Die dritte Säule – damit kommen wir in die Belange des Rechtsstaats hinein – sind die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen, die im Rechtsstaat erforderlich sind, um ein rechtssicheres Handeln zu garantieren und den Rechtsstaat vom Polizeistaat abzugrenzen. So ist gewährleistet, dass auf rechtsstaatlicher Grundlage der Schutz der Bevölkerung si chergestellt werden kann.
Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sind immer wieder, laufend an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Jedes Mal gilt es, die Belange von Sicherheit und Freiheit neu auszutarieren und auszubalancieren.
Darum geht es auch heute. Wir debattieren über einen Gesetz entwurf, den wir seitens der CDU-Landtagsfraktion mittra gen. Es geht hier vor allem um eine Normenkonkretisierung, die das Bundesverfassungsgericht mit einem Urteil von An fang 2012 gefordert hat.
Dabei geht es konkret um den Umgang mit den sogenannten Bestandsdaten im Bereich der Telekommunikation und dar um, diese rechtskonform zum Datenschutz, zum Fernmelde geheimnis und zum Telekommunikationsgesetz zu regeln. Es geht um die sogenannten Bestandsdaten. Das sind beispiels weise Name, Anschrift und Inhaber eines Telefon- oder Inter netanschlusses. Wir müssen hier Rechtsklarheit schaffen, denn der Bund hat dies für seinen Bereich bereits innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht bestimmten Umsetzungsfrist zum 30. Juni 2013 – bis dahin war das Gerichtsurteil umzusetzen – getan.
Die Landesregierung hat jetzt mit Verspätung – ein Dreivier teljahr nach Fristablauf – diesen Gesetzentwurf vorgelegt. Wir können froh sein, dass das Bundesverfassungsgericht kein Ordnungsgeld für ein Fristversäumis angeordnet hat, sonst müssten wir jetzt noch zahlen. Ich will aber nicht auf dieser Formalie herumreiten. Es ist gut, dass die Gesetzesanpassung jetzt kommt. Aber die Frage stellt sich schon, warum sie nicht rechtzeitig kam.
Die Erhebung von Bestandsdaten ist keine reine Formalie, sie kann in besonderen Not- und Gefahrenlagen lebensrettend sein. Das muss man einfach sehen. Denken Sie an die Ermitt lung eines suizidgefährdeten Menschen. Ein konkretes Bei spiel: In einem Internetchat kündigt jemand unter seinem Nicknamen einen Suizid an. Dann brauchen Sie Bestandsda ten, um an die wahre Person heranzukommen. Hier kann ei ne solche Auskunft eben Menschenleben retten.
Neben dieser Ermächtigungsgrundlage schafft das Gesetz auch noch Dokumentations- und Benachrichtigungspflichten gegenüber den Betroffenen. Auch diese Regelung halten wir für sinnvoll. Deshalb werden wir seitens der CDU-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz ist ei ne Konkretisierung, die wir – das hat Herr Blenke schon ge sagt – aufgrund eines Bundesverfassungsgerichtsurteils durch führen. Benötigt wird eine Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung der Bestandsdaten.
Ich glaube, es muss festgehalten werden – ohne dass ich die in der Ersten Beratung geführte Debatte wiederhole –, dass es eine Regelung mit Augenmaß ist, die die Rechte der Bürge rinnen und Bürger berücksichtigt. Es war uns sehr wichtig, dass sich das in dieser Regelung wiederfindet.
Darüber hinaus haben wir immer darauf zu schauen, welche Daten erhoben werden müssen. Der Datenschutz darf auch in
Zukunft nicht ausgehöhlt werden. Aber es geht auch darum, gerade hilfsbedürftigen und in Not geratenen Menschen Hil fe zu leisten. Das ist wichtig. Dem stimmen wir alle zu, und darüber bin ich froh. Aus diesem Grund sage ich nur: Kom men wir zur Abstimmung.
nur nicht von mir. Es ist, rechtlich gesehen, tatsächlich so, dass wir eine qualifizierte Rechtsgrundlage für die Auskunftspflicht von Telekommunikationsunternehmen bieten müssen. Diese Grundlage wird hiermit geschaffen.
Wir haben seit über sieben Monaten ein Übergangsrecht. Es gab natürlich kein Ordnungsgeld. Dafür wäre auch gar kein Anlass gegeben, denn wir haben ja noch die allgemeine poli zeiliche Generalklausel nach den §§ 1 und 3 des Polizeigeset zes. Mit dieser Generalklausel kommen wir immer dazu, hel fen zu können.
Die Beispielfälle sind genannt worden: die Nickname-Ge schichten, die Spitznamen. Es geht um die Klarnamenerfas sung oder darum, die PIN- oder PUK-Nummer herauszufil tern, um auf diese Art und Weise die letzten Kommunikati onsdaten von Personen, die einen Suizid oder eine Amoktat angekündigt haben, oder auch von vermissten Personen her auszufinden. Wichtig ist aber auch die Ermächtigung des Ver fassungsschutzes, dass dieser, wenn im Internet mit extremis tischen Waren Handel betrieben wird, in die Lage versetzt wird, solche Leute zu identifizieren.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie verträgt sich das mit der Forderung nach Abschaffung von 50 % des Personals?)
Habe ich jemals die Abschaffung von Personal gefordert? Nehmen Sie das also zurück, Herr Zimmermann.
Auf diese Art und Weise versetzen wir den Verfassungsschutz beispielsweise in die Lage, wenn im Internet Spendenaufrufe für extremistische Organisationen stattfinden, auch dieser Per sonen habhaft zu werden, damit wir dem Artikel-10-Gesetz überhaupt Wirkung verleihen können. Denn wenn wir nicht wissen, wer es ist, können wir ihn auch nicht überwachen und auch nicht in die Netzwerke hineinschauen.
