Baden-Württemberg hat sich vorgenommen, ein Musterland für gute Arbeit zu werden. Das erfordert eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Denn es ist skandalös und völlig inak zeptabel, dass in unserem Land Menschen mit Dumpinglöh nen abgespeist werden für Arbeiten, die eigentlich von den Stammbelegschaften und zu anständigen Löhnen ausgeführt werden müssen.
Wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, heute genauso wie die Regierungsfraktionen Scheinwerkverträge verurteilen, dann frage ich mich, warum CDU und FDP dem Antrag für gute und sichere Arbeit, den wir Anfang Mai in den Bundesrat eingebracht haben, nicht zu gestimmt haben. Mit diesem Antrag wollen wir umfassende gesetzliche Änderungen für eine zukunftsfähige und faire Ar beitsmarktpolitik gestalten. Dabei geht es auch darum, die Umgehung von Arbeitnehmerschutzrechten durch Scheinver träge zu verhindern.
Ich wundere mich schon über das Abstimmungsergebnis im Bundesrat. Die von CDU und FDP geführten Bundesländer haben unseren Antrag, der jetzt dem Bundestag zugeht, abge lehnt.
Ich finde, es würde der Bundesregierung gut anstehen, diesen Antrag im Bundestag endlich zu behandeln, entsprechende
gesetzliche Regelungen gegen die Ausbeutung von Beschäf tigten zu schaffen und vor allem endlich aufzuhören, das Pro blem zu leugnen, und Farbe zu bekennen, wie wichtig ihr die Fragen der sozialen Gerechtigkeit tatsächlich sind.
Vorhin war hier davon die Rede, wir würden den Mittelstand schlechtreden. Es geht bei Weitem nicht darum, den Mittel stand schlechtzureden, sondern Missstände dort zu formulie ren, wo sie bestehen, und gemeinsam dazu beizutragen, die se zu beseitigen – im Sinne eines starken Mittelstands, einer starken Wirtschaft in Baden-Württemberg.
Es geht nicht darum, den Mittelstand schlechtzureden, son dern es geht darum, Bedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern – für ein sozial gerechtes Land. Denn ich möchte nicht nur stolz auf die Produkte sein, die es in Baden-Württemberg gibt, sondern ich möchte auch stolz darauf sein, wie sie produziert werden.
Sehr geehrte Kollegen! Über das Zitat von der Frau Ministerin will ich jetzt nicht reden. Da fand ich noch besser, dass Herr Schmiedel Ludwig Erhard zi tiert hat. Das war ein bisschen geistreicher.
(Unruhe bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Seien Sie nicht so anmaßend, Herr Kollege! – Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Schulnoten!)
Herr Schoch, wenn Sie mir vorwerfen, dass ich die Debatte bzw. den Titel der Debatte kritisiert habe, möchte ich Ihnen sagen – –
Das haben wir doch überhaupt nicht gesagt. Wir haben über haupt nicht kritisiert, dass diese Debatte beantragt wird. Viel mehr habe ich – ich finde, mit Recht – kritisiert, was Herr Schmiedel im Vorfeld über die Presse gesagt hat. Ich finde, es würde auch zur Wahrheit gehören, dass Sie sagen, worum es heute wirklich geht. Denn die Wahrheit ist heute nicht, dass wir eine Debatte wegen des Missbrauchs von Werkverträgen führen, sondern die Wahrheit ist doch: Es geht Ihnen um eine Debatte im Vorfeld der Bundestagswahl.
Ich halte es nach wie vor für ein Problem, wenn wir diese De batte auf dem Rücken der Unternehmen in diesem Land füh ren, wenn Sie ständig von d e n Unternehmen im Land sprechen, ohne wirklich belegen zu können, inwieweit Miss brauch vorkommt. Missbrauch beim Werkvertrag ist ein Straftatbestand. Das steht hier überhaupt nicht zur Diskussi on.
