Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Frau Präsidentin, Sie haben beim Aufruf das Thema schon genannt. Wir fragen zum Sachstand der Rückabwicklung bzw. der Rückgängigma chung der Teilprivatisierung der Justizvollzugsanstalt Offen burg.

Der Rückführungsprozess ist in vollem Gang. Stehen Sie nach wie vor zur Entscheidung der Rückverstaatlichung? Ab wann ist Offenburg wieder in staatlicher Hand?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Gut, gell?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Und kommunaler Hand!)

Gibt es Probleme, Herr Minister, bei der Rückabwicklung? Verfügt die Justizvollzugsanstalt Offenburg über die erforder lichen Stellen? Noch eine weitere Frage: Gibt es genügend gut qualifizierte Beamte, und wie steht es mit dem Personal bei den Fachdiensten?

Das wäre der erste Fragenkatalog zu diesem wichtigen The ma.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Haben wir auch ge nügend Gefangene? Das wäre die vierte Frage!)

Danke schön. – Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Justizminister Sti ckelberger.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da hätte man auch mich fragen können!)

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Kopp, ich bin Ihnen dankbar für den umfangreichen Fragen katalog.

Natürlich steht die Landesregierung zu der getroffenen Ent scheidung, die teilprivatisierte Haftanstalt in Offenburg in staatliche Regie zurückzunehmen. Wir – mit „wir“ meine ich die Koalitionsfraktionen und die sie tragenden Parteien – wa ren zu Beginn dieser Legislaturperiode einmütig der Ansicht: Strafvollzug ist staatliche Kernaufgabe und gehört deshalb in staatliche Regie.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Staatssekre tär Ingo Rust: Sehr richtig! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Herr Staatssekretär, nicht so laut klatschen! Finanzieren müssen Sie die auch!)

Deshalb haben wir sehr frühzeitig mit diesem Umstrukturie rungsprozess begonnen. Denn wie Sie wissen, gab es einen Vertrag mit dem Betreiber, der die Teilprivatisierung geleis tet hat. Dieser Vertrag mit einer Kündigungsfrist von 18 Mo naten wurde von mir rechtzeitig gekündigt. Wir stehen jetzt gut zwei Monate vor dem Stichtag. Ab 1. Juni wird die Haft anstalt wieder staatlich geführt. Wir stehen also nicht mitten drin in diesem Prozess, sondern kurz vor dem Ende dieses Prozesses.

Die wesentliche Folge der Kündigung war natürlich, dass wir anstelle der 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von dem privaten Betreiber gestellt wurden, staatliches Personal benötigten. Ich kann Ihnen signalisieren, Herr Kollege Kopp, dass wir die erforderlichen personellen Maßnahmen eingelei tet haben und rechtzeitig zu dem genannten Termin dann das entsprechende Personal auch zur Verfügung haben. Die erfor derlichen Stellen sind der Justizvollzugsanstalt zugewiesen. Sie wissen, dass wir die haushaltsmäßigen Voraussetzungen durch die entsprechende Etatisierung im Doppelhaushalt 2013/2014 geschaffen haben.

Wir können also die 100 Stellen zum 1. Juni dieses Jahres be setzen. Das werden dann im Wesentlichen Beamtinnen und Beamte sein, die die entsprechende Ausbildung absolviert ha ben. Sofern die beamtenrechtlichen Voraussetzungen dann im Einzelfall noch nicht vorliegen, werden die Aufgaben zwi

schenzeitlich durch freiwillig abgeordnete Beamtinnen und Beamte übernommen.

Eines möchte ich betonen – das ist mir ganz wichtig –: Alle Stellen haben wir ausgeschrieben. Es kommen durchaus auch Mitarbeiter der bisherigen Firma, die die Teilprivatisierung geleistet hat, zum Zuge. Wir werden auch darauf angewiesen sein und haben entsprechende Vorkehrungen getroffen, dass etwa der ärztliche Dienst gesondert geregelt wird; denn wir bilden normalerweise keine Ärzte und Psychologen in der Jus tiz aus. Die müssen wir also dann von außen gewinnen.

Ein dritter Bereich, der mir wichtig ist, ist das vollzugliche Arbeitswesen. Da brauchen wir entsprechende Meister, die dann im vollzuglichen Arbeitswesen tätig sind. Auch da sind wir so weit, dass wir das Personal am 1. Juni zur Verfügung haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich das Wort Herrn Abg. Professor Dr. Goll.

Frau Präsidentin, Herr Mi nister! Das muss natürlich jetzt naheliegenderweise sein. Ich habe zwei Fragen.

Erstens: Täuscht mich mein Eindruck, dass in Frankreich – das ist ein Land, das man von Offenburg aus sieht und in dem staatliche Aufgaben und staatliche Verantwortung fast noch ein bisschen stärker betont werden als bei uns – etwa 20 An stalten unbeanstandet nach dem Prinzip betrieben werden und natürlich auch weiterhin betrieben werden, nach dem die JVA Offenburg bisher betrieben wurde?

Und zweitens: Teilen Sie meine Auffassung, dass im Fall Of fenburg nach sorgfältiger Prüfung, die nicht nur bei uns im Land, sondern auch in anderen Bundesländern vorgenommen wurde, keine hoheitlichen Aufgaben auf einen freien Träger übertragen wurden?

