Dass einiges verändert werden muss, ist klar. Sie haben im Bundesrat verhindert, dass die kalte Progression beseitigt wird. Es ist aber dringend notwendig, dass wir sie beseitigen. 3 Milliarden € entstehen aus der kalten Progression. Wir grei fen dem Bürger allein durch die Inflation in die Tasche und geben ihm das nicht zurück.
Ich will erst in der zweiten Runde auf ein Beispiel zur kalten Progression eingehen und will jetzt zu den Steuerplänen Ih res Spitzenkandidaten kommen.
Es ist aber nicht nur der SPD-Spitzenkandidat, der so man ches an Steuererhöhungen fordert, sondern es sind auch die Grünen. Ich verstehe die Partei der Grünen in Baden-Würt temberg eigentlich nicht. Ich verstehe nicht, wie man, wenn man sich in der bürgerlichen Mitte etablieren will, solchen Plänen zustimmen kann.
Von was reden wir? Wir reden von der Einführung der Ver mögensteuer, von der Erhöhung der Erbschaftsteuer, der Ka pitalertragsteuer und von der Erhöhung des Spitzensteuersat zes. Aber 81 % der Bürger wollen, dass der Staat mit seinem Geld auskommt und dass er damit einen soliden Haushalt dar stellt.
Wir kommen jetzt zum Mittelstand. Die Steuerpläne, die auf dem Tisch liegen, gefährden den Mittelstand in Baden-Würt temberg,
einen Mittelstand, der die tragende Säule unserer Wirtschaft ist. Ich will das erklären. Das „Handelsblatt“ hat aufgrund ei ner Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschafts forschung in Mannheim Folgendes festgestellt: „Die kleinen Unternehmen werden mit 16 % mehr belastet, die großen Un ternehmen beinahe mit 20 %.“ Darüber hinaus erhöhen Sie die Erbschaftsteuer und wollen Vermögensteuer erheben. Da mit werden Sie den Unternehmen Eigenkapital entziehen. Ge winne dienen der Eigenkapitalbildung der mittelständischen Unternehmen. Die brauchen Gewinne, um in die Zukunft in vestieren zu können.
Sie werden eine wichtige Säule der baden-württembergischen Wirtschaft beschädigen. Diese Säule beschäftigt 80 % der Ar beitnehmer. 80 % der Auszubildenden werden dort ausgebil det. Sie zahlen 80 % der Steuern in diesem Land.
In diesem Zusammenhang noch ein Satz zur sozialen Gerech tigkeit: „Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft.“
Dies hat der österreichische Nationalökonom Joseph Schum peter schon in den Zwanzigerjahren erkannt. Er hat gesagt: „Nur der innovative Unternehmer schafft Arbeitsplätze.“ Und Sie wollen ihn beschädigen.
Ich fordere Sie auf: Unterstützen Sie unsere mittelständische Wirtschaft! Sorgen Sie für die Arbeitsplätze in Baden-Würt temberg! Distanzieren Sie sich von diesen Steuerplänen!
Ich habe versäumt, Herrn Abg. Gruber das Wort zu erteilen. Herr Gruber hatte eine Frage, und Herr Kollege Kößler hatte zugesagt, sie am Ende seiner Rede zuzulassen. Ich bitte um Entschuldigung.
Meine Frage an Sie, Herr Köß ler, lautet – Sie haben die Reichensteuer kritisch erwähnt –: Distanzieren Sie sich von der Reichensteuer, die mit den Stim men von CDU und SPD im Bundestag eingeführt worden ist?
Die OECD hat festgestellt, dass insbesondere im mittleren Be reich der Progression zu stark besteuert wird. Sie hat festge stellt, dass die mittelständische Wirtschaft in Deutschland ins gesamt zu stark belastet wird. Ich beklage die Reichensteuer im Augenblick nicht; ich sage nur: Jetzt reicht es.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ein Un sinn! Das stimmt doch hinten und vorn nicht!)
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Kößler, die Vor bereitungen für meine Rede hätte ich mir schenken können; denn Sie machen es einem wirklich sehr einfach. Eigentlich brauche ich gar nichts von dem, was ich aufgeschrieben ha be.
