Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

Hierbei müssen wir vermehrt auf veränderte Nachfrageströ me und Bedarfe eingehen.

(Zuruf von der CDU: Das macht eben nicht die Poli tik!)

Insbesondere der demografische Wandel verdeutlicht, worauf wir in der Tourismusförderung künftig Wert legen müssen: Ei nerseits veranlassen uns die schrumpfenden Bevölkerungs zahlen im Land, vermehrt auf ausländische Gäste zuzugehen, andererseits zählt zu den kommenden Herausforderungen, dass wir unser Tourismusangebot und die gesamte touristische Servicekette barrierefrei zugänglich machen.

Wir hatten schon von der CMT, der Tourismusmesse, gespro chen, die vorletzte Woche in Stuttgart stattfand. Sie ist ein tol les Aushängeschild für den Tourismus im Land. Bei meinem Besuch konnte ich ganz gut erkennen, wie sich unser Land im Vergleich zu internationalen Ausstellern präsentiert. Dazu trägt das Engagement der Tourismus Marketing GmbH Ba den-Württemberg bei. Ich denke, es war gut und richtig, die Mittel dafür im Haushalt zu erhöhen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Zur Bewertung der Qualität des Tourismusangebots in unse rem Land gehört für uns aber auch der Blick auf die Arbeits bedingungen in der Tourismusbranche. Hier haben wir eine etwas andere Einstellung, als meine Vorredner von der CDU und der FDP/DVP deutlich gemacht haben.

Laut einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung arbei tet jeder zweite Beschäftigte im Hotel- und Gaststättengewer be im Niedriglohnbereich. 10 % der dort Beschäftigten müs sen ihren Lebensunterhalt aufstocken. Auch aufgrund unat traktiver Arbeitszeiten, hoher Arbeitsbelastungen und einge schränkter beruflicher Perspektiven leidet das Gastgewerbe unter einer regelrechten Ausbildungskrise. Eine Onlinebefra gung der IHK im Jahr 2011 ergab, dass das Gastgewerbe die Branche ist, bei der die größten Probleme bestehen, Ausbil dungsplätze zu besetzen.

Viele Auszubildende brechen ihre Ausbildung ab oder bleiben nach der Ausbildung nur wenige Jahre im erlernten Beruf. Der Mangel an Fachkräften stellt diesen Wirtschaftszweig vor enorme Herausforderungen. Deshalb unterstützt die Landes regierung mehrere Projekte und Maßnahmen, um das Interes se an Ausbildungsberufen im Hotel- und Gaststättengewerbe zu erhöhen, beispielsweise die Kampagne „gut-ausgebildet. de“ oder Coaches, die junge Menschen, die ihre Ausbildung abbrechen wollen, begleiten.

Änderungen an den Arbeitsbedingungen müssen allerdings auch seitens des Tourismusgewerbes angegangen werden. Vor

diesem Hintergrund begrüße ich die Initiative des DEHOGA und der IHK, nämlich das Ausbildungsversprechen, mit dem diese zu einer Wende im Ausbildungsmarkt im Hotel- und Gaststättengewerbe beitragen.

Zuletzt noch kurz ein Blick auf den Tourismus in den ländli chen Räumen. Aufgrund des demografischen Wandels und der Strukturveränderungen in der Landwirtschaft ist der Touris mus gerade hier ein Zukunftsthema. Zugute kommt den länd lichen Räumen die wachsende Nachfrage nach naturnaher Er holung, Gesundheits-, Wellness- und Aktivurlaub.

Zwei Faktoren sind bei der Tourismusförderung im ländlichen Raum hervorzuheben: Mit der Förderung des Wander-, Fahr rad-, Reit- oder Campingtourismus ermöglichen wir insbeson dere auch einkommensschwächeren Familien ein Stück Erho lung und Urlaub. Vor allem stärkt die Tourismusförderung die kleinen und mittleren Unternehmen in den zum Teil wirt schaftlich eher schwächer aufgestellten Gegenden. Somit leis tet die grün-rote Landesregierung mittels der Tourismusför derung einen großen Beitrag zum Erhalt der ländlichen Räu me.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Baden-Württemberg ist immer eine Reise wert, und die rotgrüne Landesregierung

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die grün- rote!)

unterstützt alle Akteure in diesem Bereich, damit viele Men schen diese Erfahrung machen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Bonde.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Baden-Württemberg ist im Tourismus wei ter auf Erfolgskurs. Wir nehmen bundesweit einen Spitzen platz ein. Wenn man es sich anschaut – 2011 ein Rekordjahr, 2012 ein Rekordjahr, 2013 ein weiteres Rekordjahr im BadenWürttemberg-Tourismus –, dann kann man sagen: Drei Re kordjahre in drei Jahren grün-roter Landesregierung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das gefällt allen in Baden-Württemberg, außer der Opposition, die selbst bei die sem Erfolgskurs etwas zu mäkeln sucht,

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

was wir hier vorgeführt bekommen haben.

