Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Natürlich brauchen wir eine erweiterte Freistellung. Jeder, der sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt und Zahlen recher

chiert hat, wird Ihnen sagen, dass man gar nicht genau sagen kann, was das wirklich kosten wird. Die Handhabung im Zu sammenhang mit der Freistellung ist heute schon so individu ell und unterschiedlich, dass alle Hochrechnungen spekulativ wären.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Es kann sein, dass im Einzelfall – – Sie kennen auch die Re flexe der Verbände. Der Gemeindetag oder der Städtetag sa gen zunächst einmal, dass das Land etwas machen soll – sie halten die Hand auf und wollen etwas –, und erst in einem zweiten Schritt wird darüber diskutiert, was es wirklich kos tet.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Dafür gibt es eine Ver fassungsregelung!)

Jetzt hören Sie einfach einmal zu.

Es ist doch so, dass wir die Staffelung bei der Freistellung er weitern, weil wir wissen, dass durch eine bessere, profunde re und hauptamtliche Personalratsarbeit bei den entscheiden den Fragen der Mitbestimmung, der Arbeitszeitgestaltung – – Noch einmal: Der öffentliche Dienst wird in Zukunft ein „fe mininer“ Arbeitgeber sein. Dies gilt z. B. für Krankenhäuser öffentlicher Träger. Allein die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erfordert eine stärkere Beteiligung der Mitarbeiterinnen und ganz neue Arbeitszeitmodelle. Das geht nur durch eine fachlich und personell profunde Mitbestimmung.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Langer Rede kurzer Sinn: Wir haben heute von den Zentren für Psychiatrie ein großes Dankeschön erhalten.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wir auch!)

Das haben Sie aber nicht verdient. Die waren halt so freund lich, weil sie gerade da waren.

Wir haben von der Polizeigewerkschaft und vom Personalrat der Stadt Stuttgart – – Die GEW unterstützt uns ausdrücklich, obwohl sie weiter gehende Forderungen gestellt hat. Die GEW weiß, dass wir trotz knapper Haushaltsmittel etwas geschafft haben. Wir haben nämlich Mitwirkung und Mitbestimmung als integrale Bestandteile des Arbeitsmarkts in Baden-Würt temberg definiert. Schließlich ist Arbeit mehr als eine Kom bination aus Gnade und Ausbeutung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Sakellariou das Wort.

(Zuruf von der CDU)

Die Latte kann ich nicht rei ßen, aber meinen Wortbeitrag kann die NSA wenigstens kom plett mitschreiben.

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Ihr Hochdeutsch ist besser als das Ih res Vorredners!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will heute mit grundsätzlichen Bemerkungen anfangen. Sie haben das Gesetzespaket gesehen. Das ist ein riesiges Werk. Wenn man sich als Parlamentarier an der Erarbeitung eines solchen Grundsatzwerks beteiligt, befasst man sich manchmal durch aus mit grundsätzlichen Fragen.

Als ich mich mit dem LPVG befasst habe, ist mir ein Zitat von Christian Graf von Krockow

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: „Zeit“-Redakteur!)

aus dem Jahr 1976 ins Auge gefallen. Er hat gesagt:

Politik ist der Kampf um die Veränderung oder Bewah rung bestehender Verhältnisse.

Dies ist eine Grundsatzaufgabe. Genau dem haben wir uns über ein Jahr lang an dieser zentralen Stelle gewidmet.

Da ärgert es mich schon, wenn ausgerechnet der Beamten bund und Kollege Blenke uns vorwerfen, in diesem Verfah ren habe keine ausreichende Beteiligung stattgefunden. Schon im Vorfeld, noch bevor überhaupt ein Eckpunktepapier erar beitet wurde, wurden 1 000 Änderungsvorschläge von Arbeit gebern, Beschäftigten, Betriebsräten, Gewerkschaften und Personalräten aufgegriffen. Erst anhand dieser 1 000 Vorschlä ge wurde ein Eckpunktepapier ausgearbeitet, mit dem man in die Verbände, in die Diskussion gegangen ist. Jetzt befinden wir uns in dem Stadium, in dem wir in die Anhörung gehen. Es gab also eine Beteiligung, die frühzeitiger und besser nicht hätte erfolgen können, auch wenn – das liegt in der Natur der Sache – nicht jeder mit dem Ergebnis zufrieden sein kann.

Überlegen Sie sich einmal, in was für einem Spannungsfeld wir uns bewegen. Wir haben es mit Künstlern, Lehrern, Zen tren für Psychiatrie, dem Strafvollzug, Rieseneinheiten und kleinen Einheiten, Kommunen und den großen und mächti gen Kreissparkassen zu tun. In diesem Spannungsfeld etwas zu machen und zu verändern, mit dem nachher alle zufrieden sind, das kann niemandem gelingen. Das wäre Ihnen nicht ge lungen; es ist auch uns nicht gelungen. Wir haben aber einen Kompromiss abgeliefert, der genau dieser Aufgabe gerecht wird, die die Politik hat, nämlich in dieses Spannungsfeld al les aufzunehmen, was aufgenommen werden kann, und abzu wägen.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Blenke hat auf die ZfP verwiesen, und Kollege Lucha hat heute schon berichtet, dass uns ausdrücklich gedankt wur de.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das scheint nicht oft zu passieren! Das hat Seltenheitswert! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die Kerze!)