Ihre Ausführungen reichen. Jetzt kommen Sie mit der Behaup tung, die Themen „Soziale Gerechtigkeit“ und Steuergerech tigkeit seien Wahlkampfthemen. Als es im letzten Jahr darum ging, das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der
Schweiz abzulehnen – wofür wir inhaltlich gute Argumente hatten –, haben Sie genauso argumentiert und gesagt, das sei dem Wahlkampf geschuldet. Die heutige Debatte und die ak tuelle Offshore-Leaks-Debatte zeigen, dass wir damals rich tig lagen. Steuergerechtigkeit umfasst mehr als Einmalzah lungen, die uns in Entsprechung irgendwelcher Prognosen zu gesagt worden sind.
In diesem Saal hat niemand von uns – weder die Kollegen von der SPD noch Mitglieder unserer Fraktion, noch die Landes regierung – jemals die Baden-Württemberger unter General verdacht gestellt. Im Gegenteil: Sie waren es, Ihre Fraktion war es, die einen Antrag in die Haushaltsberatungen einge bracht haben – das war der einzige Antrag mit einem solchen Inhalt –, in dem gefordert wurde, zusätzliche Steuereinnah men durch das Steuerabkommen mit der Schweiz in Höhe von 1,1 Milliarden € zu generieren, und zwar mit der Begründung, dass aufgrund der geografischen Nähe unseres Landes zur Schweiz davon ausgegangen werden könne, dass hier mehr Steuerhinterzieher leben und wir deshalb einen entsprechend höheren Anspruch haben. Das war Ihr Antrag, Herr Kollege Kößler. Insofern weise ich dies vehement zurück.
Ich finde es schon erstaunlich, dass Sie, obwohl die Zahlen inzwischen international bekannt sind – Herr Schmiedel hat sie erwähnt; allein für Deutschland ist Schätzungen zufolge von Einnahmen in Höhe von 400 Milliarden € auszugehen, die uns bislang verloren gegangen sind, Steuergelder, die wir für dringende Aufgaben brauchen –, heute noch hier stehen und sagen, wir hätten kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. In welcher Welt leben Sie eigentlich? Sind diese Zahlen denn alle erfunden? Sind die Zahlen der Steuer gewerkschaften – –
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Haben Sie die neu esten Statistiken nicht gelesen? In anderen Ländern gibt es noch mehr Vermögen! Zypern, Griechenland! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Es geht darum, dass wir sehr wohl ein Einnahmeproblem ha ben, und es geht darum, dass die bestehende Steuergesetzge bung für alle gleichermaßen gilt. Unsere Aufgabe ist es, die Steuererhebung konsequent und effizient durchzuführen, da mit wir Einnahmen generieren und so Geld in die Kassen be kommen, das wir wieder für öffentliche Aufgaben ausgeben können. Dazu gehört die Bildung, dazu gehört die Infrastruk tur und vieles mehr. Wir hätten dann viele Probleme nicht.
Allein die Offshore-Leaks-Debatte und die entsprechenden Erkenntnisse zeigen, dass es absolut richtig war, dass diese Landesregierung im Bundesrat dem Steuerabkommen mit der Schweiz nicht zugestimmt hat und damit dazu beigetragen hat, dass dieses Abkommen gescheitert ist. Kollege Schmiedel hat es vorhin ausgeführt.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist aber nur gescheitert, und es gibt keine Alternative! Das ist das Problem!)
Es wird eine Alternative geben müssen, und zwar auf inter nationaler Ebene. Schauen Sie etwa auf Luxemburg oder auf die USA, dann sehen Sie: Andere Länder haben anders ver handelt, und dann kommen auch andere Ergebnisse zustande. Die USA haben beispielsweise einen vollen Datenabgleich hinbekommen.
Der Regierungschef von Luxemburg hat am Mittwoch im Par lament verkündet, dass sich Luxemburg ab Januar 2015 am automatisierten Datenaustausch mit der EU beteiligt.
Das ist immerhin ein Erfolg. Hätte Herr Schäuble damals rich tig verhandelt, hätte er effizient im Sinne unserer Steuerbür ger und im Interesse unseres Landes sowie im Sinne der Steu ergerechtigkeit verhandelt, dann hätten wir ein anderes Ergeb nis.