Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

Das Jahr 2014 ist auch noch in einer anderen Beziehung sehr wichtig und zukunftweisend für alle Hochschulen und damit auch für die Duale Hochschule. Das betrifft die Neuauflage des Solidarpakts, die Sie derzeit aushandeln wollen. Sie müs sen sicherstellen – das ist unser Appell an Sie –, dass diesem Erfolgsmodell Duale Hochschule Baden-Württemberg nicht die Luft ausgeht, weil ihr die erforderlichen Finanzmittel feh len. Derzeit ist die Duale Hochschule nur zu 46 % aus Grund lastmitteln finanziert. Das ist effektiv zu wenig. Da sind Sie in der Pflicht, nachzubessern, Frau Ministerin.

Sie können diese Verantwortung und diese Aufgabe nicht ein fach dem Bund zuschieben. Ich fürchte, von dort wird weni ger kommen, als Sie sich erhoffen. Das Land Baden-Würt temberg ist für die Finanzierung der Hochschulen verantwort lich. Wenn Sie den Hochschulen jetzt immer neue Aufgaben zuweisen, ohne für die notwendigen Finanzmittel zu sorgen, dann ist das einfach nicht verantwortbar, und Sie riskieren, die Erfolgsgeschichte abreißen zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)

Wir können Sie also nur auffordern, sich hier bei den Solidar paktverhandlungen ins Zeug zu legen. Wir jedenfalls wollen alles tun und machen das gern auch gemeinsam mit Ihnen, um die Vorreiterrolle der Dualen Hochschule Baden-Württemberg weiterhin zu festigen. Dazu möchten wir sehr gern an den bis herigen Konsens anknüpfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Nelius.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit 40 Jahren schreiben die Berufsakademien in Ba den-Württemberg und seit fünf Jahren schreibt die Duale Hochschule Baden-Württemberg an einer Erfolgsgeschichte. Vielleicht hat auch die Tatsache, dass dieses Thema immer in großem Konsens

(Abg. Peter Hauk CDU: Das war vor 40 Jahren an ders!)

dazu kann ich Ihnen nichts sagen –, aber auf jeden Fall in den letzten Jahrzehnten in großem Konsens unter allen hier vertretenen Fraktionen behandelt wurde. Ich denke, das wird auch weiterhin so sein.

Die Duale Hochschule stellt nämlich die Fortsetzung des Er folgsmodells „Duale Ausbildung“ dar, nur auf einer anderen Ebene. Sie zeigt in hervorragender Weise das Zusammenspiel zwischen Hochschule und Wirtschaft. Maßgeschneiderte An gebote für die Wirtschaft üben eine Anziehungskraft aus, die weit über Baden-Württemberg hinausreicht. Die Duale Hoch schule ist wichtig, auch um die Wettbewerbsfähigkeit der überwiegend kleineren und mittelständischen Unternehmen in unserem Land zu sichern. Vor allem diesen gelingt es da durch immer wieder, die notwendigen Nachwuchskräfte zu gewinnen.

Die vor fünf Jahren erfolgte Weiterentwicklung der Berufs akademien zu einer zentralen Dualen Hochschule BadenWürttemberg mit jetzt noch acht dezentralen Standorten war sicher eine richtige Entscheidung und wurde auch von der Landtagsfraktion der SPD immer unterstützt. Einige dieser Standorte – z. B. Mosbach – liegen im ländlichen Raum und stabilisieren dort die Bildungs- und Wissenschaftsstrukturen. Diese Standorte sind zu einer wirklichen Hochschule für die ländlichen Räume geworden. Das zeigt auch die enorme Ent wicklung beispielsweise in Mosbach: Einst als Außenstelle der Berufsakademie Mannheim mit 18 Studierenden gegrün det, ist Mosbach heute mit nahezu 5 000 Studierenden der drittgrößte Standort in Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU und der Grünen)

Darüber hinaus hat die Duale Hochschule Baden-Württem berg in den letzten fünf Jahren den Beweis geliefert, eine wirk liche Hochschule zu sein. Das wird auch dadurch unterstri chen, dass den DHBW-Studierenden nicht nur der Bachelor-, sondern auch der Masterabschluss möglich sein wird, aller dings nur berufsbegleitend und für das Land zunächst durch großzügiges finanzielles Engagement der Dieter Schwarz Stif tung nahezu kostenfrei.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das Wachstum der DHBW war aber nur möglich durch die hoch motivierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen die SPDLandtagsfraktion für ihren großen Einsatz ihren Dank aus sprechen möchte.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Um die DHBW zukunftssicher zu machen, werden eine ver lässliche Planung und eine bessere Grundfinanzierung benö tigt. Dafür werden wir uns mit Blick auf den kommenden So lidarpakt III starkmachen. Sicher müssen auch Strukturen überdacht werden, die das Verhältnis von Präsidium als zen traler Einrichtung und den Standorten als dezentrales Gegen über betreffen. Konkret geht es um die Sicherung und den Ausbau der Mitwirkungsmöglichkeiten sowie der Handlungs fähigkeit der Standorte im State-University-System DHBW.

Die Partner der Dualen Hochschule fordern ebenso ein grö ßeres Mitspracherecht an den einzelnen Standorten. Deshalb setzt sich die SPD für das Subsidiaritätsprinzip ein. Das heißt konkret: Was an den Standorten der DHBW entschieden wer den kann, muss auch dort entschieden werden. Die bisherigen Erfolgsfaktoren, nämlich Flexibilität und Regionalität, müs sen weiter gestärkt werden.