Klug ist auch, die Benachrichtigungspflichten zu regeln und nach fünf Jahren eine Evaluation durchzuführen.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir haben über diesen Gesetzentwurf in der Ersten Beratung und im Ausschuss ausführlich disku tiert. Es zeichnet sich auch ab, dass das Gesetz hier einstim mig verabschiedet wird. Insbesondere die Kollegen Blenke und Sakellariou haben dankenswerterweise alle Beispiele ge nannt, damit noch einmal anschaulich wurde, worum es ei gentlich geht. Insofern kann ich mich auf wenige Kernpunk te beschränken.
Es geht um die Abwehr erheblicher Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit und die Gemeinschaft überhaupt, und es geht um die Nutzung vorhandener Daten im Telekommunikations- und Telemedienbereich. Warum betone ich das? Wir bewegen uns nicht im umstrittenen Bereich der Vorratsdatenspeicherung. Es wird keine weitere Speichervorschrift geschaffen, sondern es geht um die Nutzung vorhandener Daten. Es bestand und besteht Konsens, dass man bei entsprechenden erheblichen Gefahren an diese Daten herankommen muss, um der Gefahr zu begegnen. Es geht also nicht um Vorschläge zur Speiche rung – nur damit das sauber abgegrenzt ist.
Noch ein Punkt, der wichtig ist: Es darf auch nicht vorsorg lich abgefragt werden. Es darf nur abgefragt werden, wenn auch die Voraussetzungen für die Nutzung der Daten gegeben sind.
Insofern ist es eine vernünftige Regelung, die man im Sinne der betroffenen Menschen und der Gemeinschaft, der einmal Gefahren drohen könnten – das muss man sehen –, angesichts dieser Gesichtspunkte mittragen kann.
Werte Frau Präsidentin, ge schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zuerst für die signalisierte und schon im Vorhinein erkennbare brei te Zustimmung bedanken, die unser Entwurf bereits in der Ersten Beratung und dann auch bei der Behandlung im Stän digen Ausschuss und im Innenausschuss erfahren hat. Das zeigt, dass uns der Spagat zwischen den Bedürfnissen der Po lizei und des Verfassungsschutzes zum Wohle der Bürgerin nen und Bürger, um die Sicherheit im Land zu gewährleisten, einerseits und den Belangen des Datenschutzes andererseits, der auch seine Berechtigung hat, gelungen ist. Beide Aspek te finden Berücksichtigung.
Sie alle haben ausgeführt, was die Grundlage für die ange strebte Veränderung war, nämlich ein Urteil des Bundesver fassungsgerichts zum Thema Datenerhebung, die sich bislang immer nur auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze zur Erhe bung von Daten gestützt hat. Das haben wir jetzt geändert.
Herr Kollege Blenke, wir wären den erforderlichen Anpas sungen natürlich gern – ich glaube, etwas anderes unterstel len Sie uns auch nicht – schon im letzten Jahr nachgekom men. Aber es war nun einmal so, dass der Bund eben nicht in nerhalb des Korridors, sondern auf den letzten Drücker – wenn auch noch innerhalb der Frist – seine gesetzlichen Än derungen auf den Weg gebracht und verabschiedet hat.
Wir haben ja auch immer angedeutet: Wir wollten abwarten, was diese Diskussion dort ergibt. Wir haben auch beobachtet, wie in anderen Ländern diskutiert worden ist, die sich in der gleichen Situation wie wir befinden. Wir sind auch bei Wei tem nicht die Letzten, die dies entsprechend umsetzen.
Keine Frage: Wir schließen eine Regelungslücke. Darüber brauchen wir auch nicht in Streit zu geraten. Das ist einfach so.
Die Gründe, weshalb wir die Regelungen nicht nur treffen wollen, sondern meines Erachtens auch treffen müssen, sind von meinen Vorrednern genannt worden.
Mir ist es wichtig, noch einmal zu sagen: Wir schaffen keine neuen Befugnisse. Herr Goll, deshalb war auch der Hinweis diesbezüglich richtig, dass es ausschließlich um Bestandsda ten geht. Ich will das mit der Abfrage von Kraftfahrzeughal terbestandsdaten vergleichen. Es geht nicht um Nutzungsda ten, es geht nicht um Nutzungsinhalte, es geht nicht um Ver bindungsdaten, sondern – wie gesagt – wir schaffen in diesen Themenbereichen eine neue Rechtsgrundlage, wir schaffen eine neue Normenklarheit.
Wirklich neu ist – daher, denke ich, haben sich das Zuwarten und die Diskussion schon gelohnt –: Wir schaffen mehr Da tensicherheit, wir schaffen mehr Informationsrechte für die Betroffenen – quasi eine Informationspflicht für uns –, und wir machen durch diese gesetzgeberischen Maßnahmen und die rechtlichen Grundlagen letztlich deutlich, dass die Balan ce zwischen dem Gewährleisten von Sicherheit und von Frei heit, was das Thema Datenschutz angeht, was die Informati onspflicht anbelangt, hergestellt ist.
In diesem Sinn bedanke ich mich ganz herzlich für die Unter stützung. Dass wir spätestens nach fünf Jahren evaluieren wol len, liegt bei dieser Problematik auf der Hand. Dort ändert sich vieles rasant. Deshalb werden wir, jedenfalls mittelfristig, schon wieder über neue Veränderungen diskutieren müssen.
Noch einmal ganz herzlichen Dank für die kooperative Dis kussion, für die Zusammenarbeit und für Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
15/4421. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfeh lung des Innenausschusses, Drucksache 15/4750. Der Aus schuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.