Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

Die Bundesregierung hat auch völlig recht, wenn sie die Da ten möchte, die jetzt offensichtlich in Zeitungsredaktionen vorliegen. Auch das Land Baden-Württemberg hat immer wie der diese Daten verwandt. Aber eines – das haben Sie bei der Diskussion um diese „Steuer-CDs“ nie verstanden – können wir eben nicht tun: Wir können nicht Finanzbeamte des Lan des Baden-Württemberg zu irgendwelchen konspirativen Tref fen schicken, wo sie gestohlene Daten-CDs entgegennehmen

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Warum können das andere Länder?)

und sich damit möglicherweise der Strafverfolgung ausset zen. Das können wir nicht. Dazu gibt es bislang kein höchst richterliches Urteil, und so lange ist es unverantwortlich, die sen Weg zu gehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich sage in aller Deutlichkeit: Deutsche Staatsbürger sollen das Recht haben, ihr Geld im Ausland anzulegen.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Aber legal!)

Aber sie müssen dort genauso besteuert werden, als wenn sie das Geld in Deutschland angelegt hätten. Das müssen wir durchsetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Der beste Weg dazu ist, die Kapitalertragsteuer bei Auslands vermögen in Höhe der deutschen Sätze dort abzuziehen und sie an den deutschen Fiskus zu überweisen, genau wie in dem Abkommen mit der Schweiz vorgesehen.

Wenn wir schon über Steuersätze reden – das hat der Kollege Kößler auch schon angesprochen –, dann müssen wir auch über Ihre Steuerpläne reden: Erhöhung des Spitzensteuersat zes, Vermögensteuer, Verschärfung der Erbschaftsteuer – ein rot-grünes Horrorkabinett, ein Anschlag auf den Mittelstand. Das müssen wir den Bürgern in diesem Land auch sehr deut lich sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das sagen im Übrigen nicht nur ich und der Kollege Kößler, sondern das sagt beispielsweise auch der Chef der Wirtschafts weisen, Professor Schmidt. Ein Spitzensteuersatz von 49 % schadet der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land, genauso wie Ihre Vermögen- und Erbschaftsteuerpläne. Sie schaden damit, so Professor Schmidt, letztlich auch der Ent wicklung der Löhne für die Beschäftigten in diesem Land. Denn wer dem Mittelstand schadet, der schadet auch dessen Beschäftigten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Professor Schmidt sagt, Ihre Steuerpläne sind Gift für den Mittelstand. Der VDMA äußert sich ähnlich: Sie sind nicht nur Gift für den Mittelstand, sondern auch Gift für die Inves titionen des Mittelstands. Nur über die Investitionen des Mit telstands entstehen jedoch Arbeitsplätze.

Auch der Bund der Steuerzahler sagt es in aller Deutlichkeit: „Diese Erhöhungen treffen auch die Mitte der Gesellschaft.“

Selbst Ihr Parteifreund Oppermann hat am vergangenen Wo chenende in einer Fernsehtalkshow eingeräumt, dass man mit einem Jahreseinkommen von 64 000 € in diesem Land kein Spitzenverdiener ist. Aber genau auf diese Leute, die sich in diesen Einkommenskategorien bewegen,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht!)

zielen Sie. Bei den Grünen sind es nicht 64 000 €; sie fangen schon bei 60 000 € an.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Oh mein Gott! Sie haben gar nichts kapiert!)

Insofern stimmt es nicht ganz, was ich über den Kollegen Op permann gesagt habe.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Noch weiter geht der DIHK. Herr Präsident, mit Ihrer Geneh migung darf ich zitieren. Der DIHK sagt, die Steuerpläne von Rot-Grün seien „ein Fluch für Familienunternehmen“. Ein Fluch für Familienunternehmen: Wenn man sich die Wirt schaftsstruktur des Landes Baden-Württemberg anschaut und sich anschaut, was die Stärke des Landes Baden-Württemberg ist, erkennt man, dass es die Familienunternehmen sind. Ge nau auf diese zielen Sie mit Ihren Plänen ab. Jeder Prozent punkt, um den die Einkommensteuer steigt, kostet 200 000 Arbeitsplätze. Das sage nicht ich, sondern das sagt der DIHKPräsident Eric Schweitzer. Sie sollten bei diesen Plänen in sich gehen und so etwas nicht der Bevölkerung zumuten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregierung spricht der Minister für Finanzen und Wirtschaft Dr. Nils Schmid.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die kürzlich verstorbene Margaret Thatcher behauptete, es gebe keine Gesellschaft, es gebe nur einzelne Männer und Frauen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Oh!)

