Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Es geht um die Zuverlässigkeit der Corona tests bzw. deren Fehlerquote. Dazu habe ich zwei bzw. drei Fragen:
logischen Ringversuche des INSTAND e. V., laut denen die Fehlerquote bei 1,4 % liegt und damit auf 100 000 durchgeführte Tests durchschnittlich mindestens 1 400 Menschen fälschlich als „Corona-Infizierte“ ausgewiesen werden und somit die Schlussfolgerung lautet, dass die Pandemie niemals enden werde?
Zu Frage a: Für die Detektion einer akuten Infektion mit SARS-CoV-2 werden weltweit verschiedene PCR-Assays ein gesetzt. Die Genauigkeit eines PCR-Tests hängt nicht nur von der analytischen Sensitivität und Spezifität des verwendeten Testverfahrens ab, sondern auch von der Probenqualität, z. B. Zeitpunkt der Probennahme, Ort der Probennahme im Ra chenbereich, Transport- und Lagerungsbedingungen.
In der Praxis wird kein Testverfahren jemals ein zu 100 % zu verlässiges Testergebnis erzielen, und es können weder falsch positive noch falsch negative Ergebnisse ausgeschlossen wer den.
Um die Leistungsfähigkeit von Labormethoden in der Praxis zu bewerten, wird vor allem die Vortestwahrscheinlichkeit, ausgedrückt als positiver und negativer Vorhersagewert, her angezogen. Diese Kenngröße gibt an, wie hoch das geschätz te Risiko einer Erkrankung vor dem Test ist. Für eine Berech nung der Vortestwahrscheinlichkeit sind nicht nur Sensitivi tät und Spezifität des Testverfahrens notwendig, sondern auch die Häufigkeit der Erkrankung in der Bevölkerung, die soge nannte Prävalenz.
Bei Angaben zu Sensitivität und Spezifität der in Deutschland verwendeten PCR-Tests halten sich sowohl das Robert KochInstitut als auch das Nationale Konsiliarlaboratorium am In stitut für Virologie der Charité etwas bedeckt. Autoren des „British Medical Journal“ mutmaßen aber, dass PCR-Tests ei ne hohe Spezifität bei vergleichsweise geringerer Sensitivität aufweisen.
Die Prävalenz im Fall von Covid-19 liegt in Deutschland schätzungsweise bei 2 bis 3 %. Aufgrund der unklaren Kenn größen ist keine exakte Berechnung einer Vortestwahrschein lichkeit möglich. Entscheidend und Fakt ist aber, dass vor al lem die Prävalenz einen starken Einfluss auf den Vorhersage wert hat. Eine niedrige Prävalenz, wie derzeit im Fall von Co vid-19 in Deutschland anzunehmen, kann trotz hoher Sensi tivität und Spezifität des Testverfahrens einen niedrigen posi tiven Vorhersagewert zur Folge haben.
Da der positive Vorhersagewert die Wahrscheinlichkeit aus drückt, mit der eine positiv getestete Person auch tatsächlich infiziert ist, ist ein niedriger positiver Vorhersagewert gleich
Ein positives PCR-Ergebnis muss also auch dringend in sei nem Kontext interpretiert werden: unter Berücksichtigung – das ist aus unserer Sicht derzeit das Entscheidende – der kli nischen Einschätzung, wie beispielsweise Symptome, die mit Covid-19 vereinbar sind, Kontakt zu Infizierten, Aufenthalt in Risikogebieten und alle Cluster, die wir zudem noch bei der Einteilung der Pandemie kennen.
Bei einer positiv getesteten Person, die beispielsweise Kon takt zu einem SARS-CoV-2-Infizierten hatte und gleichzeitig Symptome aufweist, die mit einer Covid-19-Erkrankung ver einbar sind, ergibt sich trotz niedriger Prävalenz der Erkran kungen der Bevölkerung ein positiver hoher Vorhersagewert. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person also tatsächlich po sitiv ist, ist damit sehr hoch.
In dieser Studie der Gesellschaft zur Förderung der Qualitäts sicherung in medizinischen Laboratorien sind die Ergebnisse von 463 Laboratorien aus 36 Ländern dargestellt. Laut Zwi schenbericht vom 3. Juni ergaben die Tests zum Genomnach weis für die negativen Proben überwiegend richtig negative Ergebnisse: 97,8 bis 98,6. Dementsprechend sind bei der Stu die 2,2 bis 1,4 % falsch positive Ergebnisse dokumentiert wor den.
Den Autoren zufolge repräsentieren diese hohen Erfolgsquo ten eine sehr gute Leistungsfähigkeit der Ringversuchsteil nehmer und der angewandten Testformate. Da, wie schon ge sagt, kein diagnostischer Test ein hundertprozentig zuverläs siges Ergebnis liefert, ist die falsch positive Rate der vorlie genden Studie in der Tat als sehr gering einzuschätzen.
Ich glaube, es ist natürlich auch für die Gesamtbewertung fest zustellen, dass ein falsch negatives Ergebnis deutlich kriti scher zu sehen wäre als ein falsch positives. Ein falsch posi tives Ergebnis bedeutet für die getestete Person und deren Kontaktpersonen Quarantäne. Diese wäre zwar nicht notwen dig gewesen – das stimmt – und kann zweifelsohne auch ei nen sozialen oder wirtschaftlichen Schaden für die betreffen de Person bedeuten, aber gesamtgesellschaftlich betrachtet hat dieses falsch positive Ergebnis nicht den negativen Effekt, den ein falsch negatives hätte, nämlich dass wir nicht erkannt hät ten, dass eine Infektionskette ausgelöst werden kann.
