Sich hier hinzustellen und zu sagen, der FDP sei die Umwelt ein Anliegen gewesen, und deswegen hätten Sie sich in die sem Bereich starkgemacht, verdreht in dieser Debatte die Fak ten natürlich schon etwas. Ich werde nachher aber noch ein mal darauf zurückkommen, wie die Vorschläge zu bewerten sind, die u. a. auch aus Baden-Württemberg in Bezug auf den Bodensee gekommen sind. Diese Vorschläge gehen aus mei ner Sicht zwar in die richtige Richtung, aber sie sind nicht aus reichend.
Die Landesregierung vertritt ohnehin die Auffassung, dass das vorgesehene Verbot von Fracking in den Wasserschutzgebie ten so, wie es in diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung bislang geplant war, nicht ausreichend ist. Der Schutz des Grundwassers ist vielmehr flächendeckend sicherzustellen. Es fehlt auch ein ausreichender Schutz in Bezug auf die Wasser gewinnung aus Oberflächengewässer. Um es klar zu sagen und noch einmal festzuhalten: Die sogenannte „Lex Boden see“, wie sie in der Presse auch genannt wurde, ist aus mei ner Sicht hier nicht ausreichend. Ich will einmal erläutern, wa rum.
Neben dem Verbot von Fracking in Wasserschutzgebieten hät te eine Regelung eingezogen werden sollen – jetzt zitiere ich –, die vorsieht, das Verbot auf Gebiete auszuweiten,
aus denen über oberirdische Gewässer der gesamte Ober flächenfluss in einen See gelangt, aus dem unmittelbar
Dies hätte ausgeschlossen werden sollen, und damit wäre na türlich der Bodensee erst einmal außen vor gewesen. Aber wir entnehmen auch Trinkwasser aus der Donau, Herr Kollege Müller, und das wäre nicht darunter gefallen.
Deswegen kann ich nur sagen: Die vorgesehene Regelung stellt für die Flusswasserentnahme keinen ausreichenden Schutz dar. Deswegen ist es mit einer Regelung für den Bodensee in dieser Form aus meiner Sicht überhaupt nicht getan.
Die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonven tionellen Lagerstätten mittels Fracking muss daher generell ausgeschlossen werden, solange Risiken für Mensch und Um welt nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden können.
Vielen Dank, Herr Minister. – An diese Aussage will ich anknüpfen. Der Kollege Lehmann hat ja vorhin den Kollegen Müller gefragt, ob er Fracking gene rell ausschließen würde. Damit wir jetzt nicht eine Diskussi on bekommen: „Müller schließt Fracking nicht aus“, ist es mir schon wichtig, zu klären: Habe ich das richtig verstanden, dass auch Sie sagen: „In dem Moment, in dem wir die Gefahren nicht mehr haben – insbesondere durch den Verzicht auf ei nen Einsatz etwa von Chemikalien –, ist es nicht generell aus geschlossen, diese Methode anzuwenden“? Würden Sie mir
zustimmen, dass das auch zwingend notwendig ist? Denn auch Gesetze und gesetzliche Verbote müssen ja eine Begründung haben. In dem Moment, in dem ich keine Begründung habe, kann ich nicht einfach ein Verbot aussprechen, jedenfalls nicht auf der Basis der geltenden Verfassungsordnung.
Dieser Punkt wäre mir also wichtig: Wenn der Gefahrenaus schluss erfolgt, dann ist auch aus Ihrer Sicht diese Methode nicht a priori ausgeschlossen. Habe ich Sie da richtig verstan den? Diese Klarstellung wäre mir wichtig.
Herr Kollege Lusche, ich würde mich jetzt zu erst an den Fakten orientieren, die heute auf dem Tisch liegen.
Heute liegen Studien beispielsweise aus Nordrhein-Westfalen und des Umweltbundesamts auf dem Tisch – um nur einmal diese zu nennen –, die eine ganze Reihe von Risiken im Zu sammenhang mit der Anwendung der Fracking-Methode auf zeigen. Solange dies der Fall ist, diskutiere ich nicht ins Blaue: Was wäre, wenn?
Zunächst einmal setze ich mich damit auseinander. Solange diese Risiken vorliegen, kommt so etwas für mich nicht infra ge.
Lassen Sie mich, Herr Kollege Lusche, in diesem Zusammen hang an die Ende Mai veröffentlichte Studie des Sachverstän digenrats für Umweltfragen erinnern. Das ist ja nicht irgend wer, sondern das ist ein wissenschaftliches Gremium, das von der Bundesregierung eingesetzt ist.
Diese Studie des Sachverständigenrats kommt zu dem Ergeb nis, dass die Gewinnung von Schiefergas in Deutschland – Herr Kollege Glück, ich empfehle, manchmal ein bisschen zu lesen – die Energiepreise nicht senken wird.
