Protokoll der Sitzung vom 17.07.2013

Selbstverständlich, ja.

(Abg. Walter Heiler SPD: Aber nicht kurz vor 13:00 Uhr! – Heiterkeit bei den Grünen)

Vielen Dank, Herr Kollege. – An gesichts der Zeit in aller Kürze: Wenn Sie die Gesetzesbegrün dung lesen, dann können Sie ihr entnehmen, dass im Klima schutzkonzept insbesondere wesentliche Ziele und Grundzü ge festgelegt werden. Es ist nicht nötig, über jede der 110 Ein zelmaßnahmen zu diskutieren. Würden Sie mir beipflichten, dass es diesem Haus gut ansteht, im Fünfjahresrhythmus, wie es vorgesehen ist, über wesentliche Grundsätze der Klimapo litik zu diskutieren?

(Abg. Johannes Stober SPD: Das machen wir doch mit dem Vorschlag!)

Das machen wir doch, Herr Lusche. Das wollte ich nämlich gerade sagen. Es ist doch völ lig klar: Niemand von uns will am Parlament vorbei über so wichtige Fragen des Klimaschutzes entscheiden. Wir wollen aber keine Zustimmung des Landtags zu den einzelnen Maß nahmen, sondern wir wollen dem Landtag die Möglichkeit geben, eine Stellungnahme abzugeben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Gehört und überhört!)

Im Übrigen: Transparenter als diese Regierung kann man ein Verfahren zum Klimaschutzgesetz nicht gestalten. 7 000 Bür ger hatten die Gelegenheit, ihre Vorschläge zum Gesetz über das Internetportal BEKO einzubringen. Dazu haben wir Ver bände gehört, wir haben die Kammern gehört, und wir haben noch Experten im Umweltausschuss angehört. Ich finde, das kann sich sehen lassen und hat wirklich viel mit Transparenz zu tun.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Anhörung hat gezeigt: Das Klimaschutzgesetz ist recht mäßig und bewegt sich innerhalb der Gesetzgebungskompe tenz des Landes. Wir wollen keiner Gemeinde, keinem Land kreis und keinem Unternehmen vorschreiben, wie sie Klima schutz zu praktizieren haben. Stattdessen formulieren wir Zie le zur Minderung des CO2-Ausstoßes, die wir in den Berei chen Energie, Verkehr und Landwirtschaft erreichen wollen. Dazu wollen wir den Klimaschutz bei den Genehmigungsver fahren gesetzlich verankern, was insbesondere bei den anste henden Regionalplanänderungen fundamental wichtig ist.

Meine Damen und Herren, es geht uns darum, dass wir dem Klimaschutz den Stellenwert geben, den er verdient. Hierzu erarbeitet das Umweltministerium noch in diesem Jahr eine Vollzugshilfe für die Kommunen und Landkreise.

Wir haben nicht viel Zeit; denn der CO2-Ausstoß im Land ist nach Angaben der Landesanstalt LUBW bis zum Jahr 2010 weiter gestiegen, und zwar um 3,6 %. Er ist nicht gesunken. Dies zeigt, vor welch großen Herausforderungen das Land Ba den-Württemberg steht. Bundesweit ist der CO2-Ausstoß trotz des Zusammenbruchs der Ostindustrie ebenfalls gestiegen.

Besonders besorgniserregend ist für unsere Fraktion die Zu nahme der CO2-Emissionen im Straßenverkehr um über 10 %. Das ist eine dramatische Entwicklung. 30 % aller CO2-Emis sionen werden inzwischen vom Straßenverkehr verursacht. Das belegt, dass die bisherige Verkehrspolitik gescheitert ist. Wir produzieren Staus und Feinstaub, anstatt durch intelligen tere Mobilitätskonzepte die Autofahrer zum Umsteigen auf Bahn und Bus zu bewegen. Genau Letzteres wollen wir mit unserem Maßnahmenkatalog erreichen, indem wir verschie dene Instrumente einführen und diskutieren, wie wir gerade hier eine Verlagerung vom Autoverkehr auf den ÖPNV vor anbringen können.

(Beifall bei den Grünen)

Ich sage Ihnen ganz offen: Man muss auch über heilige Kühe diskutieren. Konkret: Eine Nahverkehrsabgabe sollte unserer Meinung nach zumindest geprüft werden. Denn wir brauchen mehr Geld im System, um den ÖPNV auszubauen, um mög licherweise auch zusätzliche Angebote für Berufspendler zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Angesichts des dramatischen Temperaturanstiegs um durch schnittlich 1 Grad – in der Region Mittlerer Neckar sogar 1,3 Grad – besteht also dringender Handlungsbedarf. Der Kli mawandel führt nicht nur zu Wetterextremen, sondern bringt auch gewaltige volkswirtschaftliche Schäden in Milliarden höhe mit sich, die der Staat auf Dauer nicht mehr bezahlen kann. Daher haben wir in unserem Gesetzentwurf das besag te IEKK verankert.

