Protokoll der Sitzung vom 16.10.2019

(Zuruf: Das ist bekannt!)

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Abgeordneter.

... und zwar nicht nur bei uns in Deutschland, sondern generell.

(Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜ NE: Rote Listen!)

Ich darf das Wort an die SPD geben. Herr Fraktionsvorsitzender Stoch spricht.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Noch vor einigen Monaten – so geht es sicher uns allen – wäre es nahezu undenkbar gewesen, dass wir uns an einem Plenartag im Landtag von Baden-Württem berg auf Antrag der CDU mit dem Thema Artenschutz be schäftigen.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Da kannst du mal gucken! Wir sind auf der Höhe der Zeit! – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Ich hoffe, du begrüßt das!)

Dieser Wandel ist offensichtlich nicht von Ihnen erdacht wor den. Dieser Wandel ist schlicht und einfach entstanden, weil Menschen in diesem Land gesagt haben: „Die Landesregie

rung aus Grünen und CDU tut zu wenig für den Artenschutz, und deswegen müssen wir etwas tun.“

(Beifall bei der SPD – Abg. Nicole Razavi CDU: Jetzt sind wir aber gespannt!)

Wenn Sie sich in den letzten Tagen die Mühe gemacht haben, auf Aussagen der Landesregierung zu achten, dann haben Sie Innenminister Strobl vernommen, der gesagt hat, dieses Volks begehren sei Gift für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Er meint wohl, dass ein demokratisches Verfahren schlecht für eine demokratische Gesellschaft sei.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, in der Landesregierung herrscht bekanntlich ein erhebliches Misstrauen gegenüber der direkten Demokratie. Die Grünen haben sie sich zwar auf die Fahne geschrieben und in Sonntagsreden gelobt, aber wenn das Volk tatsächlich ein Begehren hat, dann beginnt der Abwehrkampf. Überlegen Sie mal, ob das glaubwürdig ist.

(Beifall bei der SPD – Abg. Nicole Razavi CDU: Was will denn die SPD?)

Dabei – ich sage das ganz deutlich – kann das Volksbegehren „Pro Biene“ schon jetzt einen Erfolg vorweisen: Die grünschwarze Landesregierung bewegt sich endlich in Sachen Ar tenschutz, und zwar erheblich weiter, als sie noch vor Kurzem bereit gewesen wäre. Das Volksbegehren ist also, Herr Strobl – in Abwesenheit –, kein Gift für die Gesellschaft, sondern das war Notwehr wegen der Tatenlosigkeit von Grün-Schwarz.

(Beifall bei der SPD)

Wenn den gestern verkündeten Worten tatsächlich Taten fol gen – es sind im Moment nur Ankündigungen –, dann hätte diese Notwehr schon allerhand bewirkt. Es wäre dann immer noch bemerkenswert, dass die Bürger ausgerechnet einer grün geführten Landesregierung beim Thema Artenschutz Beine machen müssen. Aber wir wären immerhin vorangekommen.

Wenn hinter den Worten auch einige Taten stünden, dann wür de das heißen, dass diese Landesregierung Artenschutz end lich ohne jene Widersprüche betreiben würde, die sie selbst geschaffen hat: Grüne Politiker, auch der Ministerpräsident, die in Städten gegen Steingärten und für Artenschutz kämp fen, aber in der Landwirtschaft hat nach wie vor die CDU das Sagen und betreibt eine komplett andere Politik – immer schneller, höher, mehr und immer Hand in Hand mit der ag rochemischen Industrie.

(Zurufe von der CDU, u. a.: So ein Unsinn!)

Dazu hat Frau Detzer, die Landesvorsitzende der Grünen, im letzten Jahr gesagt – ich zitiere –:

Der wahre Freund des Bauern hilft beim Wandel, nicht beim Mauern.

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das macht es nicht besser!)

Deswegen besteht Handlungsbedarf. Die Zahl der Biobauern nimmt zu, unbenommen.

(Abg. Martina Braun GRÜNE: Deutlich!)

Aber die Menge der ausgebrachten Pestizide steigt weiter. Wo der eine verzichtet, spritzt der andere womöglich immer noch

mehr. Die Zahlen sagen uns das. Deswegen ist die Artenviel falt in Baden-Württemberg bedroht. Das jüngste Monitoring des Umweltministeriums hat genau dies gezeigt.

Herr Ministerpräsident, ich zitiere noch einmal Ihr Wort von der Komplementärregierung:

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ach komm!)

Das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium – da sitzen die beiden zuständigen Herren – dürfen nicht länger so tun, als seien sie für getrennte Planeten zuständig. Denn eine Bie ne stirbt auch dann an zu viel Chemie, wenn es eine von Grü nen regierte Biene ist.