Zunächst einmal, was die Situation in Frankreich angeht: Da würden wir Diskussi onen führen, die wir damals geführt haben, als es um die Über tragung ging. Ich kann und werde keine Beurteilung des fran zösischen Strafvollzugswesens abgeben.

Wir haben in Baden-Württemberg politisch eindeutig be schlossen – das setzen wir jetzt um –, dass Strafvollzug eine hoheitliche Aufgabe ist und in die Hand des Staates gehört. Dabei bleibt es. Wenn andere Länder mit der Privatisierung solcher Aufgaben gute Erfahrungen gemacht haben, umso bes ser.

Eines möchte ich auch noch erwähnen: Bei dieser Umstruk turierung müssen wir durchaus auch finanzielle Aspekte be rücksichtigen. Durch die Rückübertragung in den staatlichen Bereich – aufgrund der Kündigung des Vertrags – und in Be zug auf die Stellen, die wir jetzt besetzen müssen, erreichen wir für unseren Landeshaushalt eine jährliche Entlastung in der Größenordnung von 3 Millionen €. Ich glaube, auch das ist ein gewichtiges Argument, dass wir mit der Tendenz, rück zuverstaatlichen, richtig liegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Bei der zweiten Frage, die Sie gestellt haben, gebe ich Ihnen insoweit recht, als sich die Übernahme von Aufgaben durch die Firma, die die Teilleistungen erbringt, im Wesentlichen auf den Arbeitsbereich bezieht, insbesondere auf das vollzug liche Arbeitswesen. Dass die Steuerung und bestimmte Füh rungsaufgaben immer in staatlicher Hand gewesen sind, das ist richtig. Aber ein Grund, dass wir hier in Richtung Verstaat lichung gehen, ist auch, dass wir jeden Ansatz, jeden Anschein vermeiden wollen, dass Interessenkonflikte entstehen, dass zu viel privater Einfluss in den Haftanstalten entsteht.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ach!)

Das gilt vor allem vor dem Hintergrund: Wir haben im Straf vollzugsgesetz die Arbeitspflicht für Gefangene in BadenWürttemberg normiert. Gefangene in Baden-Württemberg sol len arbeiten. Wir halten das im Hinblick auf die Resozialisie rung von Straftätern auch für einen richtigen Weg.

Wenn diese Arbeitspflicht wahrgenommen wird, sind die Ge fangenen sehr viele Stunden am Tag – eigentlich in der Haupt zeit, in der sie sich in der Haftanstalt bewegen – mit Mitarbei terinnen und Mitarbeitern einer externen Firma zusammen. Da wollen wir im Hinblick auf die Sicherheit in der Haftan stalt, aber auch im Hinblick auf die Sicherheit unseres Perso nals jede Form, jeden Ansatz von Interessenkonflikten ver meiden. Da sind wir jetzt, glaube ich, auf einem guten Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Alles klar! Keine weiteren Fragen!)

Es liegen keine weiteren Fragen vor. – Herzlichen Dank, Herr Justizminister.

Somit ist auch das dritte Thema beendet.

Jetzt haben wir für die Regierungsbefragung noch sieben Mi nuten Zeit.

Ich rufe das vierte Thema auf, das von der Fraktion der CDU eingebracht wurde:

W e r k r e a l s c h u l e

Ich erteile Herrn Abg. Dr. Rech das Wort.

(Oh-Rufe)

Ohne Doktortitel.

Ohne „Doktor“ oder ab heute „Doktor“.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Er hätte es aber ver dient! – Abg. Thomas Blenke CDU: Verdient hätte er es! – Abg. Walter Heiler SPD: Das ist im Wahlkreis noch gar nicht bekannt!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! In aller Kürze: Es geht um eine vorbild liche Inklusionsschule. Ich will es kurz beschreiben: Die Au ßenstelle der Schule für Körperbehinderte Karlsbad-Langen steinbach hat sich als dezentraler Schulstandort für junge Menschen mit einer Körperbehinderung im nördlichen Teil des Landkreises etabliert und ist anerkannt. In Zusammenar

beit mit der Erich Kästner Schule Kronau haben sich alle Be teiligten in den letzten Jahren in sehr hohem Maß bemüht, qualitativ hochwertige inklusive Bildungsangebote zu reali sieren. Dieser Arbeit wird von allen Seiten ein hoher Reife grad bescheinigt.

In neuester Zeit verwundern Aussagen der Landesregierung, wonach das Kultusministerium keine Bestandsgarantie für diese Einrichtung aussprechen könne und man für das Kro nauer Modell – so wird es genannt – bei der regionalen Schul entwicklung trotz der vorbildhaften Inklusionsarbeit der Schu le keine Ausnahme machen würde.

Dem steht aber eine klare Aussage in einem Schreiben des Kultusministeriums entgegen, das genau diese Bestandsga rantie auch gibt. Deswegen frage ich die Landesregierung: Was denn nun? Steht sie zu der Aussage von Herrn Ministe rialdirektor Dr. Schmidt als Ergebnis eines Gesprächs? Ich zi tiere:

Das derzeitige Kronauer Modell wird fortgeführt. Die Werkrealschule Kronau bleibt bestehen, ebenso die enge und erfolgreiche Kooperation mit der Ludwig Guttmann Schule.

Meine Frage: Was denn jetzt?

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)