Protokoll der Sitzung vom 16.12.2020

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Und die FDP/DVP stimmt zu, oder? – Abg. Karl Zimmer mann CDU: Stimmen Sie jetzt zu oder nicht?)

Ja, aber selbstverständlich.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Karl Zimmermann CDU: Na also!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor, und die Redezeiten sind auch ausgeschöpft. Wir können also die Aussprache beenden und den Gesetzentwurf Drucksache 16/9417 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport überweisen. – Damit sind Sie einverstan den.

Wir haben damit den Tagesordnungspunkt 15 erledigt.

Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU – Zweites Gesetz zur Weiter entwicklung des Karlsruher Instituts für Technologie (Zweites KIT-Weiterentwicklungsgesetz – 2. KIT-WG) – Drucksache 16/9420

Hierzu hat das Präsidium eine Redezeit von drei Minuten für die Begründung und von drei Minuten je Fraktion für die Aus

sprache festgelegt. Dabei sind Grüne und CDU übereinge kommen, sich die Redezeit, die für die Begründung zur Ver fügung steht, aufzuteilen.

Zunächst spricht Herr Abg. Salomon – und die Kolleginnen hinter ihm, Frau Abg. Erikli, Frau Abg. Bay, werden ihm be stimmt aufmerksam zuhören.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolle ginnen und Kollegen! Wir beraten heute das im Entwurf vor liegende Zweite Gesetz zur Weiterentwicklung des Karlsru her Instituts für Technologie, des KIT. Das ist ein ganz beson derer Augenblick für einen Karlsruher Abgeordneten.

Ich darf Ihnen noch kurz eine kleine Einführung geben. Si cherlich werden Sie schon vom KIT gehört haben. Aber ich sage Ihnen noch etwas zum Hintergrund, wenn Sie Ihre Kennt nisse etwas auffrischen wollen.

Das KIT ist eine ganz besondere Institution. Es ist nämlich d i e Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft. Das sage ich einerseits, weil der Präsident des KIT, Herr Han selka, das an jeder Stelle eigens betont, und zwar zu Recht. Das sage ich andererseits, weil das in der deutschen Hoch schul- und Wissenschaftslandschaft eine ganz besondere Ver bindung ist, denn dort trifft ein Großforschungsbereich, der ansonsten in der Zuständigkeit des Bundes liegt, auf eine Uni versität in der Zuständigkeit des Landes, wie Sie wissen.

Dass das gar keine banale Konstruktion ist, kann man durch aus daran sehen, dass es in den letzten Jahren immer wieder Fragen wie diese gab: Wie darf in einer solchen Konstellati on das Personal eingesetzt werden? Wie dürfen Finanzen zwi schen Großforschung und Universität eingesetzt werden, um tatsächlich das bestmögliche Resultat zu erzielen?

Die Fusion, die wir 2009 hier im Land zwischen der Großfor schung und der Universität Karlsruhe eingeleitet haben, er reicht jetzt die nächste Stufe. Die Fusion wird weiter voran getrieben. Es gibt noch immer Bedarf für eine weitere Ver schränkung. Aber ich glaube, durch das Zweite KIT-Weiter entwicklungsgesetz kommen wir dabei ein großes Stück vo ran.

Wir schaffen jetzt zum ersten Mal einen einheitlichen Perso nalkörper und auch ein Rechtsregime, das im KIT einheitlich angewandt werden kann. Das erleichtert doch die eine oder andere Sache, vor allem in der Forschung bzw. beim Einsatz des Personals zwischen Großforschung und Universität.

Für diese Einzigartigkeit in der deutschen Hochschulland schaft steht auch, dass wir jetzt eine KIT-Professur haben. Das ist noch einmal etwas ganz anderes, damit wir diesen Rechts rahmen überhaupt ausschöpfen können. Das ist, glaube ich, etwas ganz Besonderes und vielleicht auch vorbildhaft für an dere Institutionen. Ich glaube, daraus kann etwas entstehen.

Wir hatten gerade eine Schuldebatte. Im Schulbereich sieht man immer wieder, dass es Fragen zur Zuständigkeit von Bund oder Ländern gibt. Im Hochschulbereich ist es ganz wichtig, dass wir vorangehen und zeigen, dass das gehen kann, wenn man will. Man sieht, was wir dabei an Potenzial und Energie tatsächlich freisetzen können.

Noch ganz kurz zum Schluss der kleine Hinweis, dass das nicht nur Forschung und Lehre betrifft. Dem KIT ist auch noch etwas anderes stets wichtig; auch das müssen wir betonen. Wir haben heute bereits das Landeshochschulgesetz thematisiert, in das wir Innovation als Aufgabe hineingeschrieben haben. Das KIT hat das Thema Innovation schon zuvor besetzt und möchte es als drittes Standbein weiterhin besetzen. Das wird in diesem Rahmen auch möglich sein, sogar noch verstärkt.