Jeder in diesem Haus ist mit Ihnen der Meinung, dass wir die sem Missbrauch durch Kontrollen vorbeugen sollten. Aber wir finden auch, dass es keines neuen Gesetzes und keiner ge setzlichen Änderung bedarf. Im Gegenteil: Es ist, glaube ich, sehr gut, dass auch nach der kommenden Bundestagswahl Schwarz-Gelb mit Angela Merkel im Bund regieren wird, da mit solche Auswüchse verhindert werden können.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Schreiner, wenn Sie sagen, dass wir das Problem der Werkverträge nicht aufnähmen,
dann muss ich Ihnen ganz deutlich sagen: Wir nehmen das Problem bewusst auf, weil es eben entsprechend aufgeschla gen ist, weil es bei Daimler-Benz aufgeschlagen ist und weil auch der Betriebsrat von Daimler-Benz entsprechend reagiert hat
und dies auch in die Öffentlichkeit gebracht hat. Nicht nur der betreffende SWR-Reporter hat dies in die Öffentlichkeit ge bracht, sondern auch der Betriebsrat.
Herr Haußmann, es geht nicht darum, Werkverträge zu kriti sieren. Werkverträge gibt es schon ewig lange.
Diese haben mit den richtigen Rahmenbedingungen natürlich auch in einer sozialen Marktwirtschaft Bestand.
Letztlich ist doch die Frage, wie diese Werkverträge genutzt werden. Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn so genannte Scheinwerkverträge entstehen, wenn Missbrauch entsteht und wenn, wie schon des Öfteren in dieser Debatte angesprochen, Lohndumping und Tarifflucht begünstigt wer den. Genau das wollen wir verhindern.
Es bedarf entsprechender gesetzlicher Regelungen, um diesen Missbrauch zu verhindern. Dieser Missbrauch ist bislang möglich, weil es Gesetzeslücken gibt.
In einer globalisierten Welt besteht natürlich Wettbewerb. Das fordert die Unternehmen heraus. Aber in diesem Wettbewerb hat sich gezeigt, dass Deutschland ein guter Standort ist. Sonst wären nämlich im Endeffekt schon viele Unternehmen aus Deutschland abgewandert. Aber das Gegenteil ist der Fall: Die Textilindustrie siedelt sich sogar wieder hier an. Wir haben al so einen guten Standort, Herr Haußmann – trotz unserer Re gelungen.
Ich meine, diese Werkverträge gehören dort geändert, wo Lü cken bestehen, durch die es ermöglicht wird, Tarifflucht zu begehen. Das heißt, wir brauchen eine klare Abgrenzung zwi schen Arbeitnehmern und Werkvertragsbeschäftigten. Schon 1996 wurde von Norbert Blüm kritisiert, dass diese Abgren zung nicht vorhanden ist. Leider Gottes wurde diese Abgren zung nicht entsprechend weiterverfolgt. Ich denke, dies wäre damals schon notwendig gewesen.
Wir haben festgestellt, dass aufgrund der Leiharbeitsproble matik gewisse Leitplanken erforderlich sind, damit keine Pro bleme für die Stammbelegschaft verursacht werden. Diese Leitplanken sind eingeführt worden. Sie sind teilweise wie der geändert worden, aber dann wieder verbessert eingeführt worden.
Das Gleiche gilt für die Werkverträge. Es ist ein Trend in Richtung Werkverträge vorhanden. Das belegt die Studie, die vom DGB in Auftrag gegeben worden ist, eindeutig. In die ser Studie wird ganz deutlich, dass wir die Werkverträge so regeln müssen, dass Tarifflucht und Lohndumping nicht mög lich sind.
Daher möchte ich an dieser Stelle noch einmal Folgendes sa gen: Vorhin hat jemand gesagt – Herr Schreiner, ich glaube, das waren Sie –, 75 % der in Deutschland vorhandenen Ar beitsplätze seien sozialversicherungspflichtig.
Aber 35 % der Arbeitnehmer befinden sich in prekären Be schäftigungsverhältnissen. Das muss man auch sehen.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: 25 %! – Abg. Pe ter Hauk CDU: Das ist doch nicht wahr! Sie sind doch auch nicht prekär beschäftigt! Vielleicht nach der nächsten Wahl! Unglaublich!)
Daher denke ich, hier besteht Handlungsbedarf. Deswegen ist es wichtig, dass wir hierzu eine Bundesratsinitiative ergrei fen, um die Abgrenzung zu den Werkverträgen gut zu regeln, damit Tarifflucht und Lohndumping verhindert werden.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Ihre Rechenkünste schei nen schon gemeinschaftsschulverdächtig zu sein! – Gegenruf des Abg. Alexander Schoch GRÜNE: Kön nen Sie nicht auf 100 zählen? Es kann auch sein, dass a + b + c = 100 % ergibt! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE zu Abg. Peter Hauk CDU: Wie wäre es mit einem neuen Spruch? Das ist langweilig!)