Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Weil es ein wichti ges Thema ist!)

Herr Kollege Röhm hat zu dem Gesetzentwurf der FDP/DVP gesagt, das sei alter Wein in neuen Schläuchen. Ich will schon infrage stellen, ob es wirklich neue Schläuche sind oder ob es nicht auch die alten Schläuche sind.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wenn die gut sind!)

Genau. – Jedenfalls sind es keine guten Schläuche.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das liegt im Auge des Betrachters!)

Das sieht man schon daran, dass Sie in der Begründung bei dem Zitat Ihres alten Gesetzentwurfs einen Zahlendreher ha ben und von der Drucksache 15/2540 sprechen, obwohl es die Drucksache 15/4025 ist. Ich muss das deshalb sagen, weil die Drucksache 15/2540 eine Drucksache zu einem Antrag ist, in dem die amtierende Präsidentin nach Veränderungen bei den Landesbühnen gefragt hat, und sie ja sicher nicht für die neu erliche Vorlage Ihres Gesetzentwurfs in Haftung genommen werden will.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dann wäre das auch geklärt!)

Vielleicht wollten Sie es aber auch möglichst schwer machen, den Gesetzentwurf zu finden, den Sie 2013 eingebracht ha ben,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das trauen wir Ihnen zu!)

damit man diesen nicht so richtig gut vergleichen kann mit dem, was jetzt auf dem Tisch liegt, und nicht so schnell merkt, welche Entwicklungen es in der mittlerweile vergangenen Zeit gegeben hat, insbesondere welche Diskussionen im Zusam menhang mit unseren Ganztagsgipfeln im Land Baden-Würt temberg dazu gelaufen sind, sodass wir bei ganz vielen Punk ten eigentlich auf einem ganz anderen Stand sind, als Sie es damals zum Ausdruck gebracht haben, und dieser Entwick lung mit einer Neuauflage des Gesetzentwurfs auch nicht ge recht werden können.

Wir haben mit mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilneh mern einen kontinuierlichen Dialog des Kultusministeriums mit allen am Schulleben Beteiligten durchgeführt und wert volle Impulse und Anregungen aufgenommen, die in die Wei terentwicklung eingebracht werden. Das kam auch in der An hörung, die zu Ihrem Gesetzentwurf durchgeführt worden ist, zum Ausdruck.

Herr Dr. Kern, Sie haben davon gesprochen, es sei überwie gend grundsätzlich goutiert worden. Das ist eine schöne Um schreibung dafür, dass zu ganz entscheidenden Stellen des Ge setzentwurfs in der Anhörung ganz andere Positionen bezo gen worden sind. Zum einen haben viele in der Anhörung da rauf hingewiesen, dass weder der Beteiligungsprozess selbst noch das, was im Beteiligungsprozess eingebracht worden ist, in Ihren Gesetzentwurf eingeflossen ist und man deshalb emp fiehlt, dem nicht zu folgen, sondern den Weg der Beteiligung der am Schulleben Beteiligten weiterzugehen.

Sie haben auch viel Kritik dafür bekommen – hier im Land tag jetzt durch die Redner der anderen Fraktionen auch –, dass Sie das Genehmigungsverfahren so angedacht haben, dass Sie es in die alleinige Entscheidung von Schule und Schulträger stellen. Das würde bedeuten, dass das Land dann für Folge kosten dieses Beschlusses auf Landesseite aufkommen muss, ohne an der Entscheidung über den Ganztag beteiligt zu sein.

Das kommt aber vielleicht auch daher – damit bin ich am ent scheidenden Punkt –, dass es, glaube ich, ein grundsätzliches Missverständnis in den Begrifflichkeiten gibt, das mit diesem Gesetzentwurf fortgeführt wird. Sie meinen nämlich eigent lich nicht Ganztagsschule – Sie haben auch ausdrücklich da von gesprochen, es gehe um Unterricht am Vormittag und Be treuung am Nachmittag –, sondern Sie meinen die Ergänzung von Schule durch sehr flexible, individuelle Lösungen für die Betreuungssituation in den Familien und für die Eltern.

Wir werben dafür, einen Unterschied zu machen zwischen dem, was wir als Ganztag bezeichnen – mit den Chancen und dem, was der Ganztag bringt, mit Rhythmisierung, mit all dem, was auch zusätzlich dort hineingegeben wird –, den da neben bestehenden kommunalen Betreuungsangeboten in Er gänzung der Schule, die bisher nach der Entscheidung in der letzten Legislaturperiode nicht vom Land als neue Maßnah men bezuschusst werden – bezuschusst werden nur die Sta tus-quo-Angebote, worüber wir, wie es ja auch im Koalitions vertrag steht, jetzt eine neue Entscheidung herbeiführen –, und als dritter Art, wenn man so sagen will, dem schulischem An gebot einer Halbtagsschule ohne Ganztagsschule und ohne Betreuungsangebote.

Wenn wir uns darauf verständigen könnten, dann wäre viel leicht auch für die Eltern klarer nachvollziehbar, worum es in den jeweiligen Konzepten geht, dass es nämlich bei Ganztags schule um die Vorteile, die Chancen und Möglichkeiten durch die Rhythmisierung geht, dass wir aber auf der anderen Seite dem, was an Betreuung angefragt wird, bei anderen Schulen durch kommunale Betreuungsangebote mit finanzieller Un terstützung des Landes Rechnung tragen.

