Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Herr Kollege Glück.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Fracking gibt es schon lange, schon jahrzehntelang in Deutschland. Es dient der Förderung von Öl, Erdgas und Wasser, und es wird übrigens auch bei der Tiefengeothermie eingesetzt. Bis heute wird das Fracking-Ver fahren eingesetzt, ohne dass es für jede einzelne Bohrung ei ner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf.

Aus diesem Grund halten wir die Gesetzeslage besonders hin sichtlich des Wasserschutzes und der Umweltauswirkungen für unzureichend. Deshalb wurde im Bundestag ein Gesetz entwurf zum Thema Fracking eingebracht, um einen solchen Schutz zu gewährleisten. Ein solches Gesetz hätte ein Mehr an Sicherheit bedeutet, verglichen mit der jetzigen Situation. Der Gesetzentwurf sah ein grundsätzliches Verbot von Fra cking in Trinkwassergebieten vor. Auch die Gleichstellung der Wasserbehörde mit dem Bergamt – ebenfalls ein ganz wich tiger Punkt – war vorgesehen. Außerdem sollten mit dem Ge setz verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfungen vor je der Bohrung vorgeschrieben werden. Sobald irgendein Scha den gedroht hätte, wäre ein solches Vorhaben spätestens durch die Umweltverträglichkeitsprüfung gekippt worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf Bundesebene gab es Abstimmungen zwischen dem Bundeswirtschaftsmi nisterium und dem Bundesumweltministerium. Der Vorschlag für ein entsprechendes Gesetz wurde von den Fraktionen wei terentwickelt, und schließlich war es leider die Union, die kal te Füße bekommen hat, sodass es in dieser Legislaturperiode des Bundestags zu keinem solchen Gesetz kommt.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Es hat halt nicht ge reicht!)

Das hat u. a. die Landesvorsitzende der FDP und Bundestags abgeordnete Homburger veranlasst, zu posten:

Bedenkenträger und Mutlosigkeit bei der Union verhin dern mehr Wasser- und Umweltschutz beim Fracking.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Diese Bedenken haben wir!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedaure das zu tiefst, und, Herr Schoch, ich gebe Ihnen recht: Da wäre ein Mehr an Sicherheit erforderlich gewesen. Dieses Mehr an Si cherheit hätte man durch ein Gesetz bekommen. Wir halten die bestehende Rechtslage, wie gesagt, für unzureichend.

Jetzt möchte ich noch etwas zu Frau Grünstein sagen: Frau Grünstein, es ist nicht so, wie Sie es vorhin gesagt haben, son dern genau umgekehrt. Es ist nicht so, dass mit dem neuen Gesetz, wäre es gekommen, Fracking am Bodensee möglich gewesen wäre. Spätestens durch die UVP hätte man es kippen können. Der Punkt ist aber: Die jetzige rechtliche Situation, dass man kein Gesetz hat, würde theoretisch ein Fracking am Bodensee zulassen. Das heißt, dieses Gesetz hätte ein Mehr an Sicherheit gebracht. Aus diesem Grund fordern wir es nach wie vor.

Nun komme ich aber zu einem Punkt, in dem wir uns viel leicht von den Regierungsfraktionen unterscheiden:

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Ein generelles Verbot von Fracking halten wir nicht für sinn voll. Wir wollen klare gesetzliche Regelungen, wir wollen strengste Auflagen bezüglich des Naturschutzes und des Was serschutzes,

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Warum haben Sie denn kein Gesetz gemacht?)

wir wollen aber nicht unüberlegt eine Tür zuschlagen. Wir wissen: Wer aussteigt, muss irgendwo einsteigen. Und wir wissen auch, dass Stromkosten eine zentrale Rolle für einen Wirtschaftsstandort spielen.