Von Januar bis November letzten Jahres ist die Zahl der An künfte erneut gestiegen; auch die Zahl der Übernachtungen ist erneut gestiegen. Auf unserer großen Urlaubsmesse, der CMT, konnten wir erneut zeigen, welch breite Leistungsfä higkeit und welch große Attraktivität der Tourismus in Baden

Württemberg hat. Wir haben klasse Betriebe in der Hotellerie und in der Gastronomie, wir haben einen aktiven Mittelstand, der auf Qualität setzt und mit gutem Personal Servicequalität vom Feinsten bietet. Wir haben Spitzenqualität im Genuss. Wir haben eine hervorragende Landwirtschaft und eine Le bensmittelproduktion mit Spezialitäten. Wir haben Natur- und Kulturlandschaften, die attraktiv sind. Wir haben attraktive Städte mit fantastischem Kulturangebot, und die Heilbäder kultur in Baden-Württemberg sucht ihresgleichen.

Insofern ist der Tourismus für uns eine zentrale Branche – der Kollege hat schon darauf hingewiesen – mit einer hohen struk turellen Bedeutung, gerade auch für den ländlichen Raum. Deswegen ist aktive Tourismuspolitik, wie Grün-Rot sie macht, aktives Engagement für den ländlichen Raum, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Das schlechte Wetter im letzten Frühjahr hat eigentlich nicht erwarten lassen, dass wir auch im Jahr 2013 wieder die Re kordzahlen von 2012 erreichen werden. Jetzt ist klar: Wir ha ben sie sogar übertroffen und schließen mit fast 48 Millionen Übernachtungen ab. Das macht noch einmal deutlich, welche Leistungen von den Unternehmen auf dem Markt, aber auch von den Organisationen im Tourismusmarketing erzielt wer den.

Wir sehen uns durch diesen Erfolg bestätigt, in unserer Stra tegie gezielt die Marketinganstrengungen im Land BadenWürttemberg zu erhöhen. Wir sehen uns auch bestärkt in un serer Strategie, insbesondere das Auslandsmarketing und die Auslandsmärkte in den Fokus zu nehmen, denn wir punkten weiterhin überdurchschnittlich positiv bei unseren ausländi schen Gästen. Hier sind die Zahl der Ankünfte um 3,4 % und die Zahl der Übernachtungen um 4,8 % gegenüber dem Vor jahr gestiegen. Wir sehen gerade hier ein zunehmendes Wachs tumspotenzial. Im innerdeutschen Markt haben wir eher ei nen Verdrängungswettbewerb, während die Wachstumspoten ziale in den Auslandsmärkten enorm sind.

Deshalb setzen wir, die Landesregierung, darauf – ich darf mich ganz herzlich bei den grünen und roten Abgeordneten für die Unterstützung gerade auch in den vergangenen Haus haltsberatungen bedanken –, hier konsequent weiter voranzu gehen, den Bekanntheitsgrad des Landes zu steigern, aber auch mit unseren Regionen aktiv voranzugehen, unsere star ken Bereiche im Erholungstourismus und den Genuss- und Kulinariktourismus voranzubringen, den Städte- und Kultur tourismus zu stärken, aber eben auch den wachsenden Bereich des Naturtourismus mit den aktivtouristischen Segmenten Wandern und Radfahren aktiv anzugehen und den traditionell bedeutsamen Gesundheitstourismus zu stärken. Wir sind ein herausragender Wirtschaftsstandort in Europa, und deshalb ist natürlich auch der Geschäftsreisetourismus für uns im Land von Bedeutung.

Alle diese Punkte führen wir im Einklang mit dem Tourismus konzept und den tourismuspolitischen Leitlinien des Koaliti onsvertrags weiter, nehmen aber gezielt neue Trends im Markt auf. Insbesondere die Frage der Nachhaltigkeit, die inzwi schen zunehmend an Bedeutung im Tourismus gewinnt, ad ressieren wir nicht nur in der ökologischen Komponente, son

dern in allen drei Komponenten der Nachhaltigkeit – der öko nomischen, der ökologischen und der sozialen Komponente –, die wir alle drei zusammen denken müssen, um ein gutes Stück weiter im Tourismus erfolgreich zu sein.

Wir adressieren das quer durch die Themenbereiche, quer durch die Ministerien. Es ist klar: Wir brauchen auf vielen Ge bieten Anstrengungen, und zwar in den Bereichen Energie, Klima, nachhaltige Mobilität, ein weiteres Voranbringen der regionalen Produktion von Produkten, das weitere Voranbrin gen auch von regionalen Wirtschaftsleistungen in den Dienst leistungen, aber eben auch gute Arbeitsbedingungen im Tou rismus, um das notwendige Personal in der Qualität, die Ba den-Württemberg als Qualitätsreiseland braucht, in den nächs ten Jahren zu bekommen. Daran müssen wir gemeinsam ar beiten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die Frage der Barrierefreiheit im Tourismus, die Möglichkei ten aller in Bezug auf den Zugang zu touristischen Angebo ten, beschäftigt uns genauso wie die Frage der Umweltver träglichkeit und der Ressourcenschonung.