Dann kommen wir vielleicht auch dahin, für alle diese Schu len über Qualitätsanforderungen zu sprechen und Qualitäts beschreibungen zu machen. Dann sagen vielleicht weder die einen: „Das mit diesen Betreuungsangeboten ist alles Mist“ noch die anderen: „Das mit dem Ganztag ist alles Mist“, son dern wir sagen: „Es gibt eine Notwendigkeit für jedes dieser Angebote, für jede dieser Arten.“ Unterschiedliche Schulen sollen dem Rechnung tragen können und das für die jeweils gewählte Art in guter Qualität ausführen können.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Wenn wir den Schulen dann noch dabei helfen, indem wir, wie gestern angesprochen, zu Vereinfachungen kommen, wenn wir dabei zu anderer Unterstützung und zusätzlicher Unterstüt zung kommen, dann haben wir, glaube ich, für die Entwick lung von Angeboten für unterschiedlich ausgerichtete Nach fragen das Richtige getan. Auf diesem Weg sind wir. Dazu fin det am Montag der Fachtag statt. Die Ergebnisse können wir ja dann in die Beratung im Schulausschuss und in die Zweite Beratung einfließen lassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Vielen Dank, Herr Staats sekretär. – Die FDP/DVP hat noch Redezeit. – Herr Abg. Dr. Kern, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ja, es war noch nie einfach, sich für

die Freiheit einzusetzen, weil die Gegner da immer mit vie len Argumenten kommen.

(Oh-Rufe – Abg. Andreas Stoch SPD: Oijoijoi!)

Ich werde trotzdem auf jeden Einzelnen der Vorredner einge hen.

Frau Boser, Sie haben hier den Eindruck erweckt, als hätten wir die Gemeinschaftsschulen nicht gefragt. Das stimmt so nicht.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Es ist kein anderes Er gebnis darin!)

Wir haben alle Lehrerverbände gefragt. VBE und GEW sind Vertreter der Gemeinschaftsschulen und haben sich auch da zu geäußert – nur damit hier kein falscher Eindruck zurück bleibt.

(Zurufe der Abg. Sandra Boser und Alexander Salo mon GRÜNE)

Kollege Röhm, in der Tat: Wir haben eine hohe gemeinsame Wertschätzung,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aufpassen!)

aber ich verstehe nicht, warum Sie als Profi nicht verstehen, dass natürlich die offene Ganztagsschule deutlich günstiger ist als die Zwangsganztagsschule,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist keine Ganztags schule, was Sie da fordern!)

weil natürlich die Schülerinnen und Schüler in der offenen Ganztagsschule durchschnittlich deutlich weniger Wochen stunden verbringen und wir deshalb weniger Lehrerwochen stunden brauchen als in der Zwangsganztagsschule. Also ist doch ganz offensichtlich, dass unser Modell insgesamt güns tiger ist als das Modell, das Grüne und CDU wollen. Sie sind ja der Meinung, dass die verpflichtende Ganztagsschule das bessere Modell ist, sonst würden Sie ja unserem Gesetzent wurf zustimmen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Na, na, na!)

Also auch das Argument der Kosten konnte ich hier klar wi derlegen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Kern, es gibt eine Zwischenfrage. Würden Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Boser zulassen?

Ich würde das jetzt gern zu Ende führen.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Kollege Fulst-Blei, auch wir schätzen uns eigentlich. Aber dass Sie hier die offene Ganztagsschule als „Bällebad für alle“ titulieren,

(Abg. Daniel Born SPD: Und Sie reden von „Zwangs schulen“! – Abg. Sandra Boser GRÜNE: Sie reden von „Zwangsschulen“!)

finde ich gegenüber denjenigen Eltern, die sich mittlerweile in Elterninitiativen engagieren und die für ihre Kinder ande re Lösungen wollen, nicht richtig. Wenn die erfahren, dass ihr bürgerschaftliches Engagement von Ihnen als Einsatz für ein „Bällebad für alle“ diskreditiert wird, finde ich es schon sehr bemerkenswert, was Sie hier gesagt haben.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist jetzt aber eine sehr freie Auslegung! – Abg. Andreas Stoch SPD: Sehr viel heiße Luft! – Abg. Sandra Boser GRÜNE: Und alle anderen werden aus Ihrer Sicht „zwangsbeglückt“, wenn sie an der Ganztagsschule sind! – Weitere Zu rufe)

Dann möchte ich noch einmal Folgendes sagen, insbesonde re an Frau Boser und auch an Kollegen Fulst-Blei gerichtet: Sie tun ja so, als ob ausschließlich die verpflichtende Ganz tagsschule, die Zwangsganztagsschule ein pädagogisches Kon zept hätte und alle anderen denkbaren Formen, wie z. B. die offene Ganztagsschule, gar kein pädagogisches Konzept hät ten.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Lesen Sie doch die Stellungnahmen durch! – Unruhe)

Das ist ja im Grunde eine Unverschämtheit gegenüber denje nigen – –

(Anhaltende Unruhe)

Frau Präsidentin, dürfte ich vielleicht um ein klein wenig Ruhe bitten.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Ich darf keine Zwi schenfrage stellen, deswegen muss ich zurufen!)