(Zuruf des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)

Übrigens: Ein generelles Fracking-Verbot wäre auch der Todes stoß für die Tiefengeothermie. Schon allein aus diesem Grund müssen wir aufpassen, dass wir nicht unwiderruflich eine Tür zuschlagen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Rein hold Pix GRÜNE: Was ist jetzt mit dem Bodensee?)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungs fraktionen, wir sind es doch insbesondere von den Grünen be reits gewohnt, dass man sich immer wieder fortschrittlichen Methoden entgegenstellt.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das ist doch kal ter Kaffee!)

Ganz gleich, ob es Btx, ISDN, das Internet oder das Handy ist – immer haben Sie dem Ganzen gegenüber eine kritische Hal tung. Ich könnte aber trotzdem wetten, dass Sie heutzutage Ihre I-Phones und Blackberrys auch nicht zurückgeben woll ten.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Wir können nicht irgendwo aussteigen und dann nirgends ein steigen. Es ist auch scheinheilig, bei uns ein generelles Ver bot des Frackings zu fordern, gleichzeitig aber für die Strom gewinnung durch Erdgas zu werben. Woher kommt denn das Erdgas? Das Erdgas, das Sie dann einsetzen wollen, kommt aus Russland. Allerdings haben wir überhaupt keinen Einfluss darauf, unter welchen Umweltbedingungen dieses russische Erdgas gefördert wird. Auch das spielt eine Rolle. Wer argu mentiert: „Wir wollen hier kein Fracking, wir nehmen lieber russisches Gas“, der argumentiert scheinheilig.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

In dem von Umweltminister Untersteller immer wieder gern zitierten Leipziger Energiegutachten, in dem es um die Frage geht, wie sich die Stromkosten zukünftig entwickeln werden, wird ausdrücklich auf das Fracking hingewiesen, und das Fra cking wird ausdrücklich einkalkuliert. Das bedeutet, dass das Gutachten, das Sie immer heranziehen, von Fracking ausgeht. Daher entziehen Sie sich Ihre eigene Argumentationsgrund lage, wenn Sie ein generelles Fracking-Verbot fordern.

Für uns als Fraktion der FDP/DVP ist klar: Wasserschutz hat die oberste Priorität. Wir wollen jedoch nicht generell und von vornherein eine Tür zuschlagen. Die Erfahrung mit CCS, al

so der CO2-Speicherung im Erdreich, hat klargemacht: Neue Technologien haben nur eine Chance, wenn von vornherein auf höchste Transparenz und höchste Sicherheitsstandards ge setzt wird. Wer Risiken verharmlost, wird scheitern. Klar ist auch, dass wir mit der aktuellen Rechtslage nicht zufrieden sind, weil sie eben keinen optimalen Wasserschutz und Um weltschutz bietet, wie wir das für notwendig halten. Aber, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, hoffen wir doch, dass es nach der Bundestagswahl unter Schwarz-Gelb möglichst schnell zu einem Fracking-Gesetz kommt.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Warum macht ihr es denn nicht jetzt? Warum nicht jetzt?)

Vielen Dank.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Glück, gestatten Sie ei ne Zwischenfrage des Kollegen Lehmann?

Aber sehr gern.

Vielen Dank, Herr Kol lege Glück, dass ich eine Nachfrage stellen kann.

In der ganzen Debatte über eine rechtliche Regelung, die jetzt auch im Bund stattgefunden hat, hat mich gewundert, dass das Gesetz letztlich daran gescheitert ist, dass die CSU in Bayern und die CDU in Nordrhein-Westfalen gesagt haben: Braucht es nicht wegen all dieser Probleme – Herr Müller hat sie be nannt: all die Chemikalien, die zum Einsatz kommen; es ist unklar, was wirklich passiert – ein Moratorium? Ich fand es sehr wohltuend, dass solche Signale aus Bayern und NRW ka men, auch von der dortigen CSU und CDU.

Wäre es nicht gut gewesen, vor der Bundestagswahl einfach zu sagen: „Wir machen dieses Moratorium; wir lassen all die Akteure, die in diesem Bereich tätig sind, etwa die Länder, nicht in der schwierigen Situation einer rechtlichen Grauzo ne“? Wäre es nicht gut gewesen, ein solches Signal zu geben? Die FDP hat sich ja dagegen gewandt, dass man hier zu einem Moratorium gelangt.

