Protokoll der Sitzung vom 15.07.2020

(Beifall – Zuruf: Bravo!)

Natürlich trifft es sowohl in den USA als auch in Mittelame rika und den anderen Ländern die Gesellschaftsteile, die oh nehin sozial schon am Rand stehen, wo niemand darauf ach tet, dass sie Gesundheitsschutz bekommen, dass die OttawaCharta umgesetzt wird – im Gegensatz zu uns. Deutschland und Baden-Württemberg weisen die niedrigste Sterberate, die beste Behandlungsrate und die beste Rate von „Detection and Containment“ auf. Den Pandemieplan haben wir weiterent wickelt. Er wird alle Phasen zu jedem Zeitpunkt inkludieren. Auch hierfür bedanke ich mich für Ihre Unterstützung.

Das, was die AfD heute vorgelegt hat, war einfach nicht nö tig.

(Zuruf)

Wir haben einen Kompass, Sie eben nicht. Das unterscheidet uns.

(Beifall)

In der zweiten Runde erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Gögel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal zu den Vorwürfen, ein Politiker oder mehrere Politiker oder sogar Fraktionen würden ihre Meinung ändern. Wenn man zu Beginn einer Krise vor heraufziehen den Gefahren warnt, dann spricht das für Vorsicht. Wenn man die Normalität wieder erkennt und sieht, dass die Gefahr eben nicht die war, die man angenommen hatte, oder nicht mehr die ist, die man angenommen hatte, und dann die Normalität einfordert, dann spricht das für Umsicht.

(Beifall)

Das sind die Anmerkungen zu Frau Weidel; im Übrigen spre che ich für die AfD-Landtagsfraktion und nicht für die Bun destagsfraktion.

Die Juristen hier im Haus sind der Frage in der Debatte heu te Morgen erstaunlich weit ausgewichen.

(Zuruf: Nein!)

Ich hatte eigentlich erwartet, dass Sie hier eine klare Pro- oder Kontraposition zu dem Kollegen Vosgerau beziehen. Aber las sen wir das einmal dahingestellt.

(Zuruf)

Die Juristen werden in den nächsten Wochen und Monaten hier noch heftig streiten.

Aber klar ist, meine Damen und Herren: Im Infektionsschutz gesetz fehlt der Baustein für die Entschädigung der Nichtstö rer nach dem Polizeigesetz. Dieser Baustein fehlt, und solan ge der fehlt, wird es Streit darum geben, wie zu entschädigen ist. Ich kann Sie nur auffordern, beim Bund vorstellig zu wer den, dass das Infektionsschutzgesetz um diesen Baustein er weitert wird. Das haben die Geschädigten hier im Land ver dient, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Zu Herrn Haußmann und der FDP/DVP: Heute wird in Han nover im Parlament ein Gesetzentwurf der dortigen FDP-Frak tion behandelt. Darin werden ebenfalls Entschädigungen für die Nichtstörer gefordert, und es wird sogar gefordert, dass der Umsatzausfall für diese Firmen bis zu 75 % übernommen wird. Da können wir einmal gespannt sein, wie das Parlament in Hannover über diese Initiative entscheiden wird.

Zum Stichwort „Welle“: Ich habe es heute drei Mal gehört: die zweite, die dritte Welle. Meine Damen und Herren, die einzigen Wellen, die Sie in diesem Land noch zu erwarten ha ben – das ist bedauerlich –, sind die Insolvenzwelle, die Ent lassungswelle, die Kurzarbeitswelle

(Beifall)

und die Krawallwelle. Das sind die Wellen, die wir in diesem Land tatsächlich zu erwarten haben. Dazu haben Sie einen Teil beigetragen. Das können Sie korrigieren, indem Sie tatsäch lich den Bürgern die Entschädigung zukommen lassen, die ih nen zusteht.

Denn es deutet viel darauf hin, dass die Gesetzgebungskom petenz zur Gestaltung der Entschädigungsregelung bei Pan demiemaßnahmen beim Bund liegt. Da gebe ich Ihnen recht. Genau an diesem Punkt müssen Sie das Infektionsschutzge setz erweitern. Das müssen Sie sehr schnell tun, und Sie müs sen den Menschen draußen auch zeigen, dass Sie gewillt sind, das zu tun, meine Damen und Herren.

(Zuruf)

Wir haben hier heute bewusst keine polemische Debatte ein gebracht, sondern eine Sachdebatte. Der Diskussion haben Sie sich größtenteils verweigert. Das ist sehr schade, meine Da men und Herren.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Ich sehe keine. Dann ist die Ak tuelle Debatte beendet.

