Nur ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk garantiert in diesen Zeiten des Informationsüberangebots die Chance für Jugend liche und alle anderen, die Nachrichten auf ihren Wahrheits gehalt zu überprüfen.
... – das ist der letzte Satz –, wer in welchen Ländern in Europa den öffentlich-rechtlichen Rund funk abschaffen möchte und wozu.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Digitalisierung verän dert die Welt – ein Satz, den vor allem Minister Strobl häufig verwendet. Damit hat er auch zweifelsohne recht. Daher ist es nur wenig verwunderlich, dass sich auch das Informations verhalten der Jugendlichen der Zeit angepasst hat und sich verändert.
Wir Freien Demokraten haben das bereits vor der Großen An frage der beiden Regierungsfraktionen gewusst
und in unsere politische Arbeit einfließen lassen. So gab es beispielsweise am 1. Juli 2017 eine Veranstaltung in unserer Fraktion zum Thema „Politische Willensbildung“ unter dem Titel „Bots, Fakes und Trolle“.
Besonders wichtig sind aus unserer Sicht, wenn wir über die Entwicklung des Informationsverhaltens der Jugendlichen re den, auch Fragen wie: Ist die Beschaffung belastbarer Infor mationen, die eine solide Meinungsbildung erlauben, im di gitalen Zeitalter von Facebook, Twitter, Fake News und Po pulismus überhaupt noch möglich? Wie entlarvt man alterna tive Fakten? Welche Faktoren garantieren eine sachgerechte Diskussion und helfen dabei, nicht Opfer eines Shitstorms zu werden? Wie erkenne ich, ob ein Artikel im Internet nach jour nalistischen Standards recherchiert wurde? Was sind über haupt journalistische Recherchestandards? Stammt jeder „Ge fällt mir“-Klick bei Facebook und Co. von einem Zustimmung
signalisierenden Menschen oder nicht doch von einem Algo rithmus? Wie können geteilte Artikel im Internet beispiels weise Stimmung gegen Andersdenkende machen? Und wel che Verantwortung haben im Internet diejenigen, die eine ho he Anzahl von Followern haben?
Ist es z. B. in Ordnung, wenn man ein Foto teilt, auf dem ver meintliche Flüchtlinge zu sehen sind, die angeblich gegen ei ne Kirchenwand urinieren? Ist es aber im Umkehrschluss auch in Ordnung – noch viel schlimmer –, dann die Klarstellung der abgebildeten St.-Gertrud-Kirche in München nicht zu tei len, die sagt, dass es sich bei den Menschen auf dem Foto um Angehörige der Münchener Eritreisch-Orthodoxen Gemein de handelt, zu deren Tradition es gehört, nicht immer in die Kirche hineinzugehen,
Für genau solche Fragestellungen müssen wir die Kinder und Jugendlichen fit machen. Wir müssen aber auch die Lehrerin nen und Lehrer sowie die Eltern dafür sensibilisieren. Der selbstverständliche und kritische Umgang mit digitalen Me dien muss fächerübergreifend in den Schulen und Ausbil dungsstätten vermittelt werden.
In Zeiten der Globalisierung, der Digitalisierung und des rasan ten technologischen Fortschritts verändert sich auch die Ar beitswelt, auf die die Jugendlichen am Ende ihrer Schullauf bahn stoßen werden. Daher ist es uns sehr wichtig, sie darauf vorzubereiten. Sie müssen in den Schulen und Ausbildungs stätten das Rüstzeug für ihren beruflichen Werdegang bekom men.
Digitale Lehrmethoden müssen flächendeckend mit in den Un terricht einbezogen werden, um die digitalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Kommunikation per Video, digital erweiterte Realitäten und Interaktion in sozia len Netzwerken werden die Arbeits- und Lebenswelt der Ju gendlichen von heute prägen.
Davon darf die Schule nicht abgehängt werden. Im Unterricht muss sich eine solche Arbeits- und Lebenswelt bereits heute widerspiegeln. Dazu bedarf es neben der fachlichen Kompe tenz der Lehrkräfte auch einer Ausstattung der Schulen mit der notwendigen Soft- und Hardware.
Die Landesregierung hat sich mit den Kommunen bereits im Juni 2016 auf eine Multimediaempfehlung zur Digitalisierung an Schulen geeinigt. Allerdings, so scheint es, ist seitdem nicht viel passiert. Ziel muss aus Sicht der Freien Demokraten sein, dass rechtzeitig vor Beginn des neuen Schuljahrs 2018/2019 eine verbindliche Vereinbarung vorliegt und angegangen wer den kann.
Die Digitalisierung an Schulen ist aus unserer Sicht eine ge samtgesellschaftliche Aufgabe. Dieser dürfen wir uns nicht entziehen. Entsprechend gespannt warten wir auf die Stellung
nahme zu unserem Fraktionsantrag, dessen Fragen genau die sen Stillstand in der Landesregierung thematisieren.