Es ist häufig von einem Symbolgesetz die Rede; genau das Gegenteil ist der Fall. Wir legen 110 zielgerichtete Maßnah men in den Bereichen Landwirtschaft, Energie und Verkehr fest. Dabei machen wir Vorschläge, wie wir den CO2-Ausstoß reduzieren und den Ausbau der erneuerbaren Energien voran bringen.

(Zuruf des Abg. Ulrich Lusche CDU)

Ich möchte ein Beispiel nennen: Durch das energieeffiziente Sanieren und Bauen mithilfe von Landeszuschüssen wurden mittlerweile Investitionen in Höhe von 1,9 Milliarden € aus gelöst und wurde der CO2-Ausstoß um 135 000 t reduziert. Ich denke, das ist ein Wort.

Deshalb bleibt festzuhalten: Das Klimaschutzgesetz ist unse rer Meinung nach ein Umsetzungsgesetz mit zielgerichteten Maßnahmen. Ab heute gilt: Für uns wird der Klimaschutz zur nationalen Aufgabe.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Stober.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut, dass wir heute mit gro ßer Mehrheit in diesem Haus das Klimaschutzgesetz verab schieden werden. Das zeigt: Der Klimaschutz und die Ener giewende sind eine gemeinsame Aufgabe. Bei allen Diskus sionen und Auseinandersetzungen, die wir im Detail führen – auch heute wieder –, ist das, glaube ich, ein ganz, ganz wich tiges Zeichen.

Ich möchte mich auch noch einmal bei allen Beteiligten be danken, auch für die Beratung. Uns war wichtig, dass wir die ses Gesetz noch vor der Sommerpause verabschieden, dass wir eine Anhörung gemacht haben, die aus meiner Sicht sehr fundierte und gute Informationen und Ergebnisse geliefert hat, und dass wir heute auch einen von drei Fraktionen getrage nen gemeinsamen Änderungsantrag vorliegen haben. Dies zeigt, glaube ich, dass es eine sehr konstruktive Zusammen arbeit gegeben hat. In diesem Zusammenhang deshalb noch einmal Dank an alle Beteiligten.

Das Gesetz hat zwei Schwerpunkte. Es ist zum einen ein schlankes Rahmengesetz, in dem die Klimaschutzziele defi niert werden: Senkung des CO2-Ausstoßes, bezogen auf 1990, um 25 % bis zum Jahr 2020 und um 90 % bis zum Jahr 2050. Es wurde uns vom ZSW noch einmal sehr deutlich erläutert, unter welchen Rahmenbedingungen das möglich ist und dass das Ziel zwar anspruchsvoll, aber erreichbar ist.

Darüber hinaus werden wir dieses Klimaschutzziel auf die gleiche Stufe wie den Naturschutz oder andere Rechtsmateri en heben, sodass der Klimaschutz nicht unter- oder oberhalb des Naturschutzes angesiedelt ist, sondern auf einer Ebene mit ihm. Das muss in die entsprechenden Abwägungen einfließen. Ich denke, das ist ein sehr wichtiges Signal. Trotz seiner ge ringen Paragrafenanzahl ist das Gesetz äußerst wichtig.

Das zweite Herzstück dieses Gesetzes ist das von meinen bei den Vorrednern schon angesprochene integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept, IEKK. Die Landesregierung hätte auch ohne Klimaschutzgesetz ein solches Konzept erstellen kön nen, wie es die alte Landesregierung getan hat; das ist schon angesprochen worden. Es ist aber gut und richtig, dem auch Gesetzesrang zu geben, sodass das Konzept erstellt und alle fünf Jahre fortgeschrieben werden muss

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

und der Landtag von Baden-Württemberg ein Mitspracherecht hat.

(Zuruf: Immerhin!)

Es ist ein starkes Zeichen für dieses Parlament, sich dieses Recht zu nehmen, auch wenn es im Gesetzentwurf nicht vor gesehen war.

