Herr Kollege Hoher, Sie haben einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Wären Sie bereit, diesen aus ökonomischen Gründen auf ökologische Landwirt schaft umzustellen?
Das ist für mich eine komi sche Frage, weil ich noch nie gespritzt und noch nie Subven tionen in Anspruch genommen habe. Ich bin ein absolut vor bildlicher Mensch.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat hat in der letzten Woche das Interview der „Stuttgarter Zeitung“ mit dem Geschäftsführer der Ar beitsgemeinschaft ökologischer Landbau zumindest bei unse rem Koalitionspartner großes Aufsehen erregt. Aber ich sage ganz offen: Ich fühlte mich natürlich auch angesprochen. Er hat zwar die Grünen kritisiert, aber – – Das muss ja auf einer sachlichen Basis erfolgen, und ich habe einmal nachgefragt, wo es denn offene Forderungen gibt. Ich nenne Ihnen diese nachher auch gleich. Ich sehe die offenen Forderungen aber nicht in einem großen Umfang.
Das ist aber auch kein Wunder; denn wenn man den derzeiti gen Sachstand feststellt und schaut, wo wir uns befinden, wie der Status quo ist, dann muss man einfach sagen: Baden-Würt temberg ist ein Spitzenland. Der Ökolandbau in Baden-Würt temberg ist spitze; da lässt sich kein Jota an Abstrichen ma chen.
Deshalb ist auch die Kritik gänzlich ungerechtfertigt: denn die Politik von Grün-Rot in der letzten Legislaturperiode – da hat der Kollege Nelius durchaus recht – hat durch die Umstellung von MEKA auf FAKT für den ökologischen Landbau durch aus nochmals zugelegt. Wir haben damals im MEKA für 4 % der Betriebe 20 Millionen € eingestellt; das waren ca. 16 % bis 17 % des Gesamt-MEKA.
Im FAKT ist es so: Derzeit verzeichnen wir 10 % der Betrie be, und es sind 35 Millionen €. Auch da hat der Kollege Ho her durchaus recht: Etwa ein Drittel des FAKT-Volumens wer den für den Biolandbau ausgegeben. Das ist eine deutliche Steigerung. Das liegt vor allem daran, dass man 2012 mit der neuen Förderperiode der Europäischen Union die Umstel lungsförderung – in diesem Fall war es Grün-Rot – für die Landwirte, die umstellen wollen, eingeführt hat. Sie haben in der Zeit der Umstellungsphase – in den drei Jahren – einen Ausgleich erhalten; diesen erhalten sie bis zum heutigen Tag.
Das ist auch völlig in Ordnung. Denn über FAKT, lieber Kol lege Hoher, erhalten Bauern für Mindererträge oder Mehrauf wendungen, die sie durch Umweltmaßnahmen haben, einen Ausgleich: Es wird nicht überkompensiert; nur dies wird aus geglichen. Die Kommission achtet auch peinlichst genau da rauf, dass nicht mehr als dies ausgeglichen wird. Es handelt sich also niemals um eine Überförderung – das kann auch nicht sein –, sondern es werden immer nur Mindererträge und Mehraufwendungen ausgeglichen.
Dass durch Ökolandbau Mindererträge erzielt werden, steht ja außer Frage. Gegenüber dem konventionellen Landbau sind die Erträge beim Ökolandbau im Durchschnitt eben nur halb
so groß. Und dass durch Ökolandbau Mehraufwendungen ent stehen, steht auch außer Frage. Die Mehraufwendungen sind oftmals bedeutsam, je nachdem. Das heißt, es gibt Arbeitsauf wendungen, es sind auch technische Aufwendungen da. Die se Aufwendungen werden also ausgeglichen, und die sind im Biolandbau natürlich höher als im konventionellen Landbau.
