Von der Landesregierung hingegen werden harte Einsparmaß nahmen ergriffen: bei der Eingangsbesoldung, der Beihilfe,
hinsichtlich der Tarifergebnisse. Diese Einsparmaßnahmen sind zugegebenermaßen unangenehm und werden in schöner Regelmäßigkeit von der Opposition reflexartig abgelehnt.
Einen immer schärferen Einsparkurs zu verlangen und zeit gleich an anderer Stelle Mehrausgaben zu fordern, das kann man nur machen, wenn man genau weiß, dass man nicht den Beweis antreten muss, wie dieser Spagat gelingen soll.
Wir stimmen deshalb einer Verschärfung der grundgesetzli chen Schuldenbremse, so wie von der FDP/DVP beantragt, nicht zu.
Kollege Maier hat eine ganze Reihe von Einsparvorschlägen aufgezählt, die wir in den letzten beiden Jahren auf den Tisch gelegt haben. Insofern merke ich – zumindest bei der SPDFraktion – schon eine deutliche Bewegung. Denn bisher ha ben Sie immer behauptet, diese Einsparvorschläge gebe es gar nicht. Offensichtlich hat innerhalb der Regierungskoalition zumindest der eine oder andere das Hörgerät jetzt wieder ein geschaltet. Also, es gibt diese Einsparvorschläge.
Sie können natürlich sagen: „Diese Einsparvorschläge passen uns nicht, wir haben die Mehrheit im Landtag von BadenWürttemberg, und deshalb lehnen wir Ihre Einsparvorschlä ge ab.“ Das ist ja in Ordnung. Sie sollten jedoch nicht behaup ten, wie Sie das lange Zeit gebetsmühlenartig gemacht haben, wir würden diese Einsparvorschläge nicht machen.
Dann haben Sie, Herr Kollege Maier – wie am heutigen Tag schon eine ganze Reihe von Rednern aus der Regierungsko alition bis hin zum Finanzminister –, sich dafür gelobt, dass Sie keine neuen Schulden machen. Ich stelle fest – wenn ich das übernehme, was Sie gesagt haben –: 2008 ein ausgegli chener Haushalt, 2009 ein ausgeglichener Haushalt, 2011 ein ausgeglichener Haushalt, 2012 ein ausgeglichener Haushalt und 2013 – das nehmen Sie für sich in Anspruch – wiederum ein ausgeglichener Haushalt.
Angesichts dessen können Sie doch nicht ernsthaft ständig be haupten, das alles seien Einmaleffekte. Wenn es in fünf von sechs Haushaltsjahren bei einem Gesamtvolumen in der Grö ßenordnung von über 200 Milliarden €, die in diesen sechs Jahren durch das Land Baden-Württemberg ausgegeben wor den sind, gelungen ist, ausgeglichene Haushalte vorzulegen, ist das alles nicht auf Einmaleffekte zurückzuführen. Herr Maier, Hand aufs Herz, Sie sind doch ein solider Kommunal politiker. Das, was Sie hier erzählen, können Sie doch nicht ernsthaft selbst glauben.
Das, was Sie vorgetragen haben, macht doch deutlich, dass es möglich ist, zu ausgeglichenen Haushalten zu kommen. Man sollte sich doch nicht einerseits damit brüsten, dass man schon eine halbe Legislaturperiode regiert, ohne auch nur einen ein zigen Euro neue Schulden gemacht zu haben, und anderer seits dazu erklären, es sei unter gar keinen Umständen mög lich, vor dem Jahr 2020 ohne neue Schulden auszukommen.
Meine Damen und Herren, das ist keine Frage des Könnens, sondern es ist eine Frage des Wollens. Da liegt der Hund be graben.
Es ist möglich – Herr Kollege Mack hat es beschrieben –, den Wunsch zu erfüllen, den der Oppositionspolitiker Kretsch mann seinerzeit formuliert hat, und die Schuldenbremse so fort in die Landesverfassung aufzunehmen und sie umzuset zen. Seit er Ministerpräsident geworden ist, hat er diesen Wunsch offensichtlich nicht mehr. Seitdem will er sie erst im Jahr 2020. Das zeigt, dass auch beim Philosophen Kretsch mann das Sein das Bewusstsein bestimmt. Das wird an dieser Stelle deutlich, aber es ist nicht im Interesse des Landes.
Es ist auch nicht im Interesse des Landes, dass man, wenn man zwar in Oppositionszeiten immer die Landeshaushalts ordnung beschwört
und sogar eine Verschärfung der Landeshaushaltsordnung an mahnt, dann, wenn man anfängt zu regieren, als Erstes die Landeshaushaltsordnung abschafft,
weil sie einen beim Schuldenmachen behindert. Meine Da men und Herren, auch hier wird deutlich, wie unglaubwürdig Ihre Finanz- und Haushaltspolitik ist.
