Protokoll der Sitzung vom 23.07.2020

Herr Minister, gleich im Anschluss an diesen Tagesordnungs punkt werden Sie die Änderung des Polizeigesetzes einbrin gen. Damit wird es der Polizei noch besser gelingen, uns zu schützen. Ich sage schon einmal vorab: Es ist ein gutes Ge setz, das Sie einbringen werden.

(Beifall)

Ziel muss es sein, dass die Menschen wieder mehr Vertrauen, Anerkennung und Respekt für die tägliche Leistung von Po lizei und Rettungskräften aufbringen. Alle Angehörigen der

Blaulichtorganisationen – ich benutze einmal diesen untech nischen Oberbegriff – leisten einen wertvollen Dienst. Mit glieder der freiwilligen Feuerwehren erhalten bei Einsätzen eine Aufwandsentschädigung, Mitglieder der Rettungsdiens te bislang nur dann, wenn der Bürgermeister einen bestimm ten Einsatz als wirklich notwendig anerkennt. Hier sollten wir endlich zu einer einheitlichen Lösung kommen, meine Damen und Herren. Schließlich opfern alle ehrenamtlichen Mitglie der im Bevölkerungsschutz einen Teil ihrer Freizeit, um an deren Menschen zu helfen. Deshalb haben sie nicht nur ide elle Anerkennung, sondern auch einen Ausgleich für ihre fi nanziellen Aufwendungen verdient.

Wir von der CDU möchten, dass rechtliche Grundlagen ge schaffen werden, die Helfern ihre Arbeit erleichtern und die ihnen die finanziellen Belastungen, die dadurch entstehen kön nen, abnehmen.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, dies ist keine neue, sondern eigent lich eine seit vielen Jahren geführte Diskussion. Wir wollen dieses Defizit beheben, und wir sind bereit dazu, noch in die ser Wahlperiode Abhilfe zu schaffen. Die CDU hat schon lan ge gefordert, mit einem Helfergesetz Regelungen beispiels weise für Freistellungsansprüche am Arbeitsplatz oder für Ausgleichsansprüche bei Verdienstausfällen zu schaffen. Lie ber Herr Minister, ich denke, dazu werden Sie nachher noch das eine oder andere sagen.

Feuerwehrangehörige und Rettungskräfte in Betrieben sind eine Bereicherung. Sie bringen Hilfsbereitschaft und soziale Kompetenz in einen Betrieb. Deswegen sind wir allen ehren amtsfreundlichen Arbeitgebern in Baden-Württemberg sehr dankbar.

(Beifall)

Ich freue mich, wenn wir es nach der Sommerpause schaffen – ich lade das Haus hierzu ein –, entsprechende Weichen zu stellen, um Maßnahmen zu treffen, um den Ehrenamtlichen in den Rettungsdiensten im Bevölkerungsschutz wirklich ent gegenzukommen und finanzielle oder sonstige Lasten auszu gleichen, um ihnen die wichtige Aufnahme des Ehrenamts zu unserem Schutz abzunehmen und zu erleichtern.

Die CDU will, dass wir hier weiter sicher leben können. Al len Angehörigen der Blaulichtorganisationen rufe ich zu: Wir stehen hinter Ihnen – wie die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land.

(Beifall)

Wir danken Ihnen für Ihren grandiosen Einsatz für unser Wohlergehen. Lassen Sie nicht nach in Ihrem Einsatz, und kommen Sie stets gesund von Ihren Einsätzen wieder nach Hause.

Vielen Dank.

(Beifall)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Frau Abg. Schwarz.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte die Gelegenheit heute nutzen, um mich – auch im Namen meiner Fraktion – ganz herzlich bei allen haupt- und ehrenamtlich Tätigen in den Blaulichtorganisationen zu bedanken.

(Beifall)

Wir Grünen haben die Blaulichtorganisationen schon lange auf unserer politischen Agenda. Mit unserem jährlichen „Blau lichtempfang“ möchten wir der Polizei, den Hilfsorganisati onen im Rettungsdienst, der Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk für ihre Arbeit danken, die sie verlässlich und part nerschaftlich im Land leisten.