Ich bekenne mich auch dazu, Herr Kollege Stein, dass die Eu ropäische Union diese Programme zur Agrarförderung, zur Agrarumweltförderung installiert hat und wir sie in BadenWürttemberg anwenden. Das war nämlich von Anfang an das Erfolgsrezept. Einer meiner Amtsvorgänger, Gerhard Weiser, hat 1992 mit dem ersten MEKA begonnen, Agrarumweltmaß nahmen überhaupt zu fördern. Baden-Württemberg ist spitze, Baden-Württemberg ist das Land – gemeinsam mit Bayern –, das 70 % aller Mittel in der zweiten Säule für Agrarumwelt maßnahmen ausgibt. Da sind wir einsame Spitze.
Natürlich gab es einige Vorfälle oder gab es in der Zeitreihe ei nige günstige Ereignisse. Die Ungunst war, dass wir 2008/2009 eine Finanzkrise hatten. Das war ungünstig; aber danach be gann ein ungebrochenes Wirtschaftswachstum. Das heißt, auch die Kaufkraft der Menschen ist in Deutschland gestiegen –
in Baden-Württemberg sowieso. Das hatte natürlich auch zur Folge, dass das Wachstum des Ökolandbaus immer auf die entsprechende Nachfrage bei den Anbietern getroffen ist. Es ist überhaupt keine Frage – Herr Stein, Sie scheinen das ab solut nicht kapiert zu haben –: Wir wollen keine Quote von 30 % Ökolandbau, sondern wir wollen die Zielsetzung: 30 % Ökolandbau. Das ist ein grundsätzlicher Unterschied.
Wir haben nicht vor, die Bauern zu verpflichten. Die Bauern sind frei, und die Bauern brauchen auch die unternehmerische Freiheit. Wir wollen auch nicht die Verbraucher erziehen, wir wollen sie nicht irgendwo hinbringen, sondern wir wollen in formieren und aufklären.
Der Ökolandbau ist in dieser Zeit auch stetig gewachsen. Wir verzeichnen Zuwachsraten von 2 %, von 4 %. Wir hatten im Jahr des Regierungswechsels – wahrscheinlich haben die Bau ern neue Hoffnung geschöpft –
Das muss auch etwas mit dem Regierungswechsel von GrünRot auf Grün-Schwarz zu tun gehabt haben, Herr Nelius.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Der Hopfenanbau wird gestiegen sein!)
Anscheinend ist die marktwirtschaftliche Ausrichtung der CDU den Bauern etwas näher als die Planwirtschaft der SPD. Das scheint schon so zu sein.
Wir werden nicht jedes Jahr solche Zuwachsraten haben. Aber der Zuwachs verstetigt sich auf einem relativ hohen Niveau. In welcher Branche der Wirtschaft gibt es heute noch Zu wachsraten von über 5 %, 9 % im Jahr 2016, 7 % im Jahr 2017? Auch 2018 wird die Zuwachsrate wahrscheinlich in der Größenordnung von 7 oder 8 % liegen, wenn man es jetzt bis Ende dieses Jahres hochrechnet – also ein stetiger, kontinu ierlicher Zuwachs.
Das Wichtige ist: Nicht nur die Produktionsflächen und die Zahl der Betriebe wachsen, sondern das Wachstum auf der Er zeugerseite läuft auch parallel zu dem auf der Nachfragesei te. Das ist ganz entscheidend dafür, dass die Preissituation sta bil bleibt. Wenn wir einseitig fördern und ein Wachstum auf der Produktionsseite initiieren würden, dann hätten wir einen Angebotsüberhang, und ein solcher führt zu fallenden Prei sen. Das kann niemand wollen, und das will auch niemand. Deshalb überfördern wir nicht, sondern die Landwirte und die Erzeugergemeinschaften und -organisationen sowie die Ge nossenschaften sind gefordert, hier zu steuern. Nicht nur der Staat ist gefordert, sondern auch die Landwirte, dies markt steuernd zu betrachten. Das ist der entscheidende Anteil. Bis her ist dies gelungen.