Ich sage dazu – ich bin schon in der letzten Legislaturperio de Abgeordneter gewesen –: Ich kann mich nicht daran erin nern, dass sich das Parlament bei entsprechenden Diskussio nen diese Rechte genommen hätte. In meinen Augen sind wir beim Maximum

(Abg. Peter Hauk CDU: Stimmt nicht!)

dessen, was man erreichen kann. Das steht für das Selbstbe wusstsein dieses Parlaments und insbesondere für das Selbst bewusstsein der Fraktionen GRÜNE und SPD.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Zum Änderungsantrag der CDU möchte ich noch eines ergän zen: Es ist für uns, das Parlament, wichtig, die Regierung zu kontrollieren und eigene Vorschläge einzubringen. Es ist aber nicht unsere Aufgabe, Regierung zu spielen. Wir haben eine Exekutive und eine Legislative, und die Umsetzung des IEKK ist eine Aufgabe der Exekutive. Wir können uns überlegen, noch weitere Rahmengesetze zu machen. Wir werden das Erneuer bare-Wärme-Gesetz novellieren. Wir können auch darüber nachdenken, Weiteres gesetzgeberisch vorschreiben zu wollen. Wir legen aber auf eine saubere Gewaltenteilung zwischen Le gislative und Exekutive wert. Wir sind im Ausschuss an die ma ximale Grenze gegangen und sind dafür, dass es dabei bleibt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Staatssekretär Ingo Rust: Sehr gut!)

Der zweite Änderungsantrag ist von drei Fraktionen gemein sam eingebracht worden. In der Anhörung haben wir vom Landkreistag den dringenden Hinweis erhalten, dass die un teren Verwaltungsbehörden Umsetzungshinweise von der Landesregierung brauchen. Der Zeitraum, dies um 18 Mona te zu verschieben, war uns zu lang. Wir sind dem Umweltmi nisterium sehr dankbar für seine Zusage, dass diese Anwen dungshinweise noch dieses Jahr kommen werden. Damit kön nen wir uns im Änderungsantrag für das spätere Inkrafttreten auf die Artikel beschränken, in denen es um diese Anwen dungshinweise geht.

Der ursprüngliche Vorschlag war, die Klimaschutzziele als solche, also das Herzstück, § 4 des Klimaschutzgesetzes, erst später in Kraft treten zu lassen. Das ist der falsche Weg. Des halb ist es für uns wichtig, die Regelungen auf die Artikel zu beschränken, bei denen man die Anwendungshinweise braucht. Das ist eine sehr gute Lösung und nicht nur ein Erfolg der CDU-Fraktion, sondern auch ein Erfolg der Fraktion GRÜ NE und der SPD-Fraktion.

Ich denke, heute ist ein guter Tag, an dem wir hier um Lösun gen ringen. Wir werden das bei der Debatte über das IEKK, in der es nicht nur um das Rahmengesetz, sondern auch um die konkreten Inhalte geht, noch einmal sehr intensiv – wohl im Laufe des zweiten Halbjahrs 2013 – im Landtag von Ba den-Württemberg tun. Ich freue mich auf diese Debatte. Das Konzept befindet sich schon in der Anhörung. Es enthält vie le Maßnahmen, bei denen wir etwa über die Fragen streiten werden: Was ist richtig? Was soll möglicherweise nicht ent halten sein? Vielleicht nehmen wir uns als Parlament auch ge zielt die Kompetenz heraus, manches gesetzlich zu regeln. Auch darüber können wir diskutieren. Ich freue mich auf die spannende Debatte, die wir in diesem Herbst führen werden.

Die heutige Diskussion und die fraktionsübergreifende Ent scheidung aller relevanten Kräfte in diesem Parlament sind sehr wichtig. Deswegen bedanke ich mich noch einmal herz lich für Ihre Aufmerksamkeit und die gute Zusammenarbeit bei diesem Thema.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In Vertretung unse res umwelt- und energiepolitischen Sprechers Andreas Glück, der sich heute einer Operation unterziehen muss und dem wir sicherlich alle baldige Genesung wünschen,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Gute Besserung, ja!)

nehme ich abschließend zu diesem Gesetzentwurf zur Förde rung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg Stellung.

Ohne Zweifel sind wir alle für die Reduzierung von Treib hausgasen. Das ist, glaube ich, hier kein Diskussionspunkt. Ich darf allerdings auch begründen, warum wir heute diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Ich weise auch darauf hin, dass neben dem Verkehr, Herr Kol lege, nach wie vor gerade der Wärmebereich, der Wohnungs bereich einen großen Anteil an der Emission von Treibhaus gasen, am Ausstoß von CO2 hat. Ich darf daran erinnern, dass wir beispielsweise 1998 in der ersten schwarz-gelben Koali tion mit der Unterstützung der Altbausanierung – vorbildlich im ganzen Bundesgebiet – angefangen haben. Da hat man na türlich nicht genug gemacht und müsste noch nachjustieren. Aber es war sicherlich richtig, zu handeln.

Ohne Zweifel müssen wir alle, wie gesagt, mehr tun, wobei ich relativierend hinzufüge: Man sollte nicht Kleinigkeiten hochspielen, die nachher der Wirtschaft wehtun und den Bür ger ärgern. Denn man muss das Ganze auch global sehen. Na türlich macht Kleinvieh auch Mist. Das weiß ich auch.