Protokoll der Sitzung vom 10.10.2013

Da wir zu diesem Thema sicherlich noch mehrmals zusam menkommen werden, will ich es dabei bewenden lassen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Andreas Deuschle CDU: Unmögliche Art! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Lasotta das Wort.

Werte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke nicht, dass man in Redebeiträgen Kritikpunkte, die berechtigt sind, ein fach kaputt machen kann, indem man aggressives Verhalten unterstellt.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Meinungsdiktatur!)

Ich habe die gestrige Rede von Andreas Deuschle als sehr aus gewogen empfunden.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei den Grünen)

Sie war eine Mischung aus Kritikpunkten, aber auch sehr kon struktiven – –

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das ist der Unterschied!)

Natürlich. Wir haben unterschiedliche Meinungen. Deswe gen sind wir in unterschiedlichen Rollen und in unterschied lichen Parteien. Aber ich glaube nicht, dass man mit einem Totschlagargument Aggressivität unterstellen kann,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

wenn eine Rede differenziert aufgebaut wird und wenn auch bewusst Kritikpunkte geäußert werden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Ich denke nicht, dass das zu einer guten Diskussion beiträgt. Insofern will ich Andreas Deuschle noch einmal ausdrücklich dafür danken, dass er neben Kritikpunkten auch konstruktive Wege aufgezeigt hat, auf die in der Stellungnahme der Lan desregierung leider nicht eingegangen worden ist.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig! So ist es!)

Sie wurden abgetan, aber nicht aufgegriffen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das wollten wir gar nicht hören! Bravo!)

Nun zum Staatsvertrag mit den islamischen Glaubensgemein schaften. Ich bin dankbar, dass die SPD einen Antrag gestellt hat, in dem sie dieses Thema aufgegriffen hat, damit wir auch hier im Landtag darüber diskutieren können.

Zum einen hat der runde Tisch „Islam“ das Thema aufgegrif fen, aber wir, die Landtagsfraktionen, haben alle an einer Po diumsveranstaltung der Akademie der Diözese RottenburgStuttgart teilgenommen, bei der wir mit den Verbänden selbst diskutiert haben. Herr Schmiedel und auch Vertreter aller an deren Landtagsfraktionen waren dabei. In dieser Diskussion ist deutlich gesagt worden: Wir wollen den Weg des Dialogs weitergehen und intensivieren. Dazu steht auch die CDULandtagsfraktion. Wir unterstützen diesen Dialog, stellen uns ihm und bringen auch unsere konstruktiven Vorschläge in ihn ein.

Zum Zweiten gibt es die Staatsverträge in Hamburg und Bre men. Was ist darin geregelt? Auf der einen Seite enthalten sie

Bereiche, die Grundsätzliches ansprechen, Dinge, die schon in unserer Verfassung stehen, also die Glaubensfreiheit, der Erwerb des Eigentums, das Bekenntnis zur gemeinsamen Wer tegrundlage unseres Grundgesetzes. Da stellt sich natürlich die Frage, inwieweit diese Themen noch einmal in einem Staatsvertrag betont werden müssen. Wenn das aber zum ge genseitigen Verständnis beiträgt, ist das in Ordnung.

Viel wichtiger sind andere Punkte, die wir auf dem Weg noch gemeinsam definieren müssen.

Vieles hiervon haben wir in Baden-Württemberg bereits ge regelt, z. B. das Bestattungsrecht, die Errichtung von Bil dungs- und Kultureinrichtungen, die Anerkennung bestimm ter Feiertage oder die religiöse Betreuung in öffentlichen Ein richtungen. Beispielsweise besteht nun an den Krankenhäu sern die Möglichkeit, dass nicht nur katholische und evange lische Geistliche, sondern auch Vertreter der islamischen Re ligionsgemeinschaften in der Seelsorge tätig sind.

Unter den Themenvorschlägen für einen Staatsvertrag gab es kein Thema, zu dem wir nicht bereits entsprechende Regelun gen getroffen haben.

Einer der zentralen Punkte wird noch der Religionsunterricht sein. Darüber haben wir uns auch auf einer Verbandstagung unterhalten.

Zum Staatsvertrag: Wir stehen am Anfang der entsprechen den Überlegungen. Wir wollen einen gemeinsamen Dialog, einen Dialog auf Augenhöhe. Wir wollen die Punkte, die die islamischen Verbände fordern, aufnehmen. Wir wollen in die sen Diskussionsprozess aber mit eingebunden werden.

Wir sind für die Definition gemeinsamer Ziele. Wir sind da für, dass Bausteine erarbeitet werden, weil dies für die Aner kennung, für die Teilhabe, für das Ernstnehmen von beiden Seiten wichtig ist.

Ob am Ende ein Staatsvertrag steht, ob das Abkommen dann anders heißt oder ob man andere verbindliche Vereinbarun gen unter Freunden, in einer Verantwortungsgemeinschaft trifft, muss heute nicht das Thema sein. Wichtig ist, sich ge genseitig ernst zu nehmen und den Dialog zu führen. Wichtig ist, die Teilhabe auch nach außen hin verbindlich anzuerken nen, fortzuentwickeln, entsprechende Signale zu senden und deutlich zu machen, dass dieser Dialog nicht nur zwischen dem Land und den islamischen Religionsgemeinschaften ge führt wird, sondern auch mit den Kirchen, mit der Gesell schaft, mit den Kommunen, mit den Verbänden. Wir wollen, dass der Landtag in diese Diskussion ausdrücklich mit einge bunden wird.