Meine Kollegin Petra Häffner wird in der zweiten Runde zur Situation der Polizei sprechen. Ich möchte mich jetzt auf die Arbeit des Rettungsdienstes und auf die Überschrift der Ak tuellen Debatte „Starke Leistung in der Krise“ konzentrieren.

Die Coronapandemie hat den Rettungsdienst vor große Her ausforderungen gestellt. Anfangs musste nicht nur viel Geld und Zeit investiert werden, um Schutzausrüstungen zu be schaffen; die horrenden Preise, die der freie Markt plötzlich verlangte, forderten auch ein beherztes und schnelles Eingrei fen des Landes. Wir sind in die Beschaffung von Schutzma terialien eingestiegen, um die Leute vor Ort zu unterstützen und zu entlasten. Für die Zukunft bedeutet das aber: Wir brau chen eine Pandemiestrategie mit einer Vorhaltung von Schutz materialien und Desinfektionsmitteln.

(Beifall)

Wir, die Gesellschaft, hatten gleich zu Beginn der Krise den Blaulichtorganisationen applaudiert. Als Forderungen nach einer finanziellen Anerkennung kamen, wurde es schnell still. Wenn ich auf die Bundesebene schaue, dann habe ich große Sorgen. Jens Spahn kündigte vollmundig Pflegeprämien an, von denen jetzt nur diejenigen, die in der Altenpflege tätig sind, profitieren, nicht aber das Gesundheitspersonal im Kran kenhaus und nicht die Notfallsanitäterinnen und -sanitäter in den Rettungswagen. Da frage ich mich schon: Sind diese Be rufe nicht systemrelevant? Die Pflegeprämie war und ist rich tig. Allerdings sollten mehr Berufsgruppen davon profitieren.

(Beifall)

Wir, das Land, können eine Prämie analog zur Pflegeprämie nicht allein stemmen. Wir sind aber bereit, unseren Anteil da ran zu tragen. Wichtig ist jedoch, dass der Bund den Löwen anteil einer solchen Prämie übernimmt und die Krankenkas sen sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ebenso ihren Beitrag leisten. Ich kann die Betroffenen nur allesamt dazu auffordern, sich an einen Tisch zu setzen und gemeinschaft lich, kollegial und im Sinne der Angestellten im Rettungs dienst tragfähige Lösungen zu finden.

Klar ist aber auch: Mit einer einmaligen Prämie ist es nicht getan. Die Menschen in den Gesundheitsberufen und im Ret tungsdienst haben einfach mehr verdient. Die dauerhafte fi nanzielle Anerkennung für das medizinische Fachpersonal ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Politik, Krankenkassen und Gewerkschaften. Wer sich für diese Gesellschaft krumm schuftet, darf nicht Mitte des Monats rechnen müssen, ob das Geld bis Ende des Monats reicht.

(Beifall)

Dass das Innenministerium nun die im Bevölkerungsschutz wirkenden Vereine finanziell unterstützen wird, begrüße ich sehr. Denn sie haben durch den Wegfall von Veranstaltungen und dadurch entgangene Gelder für Sanitätsdienste deutlich weniger Einnahmen.

Die Arbeitsbelastung – körperlich und psychisch – für die Ret tungswagenbesatzungen ist enorm hoch, auch völlig unabhän gig von der Coronakrise. In der Krise zeigt sich jedoch wie in einem Brennglas, wie hoch sie tatsächlich ist. So wurde z. B. Rettungsdienstlerinnen oft erst bei der Ankunft im Kranken haus gesagt, dass positiv getestete Personen im Haushalt des Notfallpatienten leben oder dieser sogar selbst positiv getes tet wurde. Dies bedeutete für die Besatzung des Rettungswa gens eine 14-tägige Quarantäne und eine zweistündige Des infektion des Fahrzeugs, welches dann nicht zur Verfügung stand. Der Wegfall der Einsatzmannschaft musste natürlich kompensiert werden. Das bedeutete deutlich mehr Arbeit für den Rest der Mannschaft.

