Ich meine, wir sind auf einem guten Weg, auch im Interesse der Wirtschaft und zu deren Schutz – ein Anliegen, das eigent
lich auch Ihnen am Herzen liegen sollte. Ich habe zumindest bislang den Eindruck gehabt, dass Ihnen der Schutz der Wirt schaft am Herzen liegt. In diesem Zusammenhang darf ich Ih nen einmal Folgendes zitieren:
Die Wirtschaft in Baden-Württemberg profitiert in gro ßem Maße von dem Erfindergeist und der Kreativität, die in den Unternehmen im Land vorherrschen.
Sich diesem zu bedienen, indem man abseits der rechtli chen Vorschriften Ideen „klaut“ und Profit auf Kosten an derer zu machen gedenkt, ist nicht nur schädlich für die Wirtschaft im Land, sondern auch strafrechtlich relevant. Es stellt sich die Frage, in welchem Umfang sich die Jus tiz im Land mit diesem Problem konfrontiert sieht und welchen Stellenwert dieses im Gesamtgefüge einnimmt.
Mit dieser für die Justiz wie auch für die Wirtschaft positiven Tendenz haben Sie Ihren Antrag vom 11. Dezember 2012, der sich an die Landesregierung gerichtet hatte, begründet – ei nen Antrag zum Schutz der ordentlich und rechtmäßig han delnden Unternehmen, der uns am Herzen liegt und der auch Ihnen am Herzen liegen sollte.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Nach dieser ersten Runde können wir ein paar Punkte klar festhalten. Erstens: Die SPD treibt eine Ausweitung des Strafrechts gegenüber Unternehmen voran. Das war die Aussage von Herrn Binder.
Zweitens: Man muss noch einmal deutlich machen: Unsere Position läuft einfach darauf hinaus, dass wir ein bestehendes Instrumentarium haben, das noch im Juni des laufenden Jah res verbessert wurde, und das ausreicht. Darin liegt nicht der leiseste Widerspruch, sondern das gehört gerade zusammen. Wir haben Ihnen sozusagen ein Recht, ein Instrumentarium hinterlassen, das völlig ausreichend ist.
Dabei muss man Folgendes noch einmal ganz kurz anspre chen: Es gibt natürlich die Strafbarkeit der handelnden Perso nen – ganz klar; nichts Neues –, und es gibt dann diese Brü cke gemäß § 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes, der mehr fach zitiert worden ist und in dem steht: Wenn irgendjemand, irgendein Mensch, der in einem Unternehmen eine verant wortliche Position hat, eine Straftat begeht und davon entwe der er selbst oder das Unternehmen etwas hat, dann kann man auch gegen das Unternehmen vorgehen, kann ihm zunächst einmal Bußgelder bis 10 Millionen € abnehmen und kann, wenn höhere Gewinne erzielt worden sind, weit mehr ab schöpfen, als es in der Vergangenheit der Fall war.
Das ist ein intelligentes und wirksames System, und zu die sem System bekennen wir uns. Das halten wir für gut. Wir se hen keinen weiteren Handlungsbedarf und sind irritiert, dass Sie solchen Handlungsbedarf sehen. Wir halten das für ein
Dritter Punkt: Selbstverständlich spricht gar nichts dagegen, Herr Minister Stickelberger, etwas zu tut, damit das bestehen de Recht umgesetzt wird – gar keine Frage –, doch trotzdem gibt es auch bei dieser Handreichung irritierende Momente. Sie haben hier beispielsweise zu einem Punkt nichts gesagt: Es ist die Rede davon, dass man bei der Abschöpfung von Ge winnen auch gegenüber Unternehmen das sogenannte Brut toprinzip anwenden solle. Das ist übrigens der Punkt, zu dem ich vorhin gesagt habe, dass man das normalerweise gegen über der organisierten Kriminalität macht. Wenn man nämlich nicht genau weiß, wie viel verdient wird, zieht man, grob ge sprochen, den Umsatz heran. Das ist das Bruttoprinzip. Da ist die Grenze natürlich fließend, was die Einführung weiterer Sanktionen anbelangt. Das kann man so oder so umsetzen.
Wir fragen uns schon ein bisschen: Gibt es wirklich ein An wendungsdefizit? Ist da wirklich manches geschehen, worauf man nicht geachtet hat, oder hätte man in diesem Bereich gern mehr Bußgelder? Da sind die Grenzen fließend, was ich als Anwendungsdefizit bezeichne.
Insofern rate ich dazu, auch bei der Gestaltung dieses Leitfa dens für die Staatsanwaltschaften besser als bisher klarzuma chen, dass es nicht um einen Generalverdacht gegen Unter nehmen geht.
Die Nagelprobe kommt für mich am Schluss, nämlich bei der Frage, wie sich Baden-Württemberg zu diesem nordrheinwestfälischen Gesetzentwurf stellen wird. Wenn Sie dem zu gestimmt haben, dann komme ich darauf zurück: Dann bleibt für uns der Geschmack des Wirtschaftsfeindlichen übrig. Das sind Aktivitäten, die dem Land im Zweifel nicht nutzen.
Herr Justizminister, Sie ha ben sich – ganz entgegen Ihrer sonstigen Gewohnheit – sehr zurückhaltend geäußert, aber ich habe Sie – –
Nein, das tun Sie nicht immer. – Sie haben sich darauf zu rückgezogen, Sie wendeten geltendes Recht an. Ich halte es für selbstverständlich, dass man dies in einem Rechtsstaat tut. Das muss man als Justizminister nicht besonders betonen.