Jetzt will ich Ihnen aus dem Fazit dieser Studie zitieren, da ich höre, wie wichtig Fracking für die Energiewende angeb lich wäre. In dieser Studie heißt es – ich zitiere –:
Die Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen La gerstätten in Deutschland lässt sich allerdings nicht mit Klimaschutzgründen und
auch nicht mit der Unterstützung der Energiewende be gründen. Gemessen am Gasbedarf sind die Vorkommen und die unter Wahrung eines hohen Umweltschutzniveaus hierzulande förderbaren Schiefergasmengen – bei allen Unsicherheiten – als gering einzuschätzen.
Daher empfehle ich Ihnen: Erzählen Sie hier nicht das Mär chen, Fracking habe irgendetwas mit der Energiewende zu tun, sondern lesen Sie hin und wieder solche Untersuchungen – in diesem Fall von einem wissenschaftlichen Gremium, das von der Bundesregierung eingesetzt wurde.
Herr Kollege Müller, ich bin dankbar für Ihre Ausführungen hinsichtlich dessen, was die CDU offensichtlich in das Wahl programm zu schreiben plant. Aber lassen Sie mich vielleicht auch einmal an dieser Stelle daran erinnern, dass es namhaf te Vertreter der baden-württembergischen CDU gibt, die das ein bisschen anders sehen. Ich will einen nennen, der am 12. Juni dieses Jahres, also vor wenigen Tagen, im „Südku rier“ zitiert wird. Im Zusammenhang mit Fracking fordert er – ich zitiere – „mehr physikalische Kompetenz und betriebs wirtschaftlichen Sachverstand sowie weniger Idealismus“.
Sie wissen, wer gemeint ist, nämlich der EU-Kommissar Günther Oettinger. Meine Empfehlung – auch vor dem Hin tergrund dessen, was ich gerade zitiert habe, nämlich den Sachverständigenrat für Umweltfragen und die Auffassung, die in diesem Papier vertreten wird – an den EU-Kommissar in diesem Zusammenhang wäre: Mehr ökologische Kompe tenz, mehr volkswirtschaftlichen Sachverstand und ein wenig mehr Realismus. Das wäre in diesem Zusammenhang meine Empfehlung an den EU-Kommissar.
Meine Damen und Herren, wie stellt sich nun die konkrete Si tuation in Baden-Württemberg dar? Herr Kollege Müller ist auch schon darauf eingegangen. Ich will es noch einmal ein bisschen ausführlicher machen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern sind in Baden-Württemberg bisher konkrete Tätigkeiten im Gelände, also beispielsweise geophysikalische Messungen oder gar Erkundungsbohrungen, weder beantragt noch genehmigt worden.
In Baden-Württemberg gibt es drei Konzessionsfelder, für die die Konzessionsinhaber auch die Erkundung unkonventionel ler Gaslagerstätten beantragt haben. Mit diesen Anträgen sind jedoch – das möchte ich besonders betonen – weder Bohrun gen noch sonstige Tätigkeiten im Feld verbunden. Auf Antrag der Konzessionsinhaber wurde für das Feld Saulgau/Wangen mit einer Laufzeit bis zum 31. August dieses Jahres eine Teil aufhebung des Konzessionsfelds bewilligt. Die Teilaufhebung wurde mittlerweile auch im „Staatsanzeiger“ veröffentlicht. Für die beiden Felder Konstanz und Biberach, für die die Auf suchungserlaubnisse mit Datum vom 30. April letzten Jahres ausgelaufen sind, wurde jeweils eine Verlängerung beantragt. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau prüft derzeit diese Anträge. Grundsätzlich – auch das gehört zur Wahrheit – besteht erst einmal ein Rechtsanspruch auf Ver längerung.
Erst nach einer erfolgreichen Explorationsphase und der oft jahrelangen Auswertung der Untersuchungsergebnisse würde sich gegebenenfalls eine Gewinnungsphase anschließen, die wiederum eine gesonderte Bewilligung zur Förderung des Rohstoffs inklusive der Vorlage und Genehmigung weiterer
Betriebspläne zur Gewinnung umfassen würde. Erst danach dürfte theoretisch überhaupt mit der Förderung begonnen wer den.
Erstens: Die Landesregierung wird weiterhin für ein Moratori um durch die Bundesregierung eintreten, wonach in Deutsch land keine Bohrungen mit Anwendung der Fracking-Metho de unter Einsatz wassergefährdender Stoffe durchgeführt wer den sollen, bis gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse über die Risiken dieser Technologie vorliegen.
Hier sehe ich vor allem den Bund in der Pflicht. Die badenwürttembergische Landesregierung ist bereit, konstruktiv da ran mitzuwirken. Ich bedanke mich insbesondere auch für die breite Unterstützung hier im Haus.
Zweitens: Ob in Baden-Württemberg überhaupt das Fracking zum Einsatz kommt, ist nicht absehbar. Eine mögliche Ge winnung von unkonventionellem Erdgas per Fracking ist mehr als ungewiss, und die Landesregierung wird den weiteren Ent scheidungsprozess auf jeden Fall weiterhin im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten äußerst kritisch begleiten. Dabei wird sie sich auch weiterhin insbesondere für den Schutz des Grund- und des Trinkwassers sowie für eine möglichst früh zeitige Information und Beteiligung der Bevölkerung einset zen.