Punkt 1 unserer Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der AfD – Einsetzung und Auftrag

des Untersuchungsausschusses „Aufarbeitung des Mordanschlags in Stuttgart-Bad Cannstatt am 16. Mai 2020“ – Drucksache 16/8368

b) Wahl der Mitglieder und der stellvertretenden Mitglie

der, der/des Vorsitzenden und der/des stellvertretenden Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses

Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Für die Begrün dung gibt es zusätzlich fünf Minuten.

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Dr. Baum.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist im Artikel 8 des Grundgesetzes verankert. Das Recht auf körper liche Unversehrtheit wird, wie wir heute schon einmal gehört haben, im Artikel 2 unseres Grundgesetzes garantiert.

Der Daimler-Betriebsrat Andreas Z. wollte am 16. Mai sein elementares Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrneh men und die Demonstration von „Querdenken 711“ auf dem Cannstatter Wasen besuchen. Auf dem Weg dorthin wurden er und zwei seiner Kollegen auf der Mercedesstraße von ei ner umherziehenden hasserfüllten Großgruppe von Linksex tremisten brutal überfallen. Zeugen sprechen von bis zu 50 teils bewaffneten und vermummten Angreifern. Es spricht al les dafür, dass er ausgespäht und gezielt für den Überfall aus gewählt wurde.

Andreas Z. hat dieses Attentat knapp überlebt. Er lag wochen lang im Koma und wird sich nie mehr vollständig von diesem

Mordversuch erholen können. Kein Ministerpräsident und kein Innenminister haben ihn besucht oder gute Besserung ge wünscht. Es gab kein klares Bekenntnis gegen linke Gewalt aus diesem Landtag, nur Herrn Strobls übliche allgemeine Floskeln. – Er ist leider nicht anwesend.

Dieser Mordanschlag und Wochen später die Gewaltexzesse in Stuttgart zeigen ganz deutlich, dass die Gewaltbereitschaft bestimmter Gruppen – dazu zählen vor allem die Linksextre misten – extrem zugenommen hat. Ein Sprecher des Innenmi nisteriums erklärte vor diesem Überfall sogar öffentlich, dass man seit Wochen eine Mobilisierung der linksextremistischen Szene gegen die Demonstranten der „Querdenken“-Demo in Stuttgart erlebte. Die Sicherheitsbehörden waren also eindeu tig vorgewarnt und wussten Bescheid. Dennoch war dieser Angriff auf Andreas Z. möglich. Wie kann das sein? Das fra ge ich Sie alle.

Ob dieser Mordversuch nun durch Nachlässigkeiten bei der Polizeiarbeit oder politisch gewollt durch bewusstes Unter lassen des Schutzes von Demonstranten geschehen konnte

(Zuruf: Jetzt ist es aber mal gut! – Unruhe)

und wer dafür die Verantwortung trägt, muss dringend in ei nem Untersuchungsausschuss – dafür ist ein solcher da – er mittelt werden.

(Beifall)

Die jüngst durchgeführten Razzien bei Linksextremisten in Baden-Württemberg sind kein Zeichen eines konsequenten Durchgreifens der Landesregierung. Bei rechtzeitigem, wirk lichem, konsequentem Handeln wäre diese Tat zu verhindern gewesen. Warum Linksextremisten in Baden-Württemberg die Möglichkeit haben, am helllichten Tag mitten in Bad Cannstatt einen Menschen fast zu Tode zu prügeln, wollen und müssen wir aufklären.

(Beifall)

Gleichzeitig muss dieser Vorfall in einen wesentlich größeren Zusammenhang gestellt werden. Letztendlich geht es darum, dass die Landesregierung seit Jahren die zunehmende Gewalt der linken Szene nicht nur ignoriert, sondern diese sogar über ihre Programme gegen rechts und für mehr Demokratie aktiv mitfinanziert hat und weiterhin finanziert. Die offene Zusam menarbeit sogenannter zivilgesellschaftlicher Gruppen, allen voran der Gewerkschaften, mit Linksextremisten wird dabei wissentlich ignoriert. Dazu kommen die massiven verbalen Attacken, Beschimpfungen und Diskreditierungen von Ihnen allen gegenüber friedlichen Bürgern, die Kritik an der Politik der Altparteien und der Regierung äußern.

Genau damit liefern Sie den Schlägertrupps die Legitimität für ihre Angriffe.

(Vereinzelt Beifall – Zurufe, u. a.: Ach, Quatsch! – Ach du meine Güte! – Eine Unverschämtheit! – Ge genruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

Deshalb tragen Sie auch eindeutig eine Mitschuld an diesem Verbrechen.

(Zurufe)

Schon im September 2016 haben wir die Einsetzung eines Un tersuchungsausschusses gegen Linksextremismus gefordert, weil wir diese Entwicklung anscheinend jahrelang vor Ihnen erkannt und vorausgesehen haben – was allerdings für jeden Menschen ohne politische Scheuklappen wirklich nicht schwer war. Das war vor vier Jahren!