Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Lorek, Ihnen und auch Ih nen, Frau Kollegin Boser, muss bei dem, was wir jetzt gehört haben, doch das Herz bluten: Alles super, alles toll. Die El tern haben aber eine andere Wahrnehmung: „Corona-Note ,mangelhaft‘: Eltern gehen mit Schulen“ – und Kultusminis terium – „hart ins Gericht“. Googeln Sie das einmal. Das gibt dann einen Realitätscheck zu dem, was Sie heute hier vorge tragen haben.
Ich kann mich bei den Kolleginnen und Kollegen der FDP nur bedanken. Ich kann mich jetzt nicht allem anschließen, aber ihr legt mit dem Gesetzentwurf den Finger auf die „richtige“ Wunde. Denn die grün-schwarzen Vorschläge sind teilweise eher von Aktionismus als von nachhaltigem und planvollem Vorgehen geprägt.
Wir brauchen in der Tat eine verbindlichere Regelung, was die Mammutaufgabe Digitalisierung an unseren Schulen an geht. Die Frage der Konnexität muss geklärt werden. Wir brauchen eine größere Verbindlichkeit der Digitalisierungs hinweise für Schulen in öffentlicher Trägerschaft, also der frü heren Multimediaempfehlungen.
Kollege Kern hat zu Recht ausgeführt: Die Schulen könnten oder müssten schon viel weiter sein. Dahinter steckt natürlich das Versagen der Kultusministerin mit Blick auf die Bildungs plattform „ella“, aber eben auch die fahrlässige langjährige Blockadehaltung des Ministerpräsidenten Kretschmann im Zusammenhang mit Bundesmitteln zur Digitalisierung. Bei des hat unsere Schulen auf dem Weg zur weiteren Digitalisie rung behindert.
Der Gesetzentwurf nimmt zu Recht die Fragestellung des Da tenschutzes auf. Das Thema Datenschutz führt immer wieder zu einer großen Verunsicherung an den Schulen. Diese fühlen sich an dieser Stelle allzu häufig von ihrer Kultusministerin im Stich gelassen – das gehört zur Wahrheit dazu. Es ist da her wichtig, dass das Kultusministerium für den Datenschutz Verantwortung tragen muss und dieser Verantwortung auch gerecht wird.
Die GEW hat beispielsweise angeregt, Auftragsverarbeitungs verträge in Zukunft zwischen Unternehmen und dem Minis terium abzuschließen. Sie regt in diesem Kontext eine White List mit Apps an, die die Schulen verwenden können. Diesen Vorschlag unterstützen wir.
Wir müssen im Weiteren aber auch diskutieren, ob Richtlini en, wie sie von der FDP/DVP in ihrem Gesetzentwurf gefor dert werden, nicht zu wenig sind. Denn dann droht möglicher weise wieder, dass die Verantwortung auf Schulleitungen ab gewälzt wird.
Das Kultusministerium hat an dieser Stelle meines Erachtens nicht nur eine Aufsichts-, sondern auch eine Klärungsfunkti on – man könnte vielleicht auch sagen: eine Servicefunktion – gegenüber den Schulen. Nehmen Sie beispielsweise das Thema „Teilnahme am Unterricht per Videoschalte für Kin der in Quarantäne“. Nach meinem Kenntnisstand schuldet die Kultusministerin bis heute den Schulen hier eine klare Ant wort.
Ich sage es heute, glaube ich, zum dritten Mal: Frau Kultus ministerin, machen Sie bitte hier an dieser Stelle endlich Ihre Hausaufgaben.
Was den Vorschlag der FDP/DVP betrifft, jede Lehrkraft müs se verbindlich einmal im Jahr eine Fortbildung zu digitaler Bildung besuchen, muss man meines Erachtens aufpassen und schauen, ob dies nicht ein wenig an der Realität vorbeigeht. Mir ist dieser Begriff im Kontext eines Gesetzes, ehrlich ge sagt, auch zu unpräzise. Meines Erachtens hätten hier im Rah men von Personalentwicklungsgesprächen auf der Grundlage von Mitarbeitergesprächen Zielvereinbarungen eine deutlich größere Effektivität. Die gewählte Formulierung im Gesetz entwurf zeugt unseres Erachtens – bei allem Respekt – eher von Aktionismus, ohne dass dies jedoch einen absehbaren Ef fekt auf die Unterrichtssituation hätte. Abgesehen davon um fasst § 50 des Landesbeamtengesetzes bereits eine Fortbil dungspflicht.