Aber ich habe Sie so verstanden, dass Sie sich gegen ein Un ternehmensstrafrecht ausgesprochen haben. Sie haben darauf verwiesen, dass sich die Justizministerkonferenz am 14. No vember dafür ausgesprochen hat, über ein Unternehmensstraf recht nachzudenken. Ja, nachdenken darf man immer,
aber man muss natürlich auch zu einem Entschluss kommen, und zwar zu einem richtigen Entschluss, und der lautet in die sem Fall, dass wir so ein Unternehmensstrafrecht in Deutsch land nicht brauchen.
Wenn wir von der CDU uns für die Mittelständler in unserem Land aussprechen, wenn wir uns dagegen aussprechen, dass sie in die Ecke von kriminellen Organisationen gestellt wer den, dass sie doppelt bestraft werden und dass ihre Standort sicherheit gefährdet wird, und der Kollege Filius sagt, das sei eine Skandalisierung, dann bekämen Sie von uns jeden Tag einen Skandal – jeden Tag. Denn das tun wir. Wir glauben, dass dieser Mittelstand ehrlich und anständig ist und dass die wenigen Fälle, die wir kennen, aus anonymen Konzernen he raus kommen. Ich kenne keinen Fall, in dem ein Mittelständ ler an den Pranger gestellt wird. Und das sollten auch wir nicht tun.
Wir sollten die Rahmenbedingungen für den Mittelstand in diesem Land stärken – hier vermisse ich Engagement von Ih nen –, und wir sollten ihn nicht in eine kriminelle Ecke stel len. Insofern erstaunt mich, dass die SPD-Fraktion und der Justizminister unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Wir sind klar gegen ein Unternehmensstrafrecht, aber bei Ih nen in der Fraktion scheint die Abstimmung mit dem Justiz minister nicht zu funktionieren. Darüber sollte man einmal nachdenken. Denken Sie über Weihnachten einmal über das Unternehmensstrafrecht nach,
Die Debatte hat jetzt doch ge zeigt, dass dieser Angriff, Grün-Rot hier zu unterstellen, man würde sich gegen die Wirtschaft stellen, ins Leere gelaufen ist. Herr Goll, Sie haben im zweiten Teil Ihrer Ausführungen nochmals deutlich gemacht, dass die bisherigen Regelungen ein gutes Instrumentarium sind, das die FDP/DVP, die FDPBundestagsfraktion und die Bundesjustizministerin entspre chend mittragen. Aber genau darauf hat das Justizministeri um reagiert. Das Ministerium hat gesagt, wir müssten diese schwierige Norm letztendlich zur Anwendung bringen, und hat hierzu auch Hilfestellung gegeben. Darüber besteht Kon sens.
Wir haben jedoch einen Problembereich, den man natürlich immer wieder diskutieren muss: Es geht um die Frage, ob die se Instrumentarien insgesamt ausreichend sind. Jetzt wurde die Handlungsanleitung des Justizministeriums an die Staats anwaltschaften gegeben, und nach einem Jahr muss man prü fen, ob das letztlich Wirkungen entfaltet hat, ob es funktio niert oder ob sich nach einem Praxischeck noch Handlungs bedarf ergibt. Nicht mehr und nicht weniger ist bei dieser Vor gehensweise das Ziel gewesen.
Eines möchte ich wirklich noch einmal betonen – darin soll ten wir uns hier im Haus einig sein –: Es geht wirklich dar um, dass wir die redlichen Unternehmen schützen. Das muss Zweck und Ziel sein. Es geht nicht um einen Generalverdacht gegenüber der Wirtschaft, sondern darum, dass man fehler haftes Verhalten entsprechend stigmatisiert und damit den red lichen Kaufmann schützt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur zur Klarstellung: Zwischen den Justizmi nister und die SPD-Fraktion passt kein Blatt Papier.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das hat schon einmal jemand gesagt! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Aber ein ganzes Telefonbuch! – Heiterkeit)
Dann, Herr Löffler, haben Sie auch wieder gesagt, das sei ein Angriff auf die Wirtschaft, ein Angriff auf die mittelständi schen Unternehmen. Das ist genau so, als wenn wir den Straftat bestand des Diebstahls – den gibt es ja im Strafgesetzbuch – heute einführen würden und Sie uns dann vorwerfen würden, wir hielten alle Bürgerinnen und Bürger für kriminell und würden ihnen allen unterstellen, sie würden stehlen.
Jeder, der rechtschaffen ist, jeder, der sich an Recht und Ge setz hält, wird auch nach einer Änderung des Unternehmens strafrechts nicht straffällig, sondern jeder, der sich ordnungs gemäß verhält, braucht keine Angst vor dem Gesetz zu haben. Insofern glaube ich schon, dass wir da auf dem richtigen Weg sind. Alle mittelständischen Unternehmen, die ehrlich unter wegs sind – das ist die Mehrzahl; da gebe ich Ihnen recht –, müssen vor dieser Diskussion keine Angst haben. Im Gegen teil: Gerade die mittelständischen Unternehmen profitieren davon, weil sie dann, wenn große Unternehmen teilweise straffällig werden, ihre Ehrlichkeit erst recht herausstellen können. Insofern könnte man das auch als Wettbewerbsvor teil betrachten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf einige Bemerkungen möch te ich kurz eingehen. Was das von mir angesprochene Zitat angeht, kann ich Sie beruhigen, Herr Dr. Rülke. Am gleichen Tag, als Sie Ihre etwas verwirrende Stellungnahme abgege ben haben, ließ der Dachverband der baden-württembergi schen Arbeitgeberverbände verlauten – das ist ja nicht irgend wer –, er halte nichts vom Vorstoß des Ministers. Und dann wörtlich: