Protokoll der Sitzung vom 08.02.2017

Nein, Herr Kollege Po reski.

Tut mir leid. Sonst komme ich nicht durch.

(Zuruf des Abg. Thomas Poreski GRÜNE)

Auch beim Thema Frauenpolitik sind bisher mehr Ankündi gungen zu verzeichnen, als wir Ergebnisse erhalten. Da wur de uns im Koalitionsvertrag versprochen – ich zitiere –:

Wir werden eine regionale Mindestplatzzahl in Frauen häusern prüfen und eine Förderrichtlinie erarbeiten, die die Frauenhausarbeit sicherstellt und den veränderten Anforderungen der Bewohnerinnen gerecht wird.

Na ja, vielleicht dauert der Prüfvorgang noch an. Aber eine neue Förderrichtlinie gibt es ja inzwischen. Nur sehe ich da rin überhaupt keinen Unterschied zu der alten. Liebe Abge ordnete von den Grünen und von der CDU, Sie haben im So zialausschuss meinen Antrag abgelehnt, mit dem ich mich da für eingesetzt habe, die speziellen Anforderungen von zuge wanderten und geflüchteten Frauen,

(Zuruf von der FDP/DVP: Sehr gut!)

die von Gewalt bedroht sind, auch außerhalb der Erstaufnah me zu berücksichtigen – so, wie es auch der Landesfrauenrat gefordert hat. Vielleicht gehen Sie doch einmal in ein Frauen haus oder in eine Beratungsstelle und informieren sich über die Realität.

Dann das Thema Unterhaltsvorschuss: Hierzu läuft im Bund gerade das Gesetzgebungsverfahren unter der Federführung von Bundesministerin Schwesig. Wir wissen noch nicht, wel che Auswirkungen wir auf den betreffenden Titel im Einzel plan 09 zu erwarten haben. Minister Lucha hat mit seinem Vo tum zur Verschiebung des Inkrafttretens auf den 1. Juli zum erheblichen Nachteil vieler alleinerziehender Frauen bei uns in Baden-Württemberg schon mit dazu beigetragen, dass sich die Risiken für unseren Landeshaushalt halbiert haben.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Jetzt das Kapitel Tricksen: Hier komme ich zur globalen Min derausgabe von 32 Millionen €. Lieber Herr Minister, erwar ten Sie bitte nicht, dass wir jetzt die Taschentücher auspacken und in Tränen ausbrechen. Voraussichtlich können Sie näm lich die gesamte globale Minderausgabe aus dem Titel für den Finanzausgleich unter den Bundesländern für die Unterbrin gung der unbegleiteten minderjährigen Ausländer herauslö sen.

(Zuruf von der SPD: Zum Beispiel!)

Denn dort haben Sie trotz unserer kritischen Nachfrage im Fi nanzausschuss für 2017 102 Millionen € angesetzt.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Das Ist für 2016 beträgt aber nur 73 Millionen €. Und für 2017 erwarte ich jedenfalls einen geringeren Beitrag, weil BadenWürttemberg im Ländervergleich bei der Aufnahmequote für die sogenannten UMAs nachgezogen hat.

Zum Schluss noch etwas zum Bereich Integration. Auch hier nichts Handfestes und nur Ansagen und Forderungen der Ver gangenheit. Sie haben auch die Verwaltungsvorschrift Integ ration bisher nicht evaluiert; da gibt es auch nichts Konkre tes. Auch der sogenannte Pakt mit den Kommunen über 70 Mil lionen € ist eine reine Ankündigung. Gerade jetzt brauchen die Kommunen dieses Geld sehr, sehr dringend.

Fazit: Von der ambitionierten Sozialpolitik, wie wir sie ge meinsam mit den Grünen von 2011 bis 2016 gemacht haben, ist nichts mehr übrig.

(Lachen des Abg. Thomas Poreski GRÜNE – Abg. Wolfgang Drexler SPD zu Abg. Thomas Poreski GRÜ NE: Da brauchst du nicht zu lachen, du musst bloß nachrechnen!)

Ein Verwalten des Bisherigen, Versprechungen und Ankündi gungen, große Worte und keine Taten. Deswegen werden wir diesen Haushalt ablehnen. Seien Sie sicher: Die Menschen da draußen merken, dass die SPD in der Sozialpolitik nicht mehr mitregiert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Keck.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank. – Frenetischer Beifall bei den Ausführungen des Kollegen Poreski hört sich anders an. Dementsprechend werden auch unsere Ausführun gen sein.

Wenn der Regierungsentwurf des Haushaltsplans zukunftwei send für unser Baden-Württemberg sein soll, erfüllt uns das mit großer Sorge. Im Entwurf war kein Budget für das erfolg reiche Landärzteprogramm enthalten. Das zeigt: Die grüne Landesspitze ignoriert offensichtlich, dass die Gesundheits versorgung immer mehr zum entscheidenden Standortfaktor wird.

(Abg. Stefan Teufel CDU: Wir haben es gemacht!)

Uns alle beschäftigt die Sorge – ich komme gleich dazu, Herr Kollege Teufel – um die ärztliche Versorgung auf dem Land.

(Abg. Anton Baron AfD: Richtig!)

Ihre Antwort darauf sollte der Nullansatz bilden. Dieser Feh ler wurde dann durch Anträge der Regierungsfraktionen – Kollege Teufel hat dies ausgeführt – korrigiert, nachdem un ser Antrag über die 300 000 € negiert wurde. Immerhin gab es noch Verfügungsmittel der Fraktionen. Bekanntlich heiligt der Zweck die Mittel.