Aktuell übrigens verpufft diese genauso, da es die Kultusmi nisterin leider auch erfolgreich geschafft hat, durch ihre Re formvorhaben – Stichwort ZSL – die Lehrerfortbildung ziem lich an die Wand zu fahren.
Kollege Kern, den Vorschlag eines schuleigenen Fortbildungs budgets unterstützen wir dagegen ausdrücklich. Frau Minis terin, klären Sie mich gern auf – aber das war in Ihrer gestri gen Pressemitteilung nicht berücksichtigt.
Kolleginnen und Kollegen, zuletzt noch zu dem zentralen Punkt in diesem Gesetzentwurf, zur verbindlichen Regelung der Kostenaufteilung. Die Frage ist in der Tat, ob dieser Vor schlag dazu geeignet ist, den Streit bezüglich der Kostenüber nahme zwischen Land und Kommunen zu schlichten und die se wirklich sinnvoll zu regeln. Würde es Sinn machen, Pro zentanteile in Höhe von 50 % festzulegen, oder würde damit eher der Streit darüber gefördert werden, was für wie viel Geld angeschafft wird und wer administriert? Wer würde letzten Endes über Ausstattung und Anschaffung entscheiden? Auch hier könnte eine dezentrale Budgetlösung für Schulen mögli cherweise durchaus ein Ansatz sein. Klar ist für uns in jedem Fall: Es wird ohne deutliche Mittel von Bund und Land nicht gehen.
Summa summarum beinhaltet der Gesetzentwurf, auch wenn es einige wesentliche Hinweise gibt, zu viele offene Fragen, als dass man ihn pauschal annehmen könnte. Es ist aber das Verdienst der FDP/DVP, mit ihren Vorschlägen die Diskussi on fortzuführen – ein Anliegen, das von der jetzigen Landes regierung unseres Erachtens nur sehr unzureichend verfolgt wird.
len – dieses Thema hatten wir hier schon des Öfteren, und zwar ohne durchschlagenden Erfolg. „Ella“ wurde von der Regierung in den Sand gesetzt, und die bewährte „Kreidezeit“ in den Schulen herrscht noch immer.
Dies zeigt sinnigerweise auch die Antwort der Landesregie rung auf eine Kleine Anfrage seitens der CDU-Fraktion zum Thema „Digitalisierung der Schulen im Wahlkreis Baden-Ba den/Bühl“. Dieser Antwort zu entnehmen ist der an mehreren Stellen erfolgte bemerkenswerte Hinweis auf die Nichtzustän digkeit des Landes für Sachausgaben – was bestimmt richtig ist – und auf die Zuständigkeit der Kommunen.
Nun zum Gesetzentwurf der Freien Demokraten: Dieser ist losgesprungen wie ein tapferer Löwe – die Initiative klingt nach einem großen Gesetzentwurf –, aber er ist als Bettvorle ger gelandet. Das zeigt schon der erste Abschnitt. Dem vor geschlagenen § 48 a – Digitale Schule – muss man natürlich zustimmen. Dem stimmt jeder zu. Er beinhaltet ja quasi einen Verweis auf die Landesverfassung. In Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 der Landesverfassung heißt es:
Seltsamerweise gibt es aber viele Berichte von Eltern, wonach an bestimmten Schulen – aber das ist sicherlich nicht flächen deckend – die Eltern neue Geräte zu einem Preis in der Grö ßenordnung von 700 € kaufen sollen. Das darf ja wohl nicht wahr sein! Das widerspricht der Landesverfassung.