Gerade im letzten und vorletzten Jahr haben wir bei der Milch krise gemerkt: Im Unterschied zur konventionellen Milch, de ren Preis zwischendurch auf 28 Cent pro Liter gesunken ist, ist der Preis der Biomilch bei deutlich über 50 Cent geblie ben. Damit hat sich der Sektor Bio vom konventionellen Be reich abgehoben. Er hat natürlich auch viel Zuspruch erhal ten, da sich in dieser Zeit viele Betriebe überlegt haben: Jetzt machen wir doch wieder Bio, wenn das so gut läuft. Es gibt aber auch Genossenschaften; diese steuern auch und lassen nicht jeden einfach zu, sondern sagen: „Wir müssen schon se hen, dass das Nachfragewachstum der Verbraucher im Ein klang mit der Angebotsseite steht.“ Das halte ich auch für rich tig und wichtig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb muss man nicht in jeder Legislaturperiode das Rad gänzlich neu erfin den, sondern es geht darum, zu entscheiden, ob man den rich tigen Weg gewählt hat. Da wir beim FAKT 35 Millionen € für Agrarinvestitionen eingesetzt haben, partizipiert auch der Bio landbau überproportional – aber nicht, weil er bevorzugt wird, sondern weil der Biobauer ein Landwirt ist wie jeder andere Landwirt auch: Wenn er Investitionen tätigt, dann stellt er ei nen Antrag und wird wie jeder andere Landwirt behandelt,
und der Antrag wird bewilligt oder eben nicht bewilligt. Er hat Konditionen, wie sie jeder Landwirt hat – und trotzdem wächst die Biobranche. Auch im Bereich der Investitionen liegt ihr Anteil bei rund 20 % der Gesamtinvestitionen. Das ist ein Asset, das man auch nach außen hin zeigen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was haben wir in dieser Legislaturperiode getan, und was haben wir noch vor? Wir, Grüne und CDU, haben uns darauf verständigt, dass „ge meinsame Plattform“ bedeutet: „regionale Produkte aus Ba den-Württemberg“. Dazu bekenne ich mich. Am Ende ist ent scheidend, dass die Produkte aus Baden-Württemberg kom men.
Zum Tag des Ökolandbaus, den wir erstmals auf dem Land wirtschaftlichen Hauptfest abgehalten haben – deshalb war ich über den Zeitungsbericht am Donnerstag so erstaunt; es war an einem Montag –, waren alle Vorsitzenden und viele Biobauern da.
Es war gut besucht, und es gab null, null, null Kritik; auch die Grünen-Kollegen werden es im Nachgang bestätigen können. Umso erstaunlicher war das Vorpreschen eines Geschäftsfüh rers, der noch nie mit der Hand am Arm mit einer Hacke – oder womit auch immer – gearbeitet hat.
Das muss man abhaken und sagen: Seltsam, wirklich seltsam. Entweder hat er seine Spielwiese, oder er hat mit den Grünen noch irgendetwas offen; keine Ahnung. Wenn Kritik gekom men wäre, dann hätte ich es noch verstanden, wenn es eine grundsätzliche Anmerkung gewesen wäre. Aber die war nicht da.
Es kam eine einzige leise Anmerkung, warum die Staatsbrau erei Rothaus noch kein Biobetrieb sei. Meine Damen und Her ren, das ist ganz einfach: Rothaus braucht Gerste. Sie können rechnen: Pro Hektoliter sind 20 kg Gerste erforderlich. Es geht hier um eine knappe Million – 800 000 oder 900 000, in die ser Größenordnung schwankt es –, also werden 20 000 t Gers te gebraucht. 20 000 t Biogerste stehen aber nicht in jedem Jahr in gleicher Qualität zur Verfügung. Wir können auch die Biologie nicht gänzlich ausschalten. Es ist wahr: Im Jahr 2016, das sehr feucht war, wäre der Pilzbefall am oberen Rand ge wesen, und die Qualität der Gerste hätte in diesem Umfang nicht zur Verfügung gestanden. Dann hätte man Biogerste aus Neuseeland, aus Australien, woher auch immer, hierher ein führen müssen, um nicht nur das Reinheitsgebot einzuhalten, sondern auch die hohe Qualität der Gerste in den Mälzereien zu halten.
Da muss ich ganz offen sagen: Da ist es mir wichtiger, dass ich weiß, dass die Gerste zu 100 % aus Baden-Württemberg kommt.