Protokoll der Sitzung vom 16.12.2020

Ein Teil des Gesetzgebungspakets für das Fachkräfteeinwan derungsgesetz war die Änderung des Berufsqualifikationsfest stellungsgesetzes des Bundes. Wir haben nun unsere landes rechtlichen Regelungen an die Regelungen im Bund ange lehnt.

Als Vorsitzende eines Sozialverbands, der stark in der Alten pflege tätig ist, kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Meine Dienste und Einrichtungen warten schon sehr lange da rauf, dass die Anerkennung der beruflichen Qualifikation der Pflegefachkräfte aus dem Ausland schneller und vor allem ein facher wird. Das war auch das erklärte Ziel im Bund. Denn ohne vermehrte Zuwanderung entsprechend qualifizierter Pfle gekräfte aus dem Ausland werden wir den Pflegenotstand bei uns nicht beheben können.

Dass bei uns in diesem Bereich noch erheblicher Verbesse rungsbedarf besteht, wird auch aus den Anhörungsergebnis sen deutlich. Deshalb begrüßt meine Fraktion ganz besonders die Verkürzung der bisher üblichen Verfahrensfristen. Wenn ein Prüfvorgang im Ausnahmefall tatsächlich einmal länger dauern muss, ist das nach den vorgesehenen Änderungen durchaus möglich. Damit hätten wir tatsächlich eine Verein barung aus der „Konzertierten Aktion Pflege“ in Baden-Würt temberg umgesetzt. Viele andere Vereinbarungen warten hin gegen noch auf ihre Einlösung.

Über die Personalausstattung der Anerkennungsbehörden ha ben wir in den letzten Jahren vor allem im Sozialausschuss immer wieder diskutiert. Bei den Stellen im Regierungsprä sidium haben wir mit unserer Zustimmung deutlich nachge legt. Denn – das muss man klar sagen – es nützt nichts, wenn wir hier im Landtag ein Gesetz zur Beschleunigung der Ver fahren beschließen, und in der Verwaltung sitzen nicht genü gend Mitarbeiter, die das umsetzen. Da ist vielleicht noch ein bisschen Luft nach oben.

(Abg. Anton Baron AfD: Genau! Noch mehr Versor gungsposten!)

Ansonsten stimmen wir dem Gesetzentwurf natürlich gern zu.

Vielen Dank.

(Beifall)

Frau Abg. Wolle, Sie sind als Nächste dran.

(Abg. Daniel Rottmann AfD: Nach den zwei Vorred nern kommt jetzt was Richtiges! – Gegenrufe, u. a.: Peinlich!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nut zen, unsere grundsätzliche Kritik an dieser Form der Fach kräfteeinwanderung zu bekräftigen. Ja, es gibt in manchen Be reichen der Wirtschaft und im öffentlichen Sektor einen Man gel an Fachkräften. Doch dieser muss differenziert betrachtet werden.

(Beifall)

D e n Fachkräftemangel gibt es nicht.

(Widerspruch – Vereinzelt Lachen)

Diesem Sachverhalt wird das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in keiner Weise gerecht. So findet sich beispielsweise keine Beschränkung auf sogenannte Mangelberufe. Das Fachkräf teeinwanderungsgesetz gilt auch für Berufe, in denen hierzu lande genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen. Ebenfalls gibt es keine Vorrangprüfung. Die Einwanderung von Fach kräften aus Drittstaaten ist auch dann möglich, wenn ein hier lebender Arbeitnehmer die Arbeit verrichten kann.

Zudem muss vor der Einreise weder eine Gleichwertigkeit der Qualifikation noch ein freier Arbeitsplatz nachgewiesen wer den. Ist das ein Regelwerk, welches dazu dient, genau die Fachkräfte anzuwerben, die wir hier in Baden-Württemberg brauchen, meine Damen und Herren? Bestimmt nicht.

(Beifall)

Es wird aber sicher dazu führen, den Strom von Migranten nach Deutschland weiter anschwellen zu lassen. Die Frage, woher der Mangel an Fachkräften kommt und wie dieser zu beseitigen ist, tritt dabei völlig in den Hintergrund.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Kennen Sie den Unterschied zwischen den beiden Gesetzen?)

Verständlich, denn dabei würde das Totalversagen der Lan desregierung in Sachen Bildung und Ausbildung offen zuta ge treten, insbesondere in der Pflege.

(Beifall)

Doch hinter der Erleichterung der Einwanderung von Fach kräften steckt mehr als die Sorge um die heimische Wirtschaft. Es handelt sich genau um die Stoßrichtung, die mit dem glo balen UN-Migrationspakt vorgegeben wird. Dieser Pakt ist angeblich für uns hier in Baden-Württemberg und in Deutsch land nicht bindend. Das muss er ja auch gar nicht; denn die Bestimmungen werden an der Bevölkerung vorbei – wie man sieht, ganz heimlich – einfach umgesetzt, meine Damen und Herren.

Der Mangel an Fachkräften muss dort, wo er tatsächlich be steht, mit geeigneten Maßnahmen beseitigt werden.

(Beifall)

Keinesfalls darf ein Mangel an Fachkräften zu weiterer Ein wanderung in unser Land und in unsere Sozialsysteme füh ren. Deshalb hat die AfD im Bundestag das Fachkräfteein wanderungsgesetz richtigerweise abgelehnt.

(Zuruf)

Deshalb werden wir dieses Gesetz auch hier im Land BadenWürttemberg ablehnen.

(Beifall – Zuruf: Glückwunsch! Sehr gut! Genau rich tig!)