Bitte, Herr Abg. Glück.

Herr Lehmann, der Punkt ist einfach folgender: Hier tun alle so, als hätten wir im Rah men der Energiewende nun alle Zeit der Welt. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir eben nicht alle Zeit der Welt ha ben. Die Frage, wie wir zukünftig eine sichere Stromversor gung gewährleisten, ist eben nicht belanglos. Es ist etwas schi zophren, auf der einen Seite zu sagen, man sei für die Strom gewinnung aus Gas, sich auf der anderen Seite aber dagegen zu sperren, an das Thema Fracking heranzugehen. Wir kön nen nicht einfach sagen: „Bis wir irgendwann einmal so weit sind, kaufen wir das russische Gas ein und kümmern uns ei nen alten Kehricht darum, welche Umweltauflagen es dort gibt.“ Diese Argumentation ist scheinheilig, und aus diesem Grund sehen wir dringenden Handlungsbedarf.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Karl Zim mermann CDU – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie machen nichts! – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Andi, du warst auch schon mal besser!)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Untersteller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Auch wenn ich mich wiederhole, lassen Sie mich zu Beginn noch einmal Folgendes hervorheben: Der Schutz und die Sicherheit von Mensch und Umwelt stehen für uns an oberster Stelle. Wir nehmen die Ängste und Befürchtungen der Menschen, auch im Zusammenhang mit dem Thema Fracking, sehr ernst.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Landesregierung steht der Methode des Frackings unter Einsatz von Chemikalien – Herr Kollege Glück, hier besteht ein kleiner Unterschied zur Tiefengeothermie –

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

nach wie vor außerordentlich kritisch gegenüber. In diesem Sinn haben wir uns in die politischen Entscheidungsprozesse eingebracht und werden uns auch weiterhin einbringen.

Herr Kollege Müller hat vorhin darauf hingewiesen: Es ist fast ein Jahr her – es war am 28. Juni letzten Jahres –, dass der Landtag fraktionsübergreifend u. a. beschlossen hat, ein bun desweites Moratorium für die Gewinnung von unkonventio nellem Erdgas mit der Fracking-Methode zu fordern. Die Lan desregierung hat sich sowohl im Bundesrat als auch in der Umweltministerkonferenz mehrfach vor allem für ein bundes weites Moratorium sowie für den Schutz des Grundwassers und des Trinkwassers eingesetzt.

Lassen Sie mich insbesondere auf die Entschließung des Bun desrats vom 1. Februar dieses Jahres hinweisen, die wir ge meinsam mit anderen Ländern – Schleswig-Holstein, Nord rhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, aber auch Bremen – ein gebracht haben. Der Bundesrat hat wegen der ungeklärten Umweltauswirkungen, Herr Kollege Glück, gefordert, dass über Anträge auf Genehmigung von Fracking-Maßnahmen mit umwelttoxischen Chemikalien zur Aufsuchung und Ge winnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten erst dann entschieden werden kann, wenn die nötige Datengrund lage zur Bewertung vorhanden ist und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu befürchten ist.

Statt dieser Aufforderung des Bundesrats zu folgen, wurden von den zuständigen Bundesministerien zunächst lediglich Regelungen, die u. a. ein Verbot von Fracking in Wasser schutzgebieten sowie verpflichtende Umweltverträglichkeits prüfungen bei den Bohrungen zum Inhalt gehabt hätten, vor geschlagen. Wie Sie wissen – dies ist hier auch angesprochen worden –, kommen diese aufgrund unterschiedlicher Auffas sungen in den beiden Koalitionsfraktionen nicht mehr zustan de.

Herr Kollege Glück, an dieser Stelle muss ich aber die Kolle ginnen und Kollegen der CDU etwas gegen Ihre Verdrehung von Tatsachen in Schutz nehmen.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Ich fühle mich ge ehrt!)