Wir setzen auf neue Impulse. Der Aspekt Naturerlebnis – auf den ländlichen Raum entfallen etwa die Hälfte der Übernach tungen in Baden-Württemberg – gewinnt an Bedeutung, und natürlich setzen wir hier auch mit dem weiteren aktiven Aus bau im Biosphärengebiet Schwäbische Alb, das fantastische Übernachtungszahlen schreibt, mit dem Start des National parks Nordschwarzwald im Januar, aber auch mit weiteren Überlegungen, was das Biosphärengebiet im Südschwarzwald angeht, was die Unterstützung unserer sieben Naturparks an geht, an. Wir geben weitere wichtige Impulse, um uns auch als Naturreiseland weiterhin attraktiv zu machen, die Land schaften zu schützen, indem wir diese auch durch Mitnutzung weiter erlebbar machen, und das einzigartige Potenzial unse rer Naturlandschaften weiter in Wert zu setzen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Dr. Rapp?

Im Moment nicht. Danke.

Mit der Neuauflage der Kampagne „Grüner Süden“ auf der CMT setzen wir unser Vorhaben um, gezielt deutlich zu ma chen, welche nachhaltigen Angebote in Baden-Württemberg von den Leistungsträgern im Land angeboten werden. Wir sind da bundesweit spitze.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Engagement reicht weiter: Es gibt das Engagement des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur gemeinsam mit der Tourismus Mar keting GmbH Baden-Württemberg, die Qualitäts- und die ADFC-Zertifizierung der Fernradwege im Land, weitere Ak tivitäten zum Thema Radtourismus bis hin zu neuen Aktivi täten von uns als „Tourismusministerium“ gemeinsam mit dem MVI mit dem Ziel, Mobilitätsberatung für unsere Tou rismusdestinationen einzurichten, und – das ist jetzt in Pla nung – gemeinsam mit dem Hotel- und Gaststättenverband die Einrichtung von beratenden Lotsen für Hotels und Gast stättenbetriebe, um den Zugang unseres Mittelstands zu den

komplexen Fördermöglichkeiten zu verbessern. Überall steht die Tourismuspolitik im Zentrum des Handelns der Landes regierung, und die Zahlen zeigen, dass das Sinn macht, mei ne sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Unseren Status als Genießerland bauen wir aus. Neue Aktivi täten zum Thema Weintourismus der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg sind ein Teil von vielen Aktio nen. Es wird deutlich: Wir machen hier eine aktive Politik.

Ich will am Ende meiner Rede noch einmal den Fachkräfte mangel ansprechen, der auch hier im Raum stand; denn die Ausbildungsberufe in der Tourismusbranche sind eine wich tige Stütze des landesweiten Ausbildungsmarkts. Die Touris musbranche hat in diesem Jahr insgesamt 8 400 junge Leute in Ausbildung; das ist eine Leistung einer mittelständischen Branche. Ich finde, es ist gar nicht hoch genug zu schätzen, welch ein Engagement für junge Menschen in den Betrieben vorhanden ist.

Das dient natürlich auch dem Auftrag, Personal und Fachkräf te zu generieren. Denn wir wissen: Angesichts sinkender Schülerzahlen wird der Kampf um Fachkräfte in dieser Bran che zunehmend härter. Deshalb unterstützen wir, die Landes regierung, das Hotel- und Gaststättengewerbe auch bei der Suche nach geeigneten Fachkräften mit einer Vielzahl von Maßnahmen. Eine Reihe von Beispielen wurden schon ge nannt; ich will hier noch auf die Nachwuchskampagne des DEHOGA „BiG-Ausbildung – Berufe im Gastgewerbe“ hin weisen, die vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und vom Sozialministerium mit ESF-Mitteln unterstützt wird, um Berufs- und Karrieremöglichkeiten im Hotel- und Gaststät tengewerbe offensiv an die jungen Menschen heranzutragen. Auch die Ausbildungsbotschafter in den Schulen sind in die sem Zusammenhang eine erfolgreiche Maßnahme, die wir un terstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Baden-Württem berg ist ein fantastisches Tourismusland. Wir haben spannen de Angebote in Stadt und Land, und wir arbeiten aktiv daran, diese Politik gemeinsam mit den Leistungsträgern in Wirt schaft, Kommunen und Regionen weiter voranzubringen.

(Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Ich danke herzlich für die Gelegenheit, dies hier ausführlich darzustellen. Ich glaube, es wird deutlich: Es gibt wenig An lass zu Kritik und viel Anlass, gemeinsam auf die Leistungen Baden-Württembergs stolz zu sein.

Herzlichen Dank.