Protokoll der Sitzung vom 30.11.2016

Das ist etwas Positives, das ist erfreulich. Denn ein solches Netzwerk kann man ja nutzen. Man kann es dazu nutzen, dass jede einzelne Region in ihrem Nationalstaat für gemeinsame Ziele wirbt. Man kann Erfahrungen austauschen, welche Ins trumente geeignet sind, und man kann sich auch für die Per spektiven der anderen Länder sensibilisieren. Wir haben doch gerade ein Beispiel mit der Schweiz, die erst im Jahr 2050 aus der Kernenergie aussteigen möchte. Hier zeigt sich doch, dass andere souveräne Staaten um uns herum nicht immer dem ver meintlichen Vorbild Deutschland folgen wollen.

Das Wichtigste an diesem Ansatz ist die globale Herangehens weise,

(Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

dass man sagt: Wir haben ein weltweites Netzwerk, in dem man sich unterhält. Das ist das Wichtigste. Denn Deutschland hat gerade einmal einen Anteil von 2,2 % am weltweiten jähr lichen CO2-Ausstoß, Baden-Württemberg gerade einmal ei nen Anteil von 0,158 %. Das heißt, was in Baden-Württem berg in einem Jahr und neun Monaten an CO2 ausgestoßen wird, das wird in der Welt an einem Tag ausgestoßen. Das muss man sich einmal klarmachen; das muss man sich vor Au gen führen.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Wie ist das Ver hältnis zwischen der Weltbevölkerung und der Ein wohnerzahl von Baden-Württemberg? – Weitere Zu rufe von der CDU)

Dann wird man erkennen – – Also, immer dieses Reinge schreie. Jetzt hören Sie doch mal zu.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das ist doch eine Aktuel le Debatte!)

Dann wird man erkennen, dass das, was wir hier in BadenWürttemberg für das Klima tun, erst einmal völlig egal ist –

(Zuruf von den Grünen: Was?)

es sei denn, wir schaffen es, Vorbild zu sein und andere auf die Reise mitzunehmen.

Jetzt möchte ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Her ren von der AfD, einmal etwas sagen: Die anhaltende Diskus sion, ob der Klimawandel menschengemacht oder nicht men schengemacht ist, diese ganze Diskussion geht heute am The ma vorbei.

(Zurufe von den Grünen)

Dafür gibt es einen Grund: Man braucht kein Weltuntergangs szenario zu bemühen, um klarzumachen, dass sich Effizienz, Ressourceneffizienz und Energieeffizienz, schlicht und ein fach lohnt.

(Unruhe)

Das beste Argument weltweit wäre doch, wenn wir dafür sor gen, dass sich Ressourceneffizienz finanziell rentiert. Und das macht die Industrie, die Wirtschaft in unserem Land doch schon seit Jahrhunderten. Im Bereich der Innovation liegt un

sere Kernkompetenz. Die Entwicklungen sparsamer Techno logien sind unsere Stärke.

(Abg. Anton Baron AfD: Sie sollten einmal zuhören!)

Genau für diese Stärken müssen wir so ein Netzwerk nutzen.

Jetzt kommen wir zu dem, was ich an der Landesregierung und an den Grünen kritisiere.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Was?)

Was tun Sie denn jetzt? Nach der Unterzeichnung dieses Me morandum of Understanding hat jede Region einen Anhang, einen Appendix geschrieben mit einem Steckbrief und Aus sagen dazu, wie die Energiewende vor Ort aussehen soll. Da fällt es einfach auf, dass Sie gleich auf der zweiten Seite – mehr oder weniger als ersten Punkt – schreiben:

Zwar unterliegt das Bundesland der deutschen und euro päischen Klimaschutzpolitik, doch hat Baden-Württem berg darüber hinaus eigene Initiativen ergriffen, um das politische Ziel zu erreichen,... eine Taktgeberfunktion zu übernehmen.

Usw. – Dann nennen Sie das IEKK mit seinen mehr als hun dert Maßnahmen. Was sich zunächst nach „Musterschüler“ anhört, ist aber ein großer Fehler. Denn – Beispiel 1 – Sie be tonen die Windparks – aber nur über ein Referenzertragsmo dell, das zu der paradoxen Situation führt, dass schlechte Windkraftstandorte besser vergütet werden als gute Wind kraftstandorte. Nur deswegen lohnt sich doch die eine oder andere Windkraftanlage hier.

Mit diesem „Vorbild“ brauchen Sie im Netzwerk nicht zu kommen. Denn Ihnen wird niemand folgen. Eine solche Pres tigepreisvergütung wird die Welt nämlich nicht mittragen.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Also: Vorbildfunktion ade!

