Protokoll der Sitzung vom 18.07.2018

Wir halten es deshalb für sinnvoll, hier umfassend und früh zeitig zu informieren und zu dokumentieren und dafür auch entsprechende Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Damit stellen wir sicher, dass die Menschen sich ihrer Entscheidung tatsächlich bewusst sind und dass sie ihren nahen Verwand ten eine sehr wichtige Entscheidung abnehmen, die diese sonst

in einer ohnehin schon schwierigen Situation treffen müssten. Jeder Bürger, der die Frage, ob er spenden möchte oder auch nicht, schon vorab beantwortet hat, erspart seinen Nächsten diese Gewissensfrage. Aus Gesprächen mit Ärzten und ande ren Vertretern der Gesundheitsbranche wissen wir, dass es tat sächlich häufig die Ehepartner sind, die bei dieser Entschei dung überfordert werden und hilflos sind.

Für eine solche umfassende und frühzeitige Dokumentation erscheint uns die bisherige Praxis des Ausfertigens eines Spen derausweises allerdings nicht mehr zeitgemäß. Wie oft ist er in solch einem entscheidenden Fall nicht auffindbar, und dem darin erklärten Willen des potenziellen Spenders kann keine Rechnung getragen werden, weil die behandelnden Ärzte oder Transplantationsbeauftragten hiervon keine Kenntnis erlan gen?

Wir regen deshalb eine digitale Datenbank an, auf die Ärzte und Transplantationsbeauftragte jederzeit zugreifen können. Dies sollte im digitalen Zeitalter ohne Weiteres umsetzbar sein.

(Beifall bei der AfD)

Abschließend möchte ich ausdrücklich noch einmal darauf hinweisen, dass die AfD eine Gesetzesänderung in Richtung Widerspruchsregelung bei den Organspenden ganz entschie den ablehnt.

(Beifall bei der AfD)

Nur eine aktive Einwilligung des Betroffenen garantiert eine selbstbestimmte Entscheidung. Wir werden deshalb einzelne Teile des Gesetzes ablehnen, insgesamt aber dem Gesetz zu stimmen.

(Zuruf der Abg. Petra Krebs GRÜNE)

Denn der wesentliche Aspekt für uns ist die Subsidiarität, al so die Selbstbestimmung über unsere Krankenhauspolitik. Das ist der entscheidende Aspekt, und deshalb stimmen wir zu. Wir haben letztendlich wenig genug Möglichkeiten, selbst zu entscheiden, denn die meisten Gesetze kommen aus der EU oder vom Bund. Diese wenigen Gestaltungsmöglichkeiten sollten wir nutzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abg. Hinderer das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf wurde intensiv im Ausschuss für Soziales und Integration beraten, und dabei wurden verschiedene Anträge diskutiert.

Geregelt werden zwei wichtige Themen. Zum einen geht es um die Einführung von Qualitätsindikatoren bei der Kranken hausplanung. Hier vertreten Regierungs- und Oppositions fraktionen bei genauer Betrachtung eigentlich die gleiche Ziel setzung, zumindest wenn man Ihren Wortbeiträgen hier im Plenum und auch im Ausschuss Glauben schenken darf, Herr Teufel, Frau Krebs. Allerdings im Abstimmungsverhalten spiegelt sich das dann nicht wider.

Anders sieht es bei der Umsetzung des Transplantationsgeset zes aus. Hier besteht Einigkeit, und wir danken den Fraktio nen der Grünen und der CDU, dass sie unserem Entschlie ßungsantrag, der einen Handlungsauftrag an die Landesregie rung formuliert, beigetreten sind.

Aber nochmals zum Ersten, zur Qualität als Kriterium der Krankenhausplanung. Für die SPD ist unstrittig, dass das The ma Qualität nicht nur im internen Ablauf der Krankenhäuser und in der Vergütung, sondern auch in der Krankenhauspla nung eine wichtige Rolle spielen muss. Aber auch aus Sicht der SPD-Fraktion ist die direkte Übertragung der vom G-BA entwickelten Qualitätskriterien auf die historisch gewachse ne Krankenhausplanung des Landes nicht angezeigt. Ande rerseits ist der reine Ausschluss der Übertragung, wie ihn die Landesregierung im Gesetz vorschlägt, für uns auch nicht hin nehmbar.

Die Regierungsfraktionen haben zur Abwehr unseres Oppo sitionsantrags einen Antrag eingebracht, der, mit Verlaub, so wachsweich daherkommt, dass Sie sich diese Arbeit wirklich hätten sparen können. Denn auch ohne Ihren Antrag ist es selbstverständlich schon bisher möglich, Qualitätsvorgaben wie etwa Empfehlungen des G-BA im Krankenhausplan fest zulegen.