Als positiven Aspekt möchte ich noch das bürgerschaftliche Engagement Jugendlicher erwähnen. 48 % der 14- bis 19-Jäh rigen engagieren sich freiwillig. Dies ist im Bundesdurch schnitt eine gute Quote für die jungen Baden-Württemberge rinnen und Baden-Württemberger. Das Eintreten für andere, Eigenverantwortung sowie den Wunsch, mitzugestalten, be grüßen wir als Werte der Jugendlichen ausdrücklich.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Große Anfrage hat die Landesre gierung vor etwas mehr als einem Jahr beantwortet und dabei einen umfassenden Sachstand zum Informationsverhalten von Jugendlichen vorgelegt.
In der Zwischenzeit liegt die damals oft zitierte Studie „Ju gend, Information, (Multi-)Media“ – von meinen Vorredne rinnen und Vorrednern schon benannt –, die sogenannte JIMStudie zum Informationsverhalten von Jugendlichen, bereits in der übernächsten Auflage von 2017 vor. Daher möchte ich heute doch auch auf einige neue Zahlen dieser Studie einge hen, nach der sich die Trends im Wesentlichen bestätigen.
Das gilt beispielsweise – um mit den traditionellen Medien zu beginnen – für den weiterhin sehr stabilen Nutzungswert bei Büchern. 40 % der Jugendlichen lesen täglich oder mehrmals pro Woche ein Buch. Jetzt könnten wir, lieber Herr Kollege Kenner, schon eine kleine Replik über die Bedeutung des Buchlesens bringen und dazu, was das Lesen mit uns macht: Fantasie, Stimulation, Konzentrationsfähigkeit –
das sind natürlich geniale Werte. Das brauchen wir jetzt nicht auszuführen, weil wir alle miteinander etwas damit verbin den. Vielleicht einmal ganz speziell zu der besonderen Rolle bzw. dazu, was die einzelne Medientätigkeit bei uns auslöst: ob wir ein Medium benutzen oder ob wir vom Medium be nutzt oder instrumentalisiert werden. Das Buch ist, zusammen mit der Zeitung, sicher die beste Möglichkeit, die eigene Fan tasie und die eigenen Stärken zu fördern.
(Beifall bei den Grünen, Abgeordneten der CDU und der SPD sowie des Abg. Stefan Herre AfD – Zuruf von den Grünen: Bravo!)
Dagegen nimmt die Nutzung von Fernsehen und Radio wei terhin ab, wenngleich der Wert für die regelmäßige Nutzung mit etwa 75 % immer noch die Beliebtheit beider Medien be stätigt.
Bei den klassischen Printmedien Zeitung und Zeitschrift – Sie hatten das auch angesprochen, Kollege Poreski – hatten wir bereits zum Zeitpunkt der Antwort der Landesregierung im Jahr 2016 gegenüber dem Jahr 2000 erhebliche Rückgänge bei der Nutzung durch Jugendliche festgestellt. Dieser Trend hat sich im vergangenen Jahr laut JIM-Studie nochmals bestä tigt. Von den Jugendlichen nutzen regelmäßig nur noch 21 % Tageszeitungen und nur noch 16 % Zeitschriften. Gleichwohl hat sich die Nutzung von Onlineangeboten der Zeitungen und Zeitschriften im selben Zeitraum nicht gesteigert.
Die JIM-Studie zeigt gleichzeitig auf, dass die Entwicklung des Nutzungsverhaltens der Jugendlichen nach wie vor rasant verlaufen kann. Während wir zur Beantwortung der Großen Anfrage noch berichteten, dass im Jahr 2013 89 % der Ju gendlichen regelmäßig das Internet nutzten und erstmals mehr Jugendliche über Mobiltelefone als über Computer oder Lap top online gingen, waren es 2017 bereits 97 %, die regelmä ßig das Internet nutzten. Inzwischen geben 81 % der Jugend lichen an, am häufigsten mit dem Smartphone online zu ge hen.
Ein Smartphone besitzen 97 % der Jugendlichen. Nach der Studie 2015 waren es noch 92 %. Laptop oder Computer be sitzen dagegen weniger Jugendliche als in den Vorjahren. Ge ringe Rückgänge gibt es beim Besitz von Fernseh- und Ra diogeräten.
Ein weiteres Beispiel für eine rasante Entwicklung ist die Nut zung von Facebook. Nach der JIM-Studie lag 2015 die regel mäßige Nutzung noch bei 51 %, 2017 nur noch bei 25 %.
Die Dauer der täglichen Onlinenutzung entwickelt sich wei ter nach oben. Inzwischen geben Jugendliche an, 221 Minu ten täglich online zu sein. Der Anteil, der dabei auf die Be schaffung von Informationen entfällt, fällt auf noch 11 % im Jahr 2017 leicht ab.
Was die Themeninteressen betrifft, stellt die JIM-Studie er freulicherweise fest, dass Jugendliche im Vergleich zu 2015 deutlich mehr Interesse an der Bundes- und Weltpolitik sowie am aktuellen Weltgeschehen haben. Auch das Bedürfnis an Informationen über die Lokalpolitik ist gestiegen.