Protokoll der Sitzung vom 30.04.2014

Oder, Herr Kollege Löffler, wollen Sie etwa behaupten, auch der Landtag habe sich unzulässig in die Ermittlungstätigkeit von Justiz und Staatsanwaltschaft eingemischt? Im gleichen Zeitraum, in dem die E-Mail des Staatsministeriums ver schickt worden ist, wurde im Ständigen Ausschuss – und zwar von allen Fraktionen – der Wunsch geäußert, im Ständigen Ausschuss einmal eine Übersicht über die Ermittlungsverfah ren, den Stand des Verfahrens zu bekommen, zu erfahren, ob es Verurteilungen gibt, wie viele Verurteilungen es gibt, wie viele Verfahrenseinstellungen es gibt, was noch ansteht und wer jeweils betroffen ist. Auch Ihre Fraktion hat diesen Wunsch damals formuliert.

(Zurufe von den Grünen: Aha!)

Ist das eine unzulässige Einflussnahme auf die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft? Nein, selbstverständlich nicht. Auf die sen Gedanken würde man nicht kommen. Es geht darum, dass man in einer zugespitzten politischen Diskussion, in der auch Landtagsfraktionen, Abgeordnete, aber auch der Ministerprä sident, das Staatsministerium Fragen aus der Bürgerschaft be kommen, natürlich in der Lage sein muss, diese Fragen, auch Fragen nach Verfahren, zu beantworten. Darum geht es. Das ist der ganze Gehalt dieser Debatte. Darum herum machen Sie jetzt viel Wind.

(Zuruf: Ablenkung!)

Ich sage Ihnen: Es ist viel Wind und viel Lärm um nichts. Das wäre eigentlich der richtige Titel für die heutige Debatte, die Sie beantragt haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ein paar Sätze zu Frau Lösch!)

Jetzt kann man sich natürlich mit Kollegin Lösch

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Danke!)

kritisch auseinandersetzen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Man muss!)

Man muss das, was sie sagt, nicht gutheißen. Aber ich bitte Sie: Die Gegnerschaft zu Stuttgart 21, die ihr nun niemand absprechen wird, ist hinreichend und seit vielen Jahren öffent lich dokumentiert

(Zurufe der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

und kann kein Anlass sein, ihre Tätigkeit, auch nicht die Tä tigkeit als stellvertretende Landtagspräsidentin, infrage zu stellen. Haben wir jemals den Kollegen Drexler gerügt, nur weil er gleichzeitig Sprecher des Büros für S 21 war?

(Zurufe von der CDU und der SPD, u. a. Abg. Tho mas Blenke CDU: Jetzt wird es immer besser!)

Haben wir jemals den Kollegen Löffler gerügt, der als Mit glied des Beirats für S 21 draußen Hunderte von Reden ge halten hat? Das haben wir nicht getan.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das hätte mir nichts ausgemacht!)

Dem Kollegen Drexler hätte das nichts ausgemacht. Rich tig. Wir haben es aber deshalb nicht gemacht, weil das selbst verständlicher Bestandteil der Tätigkeit von Abgeordneten ist.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, der entscheidende Punkt ist ein an derer: Seit dieser Ausschuss eingesetzt worden ist, geht es von Ihrer Seite, Herr Kollege Dr. Kern, und vonseiten der CDU leider darum, Ablenkungsmanöver zu starten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der CDU)

Wir haben den Verdacht, dass der Untersuchungsauftrag, auf den man sich im Dezember 2013 vermeintlich verständigt hat, nicht mehr so sehr im Zentrum Ihres Interesses steht, und dass dieses Interesse vor allem in dem Moment schlagartig abge nommen hat, in dem wichtige Akten eingetroffen sind. Unse re Aufgabe sollte es aber jetzt sein, die Vorwürfe, die Fragen, die damit verbunden sind, aufzuklären. Das ist unser Auftrag.