Ich freue mich auch, dass die Notfallsanitäter und -sanitäte rinnen derzeit in der Krise invasive Maßnahmen in einem grö ßeren Stil anwenden dürfen. Ich habe das Innenministerium bereits in einem Abgeordnetenbrief dazu aufgefordert, diese Kompetenzerweiterung zu verstetigen. Eine rechtssichere An wendung von invasiven Maßnahmen erleichtert den Einsatz kräften vor Ort die Arbeit und kostet uns, das Land, nichts.

(Beifall)

Ich kann mich meinem Vorredner anschließen: Mit großem Entsetzen müssen wir immer wieder lesen, dass Rettungskräf te beim Einsatz angegangen werden. Lassen Sie mich deshalb an dieser Stelle ganz klar und deutlich sagen: Gewalt oder Be schimpfungen gegen Einsatzkräfte vor Ort sind mit keinem, aber mit gar keinem Argument zu rechtfertigen. Denn diese Einsatzkräfte helfen Menschen in äußerster Not. Wer sie an greift und bespuckt, der greift uns alle an.

Danke.

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Hinderer.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Ich sage einen Dank an die CDU. Den Titel dieser Aktuellen Debatte – ich glaube, das ist auch ein bisschen eine Wohlfühldebatte – „Starke Leistung in der Kri se – Respekt für unsere Blaulicht-Organisationen!“ können wir aus voller Überzeugung zu hundert Prozent dick unter streichen.

Von der Coronakrise und ihren Folgen sind Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste in besonderem Maß betroffen. Sie sor gen für Sicherheit und Ordnung und helfen an vorderer Front, und das selbstverständlich auch in Zeiten eines Pandemielock downs bei erhöhter Infektionsgefahr. Die Arbeit der Blaulicht organisationen hat sich dadurch verändert. Die Polizei muss zusätzlich zum Tagesgeschäft die Einhaltung der Corona-Ver ordnungen kontrollieren und stößt dabei oftmals auf Unver ständnis oder gar Widerstand. Rettungsdienste und Feuerweh ren müssen sich bei ihren Einsätzen, die oft auch engen kör perlichen Kontakt erfordern, auf eine erhöhte Infektionsge fahr einstellen und besondere Hygienemaßnahmen ergreifen.

Dies alles erschwert die Arbeit. Die enorme Belastung müs sen die vielen Beschäftigten, die – das wurde gesagt – oft auch ehrenamtlich tätig sind, aushalten und trotzdem weiter in die Einsätze gehen, für unsere Sicherheit sorgen und Menschen leben retten.

Diese Aufgabe, liebe Kolleginnen und Kollegen, erfüllen al le Beteiligten bei Polizei, Rettungsdienst, Bergwacht, DLRG, Feuerwehr, THW und allen anderen Blaulichtorganisationen vorbildlich. Im Namen der SPD-Fraktion ein ganz herzlicher Dank für diesen herausragenden Einsatz.

(Beifall)

Unbegreiflich ist deshalb auch für uns, dass Angriffe auf Po lizei, Feuerwehr und Rettungsdienste immer weiter zuneh men. Die Fallzahlen von Gewalt gegen Polizeibeamte haben im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 5 % zugenommen. Gestern hat der GdP-Bevollmächtigte Jochen Zeng aus Frank furt im „Morgenmagazin“ von bundesweit täglich 200 Ge walttaten gegen Polizeibeamte berichtet. Ähnliches gilt leider für Gewalttaten gegen Angehörige des Rettungsdienstes und der Feuerwehr. Das ist besonders besorgniserregend, weil hier auch viele Ehrenamtliche tätig sind.

Die Respektlosigkeit gegenüber denjenigen, die eigentlich helfen wollen, ist erschreckend, und die Ursachen hierfür sind sicher nicht eindimensional zu erklären. Manches entzieht sich zumindest meinem gesunden Ermessen. Vor einer Woche konnte sich ein Feuerwehrmann in Mannheim nur durch ei nen Sprung zur Seite vor dem Fahrer eines Sprinters retten, der auf ihn zuhielt. Als Nächstes hielt dieser auf einen eben falls am Einsatzort anwesenden Polizisten zu und flüchtete, nachdem dieser einen Warnschuss abgab.