(Beifall bei der SPD)

Wenn zu den Worten Taten kämen, dann würde das heißen, dass der Landwirtschaftsminister nicht mehr das politische Sprachrohr allein der Bauernverbände wäre. Dann dürfte er nicht mehr von sich geben, dass es die Menschen in diesem Land eben nichts angehe, was die Bauern auf ihren Feldern ausbringen. Dann dürfte man auch nicht zulassen, dass Pesti zide ausgebracht werden, deren Einsatz oft gar nicht nötig, sondern einfach nur bequem ist. Dann dürften Mitglieder die ser Regierung nicht mehr versuchen, mit verzerrenden und polemischen Parolen Stimmung gegen das Volksbegehren Ar tenschutz zu machen.

Dass niemand mehr etwas zum Pflanzenschutz tun dürfe, stand noch nie im Volksbegehren, aber es wurde fleißig be hauptet. Dass Positivlisten oder ökologisch vertretbare Alter nativen zu Pestiziden nicht aus der Welt sind, wurde teilwei se verschwiegen. Überhaupt nicht zur Sprache kam bei man chen, dass Probleme des Volksbegehrens eben auch durch Ausführungsbestimmungen oder ein Begleitgesetz heilbar wä ren. Wenn Mitglieder dieser Regierung das verschweigen, dann betreiben sie eben erst diese unnötige Polarisierung, dann ziehen sie Gräben zwischen Landwirten und Artenschüt zern. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten kei ne Gräben ziehen, sondern wir sollten beim Anliegen von mehr Artenschutz in Baden-Württemberg alle mitnehmen.

(Beifall bei der SPD)

Baden-Württemberg tut deswegen gut daran, beim Arten schutz und damit auch bei einer nachhaltigen Landwirtschaft Pionier zu sein. Gerade in Baden-Württemberg gibt es eben keine Riesenbauernhöfe. Keiner der Höfe kann Ernteschlach ten gegen die Agrarfabriken in Nord- und in Ostdeutschland gewinnen, noch viel weniger gegen andere Erzeuger in Euro pa.

Wohin die Reise geht, merken wir draußen im Land doch längst: mit Qualität und Eigenvermarktung und fairen Preisen und lokaler Anbindung, mit ökologischer Orientierung und dem Verständnis der Allgemeinheit, dass Landwirtschaft Kul turlandschaften erhält und dafür nicht draufzahlen darf. Des wegen wird Artenschutz auch Geld kosten, auch Geld für die Bauern, aber das muss uns der Artenschutz wert sein.

Wir werden Sie an Ihren Worten messen. Den Worten müssen jetzt dringend Taten folgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abg. Karrais spricht für die FDP/DVP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon spannend, zu beobachten, welches Schauspiel wir hier gerade anschau en konnten, wenn der Kollege Reinhart sagt, man habe ja schon immer die Bedenken ernst genommen, man habe ei gentlich schon immer gegen das Volksbegehren agiert. Wenn man dann aber mal in die Vergangenheit schaut – ich habe mir das herausgesucht –, dann findet man z. B. folgendes Zitat in der „Stuttgarter Zeitung“ vom 22. Juni:

Wir begrüßen jede Initiative, die die Artenvielfalt und Bio diversität voranbringen kann.

Darüber hinaus wird ein Sprecher der CDU-Fraktion zitiert mit:

Wir prüfen, ob wir die Forderung 1 : 1 übernehmen kön nen oder ob wir einzelne Punkte verändern.

(Zuruf von der FDP/DVP: Was? – Gegenruf der Abg. Nicole Razavi CDU: Ja!)

Am 26. Juni gab es dann eine Pressemitteilung der CDULandtagsfraktion mit der Überschrift – ich zitiere –:

NABU-Sommerterrasse: Reinhart betont gute Zusammen arbeit – Unterstützung für „Rettet die Bienen“

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Da ging es um etwas ganz anderes!)

Die Pressemitteilung wurde übrigens von der Seite der CDUFraktion entfernt. Sie ist auf wundersame Weise verschwun den. Da will man wohl von den Fehlern der Vergangenheit nichts wissen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf von der FDP/DVP: Hört, hört!)

Bereits im Juli hat unser Kollege Klaus Hoher schon eine kla re Position bezogen

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Guter Mann!)

und konkrete Vorschläge gemacht, auf die ich auch gleich ein gehen werde. Er hat schon damals eine klare Position bezo gen. Bei der CDU, bei den Grünen gab es immer ein Hin und Her. Der eine Abgeordnete hat das gesagt, der andere Abge ordnete hat jenes gesagt. Da gab es einfach keine klare Hal tung, was dazu geführt hat, dass viele Landwirte im Land lan ge im Unklaren waren und auch die Zukunft des Volksbegeh rens infrage stand.