Das Ergebnis dieses Denkens können wir heute beobachten. Ein Teil der Menschen – gerade die Reichsten der Reichen – hat sich aus der Solidargemeinschaft verabschiedet. Diese wirkliche Parallelgesellschaft hinterzieht in großem Stil Steu ern und legt damit die Axt an das Fundament unseres Gemein wesens.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Die neuen Enthüllungen der Offshore-Leaks haben das noch einmal drastisch vor Augen geführt.

An dieser Stelle will ich eines klipp und klar festhalten: Steu erbetrug ist eine Straftat, ist ein Verbrechen gegen das Ge meinwohl und ein Schlag in das Gesicht der ehrlichen Steu erzahlerinnen und Steuerzahler.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Diese Enthüllungen zeigen auch, wie wichtig der Kampf ge gen das weltumspannende Netzwerk von Steuerbetrügern ist. Genau hier hat die schwarz-gelbe Bundesregierung bislang sträflich versagt. Placebolösungen helfen uns nicht weiter. Wenn ich dann höre, man brauche ein „Steuer-FBI“, dann weiß ich nicht, was das soll. Nein, das Problem dieser Bun desregierung ist: Dort, wo sie selbst aktiv handeln könnte, tut sie es nicht; sie stellt sich gegen den Ankauf von SteuerdatenCDs und wirft den Fahndern damit Knüppel zwischen die Bei ne.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wenn dann Herr Schäuble bei den Offshore-Leaks unverhoh len die Journalisten zum Bruch des Informantenschutzes auf ruft, dann ist das an Heuchelei nicht zu überbieten. Denn dort, wo der Staat Zugriff auf Daten hat, will Schwarz-Gelb nicht

ran, und dort, wo das Verfassungsrecht Hürden aufbaut, da sollen dann plötzlich die Journalisten liefern. Das passt nicht zusammen.

Wir stehen dazu: Wir wollen, dass Steuerdaten-CDs angekauft werden. Sie haben es in der Vergangenheit nicht getan. Wir werden es tun. Denn es sind Daten, die uns zustehen und die notwendig sind, um Steuergerechtigkeit durchzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Diese ganzen Enthüllungen zeigen einmal mehr, wie goldrich tig die Ablehnung des Steuerabkommens mit der Schweiz war. Denn da geht es um Geld und Gerechtigkeit gleichermaßen. Herr Rülke, Sie sagen, wir würden da ein Wolkenkuckucks heim errichten. Sie haben ein Wolkenkuckucksheim entwor fen; Sie haben völlig unzuverlässige Schätzungen zur Grund lage eines Haushaltsantrags gemacht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ihre Schät zungen sind auch nicht besser!)

Wer meint, es würden aufgrund dieses Abkommens plötzlich 10 Milliarden € in deutsche Kassen fließen, der hat überhaupt keine tatsächliche Grundlage dafür.

Die Schweiz hatte eine Garantiezahlung angeboten. Diese Ga rantiezahlung hätte für Baden-Württemberg weniger Geld be deutet, als wir durch Selbstanzeigen hereingeholt haben. Das zeigt: Auch unter fiskalischen Gesichtspunkten – wenn man nur auf das Geld schaut – ist dieses Abkommen ein hundsmi serables Abkommen gerade für Baden-Württemberg gewesen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Aber Gerechtigkeit ist nicht nur eine Frage des Geldes; es ist vor allem eine Prinzipienfrage. Die Frage bei dem Steuerab kommen mit der Schweiz war doch: Werden die Steuerhinter zieher bessergestellt als die ehrlichen Steuerzahler? An dieser Frage sind Sie von CDU und FDP letzten Endes nicht nur im Bundesrat, sondern gesellschaftlich gescheitert. Sie haben sich auf die Seite der Steuerhinterzieher geschlagen. Wir sind auf der Seite der ehrlichen Steuerzahler.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wo war es denn? Beweise! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Unver schämt ist das!)

Sie wollten dort eine Amnestie für Steuerhinterzieher, wo wir die volle Härte des Gesetzes weiterhin zur Anwendung brin gen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was hat Ei chel damals gemacht? Hat der keine Amnestie ge macht? – Weitere Zurufe – Unruhe)

Deshalb haben wir das Steuerabkommen abgelehnt. Wir ha ben daraus gelernt. Die Steueramnestie von Eichel hat sich nicht bewährt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber er stand auch auf der Liste der Steuerhinterzieher!)

Deshalb ist es richtig, das Steuerabkommen mit der Schweiz abzulehnen und weiterhin mit der vollen Härte des Gesetzes gegen Steuerhinterzieher vorzugehen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: Die volle Härte ist nach der Verjährung eingetreten! Das ist Ihre „volle Härte“! Sie gestatten Verjährung!)