Der zweite Punkt ist das EWärmeG, das Sie verschärft haben. Dieses Gesetz hat zur Folge, dass der Heizungsaustausch in Baden-Württemberg immer teurer geworden ist und dass selbst im wohlhabenden Baden-Württemberg die Austauschraten bei Heizungen erst einmal in den Keller gesunken sind. Diese Maßnahme wird sich weltweit praktisch auch niemand leis ten können und leisten wollen. Vorbildfunktion ade!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD)

Oder wie enthusiastisch Sie, Herr Minister Untersteller, be schreiben, dass Sie in Baden-Württemberg, dem Autoland schlechthin, den Anteil des Fahrradverkehrs von 8 auf 16 % steigern wollen.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

Mit Verlaub: Das sorgt im Ausland doch bestimmt für das ei ne oder andere Lächeln. Das, was da belächelt wird, ist aber etwas, was auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer in unserem Land geschieht.

(Oh-Rufe von den Grünen – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ach Quatsch! Das glaubst du wohl selbst nicht!)

Sie waren doch im vergangenen Jahr ebenfalls in China.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Dort wurde uns überall erzählt, wie sehr die Menschen dort ihre Autos lieben, und zwar gern große Autos. Deshalb be kommt man in China – im Gegensatz zu hier – einen 5er BMW, eine C-Klasse oder eine E-Klasse sogar in einer Lang version – weil sie große Autos haben wollen.

(Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Seien wir doch ehrlich: In China haben viele Menschen erst vor Kurzem ihr Fahrrad hergegeben und gegen ein Auto ein getauscht. Da bringt es doch nichts, wenn Baden-Württem berg jetzt sagt: „Ach Leute, nehmt doch lieber ein Fahrrad.“ Das glaubt doch kein Mensch, dass die Chinesen das machen werden. Also: Vorbildfunktion ade!

(Vereinzelt Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn Sie die Elektromobilität nach China bringen wollen – das haben wir doch auf dieser Reise auch festgestellt –: Das ist wirklich „Eulen nach Athen tragen“. China ist, was das Thema Elektromobilität angeht, bei Rollern und Autos doch deutlich weiter als Baden-Württemberg.

Dann kommt in diesem Appendix, in diesem Anhang als letz ter Punkt der Punkt, der eigentlich an erster Stelle stehen soll te, das Wichtigste, nämlich der internationale CO2-Zertifika tehandel. Ich sage Ihnen ganz klar: Diesem CO2-Zertifika tehandel schaden Sie durch nationale Alleingänge.

Wenn Sie es mir nicht glauben, glauben Sie es vielleicht doch dem IPCC des Weltklimarats aus dem Jahr 2014, wo auf Sei te 98 steht, dass der kontinentale Emissionshandel bei gleich zeitiger Subventionierung erneuerbarer Energien auf nationa ler Ebene seine Lenkungswirkung nicht entfalten kann. Das bedeutet: Wenn man ein internationales Abkommen schließt und jeder einzelne Nationalstaat versucht, extra noch ein Schäu fele draufzulegen, dann wird dieser CO2-Zertifikatehandel nicht funktionieren.

Deswegen sage ich Ihnen ganz klar: Wenn Sie ein solches Netzwerk haben, nutzen Sie dieses Netzwerk sinnvoll. Ma chen Sie keine Alleingänge. Versuchen Sie, all das zu tun, was für eine Vorbildwirkung sorgt, und unterlassen Sie alles, was gegen eine Vorbildwirkung spricht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, Ih re Politik ist teuer, bringt jedoch nichts. Deswegen fordere ich Sie auf: Setzen Sie sich gemeinsam im Netzwerk hin, und sor gen Sie dafür, dass wir ein globales Instrument weiter voran bringen, und zwar das einzig sinnvolle Instrument zur Redu zierung des weltweiten CO2-Ausstoßes. Das ist der CO2-Zer tifikatehandel.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

Für die Landesregierung er teile ich Herrn Minister Untersteller das Wort.

(Abg. Anton Baron AfD: Da sind wir jetzt gespannt!)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen! In Richtung AfD will ich Folgendes sagen: Im Dezem ber letzten Jahres haben sich in Paris 195 Staaten aus aller Welt getroffen: Industrieländer, Entwicklungsländer, Schwel lenländer, Inselstaaten, Öl exportierende Länder. Machen Sie sich vielleicht einmal Gedanken darüber, wie es denn kommt, dass sich diese 195 so unterschiedlichen Staaten darauf ver ständigen, dass wir global alles daransetzen müssen, dass wir den Temperaturzuwachs auf weniger als 2 Grad Celsius be grenzen. Machen Sie sich darüber einfach einmal Gedanken. Dann merken Sie, dass das, was Sie hier verkünden, nur noch peinlich ist. Anders kann man das wirklich nicht mehr sagen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kolle gen, Baden-Württemberg ist, wie wir alle wissen, ein Export land. Gute Ideen, die die Welt erobern – das Ganze selbstver ständlich „Made in Südwest“ –, das ist Teil der Erfolgsge schichte unseres Landes und Teil der Erfolgsgeschichte des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)