Dies nur zur Richtigstellung. Diese Kerze, die ich Ihnen nach her überreichen möchte – Kollege Hinderer hat mir die Anre gung dazu gegeben –, soll helfen, dass Ihnen ein Licht auf geht.

(Der Redner hält eine Kerze hoch.)

Darauf steht: „Herzlichen Dank! Ihre Personalräte“. Mit an deren Worten: Die Personalräte haben begriffen, dass das, was hier passiert, erforderlich war.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Was wir – Rainer Hinderer, Georg Nelius, Thomas Funk, Wal ter Heiler und auch Johannes Stober – an Sitzungen abgehal ten haben und wie wir uns mit den einzelnen Gruppen beider Lager ausgetauscht haben, um die Befindlichkeiten zu erspü ren und zu erfahren, wie ein gerechter Ausgleich geschaffen werden kann, das sucht seinesgleichen.

Warum machen wir das überhaupt? Die Welt hat sich seit 1995 doch wirklich verändert. Allein durch das Internet hat sich ei ne Arbeitsverdichtung, auch eine Erreichbarkeit an Wochen enden ergeben. Ganz zentral hat sich auch die Haltung gegen über der öffentlichen Verwaltung verändert. Ich verweise in diesem Zusammenhang etwa auf die Umstellung von Kame ralistik auf Doppik, die Schaffung von Produktgruppen. Im Grunde haben wir ein betriebswirtschaftliches Denken in die öffentliche Verwaltung gebracht. Das hat dazu geführt, dass sich die Arbeit erheblich verändert hat. Mit der Änderung des Personalvertretungsgesetzes passen wir die Instrumente an die Wirklichkeit, die sich in den letzten 20 Jahren entwickelt hat, an.

Ein gutes Beispiel ist der Wirtschaftsausschuss. Ich selbst war Betriebsratsvorsitzender in einem mittelständischen Unter nehmen, in dem wir einen Wirtschaftsausschuss gebraucht ha ben. Ich kann Ihnen sagen: Dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über den Betriebsrat Einblick in die Zahlen be kommen haben, hat zu einer großen Befriedung geführt. Auf diese Weise konnte die Gerüchteküche, was der Chef sich wie der auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kauft und leistet usw., ausgeräumt werden, weil der Betriebs rat mit sachverständiger Hilfe die betriebswirtschaftlichen Zahlen gesehen hat. Sie werden sich wundern, welche befrie dende Wirkung dieser Wirtschaftsausschuss haben wird.

Sie werden sich auch wundern, dass in diesem Fall Konnexi tät gar nicht greift, weil alles, was sich in diesem Bereich än dert, eine Aufgabe ist, die es schon vorher gab. Ein moderner Beschäftigtenbegriff wird dazu führen, dass sich die Mitbe stimmung insgesamt verbessert. Mitbestimmung läuft übri gens nicht so, Herr Professor Goll:

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Glas Rotwein!)

Je mehr Rotwein man mit dem Vorsitzenden trinkt, desto bes ser die Mitbestimmung.

(Beifall bei der SPD)

Vielmehr ist es so: Je mehr Austausch und je mehr Mitbestim mungsrechte in einem fairen Wettstreit vorhanden sind, des to eher fühlen sich die Mitarbeiter mitgenommen. Das wirkt sich positiv auf die Produktivität, die Profitabilität und die Zu friedenheit aus. Das wird im Ergebnis einen Mehrwert brin gen. Diesen werden wir leider nicht beziffern können. Das weiß aber jeder, der sich mit dem Thema Mitbestimmung be fasst.

(Der Redner überreicht Abg. Thomas Blenke CDU eine Kerze. – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Er nimmt keine rote Kerze! Lieber eine schwarze!)

Herr Blenke, damit Ihnen ein Licht aufgeht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Goll das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! In der Debatte hat man gemerkt, wie weit die Ansichten zu einer bestimmten Sache auseinander gehen können. Wir sind dafür da, Positionen auszutauschen. Ich fürchte, ich sorge beim Fraktionsvorsitzenden der SPD gleich wieder für Aufregung. Ich kann nichts dafür, möchte aber schon schildern, wie sich das, was hier auf dem Tisch liegt, aus meiner und aus unserer Sicht darstellt.

Aus meiner Sicht reiht sich der vorliegende Gesetzentwurf in mehrere Vorhaben dieser Landesregierung ein, bei denen drei Kriterien ins Auge springen: Sie sind in der Sache kaum be gründbar,

(Lachen des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

sie sind eher ideologisch motiviert, und sie sind wahnsinnig teuer. Das hat meines Erachtens mit der Schaffung des Integ rationsministeriums angefangen. Man könnte aber auch die Gemeinschaftsschule anführen. Ganz deutlich wird es beim Nationalpark, und bei diesem Gesetzentwurf wird es wieder deutlich.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Oh mein Gott, was für eine Legendenbildung!)