Ich glaube, da können wir ein ziemliches Potenzial für BadenWürttemberg, für Deutschland und für Europa heben, denn gerade im Großforschungsbereich am KIT werden die großen Fragen unserer Menschheit – wie können wir Energieversor gung und Klimaschutz bewerkstelligen? – behandelt. Da er warten wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten tatsäch lich Lösungen, die einen Durchbruch in diesem Bereich nä her rücken lassen.

Daher wünsche ich dem KIT, dem dortigen Personal und der Institution insgesamt alles Gute und hoffe, dass wir heute ei nen weiteren großen Schritt getan haben werden.

Vielen Dank.

(Beifall)

Nun hat Frau Kollegin Neumann-Martin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das im Entwurf vorliegende Zweite KIT-Weiterentwicklungsgesetz nimmt im Wesentlichen zahlreiche weitere Zusammenführungen, Ver einheitlichungen und Vereinfachungen vor. Zu diesen gehö ren neben einer Vertiefung der Fusion durch die Zusammen legung der bisher verselbstständigten Bereiche, nämlich dem Universitäts- und dem Großforschungsbereich, auch die Zu sammenführung der bisher getrennten Personalkategorien mit einheitlichen Dienstaufgaben sowie die Schaffung eines neu en und einheitlichen Statusamts für das wissenschaftliche Lei tungspersonal.

Darüber hinaus wird es eine Vereinheitlichung bei Vergütungs- und Besoldungsfragen geben sowie die Vereinheitlichung und Vereinfachung bei anwendbarem Recht. Hinzu kommen die Aufhebung der im KIT-Senat bestehenden Trennung in eine Universitäts- und eine Großforschungsbank und die Verein heitlichung bei der Finanzierung des KIT sowie des Finanz wesens des KIT und der dafür geltenden Regularien.

Der Gesetzentwurf steht unter der Prämisse der Kostenneut ralität für Bund und Land. Es ist vorgesehen, dass die Mittel zuweisung an das KIT zur weiteren Vereinheitlichung und Vereinfachung fortan ausschließlich über den Landeshaushalt erfolgen wird. Das Land wird hierzu künftig den Bundesan teil an der Finanzierung der Großforschungsaufgabe verein nahmen und zusammen mit dem Finanzierungsanteil des Lan des an der Großforschungsaufgabe, den Bewirtschaftungsre gelungen entsprechend, gebündelt an das KIT weiterleiten. Das Haushaltsvolumen des Landes wird sich dadurch zwar um den Bundesanteil an der Finanzierung der Großforschungs aufgabe erhöhen, aber per Saldo wird dies weder zu einer Be lastung noch zu einer Entlastung des Landeshaushalts führen.

Durch seinen neuen, erneuten Erfolg in der Exzellenzstrate gie 2019 und sein gutes Abschneiden in der programmorien

tierten Forschung der Helmholtz-Gemeinschaft hat das KIT seine Leistungsfähigkeit in beeindruckender Weise unter Be weis gestellt.

(Beifall)

Dieses Gesetzgebungsvorhaben trägt durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen, Bürokratieabbau und Vereinfachun gen von Regularien und KIT-Strukturen dazu bei, den Leis tungsstand des KIT nicht nur zu sichern, sondern wo immer möglich auch zu steigern.

Die Flexibilität von Forschung, Lehre und Innovation wird durch die Verbesserung der Einsatzmöglichkeiten des wissen schaftlichen Personals erhöht. Die Leistungsfähigkeit der Ex zellenzuniversität KIT wird dadurch gesichert und erhöht, der Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg dadurch massiv gestärkt.

Auch die zahlreichen Kooperationen mit Unternehmen erfah ren durch eine Steigerung der Leistungsfähigkeit neue Impul se. Der bereits mit dem ersten KIT-Weiterentwicklungsgesetz aus dem Jahr 2012 begonnene und nun weitergeführte Abbau von Unterschieden zwischen Universität und Großforschungs einrichtung lässt eine weitere Minimierung von Verwaltungs aufwand und damit ein weiteres Sinken von Bürokratiekos ten erwarten.

Vielen Dank.

(Beifall)

Herr Kollege Rivoir, Sie haben jetzt gleich das Wort.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das KIT ist eine Erfolgsgeschichte für BadenWürttemberg. Dieser Zusammenschluss einer Universität mit einer Großforschungseinrichtung, basierend auf dem Erfolg der Exzellenzinitiative, hat in den letzten elf Jahren zahlrei che Erfolge, Patente, Erfindungen und Ausgründungen her vorgebracht. Das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte in die sem Land.

