Das ist ein ganz anderes Thema. Sie äußern sich hier zu ei nem komplett anderen Thema, nur um gegen die AfD zu ba shen.
Herr Kollege Räpple, ich habe das jetzt als Kurzintervention gewertet. Darauf müssen Sie, Herr Minister, nicht antworten.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Kurzinterventi onen müssen vom Redner angekündigt werden! – Zu ruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)
(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das würde ich niemals infrage stellen, Herr Präsident!)
Herr Minister, vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Sie haben es ja mit den Baden-Württembergern und weisen darauf hin, dass viele der Türkischstämmigen Baden-Württemberger sind. Aber ich habe mich in der Berichterstattung schon des Öfteren ge wundert – da möchte ich Sie fragen, ob Sie das ähnlich sehen –, wie viele gerade von diesen doch eigentlich integrierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die die ganzen Freiheiten bei uns genießen, sich dann sehr frenetisch pro Erdogan ausspre chen. Erfüllt Sie das nicht auch mit Sorge, und was tut die Landesregierung, dass wir in diesem Bereich vielleicht noch etwas mehr an der Integration arbeiten?
Herr Abgeordneter, ich habe zunächst einmal den Hinweis gegeben – weil das Bild manchmal ein bisschen schief hängt –, dass es mindestens genauso viele Menschen türkischer Herkunft in Baden-Württemberg gibt, die eben nicht so denken, die eine sehr, sehr kritische Position gegen über Erdogan, gegenüber der türkischen Regierung und auch gegenüber den Aussagen einnehmen, die in jüngster Zeit ge macht werden. Ich kenne Menschen türkischer Herkunft, die sich für die Aussagen, die in den letzten Tagen über unser Land, über Deutschland getätigt wurden, bitter, bitter schä men und denen es unendlich leid tut, dass sie damit in Verbin dung gebracht werden.
Auf der anderen Seite weiß ich auch, dass es viele gibt – lei der zu viele –, die Sprüchen zujubeln, die im Grunde genom men mit unserer Vorstellung von Demokratie, von Meinungs freiheit, von Rechtsstaatlichkeit, von Versammlungsfreiheit wenig oder gar nichts zu tun haben. Ich bin wie Sie erstaunt darüber, dass das zum Teil auch Menschen sind, die seit vie len Jahren und Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutsch land leben.
Vielleicht ist das ein Punkt, wo wir uns selbst auch immer und immer wieder einmal kritisch hinterfragen müssen bei all den Integrationsbemühungen, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten unternommen haben – durchaus auch erfolgreich –, ob wir immer in zureichendem Maß diesen Menschen die Hand gereicht haben. Haben wir ihnen vermittelt: „Ihr seid dafür da, zu arbeiten und Steuern und Sozialversicherungs beiträge zu bezahlen und unseren Wohlstand zu mehren, und an diesem dürft ihr ruhig auch ein bisschen teilhaben“, oder haben wir ihnen auch gesagt: „Ja, ihr gehört zu uns, ihr seid auch Baden-Württemberger“? Vielleicht ist diese Debatte für uns ein Hinweis, dass wir auch da ein bisschen dazulernen müssen.
In der zweiten Runde er teile ich für die SPD-Fraktion noch einmal Herrn Fraktions vorsitzenden Stoch das Wort.
Zunächst an Herrn Kollegen Dr. Rülke gerichtet: In der De batte um die Frage, wie wir das Handeln des Präsidenten Er dogan nicht nur in den letzten Wochen, sondern auch in den letzten Jahren bewerten, glaube ich, braucht sich Martin Schulz in keiner Weise zu verstecken. Martin Schulz hat auch in sei ner Rolle als EU-Parlamentspräsident
immer sehr deutlich gesagt, dass sich die Türkei, wenn sie sich auf diesen Weg begibt, auf den Weg begibt weg von der Eu ropäischen Union und weg von einem gemeinsamen Werte konsens. Deswegen ist Martin Schulz jemand, der immer sehr deutlich gegen diese Politik von Erdogan eingetreten ist.
Ein weiterer Punkt sei in Richtung der AfD und von Herrn Meuthen vorgebracht. Ich glaube, wenn man sich hier aus Sicht der AfD zum Hüter der Demokratie, der demokratischen Werte und des Rechtsstaats aufschwingt,
dann sollte man zunächst einmal wissen, worüber man redet. Dass Sie offensichtlich auch mit Begriffen Probleme haben, zeigt schon ein Zitat von Ihnen aus diesen Tagen. Zitat von Herrn Meuthen – Herr Präsident, Sie gestatten –:
Die SPD hat sich längst zu einer Partei entwickelt, deren Verhalten immer mehr an eine Diktatur anstatt an eine Demokratie erinnert.
und dies einer Partei vorwirft, die seit 154 Jahren für Freiheit eintritt, dann halte ich das schlicht und einfach für eine Un verschämtheit und für eine Geschichtsvergessenheit.
(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der der CDU und FDP/DVP – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Können Sie sagen, woher das Zitat stammt?)
Ich möchte eine Aussage von Herrn Innenminister Strobl auf nehmen, die ich für sehr richtig halte. Wir alle müssen uns nach den Ereignissen der letzten Wochen auch die Frage stel len: Warum fühlen sich Menschen, die in unserer Gesellschaft leben, die teilweise hier geboren sind, von autokratischen Herrschern nicht nur in der Türkei, sondern z. B. auch in Russ land in einer Weise angesprochen, dass sie in einen Loyali tätskonflikt mit der Zugehörigkeit zu unserer Gesellschaft kommen?
Ich glaube deswegen, dass es der richtige Schluss aus der Dis kussion dieser Tage ist, dass wir versuchen, auch an uns die Frage zu richten: Was ist die Ursache dafür, dass Menschen auf solche Abwege geraten? Ich glaube, die richtige Antwort
ist die, dass die Offenheit unserer Gesellschaft, auch die Chan cenvielfalt für diese Menschen in unserer Gesellschaft, das Richtige ist, was wir immer wieder verdeutlichen müssen. Da gilt es für uns, auch kritische Fragen an uns selbst zu stellen. Ich freue mich, wenn wir aus dieser Negativerfahrung, was den türkischen Wahlkampf auf deutschem Boden angeht, die richtigen Schlüsse für die Integration hier bei uns in Deutsch land ziehen.
(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Ich will eigentlich – – Na gut, machen wir es so! – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD begibt sich zum Rednerpult.)