Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: Die volle Härte ist nach der Verjährung eingetreten! Das ist Ihre „volle Härte“! Sie gestatten Verjährung!)

Sie sehen an den Reaktionen nach dem Scheitern des Steuer abkommens, wie richtig es war, sich nicht auf solche Verträ ge einzulassen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Jetzt haben wir gar nichts!)

Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich – die Steu eroasen kippen wie Dominosteine. Das ist nur möglich, weil man Härte gegenüber Steuerhinterziehung zeigt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist doch unsäglich!)

Wir sollten uns parteiübergreifend zumindest in einem einig sein, nämlich dass es darum geht, Steueroasen trockenzule gen. Das schafft man nicht mit schlechten Abkommen, son dern man schafft es nur über internationale Kooperation aus gehend von einem Zusammenstehen der Staaten, die Härte bei der Rechtsverfolgung angedeihen lassen. Genau das ist es, was die USA gemacht haben, und genau das ist es, was auch Deutschland machen sollte.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Ja!)

Wir, die Landesregierung, handeln für mehr Steuergerechtig keit und gegen Steuerbetrug. Deshalb haben wir nach dem jahrelangen Personalabbau während Ihrer Regierungszeit die Steuerverwaltung personell besser ausgestattet. Es gibt 500 zusätzliche Stellen – Herr Schmiedel hat es ausgeführt – und 500 zusätzliche Ausbildungsplätze. Das ist ein konkreter Bei trag zu mehr Steuergerechtigkeit. 2012 hat jeder Steuerfahn der beispielsweise fast 2 Millionen € zusätzlich erbracht. Der Personalaufbau ermöglicht auch die Einrichtung einer neuen zentralen Sondereinheit zur Steuerbetrugsbekämpfung. Da mit wird nicht nur die Strafverfolgung, sondern auch die prä ventive Ebene, nämlich über die Steueraufsicht, gestärkt.

Damit sieht man auch, dass die Forderung nach einem „Steu er-FBI“ völlig in die Irre geht. Entscheidend ist, dass die Län der ihrer Verantwortung gerecht werden und ihre Steuerver waltung personell ausreichend ausstatten, so, wie wir es in Ba den-Württemberg tun.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Filius GRÜNE)

Wir machen als Land über den Bundesrat Druck. Wir werden eine Bundesratsinitiative über eine Entschließung einbringen, um die Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu verbessern, und zwar in einem ganz entscheidenden Punkt, nämlich der Verjährung der Strafbarkeit. Wir wollen die Diskrepanz zwi schen der Verjährung der Steuerfestsetzung und der Strafbar keit in Fällen der Steuerhinterziehung beseitigen. Wir sind der Überzeugung, auch in der allgemeinen Strafbarkeit muss die Verjährungsfrist zehn Jahre betragen. Es darf keinen Verjäh rungsrabatt für Steuersünder geben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Es ist in der Tat zu prüfen, inwieweit Banken, die kontinuier lich und systematisch Beihilfe zum Steuerbetrug, zur Steuer hinterziehung leisten, noch die notwendige Zuverlässigkeit für eine Lizenz bei der BaFin bekommen. Auch dieses müs sen wir, selbstverständlich unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, prüfen. Es kann nicht sein, dass in Deutschland tätige Filialen ausländischer Banken oder gar deutsche Banken selbst diese Steuerhinterziehung systema tisch begünstigen.

Ich will noch ein Letztes sagen, weil Sie die Steuerpläne an gesprochen haben und damit vom eigentlichen Thema des Steuerbetrugs etwas abgelenkt haben: Für die notwendige Haushaltskonsolidierung brauchen wir auch eine Verbesse rung auf der Einnahmeseite unseres Haushalts. Das geht über die konsequente Durchsetzung des Steuerrechts. Deshalb brauchen wir mehr Personal in der Steuerverwaltung. Das geht selbstverständlich auch über die positiven Effekte des Wirt schaftswachstums und der steigenden Steuereinnahmen. Das setzt aber auch voraus, dass wir einige Steuersätze für einige Zahler erhöhen.

Deshalb wird die Landesregierung eine Erhöhung des Spit zensteuersatzes im Bundesrat unterstützen – wie übrigens an dere Landesregierungen auch; ich denke an das Saarland, an die Kollegin Kramp-Karrenbauer mit CDU-Parteibuch. Die se Länder haben erkannt, dass wir die Schuldenbremse nur einhalten können, wenn wir den Spitzensteuersatz maßvoll anheben. Die Annahme, dass durch die Anhebung des Spit zensteuersatzes Tausende von Firmen und Tausende von Ar beitsplätzen gefährdet würden, ist einfach falsch.

In den Glanzzeiten der von Ihnen so hochgelobten Väter der sozialen Marktwirtschaft – Adenauer und Erhard – lag der Spitzensteuersatz weit jenseits der 49 %, die die SPD und die Grünen jetzt vorschlagen. Trotzdem ist das Wirtschaftswun der mit vollem Dampf weitergefahren.