Im Rahmen der anstehenden Neujustierung des Landeshoch schulgesetzes werden wir die entsprechenden Voraussetzun gen dafür schaffen, dass die Duale Hochschule Baden-Würt temberg, die in den letzten fünf Jahren zu einem Erfolgsmo dell werden konnte, auch in Zukunft ein Erfolgsmodell bleibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Bullinger.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP trinkt aus dem am Rednerpult bereitgestellten Wasserglas. – Abg. Walter Heiler SPD: Ist da überhaupt Wasser drin? – Abg. Werner Raab CDU: In vino veritas!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Beim berechtigten Abgesang der Erfolgsstory Berufsakademien und beim Begehen des fünfjährigen Beste hens der DHBW haben Sie vergessen, die Erfinder und die Wegbereiter des Erfolgs heute einzuladen.

Ihnen, Herr Kollege Schmidt-Eisenlohr, noch etwas verspätet herzliche Gratulation zum Bestehen Ihres Abschlusses an der Berufsakademie.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Dies zu bestehen ist ja nicht selbstverständlich.

Sie haben die Erfinder der Berufsakademien heute nicht ein geladen. Ich nenne einfach einmal die Namen von drei ganz wichtigen Personen: Lothar Späth, der Unternehmer Berthold Leibinger und Johannes Löhn. Die geniale Idee zur Aufwer tung der Berufsakademien zur Dualen Hochschule BadenWürttemberg mit internationaler Akkreditierung stammt vom ehemaligen Wissenschaftsminister der schwarz-gelben Koa lition, Professor Dr. Peter Frankenberg; auch ihn haben Sie vergessen einzuladen. Das sind die Erfinder, die Förderer, die Ideengeber von Anfang an.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf von der FDP/DVP: Untrennbar damit verbunden!)

Diese Namen, meine Damen und Herren, sind untrennbar mit der DHBW verbunden. Kaum ein halbes Jahr nach der erfolg reichen Einführung der DHBW durch Minister Frankenberg verlangten Sie von Grün-Rot dessen Entlassung –

(Abg. Martin Rivoir SPD: Aber nicht deswegen!)

so viel dazu; ich erinnere Sie daran.

Er – ich wiederhole es – hat dieses allzeit akzeptierte und an erkannte Konstrukt, bestehend einerseits aus einer akkredi tierten Hochschule mit handlungsfähiger Zentrale und aner kannten internationalen Abschlüssen und andererseits aus den fortbestehenden dezentral organisierten Berufsakademien, die durch ihre enge Kooperation mit den Unternehmen vor Ort erst zu dem Erfolg führten, festgeschrieben.

Ihrem kläglichen Versuch, sich bei dieser Feier, bei dieser De batte mit fremden Federn schmücken zu wollen und einmal mehr als Trittbrettfahrer aufzutreten, ist meines Erachtens deutlich zu widersprechen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Wir haben sie entsprechend ausgestattet!)

Der Erfolg der DHBW hat nichts, aber auch gar nichts mit der grün-roten Landesregierung zu tun,

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Kai Schmidt- Eisenlohr GRÜNE: Was?)

sondern ist das Ergebnis der massiven finanziellen Unterstüt zung durch die schwarz-gelbe Regierung in den letzten 15 Jah ren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf: Sehr gut! – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Finanzierung! Investitionen!)

Nicht zuletzt der Ausbau im Rahmen der Hochschulinitiative für 2012 bis 2016 führte zu den heute 33 000 Studienplätzen. Wären Sie seit 20 Jahren an der Regierung, hätten wir sicher lich keine so exzellente Hochschullandschaft, wie wir sie ha ben,

(Oh-Rufe von Abgeordneten der SPD)

sondern flächendeckend Totholzflächen und Waldkindergär ten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Unruhe)

Die Abschaffung der Studiengebühren und jetzt Ihre Ansätze im Rahmen der Novellierung des Landeshochschulgesetzes verunsichern vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Unternehmen an den Standorten vor Ort.

Der Erfolg, meine Damen und Herren, war nur möglich, weil engagierte Hochschullehrer und starke Unterstützer aus der Wirtschaft – es wurden schon welche genannt – zusammen mit der Vorgängerregierung diesen Hochschultyp förderten, ausbauten und unterstützten.

Albert Schweitzer hat zwar richtig ausgeführt – ich zitiere –:

Mich interessiert vor allem die Zukunft, denn das ist die Zeit, in der ich leben werde.

Gleichwohl lohnt sich ergänzend ein Rückblick. Die Entwick lung, meine Damen und Herren, habe ich in den Siebzigerjah ren an der Hochschule Nürtingen als Mitglied im Kleinen und Großen Senat miterlebt. Damals – ich denke zurück – gab es Ingenieurschulen; hier war der Werdegang folgender: mittle re Reife, Lehre, sechs Semester Studium, Ing. (grad.). Danach gab es die Fachhochschulen, die heutigen Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Allerdings gab es dort mehr The orie und weniger Praxis. Das war meines Erachtens die Ge burtsstunde der Berufsakademien; denn die Berufsakademi en sind die Transmissionsriemen zwischen Theorie und Pra xis, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die Standorte der Dualen Hochschule sind gerade deshalb so begehrt, weil sie eben nicht Praxis oder Theorie, sondern Pra xis und Theorie bieten. Ihnen ist bewusst, dass sie in sechs Se mestern nicht den gleichen Umfang an Grundlagen wie die Universitäten vermitteln können. Ich kann das nachvollzie hen. Meine beiden Töchter haben ihr Studium erfolgreich ab geschlossen; ich sehe, welche Grundlagen an der Universität und welche an der Dualen Hochschule vermittelt werden.

Der Punkt ist: Frau Ministerin, man muss es auch als Chance sehen, wenn jemand weitermachen möchte, wenn jemand ei nen Masterstudiengang absolvieren möchte.