Im Ganzen sehen wir ja auch, dass wir im Laufe der Pande mie die Zahl der Testungen deutlich erhöht haben. Die Ergeb nisse zeigen auch, dass wir bei der Eindämmung der Pande mie auf der Basis der Ergebnisse richtig gelegen sind.
Ich hatte Ihnen noch die drit te Frage, die ich Ihnen nicht vorher schriftlich eingereicht ha be, gestellt: Wie beurteilen Sie die Zuverlässigkeit der Anti körpertests?
Fakt ist: Nach einem Antikörpertest – das sehen Sie auch, wenn Sie derzeit einen Antikörpertest machen – bekommen Sie immer einen Bescheid, auf dem steht: „Sollten Sie Anti körper nachgewiesen haben, ist dies noch kein Hinweis auf Immunität.“ Derzeit können Sie sicher sein, dass Sie, wenn Sie Antikörper bei einem Antikörpertest nachgewiesen haben, im Moment nicht positiv sein werden. Aber ob Sie geschützt sind, wissen wir derzeit nicht wirklich. Da ist einfach – das wissen Sie als Medizinerin so gut wie ich – die Zeitdauer noch zu kurz. Da müssen wir abwarten, bis wir Weiteres wissen. Das werden uns übrigens auch die serologischen Tests des RKI zeigen, indem jetzt von positiv getestet Erkrankten Blut entnommen wird, um es auf Antikörper zu testen.
Mir ging es jetzt mehr dar um: Ich hatte gelesen, dass die irgendwie sehr negativ beur teilt wurden oder sogar nicht erwünscht waren. So etwas ha be ich einmal gelesen. Es ging mir jetzt eher darum, aus wel chem Grund das so sein sollte.
Nein, ich glaube, das ist weniger die Frage der Testqualität, der Nachweisqualität. Die Frage ist aber, was wir zurzeit mit Ergebnissen von Antikörpertests wirklich sinnhaft machen. Diese Antikörpertests – z. B. in unseren großen Kliniken – ha ben in der Zeit der hohen Infektionszahlen, als auch viel Kli nikpersonal infiziert war, einen Hinweis darauf gegeben, die se Leute mit Schutzausrüstungen einsetzen zu können. Das war ein Richtungshinweis. Hier hat man gewusst, wohin man sich bewegt. Aber man konnte keine klare, normierte Aussa ge treffen, dass man jetzt z. B. Immunität erworben hätte.
Herr Minister, wenn wir schon beim Thema sind, würde mich noch einmal interessieren: Sie haben ja eine Teststrategie im Sinne eines Monitorings in vier Stadt- und Landkreisen vorgelegt. Das kann ich durchaus nachvollziehen. Können Sie noch einmal sagen, aus welchen
Gründen eine flächendeckende Testung aller Lehrkräfte und aller Erzieherinnen und Erzieher aus Ihrer Sicht nicht sinnvoll erscheint?
Wir sind gerade in Abstimmung mit dem Koalitionspartner über die Teststrategie, auch mit der Ressortkollegin aus dem Kul tusministerium. Uns geht es darum, generell mit einer Test strategie als Frühwarnsystem – im Moment haben wir ja eine außergewöhnlich niedrige Inzidenz – sofort Hinweise darauf zu erhalten, ob irgendwo ein Virus ist, und, wenn ja, zu ver hindern, dass dieses zirkuliert. Das ist der Grundansatz unse rer Strategie.
In welcher Form, Größe und Breite wir den Test letztlich für Schulen anbieten, besprechen wir derzeit noch mit der Kul tusministerin. Aber wir sind derzeit in einer Inzidenzlage von 1,6, also 1,6 Infizierte auf 100 000 Einwohner. Der Him melpapa möge uns helfen, dass das so bleibt. Sie haben ja ge sehen, was in Gütersloh passiert ist.
Offensichtlich kennen auch Sie schon unsere Vorlage, die heu te „Füße“ bekommen hat, lieber Herr Hinderer.
Steht heute in der Zeitung. Ich habe es mir sagen lassen. Ich bin heute noch nicht zum Zeitunglesen gekommen.
Das Kernelement von Bevölkerungsmedizin – Herr Hinderer, das wissen Sie als Ausschussvorsitzender – ist das Frühwarn system. Wir haben berechtigterweise – darin haben Sie alle uns unterstützt – alle Altenhilfeeinrichtungen durchgetestet. Das war für uns wichtig; es war auch für unsere Maßnahmen wichtig. Wir bedanken uns dafür bei Ihnen.
Wir machen jetzt mit der Taskforce „Langzeitpflege“ auch deutliche Lockerungen, haben aber am Schluss – obwohl wir noch Bewohnerinnen und Bewohner aus der Hochphase der Pandemie hatten – bei der Komplettdurchtestung bei unter ei nem Promille gelegen.
Das heißt, der Hinweis aus ganz großen Testungen hilft letzt lich nicht. Andersherum müssten wir tatsächlich – das kann sich keiner von uns vorstellen – quasi im 48-Stunden-Rhyth mus Montag, Mittwoch, Freitag alle Schülerinnen und Schü ler, alle Kinder immer wieder durchtesten, um das auf diese Art und Weise permanent zu haben. Wir drehen es um. Wir wollen das repräsentativ wissen – so legen wir es an; das ver handeln wir gerade noch mit der Ministerin und dem Ressort –, sodass wir bei der Teststrategie immer am Ball sind.