Wenn es um Einflussnahme, um wirkliche Einflussnahme, geht, Herr Kollege Löffler,

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Zurück zum Thema! – Gegenrufe: Ja!)

dann müssen wir der Frage nachgehen: Stimmt das, was pres seöffentlich geäußert worden ist, nämlich dass es in Polizei akten, in Akten über Besprechungen der Polizei, Hinweise gibt, dass es doch eine Einflussnahme der Vorgängerregierung auf polizeiliches Handeln gegeben haben könnte? Diese Fra ge steht im Raum. Wir sind gehalten – –

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Matthias Pröfrock: Zurück zum Thema!)

Das ist das zentrale Thema dieses Untersuchungsausschus ses. Alles andere sind Ablenkungsmanöver, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Das werden wir machen. Ich bin einmal auf Ihre Beiträge ab dem 9. Mai gespannt. Ich bin gespannt, wie intensiv Sie sich mit der Aufklärung dieser Frage beschäftigen.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Genau!)

Es geht darum, ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg jetzt einmal endgültig abzu schließen und auf offene Fragen Antworten zu bekommen. Al les andere, was Sie treiben, und das, was Sie heute mit der Ak tuellen Debatte vorführen, liebe Kolleginnen und Kollegen, lenkt vom eigentlichen Thema ab.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Das wissen Sie, aber das werden wir nicht zulassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Kolle ge Binder.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt haben Sie die Chance, sich von den Grünen zu distanzieren! – Ge genrufe)

Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute mit zwei wichtigen Themen zu tun: einerseits – das war der Schwerpunkt der Rede des Kollegen Kern – mit dem Thema Datenschutz und andererseits mit dem Thema „Unabhängigkeit der Justiz und Gewaltenteilung“ – das war der Schwerpunkt der Rede des Kollegen Löffler.

Die Unabhängigkeit der Justiz ist als wichtiger Teil der Ge waltenteilung in unserem Staat ein hohes Gut. Wir, die SPDLandtagsfraktion, achten diese Unabhängigkeit der Justiz. Sie steht im Mittelpunkt unserer Rechts- und Justizpolitik.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Dieter Hille brand CDU)

Justizminister Rainer Stickelberger zeigt wie selten andere Justizminister, dass für ihn die Unabhängigkeit der Justiz ein sehr hohes Gut ist. Dies gilt für Personalentscheidungen glei chermaßen wie für Verfahren, in die er sich nicht einmischt. Er gibt auch keine Daten heraus, die er nicht herausgeben darf.

(Zurufe von der CDU)

Die Justiz in Baden-Württemberg kann froh sein, dass sie ei nen solchen Justizminister hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Herr Kollege Löffler, Sie haben einen Satz gesagt, den ich falsch verstanden haben könnte; ich glaube aber, dass wir ihn richtig verstanden haben und Sie ihn zurücknehmen müssen. Denn wenn ich sage, dass der Justizminister n i e Einfluss auf die Ermittlungsverfahren genommen hat, dann gilt das auch im Zusammenhang mit dem, was Sie sagten, dass näm lich nach dem Brief der Kollegin Lösch das Ermittlungsver fahren eingestellt worden sei. Sie haben damit den Brief mit der Einstellung dieses Ermittlungsverfahrens in Zusammen hang gebracht. Ich bitte Sie, diesen Vorwurf zurückzunehmen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf von den Grünen: Jawohl! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Dann, Herr Kollege Löffler, reden Sie die ganze Zeit von ei ner E-Mail und verlangen Transparenz.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler und Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das war eine Frage!)

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie die E-Mail gar nicht gelesen haben? Sie haben den Anschein erweckt, diese E-Mail würde gar nicht vorliegen. Diese E-Mail liegt vor – ich kann Ihnen einen Literaturhinweis geben –: in den Akten des Jus tizministeriums zum Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“, ich meine, im Hauptband II, Blatt Nummer 142 – so um diesen Dreh.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Unten links!)

Deshalb frage ich mich, warum Sie hier von der Landesregie rung mehr Transparenz fordern, wenn das schon in den Akten ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wissen Sie auch, woher sie kommt?)