(Abg. Peter Hauk CDU: Ab welchem Einkommen? – Abg. Wolfgang Drexler SPD zu CDU und FDP/ DVP: Da sehen Sie alt aus!)

Gleichzeitig hat der Staat die notwendigen Einnahmen gehabt, um keine Schulden zu machen und in die öffentliche Infra struktur zu investieren. Denn gerade unsere Familienunter nehmen, gerade unsere Mittelständler sind auf ein leistungs fähiges Verkehrsnetz, auf ein leistungsfähiges Bildungssys tem, auf eine Breitbandkommunikation in der Fläche ange wiesen. Deshalb braucht das Land, braucht der Staat in Deutschland mehr Einnahmen,

(Abg. Peter Hauk CDU: Weil Sie nicht sparen!)

auch aus Steuererhöhungen.

Steuergerechtigkeit ist ein zentrales Thema für die Haushalts konsolidierung, es ist aber vor allem ein Thema für die Tem peratur, für die Wärme in der Gesellschaft. Wir sind eben nicht nur einzelne Männer und Frauen, sondern wir sind eine Ge sellschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Kolle ge Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Kößler, was Sie uns sagen wollten, ist mir irgendwie dunkel geblieben.

(Abg. Joachim Kößler CDU: Es ist überhaupt nicht dunkel geblieben! Es war ganz klar!)

Was sollte die Botschaft sein?

(Abg. Joachim Kößler CDU: Die Botschaft war klar!)

Sollte das ein verstecktes Verständnis sein, weil niemand gern Steuern zahlt? Liegt es dann sozusagen in der Natur der Sa che, dass man sich den Themen entzieht? Klar ist doch: Sie haben der Erhöhung der Anzahl der Steuerfahnder, der Steu erprüfer nicht zugestimmt. Das ist einfach der Fakt.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Eben! Und warum nicht? Das weiß kein Mensch!)

Jeder einzelne Steuerfahnder hat 2012 im Durchschnitt 1,8 Millionen € eingebracht. Das ergibt insgesamt 354 Millio nen € mehr Steuereinnahmen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD zu CDU und FDP/ DVP: Da waren Sie dagegen!)

Von den Betriebsprüfern hat jeder Einzelne 1,5 Millionen € eingenommen. Das ergibt insgesamt 2,8 Milliarden € Mehr einnahmen durch die Betriebsprüfer. Es ist völlig klar, dass es nicht ausreicht, wenn jemand seine Steuern nur zu deklarie ren braucht und man ihm gleichzeitig signalisiert, dass er mit einer Betriebsprüfung höchstens alle 20 Jahre zu rechnen ha be. Deshalb erreichen wir Steuergerechtigkeit nur durch aus reichendes Personal. Dem haben Sie sich verweigert.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Warum?)

Deshalb war Ihre Entscheidung eine Entscheidung gegen mehr Steuergerechtigkeit in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Sie sagen jetzt unter dem Druck der öffentlichen Diskussion über die Offshore-Leaks-Erkenntnisse, die Bundesregierung benötige diese Erkenntnisse ganz schnell. Wie passt das dann mit der Weigerung des Ankaufs der Steuerdaten-CDs zusam men?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das habe ich vorhin erklärt! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das waren andere!)

Was heißt: „Das waren andere“? Das ist doch völlig egal. Glauben Sie, dass den Journalisten das auf dem Silbertablett überreicht wurde?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Eben! Ja wie denn?)

Das wurde mit den Instrumenten aufgedeckt,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber nicht durch den Staat! Das ist doch ein Unterschied!)

die auch andere anwenden, etwa wenn Steuerfahnder unter wegs sind. Entweder will man, oder man will nicht. Sie wol len nicht. Deshalb sind Sie gegen mehr Steuergerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Wolf gang Drexler SPD: So ist es!)

Nun zum Vorwand, man könne immer nur dann handeln, wenn internationale Vereinbarungen bestünden: Das ist höllisch schwierig. Es ist völlig klar, dass wir, wenn wir auf internati onaler Ebene etwa Großbritannien mit ins Boot nehmen möch ten, noch sehr lange verhandeln müssen.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Deshalb ist es wichtig, dass wir mit Staaten wie den USA oder anderen zusammen ein Zeichen setzen und eine klare Ansage machen, wie wir uns das vorstellen und was geht und was nicht. Das Ergebnis der Ablehnung des Abkommens mit der Schweiz sind 10 000 Selbstanzeigen.

(Lachen des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Ja, natürlich.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Natürlich!)

Glauben Sie, die Selbstanzeigen hätte es gegeben, wenn wir eine Amnestie in Aussicht gestellt hätten. Dann hätte es kei ne einzige Selbstanzeige gegeben, weil nichts zu befürchten gewesen wäre. Die 10 000 Selbstanzeigen zeigen also, dass dieses Vorgehen richtig war.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)