Wir erwarten eine gemeinsame Handlungsweise. Ich weiß nicht, ob es zielführend ist, wie Staatssekretär Murawski vor zugehen, der auf der angeführten Veranstaltung gesagt hat: „Legt einmal vor; wir machen daraus einen Staatsvertrag.“ Vielmehr sollten wir die Regelungsinhalte gemeinsam erar beiten. Wir müssen diese zusammen erarbeiten, sodass wir ei ne gemeinsame Grundlage erhalten. Dadurch können wir do kumentieren, dass wir in einer Verantwortungsgemeinschaft stehen, und wir können auf dieser Grundlage deutlich machen, dass wir mit den Menschen – mit ihrem Glauben, mit dem, was sie als Mensch ausmacht und sie in unserer Gesellschaft

definiert – auf Augenhöhe in Verbindung treten wollen. Wir wollen ihnen die entsprechenden Rechte, Gestaltungsmög lichkeiten und Weiterentwicklungsmöglichkeiten garantieren.

Wir erwarten, dass sich unser Kirchenbeauftragter, Minister präsident Kretschmann, entsprechend einschaltet und defi niert, wie er sich in diesem Prozess vorstellt.

In der zweiten Rederunde würde ich gern auf das Thema „Is lamischer Religionsunterricht“ eingehen, weil dieses Thema in der öffentlichen Berichterstattung in dieser Woche eine gro ße Rolle gespielt hat; Kultusminister Stoch hat sich geäußert. Ich würde gern etwas zu den verfassungsmäßigen Grundla gen darlegen, die notwendig wären, um diesen Religionsun terricht weiterzuentwickeln. Auch das ist ein wichtiger Be standteil bei der Gestaltung eines entsprechenden Vertrags, zu dem es vielleicht kommt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Lieber Kollege Dr. La sotta, es gibt keine zweite Rederunde.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Ach so!)

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Diese Rede zeit haben Sie schon ausgeschöpft.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir könnten doch ver längern! – Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Daher muss Ihr Beitrag in einer anderen Debatte fortgeführt werden.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Vor dem Saal!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Halder das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden noch sehr viel Zeit mehr brauchen, um die Diskussion über das Thema zu führen; es muss nicht alles heute angesprochen werden.

In der Religionspolitik ist derzeit einiges in Bewegung. Die Stadtstaaten Bremen und Hamburg haben Staatsverträge mit islamischen Glaubensgemeinschaften abgeschlossen. In Hes sen wurden die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Re ligion, DITIB, als Religionsgemeinschaft und der Verband Ahmadiyya Muslim Jamaat als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. In Niedersachsen strebt die Landesregie rung die Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit den is lamischen Verbänden an.

Auch in Baden-Württemberg wurden in der Religionspolitik erste Maßnahmen eingeleitet. Die Errichtung des runden Ti sches „Islam“ von Ministerin Öney sowie das Modellprojekt „Islamischer Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg“ sind erste wichtige Schritte. Wir sind auch weiterhin an einem offenen Dialog mit den islamischen Religionsgemeinschaften interessiert.

Vonseiten der islamischen Glaubensgemeinschaften besteht ein großes Interesse an dem Thema „Rechtliche Anerkennung

als Glaubensgemeinschaft“ und an der Schließung eines Staatsvertrags. Zuletzt haben beispielsweise die Türkisch-Is lamische Union der Anstalt für Religion, DITIB, und der Lan desverband der Islamischen Kulturzentren in Baden-Württem berg, VIKZ, einen Antrag auf Anerkennung als Religionsge meinschaft gestellt. Damit ist klar, dass das Thema öffentlich und auf politischer Ebene verstärkt diskutiert werden muss.

Wir stehen den Überlegungen zum Abschluss eines Staatsver trags und einem Dialog mit den islamischen Glaubensgemein schaften offen gegenüber.

Die Einladung von Staatssekretär Murawski an die islami schen Glaubensgemeinschaften, dem Staatsministerium eine Ideensammlung für einen Staatsvertrag vorzulegen, wird von uns als wichtiger erster Schritt gesehen.

Wir sehen die islamischen Glaubensgemeinschaften als Teil unserer multikulturellen und offenen Gesellschaft. In diesem Zusammenhang ist es unserer Ansicht nach wichtig, in den Dialog mit den islamischen Glaubensgemeinschaften zu tre ten und offen über die Anliegen der Verbände zu diskutieren.

Hierbei geht es u. a. um Themen wie den islamischen Religi onsunterricht, die Anerkennung islamischer Feiertage, das Recht der islamischen Religionsgemeinschaften zur religiö sen Betreuung in öffentlichen Einrichtungen – das betrifft den Bereich Seelsorge – und das Bekenntnis zu gemeinsamen Wertegrundlagen, insbesondere die Gleichberechtigung der Geschlechter.

Ganz allgemein könnte ein solcher Staatsvertrag den Vorteil haben, die Zusammenarbeit zwischen dem Land Baden-Würt temberg und den islamischen und alevitischen Glaubensge meinschaften zu intensivieren. Daneben sehe ich uns, die Mit glieder des Landtags, in einer wichtigen Funktion. Wir kön nen den Prozess aktiv mitgestalten und entsprechende Impul se geben.