € im Jahr 2012 gestiegen. Das zeigt, dass wir kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem haben.
Lassen Sie mich ein paar eindrucksvolle Daten nennen, die ein Beitrag zum Beweis der Steuergerechtigkeit sein sollen. 10 % der Steuerbürger erbringen in Deutschland 55 % des Lohn- und Einkommensteueraufkommens, 50 % der Steuer bürger nur 6 %, und 20 % der Steuerbürger 0,1 %. 40 % der Bürger zahlen überhaupt keine Steuern.
Jetzt komme ich zum Spitzensteuersatz, der erhöht werden soll. Dieser wurde im Jahr 2004 auf 42 % gesenkt.
Das wollte ich gerade sagen. Der Spitzensteuersatz wurde unter einer rot-grünen Bundesregierung auf 42 % gesenkt. Wenn Sie sich davon distanzieren wollen, muss ich Sie dar auf hinweisen, dass Gerhard Schröder den Spitzensteuersatz gesenkt hat.
Bei 42 % bleibt es aber nicht. Hinzu kommen 3 % Reichen steuer, 5,5 % Solidaritätszuschlag und 9 % Kirchensteuer aus der Steuerschuld, die 25 Millionen Deutsche zahlen,
Beklagenswert sind nicht die etwa 51 %, sondern beklagens wert ist, dass man bei einem Jahreseinkommen von 52 000 € schon bei 42 % ist. Dies betrifft also nicht nur einen Spitzen verdiener, sondern auch schon einen gut verdienenden Fach arbeiter.
Hinsichtlich der indirekten Steuern sei nur eines erwähnt. Grundnahrungsmittel werden mit einem Steuersatz von nur 7 % belegt. Der Erwerb von Grundnahrungsmitteln wird also bedeutend geringer besteuert als der Erwerb sonstiger Waren. Das trägt natürlich auch zur Steuergerechtigkeit bei.
Aber jetzt komme ich zur sozialen Gerechtigkeit, zum zwei ten wichtigen Thema der von Ihnen beantragten Debatte. 56 % des Bundeshaushalts sind soziale Transfereinkommen. Das ist gut so; denn wir legen hohen Wert auf soziale Gerechtigkeit. Dafür, dass es dabei Grenzen gibt, will ich Ihnen ein Zitat von Ludwig Erhard, dem Vater der sozialen Marktwirtschaft, nen nen:
Trauen wir dem Bürger mehr zu! Aus Eigeninitiative, aus Kre ativität entsteht Leistung für den Einzelnen und für die Ge sellschaft.
Dass einiges verändert werden muss, ist klar. Sie haben im Bundesrat verhindert, dass die kalte Progression beseitigt wird. Es ist aber dringend notwendig, dass wir sie beseitigen. 3 Milliarden € entstehen aus der kalten Progression. Wir grei fen dem Bürger allein durch die Inflation in die Tasche und geben ihm das nicht zurück.