Wir sehen auch hinter den Verpflichtungsquoten im Zusam menhang mit dem Stipendienprogramm, welches durch GrünSchwarz eingebracht wurde, große Fragezeichen. Wie soll dies konkret ablaufen? Kann man von einem jungen Menschen tat sächlich verlangen, dass er seine Zukunft sieben oder acht Jah re im Voraus plant? Mit Verpflichtungsquoten kuriert man nur Symptome, aber keinerlei Ursachen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Anton Baron AfD)

Aus unserer Sicht liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, den Arztberuf wieder attraktiv zu machen. Wir gewinnen Ärzte, wenn die Zugänge zum Medizinstudium weiter geöffnet wer den. Homöopathische Dosen zur Ausweitung der Zulassungs voraussetzungen müssen erhöht und die Tür in diese Richtung weiter aufgestoßen werden.

Weiter vermissen wir eine klare Absage zur sogenannten Bür gerversicherung. Wir Freien Demokraten werden einer Ver einheitlichung – –

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Eindeutig Landes sache, oder?)

Danke, Herr Poreski. Diesen Zwischenruf hatte ich erwar tet.

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Gut, also!)

Wir Freien Demokraten werden einer Vereinheitlichung der Krankenversicherung unter dem schönfärberischen Titel „Bür gerversicherung“ nicht zustimmen. Wir setzen auf den Wett bewerb als Instrument zur Qualitätssicherung und Innovati on.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. An ton Baron AfD: Herr Keck, ein bisschen mehr Moti vation! – Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Kollege Keck, fah ren Sie fort. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: In der Ruhe liegt die Kraft!)

Die bestmögliche Versorgung auf einem qualitativ hochwertigen Leistungsniveau muss auch weiterhin unser Ziel sein. Im Mittelpunkt stehen dabei die Ver sicherten selbst. Sie müssen als mündige Bürger mitentschei den dürfen, welche Leistungen für sie die passenden sind und welche sie beanspruchen. In den Ländern, die Modelle einer Bürgerversicherung eingeführt haben, hat sich erst recht eine Zweiklassenmedizin herausgebildet.

Einen weiteren Punkt im Bereich der Gesundheitspolitik kann ich hier nicht übergehen. Bei der Krankenhausförderung – auch das wurde von der SPD angesprochen – bleibt der vor liegende Haushaltsansatz arg hinter alten Versprechungen zu rück. Unsere Landesregierung ist noch immer meilenweit – rund 600 Millionen € – von ihren Versprechungen aus dem Jahr 2011 entfernt.

Die Krankenhauspolitik des Landes ist ein zentrales Hand lungsfeld. Wir haben gemeinsam mit Ihnen, Frau Mielich, am 8. Mai 2014 eine Anhörung im Sozialausschuss auf den Weg gebracht. Wir erwarten, dass dieser gemeinsame Geist der Notwendigkeit von Veränderungen nun aktiv umgesetzt wird, und verweisen eindringlich auf den Zehnpunkteplan zur Neu ausrichtung der Krankenhausplanung und der Investitionsför derung.

In der Landespressekonferenz am 29. November 2016 kün digte Minister Lucha einen Pakt für Integration an. Im Haus halt sind dafür nun 70 Millionen € ausgewiesen. Völlig offen bleibt: Wo sind die konkreten Inhalte, die angekündigt wur den? Falls die Case-Manager das einzig Neue sein sollten, ist das mager, zumal die Arbeitsweise aus dem Sozial- und Ge sundheitswesen altbekannt ist.

Große Fragezeichen sind zulässig im Hinblick darauf, welche konkreten Angebote installiert werden und ob diese bereits vorhandenen Beratungs- und Unterstützungsleistungen kon sequent angenommen werden. Man muss dem Eindruck ent gegenwirken, dass es in erster Linie unsere Pflicht sei, Flücht linge zu integrieren. Es ist auch deren Aufgabe, ihren Teil zu leisten und sich einzubringen. Es muss endlich – auch das wurde heute bereits angesprochen – ein vernünftiges Zuwan derungsgesetz geschaffen werden.

(Beifall bei der FDP/DVP, Abgeordneten der AfD und der SPD sowie des Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE)

Dabei ist es völlig unverständlich, dass der vorgesehene Lan desbeirat für Integration auch ein Dreivierteljahr nach der Re gierungsbildung immer noch nicht eingerichtet wurde. Fest gelegt wurde dies bereits im Dezember 2015.

Zum Studienabschluss für Integrationsbeauftragte. So lange konnten die Landkreise und Kommunen nicht warten, bis sie handeln. Durch die VwV-Stellen wurde es ermöglicht, den zu sätzlichen Aufgaben der Kommunen etwas Rechnung zu tra gen. Bei der Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Integration stellt das Ministerium jedoch formale Vorausset zungen über fachliche und persönliche Eignung. Dass ein Hochschulabschluss – und sei es einer zum Kernenergietech niker – für die Funktion eines kommunalen Integrationsbe auftragten unverzichtbar sein soll, ist nicht nachvollziehbar, unhaltbar und deshalb zu ändern.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Leider wurde unser Antrag dazu abgebügelt.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Höchs tens abgelehnt!)

Die Gremien in den Kommunen werden wohl selbst entschei den können, welche Menschen für diese Maßnahmen am bes ten geeignet sind.