Herr Abg. Haußmann, Sie sprechen jetzt für die FDP/DVP.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzent wurf dient der Umsetzung des geänderten Fachkräfteeinwan derungsgesetzes des Bundes sowie des Berufsqualifikations feststellungsgesetzes des Bundes. Insofern handelt es sich um eine formale Anpassung an das Fachkräfteeinwanderungsge setz, das so auch von der FDP/DVP-Landtagsfraktion unter stützt wird.

Dadurch wird das Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse beschleunigt und effizienter gestaltet. Eine Ent scheidung hat dann innerhalb von drei Monaten ab Vorlage der vollständigen Unterlagen zu erfolgen. Innerhalb von vier Wochen ab Antragstellung ist die Vollständigkeit der Unter lagen zu prüfen, der Eingang zu bestätigen und eventuell auf noch vorzulegende Dokumentationen hinzuweisen. Wir ha ben auch immer wieder gefordert, dass dieses Verfahren zü gig vollzogen wird.

Die Hinweise, die sich durch die Anhörung ergeben haben, konnten in der Begründung ganz gut erklärt werden.

Insofern wird die FDP/DVP-Landtagsfraktion diesem Gesetz entwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall – Zuruf)

Herr Minister Lucha, Sie haben jetzt das Wort für die Landesregierung.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Die Coronapandemie hat uns ganz eindrücklich gezeigt, dass wir z. B. den Gesundheitsbereich stärken müssen. Das Thema Fachkräftemangel ist dabei zentral. Es war schon lan ge klar: Wir sind auf Fachkräfte aus dem Ausland angewie sen.

(Zuruf)

Am 1. März 2020 ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz des Bundes in Kraft getreten. Deutschland definiert damit die Rah menbedingungen für alle, die kommen wollen, um hier im er lernten Beruf zu arbeiten. Die Einwanderungsmöglichkeiten richten sich dabei an Fachkräfte, das heißt an alle, deren aus ländische Berufsqualifikation mit der entsprechenden deut schen Qualifikation gleichwertig ist. Hier spielt das Verfahren der Berufsanerkennung für die Praxis die entscheidende Rol le.

Mit unserem Anerkennungsberatungsgesetz des Landes aus dem Jahr 2013 haben wir wesentliche Eckpfeiler für die Be rufsanerkennung in Baden-Württemberg geschaffen: Alle, die hier arbeiten wollen, haben einen Anspruch auf ein Anerken nungsverfahren für ihren ausländischen Berufsabschluss.

Kollegin Wölfle, Sie kehren immer gern die sozialdemokra tischen Erfolge vor – auch mit Recht; da gibt es gute Punkte. Aber als wir das Ressort übernommen haben, sind die Akten im Regierungspräsidium noch unter der Tür „zugerutscht“, weil es so schlecht besetzt war und in der Verantwortung der Vorgängerregierung auch so schlecht bestückt war. Mit Mit arbeitern aus dem eigenen Haus mussten wir erst einmal die Akten aufarbeiten. Bei einer nachgeordneten Behörde will ich nur sagen: Das wurde damals im Regierungspräsidium sehr stiefmütterlich behandelt. Wir haben viel ändern müssen. Das haben wir vom ersten Tag der Übernahme an gemacht.

Also, wir müssen besser werden, und mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden wir besser.

Wir haben gemäß dem Auftrag des Landtags das Berufsqua lifikationsfeststellungsgesetz und das Anerkennungsberatungs gesetz mit allen Ländern evaluiert. Wir werden das in Zukunft wiederholen.

Wir übernehmen die Regelung zu einer verkürzten Bearbei tungsfrist, wie es das Bundesgesetz vorsieht. Wir nehmen An passungen vor, auf die sich die Länder in einem Mustergesetz entwurf verständigt haben. Wir übernehmen diesen Entwurf aber nicht vollständig, denn in einigen Punkten war unser in Baden-Württemberg schon geltendes Gesetz Muster für den Mustergesetzentwurf.

Dann ist noch ein Punkt wichtig: Der Bund hat mit dem Fach kräfteeinwanderungsgesetz die zentrale Servicestelle Berufs

anerkennung eingerichtet. Diese berät Fachkräfte, die noch im Ausland sind. Sie bekommen einen Nachweis, mit dem sie ihre Erwerbstätigkeitsabsicht gegenüber der Anerkennungs behörde glaubhaft machen. In Baden-Württemberg werden wir Nachweise dieser Servicestelle akzeptieren, und wir füh ren solche Nachweise auch für unsere Beratungen im Land ein. Das heißt, unsere Behörden werden von unserer Beratung und von der Servicestelle die Nachweise als Glaubhaftma chung annehmen. Damit erhöhen wir die Attraktivität unse res Angebots deutlich und verhindern zusätzliche Bürokratie.

Die Berufsanerkennung in Baden-Württemberg, dieses Zu sammenspiel aus einem fortschrittlichen Rechtsrahmen und einer leistungsfähigen, flächendeckenden Beratungsstruktur, ist eine Erfolgsgeschichte. Seit 2014 haben über 30 000 Men schen einen Bescheid bekommen, mit dem ihnen für BadenWürttemberg die volle Gleichwertigkeit ihrer Berufsqualifi kation bescheinigt oder der Weg dorthin mittels einer Aus gleichsmaßnahme aufgezeigt wurde.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf erleich tern wir den Weg der Anerkennung weiter. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit kommen wir in dieser Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 16/9193. Grundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Soziales und Integration, Drucksache 16/9329. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustim men.