Dies ist meines Erachtens ein falscher Ansatz. Es gibt ja den schönen Anglizismus – den ich eigentlich nicht mag –, der lautet: „Bring your own device.“ Man soll also das eigene Ge rät in die Schule mitbringen. Es kommen also unterschiedli che Geräte zum Einsatz. Wenn man vom älteren Bruder oder vom Papa ein Gerät bekommt, ist das sicherlich nachhaltig und umweltfreundlich. Aber ist es wirklich sinnvoll für den Unterricht? Ich halte von diesem Konzept nichts. Für die Aus stattung ist, wie die Landesverfassung sagt, eigentlich die Schule zuständig.
Aber natürlich wissen wir auch: Geld allein hilft nicht. „Geld schießt keine Tore“, wie es im Fußball so schön heißt. Sie, die FDP, wollen hier aber 1 Milliarde € ausgeben. Da muss man schon ein bisschen genauer hinschauen, was Sie eigentlich machen wollen.
Lernen und denken – das merkt man gerade in der heutigen Zeit – geschehen ja noch immer im Kopf – meistens jeden falls –, nicht auf der Tastatur und schon gar nicht auf einer Festplatte. Digitale Hilfsmittel sind wichtig. Der Umgang mit ihnen, die Bedienung und das Programmieren müssen natür lich gelernt und geübt werden. Aber Kopfrechnen und Hand schrift sind für die Entwicklung des Intellekts auch wichtig.
Die derzeitige Coronakrise zeigt wie durch ein Brennglas, dass neue Lernmethoden erzwungen werden, dass neue Lern methoden und neue Lernumgebungen, die wir bisher nicht ge braucht haben, notwendig sind. Videoschaltungen und Tele fonkonferenzen gehören ja auch bei uns inzwischen überall zum Alltag.
Leider Gottes ist unter der Regierung von Grünen und SPD viel versäumt worden. Die jetzige grün dominierte Landesre gierung hat die Gemeinschaftsschule vorangetrieben und tut dies weiterhin. Sie versucht, Unrealistisches, Gesellschafts utopien auch mithilfe ihrer digitalen Lernprogramme umzu setzen. Wir alle kennen die dünnen Schlagwörter „Vielfalt macht schlau“ – das haben wir hier auch schon diskutiert –, „Alle lernen gemeinsam“ – und in Wirklichkeit lernen alle einfach zu wenig.
Deswegen gilt, meine Damen und Herren: Digitale Mittel sind wichtige Hilfsmittel – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Schüler muss am Ende der Schulzeit souverän mit den gängigen Programmen umgehen können, mit der gängigen Bürosoftware vertraut sein. In Mathematik und für Berech nungen ist neben dem Rechnen mit Papier und Bleistift natür lich die Tabellenkalkulation Grundvoraussetzung im heutigen Berufsleben. Videobearbeitung kann für den Deutschunter richt und jeden anderen Sprachunterricht oder auch für den Unterricht im Fach Kunst sinnvoll und wichtig sein.
Dafür brauchen wir natürlich kompetente Lehrer – wie könn te es anders sein? –, also entsprechend qualifizierte Fortbil dungsprogramme. Nun wieder einen Blick auf Ihren Gesetz entwurf: Ob ausgerechnet freie Fortbildungsträger – jetzt ge rade nach diesen Reformen – die richtige Wahl, der richtige Weg sind – und das bei den früher üblichen, durchaus erfolg reichen sogenannten Lehrerfortbildungen –, mag ich doch in Zweifel ziehen.
Zum Schluss möchte ich ganz klar ergänzen: Die Beschaffung der Software, die Digitalisierung und die Hardware an den Schulen müssen natürlich auch der Förderung der heimischen Wirtschaft dienen. Die gute Digitaltechnik sollte, wenn es noch möglich ist – das hoffe ich für die Schulen und für die Anwender –, aus Deutschland kommen.
Wir freuen uns auf die Finanzierungsdebatte zu diesem The ma in der zweiten Lesung. Deswegen zum Abschluss hier nur ein Satz: Es hat uns gewundert, dass die FDP/DVP diese Ini tiative nicht auch in die Debatte zum Nachtragshaushalt ein gebracht hat. Dort hätte man dann auch eingehend den finan ziellen Aspekt diskutieren können. Ich freue mich auf die zweite Lesung.