Wir debattieren hier über eine Änderung der Landesverfas sung. Das ist dem Finanzminister nicht einmal seine Anwe senheit wert, wie er auch – auch das muss man feststellen – im Wesentlichen im Finanzausschuss durch Abwesenheit glänzt. Finanzminister Schmid hat in der vergangenen Woche vom Rednerpult des Landtags aus den Beamten ins Stamm buch geschrieben: Zu einem Kompromiss gehören immer zwei. Da hat er recht.
Das gilt allerdings auch für die Verfassungsänderungen im Zu sammenhang mit der Schuldenbremse. Denn wenn Sie die Op position – um die Landesverfassung zu ändern, brauchen Sie insbesondere die CDU-Fraktion – ins Boot holen müssen, dann müssen Sie einen Kompromiss schließen. Da kann man wie wir der Meinung sein, es geht sofort – Sie selbst haben den Beweis angetreten oder zumindest für sich reklamiert, dass es sofort geht –, oder kann wie die Regierungskoalition behaupten, es gehe erst 2020, aber wenn man einen Kompro miss schließen will, dann müssen sich beide bewegen.
Wir haben angeregt, einen Kompromiss dergestalt zu finden, dass man sich auf einen Mittelweg verständigt: Nullneuver schuldung, obwohl sie sofort möglich wäre, nicht sofort, aber auch nicht erst 2020, wie Sie es in unverantwortlicher Weise immer noch fordern, sondern im Sinne eines Kompromisses. Das bieten wir Ihnen an.
Viel mehr können Sie von einer Opposition nicht erwarten, als dass eine Opposition, die der Überzeugung ist, man kön ne sofort zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen, Ihnen noch weitere Verschuldungsrechte in einer Größenordnung von insgesamt 4 Milliarden € zugesteht. Meine Damen und Herren, was wollen Sie denn noch?
Das, was Sie wollen, wird deutlich: Sie wollen nämlich Ihre Politik zu 100 % selbst an den Stellen durchsetzen, an denen Ihnen die Verfassung Schranken aufzeigt, und zeigen gleich zeitig auf die Opposition und erklären, die Opposition sei schuld daran, dass dies nicht gelinge.
Sie erwarten von der Opposition, dass sie Ihre Forderungen der Schuldenbremse zu 100 % umsetzt. Sie erwarten ständig von der Opposition, dass diese Vorschläge mache, wie zu spa ren sei. Wenn die Opposition Ihnen aber konkrete Vorschläge unterbreitet, Herr Kollege Maier, dann stellen Sie bei jedem einzelnen Vorschlag fest: „Das wollen wir nicht.“ Der Minis terpräsident setzt dem Ganzen die Krone auf, indem er, wo immer er auftritt, erklärt: „Das Sparen ist eigentlich Aufgabe der Opposition. Ich bin derjenige, der regiert. Ich gebe das Geld aus. Aber für das Sparen ist die Opposition zuständig.“ Eine solche Regierungsauffassung, die stark zu der Auffas sung divergiert, die man zu Oppositionszeiten selbst hatte, ist wirklich märchenhaft.
Wolke 7 trifft es ganz gut. – Ich habe den Eindruck, dass, wenn diese Landesregierung so weitermacht, die Wolke ihr irgendwann unter dem Hintern wegschwebt und diese Lan desregierung einen ziemlich harten Aufprall erleben wird, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Rülke, es fällt mir bei dieser Polemik zunehmend schwer, Ihnen eine sachliche Antwort zu geben.
In den letzten zehn Jahren, in denen ich die Finanzpolitik im Landtag mitgestaltet habe, hat mich immer wieder beein druckt, dass man Zahlen nicht anschreien kann. Zahlen sind, wie sie sind.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Keine neu en Schulden, das nehmen Sie doch für sich selbst in Anspruch!)
Ja, aber das ist zu kurz gegriffen. Man muss weiterdenken. Ich komme gleich noch einmal auf dieses Thema zu sprechen.
Ich will vorher noch eines sagen, weil Sie die Äußerungen des Ministerpräsidenten verdrehen, und zwar in der Sache verdre hen: Der Ministerpräsident hat gesagt: „Wer schneller sparen will, als wir es vorhaben, muss sagen, wie das geht.“ Das ist auch richtig, meine Damen und Herren.
und zwar jedes Jahr durch die rechtzeitige Vorlage des Haus halts, mit der Vorlage eines Nachtragshaushalts auch in die sem Jahr.