Können kann man viel. Wir wollen da etwas mehr Verbind lichkeit und halten deshalb an unserem Antrag fest. Zur Klar stellung und Rechtssicherheit haben wir nach der Ausschuss beratung noch ergänzt, dass § 6 Absatz 1 a Satz 1 KHG kei ne Anwendung findet.

Die Landesregierung soll aber die Arbeit des Landeskranken hausausschusses ernst nehmen und dessen Votum berücksich tigen, und dann entscheidet sie im Einzelfall, ob und, wenn ja, inwieweit die Empfehlungen zu Qualitätsindikatoren Be standteil der Planung werden – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir denken, das ist eine zumutbare Anforderung, die weder die Planungshoheit des Landes noch die Eitelkeit un seres Gesundheitsministers zu sehr tangiert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Jo chen Haußmann FDP/DVP)

Noch einen Satz zur Qualität und zur Krankenhausplanung. Qualität in der Krankenhausplanung kostet Geld. Deshalb geht es überhaupt nicht, dass die Landesregierung die Investitions kostenförderung für Krankenhäuser kürzt. Im Gegenteil, wir brauchen eine Aufstockung, und zwar dringend und schnell. Ab 2019 stehen wieder Bundesmittel aus dem Krankenhaus strukturfonds bereit.

Sehr geehrter Herr Minister, ich komme deshalb auf die Aus sage von Frau Staatssekretärin Splett aus der Sitzung des Landtags vom 13. Juni 2018 zurück. Da sagte sie – ich zitie re aus dem Plenarprotokoll –:

Ein Nachtragshaushalt wird dann aufgestellt, wenn zwin gend notwendige Ausgaben anfallen, die nicht innerhalb des bestehenden Haushaltsplans getätigt werden können und zeitlich nicht bis zur Aufstellung des nächsten origi nären Haushaltsplans warten können.

Im Moment sind wir in der Situation, dass alle Ausgaben und auch eventuelle geringfügige Mehrausgaben im Rah men des Haushaltsvollzugs bezahlt werden können.

Im Haushalt des Sozialministeriums, Herr Minister, sind aus unserer Sicht zwingende Mehrausgaben von weit mehr als 100 Millionen € für das Haushaltsjahr 2019 erforderlich, davon allein mindestens 55 Millionen € – ich sage: mindestens 55 Millionen € – für die Krankenhäuser zur Kofinanzierung der Strukturfondsmittel.

Das heißt, entweder die Frau Staatssekretärin hat das Parla ment vor wenigen Wochen falsch informiert, oder Sie, Herr Minister, haben im Finanzministerium noch gar nicht vorge sprochen oder sind dort mit Ihrer Forderung nicht durchge drungen. Es wäre nett, wenn Sie uns hierzu im Anschluss noch einige Auskünfte geben könnten.

Ich komme noch kurz zum Transplantationsgesetz. In den Stellungnahmen der Kassen und der Träger der Krankenhäu ser wird den geplanten Regelungen grundsätzlich zugestimmt. Differenzen gibt es lediglich bei der Bewertung der vorge schlagenen Regelungen zur Freistellung der Transplantations beauftragten. Sie fordern Freistellung lediglich im erforderli chen Umfang.

Gemeinsam mit der FDP/DVP und im Zuge der Beratung dann auch mit Zustimmung der Grünen und der CDU fordern wir die Landesregierung auf, in Gesprächen mit Bund und Ländern oder im Bundesrat darauf hinzuwirken, dass es eine verbindliche Freistellungsregelung für Transplantationsbeauf tragte gibt und die Freistellung auch über die Kostenträger fi nanziert wird. Wir danken den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der CDU, dass sie uns helfen, der Landesre gierung bei dieser wichtigen Frage etwas mehr Dampf zu ma chen, damit wir zu einer guten bundeseinheitlichen Lösung kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP hat Herr Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren beschäf tigen sich die Bundes- und die Landespolitik mit der Weiter entwicklung der Krankenhausplanung anhand von Qualitäts kriterien. Ich erinnere daran, dass wir in der letzten Legisla turperiode auch auf meine Initiative hin im Mai 2014 eine öf fentliche Anhörung zu der Frage hatten, wie verbindliche Qua litätskriterien für eine gute Gesundheitsversorgung in die Krankenhausplanung in Baden-Württemberg einbezogen wer den könnten.