Zuvor hatten ja auch schon das Großforschungszentrum und die Universität sehr gut zusammengearbeitet. Man sieht, um diesen Spruch zu bemühen: Dort ist zusammengewachsen, was zusammengehört. Das ist natürlich etwas, wofür die SPD schon immer ein Faible gehabt hat.

Dass hier zwei Kulturen zusammengebracht werden müssen, hat offensichtlich jetzt auch bei diesem ganzen Prozess nie mand unterschätzt; sonst wäre das KIT auch nicht so erfolg reich, wie es ist. Ich glaube, es wird auch niemand ignorieren, dass diese Integrationsarbeit noch lange nicht abgeschlossen ist und noch andauert – deswegen ja nun auch das Zweite Ge setz zur Weiterentwicklung des KIT.

Dieser doch recht umfangreiche Gesetzentwurf ist uns Anfang dieses Monats zugegangen – etwas kurzfristig, aber wie auch immer. Die erste Lektüre hat stattgefunden, und wir haben nun doch einige Bedenken, ob es sich wirklich um diese geprie sene Weiterentwicklung handelt oder ob durch dieses Gesetz schlichtweg nicht auch Doppelstrukturen zementiert werden. Ohne auf Details einzugehen, will ich schon einmal sagen,

dass man den Eindruck hat, dass sehr oft Worte wie „zusam menführen“ und „vereinen“ sozusagen die wiederkehrenden Bekenntnisse in diesem Gesetzestext sind, aber die darin vor gesehenen tatsächlichen Änderungen doch eher mutlos sind und man in der Tat den Eindruck hat, dass Doppelstrukturen erhalten bleiben sollen.

Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, Sie se hen: Wir haben noch einige Fragen. Für uns ist dieser umfang reiche Gesetzentwurf noch lange nicht rund. Wir sind noch nicht davon überzeugt, dass dieses Gesetz wirklich der drin gend notwendigen Weiterentwicklung des KIT dient. Wir wer den das Ganze im Ausschuss besprechen und sehen dann, wie es weitergeht. Danach werden wir hoffentlich klarer sehen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Herr Abg. Dr. Balzer, jetzt sind Sie an der Reihe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bereits bei der Gründung des KIT war es erklärtes gesetzgeberisches Ziel, weitere Reformschritte bis zur vollständigen Autonomie des KIT folgen zu lassen, um die Handlungsspielräume in wissen schaftlicher, finanztechnischer und personalrechtlicher Hin sicht zu vergrößern.

Die Fusion der Karlsruher Universität mit dem Forschungs zentrum sollte weitgehende Autonomie bringen. Dabei wur de im Kompetenzportfolio explizit auf positive Nebeneffekte hingewiesen, nämlich die Erleichterung des Zugangs für ex terne Partner. Das wollen wir uns heute einmal ein bisschen genauer anschauen. Denn wem und wozu nützt die weitge hende Autonomie wirklich?

Es wird suggeriert, dass die Autonomie durch die hindernis lose Öffnung für externe Partner eine super Strategie ist, um sich in die Spitzenforschung aufschwingen zu können. Grund sätzlich muss man Pläne unterstützen, welche die Intention haben, Bedeutung und Handlungsspielräume der Hochschu len zu stärken. Aber ist das KIT-Gesetz oder die Fusion an die ser Stelle nicht in Wirklichkeit viel mehr? Wir stellen die Fra ge, ob wir in die richtige Richtung gehen.

Denn was soll besiegelt werden? Besiegelt werden soll der ökonomische Mehrwert der Wissenschaft. Das wird das neue Leitprinzip oder Grundprinzip. Der Wunsch nach mehr Frei heit in der wissenschaftlichen Forschung ist durchaus nach vollziehbar. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, wird durch dieses Gesetz tatsächlich die angestrebte weitgehende Auto nomie mit höherer Freiheit möglich? Denn Freiheit gibt es nicht für umsonst.

Natürlich ist es ein Lockmittel für den einen oder anderen Be troffenen. Aber es gibt keinen Begriff, der in der Menschheits geschichte schon so unterschiedlich gebraucht worden ist wie der Freiheitsbegriff. Man tut also gut daran, dies zu hinterfra gen. Das tue ich an dieser Stelle, indem ich den Unterschied zwischen positiver und negativer Freiheit hinterfrage. Ich fra ge frei nach Kant: die Freiheit wozu und die Freiheit von wem oder was? Soll sich das KIT in der Praxis mit diesem oder oh ne dieses Gesetz entwickeln, und wollen wir wirklich weg von