Gewalt gegen Polizeibeamte und Angehörige der Rettungs dienste ist beileibe kein Kavaliersdelikt und muss mit Härte geahndet werden. Die §§ 114 und 115 des Strafgesetzbuchs bieten eine zu Recht geschaffene Grundlage dafür.

Da es sich bei den Tätern, wie zuletzt in Stuttgart oder Frank furt, vielfach um Jugendliche oder Heranwachsende handelt, muss die Strafe der Tat auf dem Fuß folgen. Das heißt: keine langen Wartezeiten und Verfahren. Die Häuser des Jugend rechts, die wir mit ins Leben gerufen haben, sind eine gute Sa che und leisten einen wichtigen Beitrag zur Verfahrensbe schleunigung.

(Beifall)

In der gesellschaftlichen Debatte aber, die wir zu diesem The ma führen müssen, vielleicht auch neu führen müssen, gilt es herauszuarbeiten, dass Respekt nicht erst bei der Frage der Gewalt gegen staatliche Institutionen beginnt, sondern bereits bei der Frage, wie wir eigentlich zu unserem Staat und seinen Institutionen stehen. Aus gutem Grund gibt es in Europa das staatliche Gewaltmonopol. Das ist eine der Grundfesten un serer Gesellschaft und unseres Rechtsstaats. So ist es kein Zei chen von Respekt, wenn man keine Flaschen oder Steine auf die Polizei wirft oder Rettungskräfte nicht bei ihrer Arbeit stört oder gar angreift – das ist eine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Wenn diese Selbstverständlichkeit nicht mehr Konsens ist und staatliche Institutionen nicht mehr respektiert werden, wenn spektakulär in der Stuttgarter Innenstadt oder in Frankfurt aus heiterem Himmel Angriffe auf die Polizei geschehen oder in Mannheim Feuerwehrleute umgefahren werden, muss nach den Ursachen geforscht werden.

Darüber hinaus geht es aber doch darum, generell verlorenes Vertrauen in den Staat und in staatliche Institutionen wieder zugewinnen. Deshalb gilt es, mit aller Konsequenz jene in Schranken zu weisen, die das staatliche Gewaltmonopol in frage stellen oder die die staatlichen Institutionen und Behör den verächtlich machen, und das geschieht eben nicht nur auf den Straßen, sondern leider zunehmend auch wieder in Parla menten.

Auch die Landesregierung steht in einer besonderen Verant wortung, unseren Blaulichtorganisationen mit Respekt zu be gegnen. Sie hat rechtlich und tatsächlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass diese ihre Arbeit gut erledigen können. Oftmals sind es ja wirklich nur Kleinigkeiten. Kollege Blen ke hat darauf hingewiesen. Eine Entschädigung für Ehrenamt liche im Rettungsdienst ist so eine Frage oder auch ein Hel fergesetz. Es geht auch darum, dass diejenigen, die ganz vorn den Kopf hinhalten und dabei mit dem neuartigen Virus kon frontiert sind, bestmöglich gerüstet sein müssen. So wäre es natürlich hilfreich gewesen, wenn von Beginn der Pandemie an auch genügend Masken für die Polizistinnen und Polizis ten zur Verfügung gestanden hätten.

Herr Minister Strobl, auch die schon seit Langem angekün digte Novellierung des Rettungsdienstgesetzes oder des Leit stellengesetzes lässt auf sich warten. Es ist ebenfalls kein Zei chen von besonderer Respektbekundung, wenn die Rechts grundlagen, auf denen die Rettungsdienste in unserem Land handeln, nicht den aktuellen Erfordernissen entsprechen. Viel leicht können Sie nachher noch etwas dazu sagen, wie der Fahrplan für dieses Verfahren der Gesetzgebung aussieht.