Der Bund hat mit dem Krankenhausstrukturgesetz einen wei teren Schritt in diese Richtung gemacht und nun auch konkre te Kriterien vorgegeben, beispielsweise Zielvorgaben bei Not fallkaiserschnitten, bei Frühgeburten und für weitere Fachbe reiche.

Man kann darüber reden, wie geeignet die bisher vorgeschla genen Kriterien und die automatische Geltung sind. Aber wir sollten uns mit Gestaltungswillen in Richtung qualitätsorien tierter Planung bewegen. In der ersten Fassung des Gesetz entwurfs war es reichlich wenig ambitioniert. Ich glaube, da war es schon ganz gut, dass die SPD das gemeinsam mit der FDP/DVP etwas intensiver beleuchtet und mit einem eigenen Antrag konkretisiert hat, woraufhin auch die Regierungsfrak

tionen nachjustiert haben, allerdings nicht ganz so weit, wie wir es uns vorstellen. Deswegen bringen wir heute gemein sam mit der SPD unseren Änderungsantrag hier ein und mo tivieren vielleicht den Kollegen Teufel und die Kollegin Krebs, einzugestehen, dass der Inhalt unseres Antrags ein wenig bes ser ist als das, was derzeit im Gesetzentwurf steht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Ich erinnere daran: Die Krankenhäuser müssen die Daten oh nehin aufgrund der bundesrechtlichen Regelungen erheben. Das Land könnte also darauf zurückgreifen. Ich erinnere auch an den Beschluss des Sozialausschusses zu meinem Antrag zur Krankenhausplanung, in dem sich der Ausschuss dafür ausgesprochen hat, die Qualitätskriterien für die Landeskran kenhausplanung weiter zu stärken.

Der zweite Bereich des heute vorliegenden Gesetzespakets ist das Transplantationsgesetz. Gemäß § 9 des Transplantations gesetzes regeln die Länder das Nähere zu den Transplantati onsbeauftragten wie erforderliche Qualifikation, organisato rische Stellung sowie Freistellung von sonstigen Tätigkeiten. Schon bisher war Voraussetzung die Eigenschaft als Facharzt.

Ich sage an dieser Stelle ausdrücklich herzlichen Dank, dass der Entschließungsantrag von FDP/DVP und SPD auch von den Regierungsfraktionen übernommen wurde. Damit haben wir das Ziel, die verbindlichen Freistellungsregelungen für Transplantationsbeauftragte zu schaffen und diese auch zu fi nanzieren. Ich denke, mit dem gemeinsamen Entschließungs antrag der vier Fraktionen können wir auch gegenüber dem Bund klarstellen, wie wichtig sich eben auch dieser Bereich für den Bereich der Transplantationsmedizin in Baden-Würt temberg darstellt.

Es gibt im Land 120 Entnahmekrankenhäuser. Mögliche Or ganspender sind vom Transplantationsbeauftragten an die Ko ordinierungsstelle für die Organspenden zu melden. Das ist die Deutsche Stiftung Organtransplantation.

Gestatten Sie mir abschließend zu dem Thema Organspende noch einen Hinweis auf die von mir schon in der ersten Le sung ausgesprochene Anregung, auch in Baden-Württemberg einen runden Tisch zum Thema Organspende einzuberufen. Lediglich bei etwa 0,4 bis 0,5 % aller Menschen, die jährlich sterben, besteht die Chance, überhaupt eine Transplantation vornehmen zu können; also bei ca. 4 000 von über 930 000 Toten. 2017 gab es 769 Organspenden. Von den 4 000 poten ziellen Organspendern fällt die Hälfte ohnehin weg, weil die Organspende aufgrund weiterer Störungen von Organen nicht möglich ist. Aber bei den 2 000 verbleibenden potenziellen Organspenden kamen eben nur 769 Organspenden zustande. Hier gibt es noch ein Potenzial.

Deswegen ist es so wichtig, eine Erweiterung der Zustim mungslösung in den Blick der Öffentlichkeit zu nehmen. Denn wir haben damit die Chance, in Baden-Württemberg, in der Bundesrepublik mehr Organspenden zu erreichen. Deswegen rege ich an, übergreifend diesen runden Tisch zum Thema Or ganspenden einzuberufen.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

In der Allgemeinen Aus sprache liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur Abstimmung.

(Minister Manfred Lucha meldet sich. – Abg. Andre as Stoch SPD: Halt! Der Minister will auch noch sprechen! – Abg. Thomas Blenke CDU: Da ist noch jemand!)

Ach je! Sehen Sie mal!

(Heiterkeit – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Die Präsidentin ist überrascht, dass überhaupt jemand von der Regierung da ist!)

Herr Minister, ich bitte um Verzeihung.