Protokoll der Sitzung vom 11.10.2018

Das heißt jagdliche Entnahme. – Das muss schnell möglich sein. Es muss ein Telefonat genügen, damit eine rechtssiche re Entnahme – Herr Drexler, so heißt es tatsächlich – möglich ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grü nen, habe ich noch ein ganz wichtiges Anliegen an Sie. Stamp fen Sie bitte endlich Ihr Totschlagargument ein, man könne den Wolf nicht in das Jagdrecht aufnehmen, weil er im An hang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt ist.

(Abg. Raimund Haser CDU: Wir können ihn nicht ins Jagdrecht aufnehmen, weil es das Jagdrecht gar nicht mehr gibt! Es heißt Jagd- und Wildtiermanage mentgesetz!)

Schauen wir nach Frankreich, schauen wir nach Finnland, die eine begrenzte Bejagung von Wölfen eingeräumt haben, um eine gewisse Populationsgröße nicht zu überschreiten. In Schwe den und Finnland gibt es Rentierbewirtschaftungsgebiete,

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Zur Sache! Re den wir auch mal zur Sache?)

wo Wölfe nicht erwünscht sind und gejagt werden. In BadenWürttemberg könnten das Weidezonen und Siedlungsgebiete sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist genau das, was die CDU-Landtagsfraktion fordert. Liebe CDUler, ich fordere Sie auf: Lassen Sie sich nicht schon wieder von den Grünen über den Tisch ziehen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau! – Abg. Rai mund Haser CDU: Einmal in zweieinhalb Jahren!)

Einmal müssen auch Sie sich durchsetzen. Wenn es um ech tes Wolfsmanagement geht, dann haben Sie nicht nur uns an Ihrer Seite, sondern sogar Teile der Grünen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, stimmen Sie unse rem Gesetzentwurf zu. Wir würden uns darüber sehr freuen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rösler.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Er hat keinen Wolf dabei!)

Das dürfte er auch nicht.

(Zurufe von der SPD und der FDP/DVP)

Schade, noch nicht ein mal so einen kleinen Kuschelwolf. – Sehr geehrte Frau Präsi dentin, werte Kolleginnen und Kollegen! SPD und FDP/DVP haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzge setzes eingebracht. Aufhänger ist die Frage der Entschädi gung.

Ich stelle voran, dass es im Hohen Haus mit Sicherheit einen sehr breiten Konsens gibt, dass die Nutztier- und die Weide tierhalter hier im Land wertvolle Arbeit machen und dass wir alles tun, um sie so gut wie möglich zu unterstützen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Was den Gesetzentwurf betrifft, muss ich allerdings sagen, dass er gut gemeint, aber schlecht gemacht ist.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Das sagen Sie immer!)

Das begründe ich auch in der Sache. Das Erste ist, dass Sie den bisherigen Wolfsrissfonds ersetzen wollen und sagen, dann könne das Land zukünftig direkt Ausgleichszahlungen leisten. Wissen Sie, was dann der Fall ist? Mehr Bürokratie als jetzt. Fragen Sie Schäfer Fröschle aus Bad Wildbad mit seinem Riss, ob er mit der Höhe und der Schnelligkeit der Auszahlung zufrieden war. Dann sagt er Ihnen öffentlich „Ja“ – das letzte Mal vor wenigen Tagen bei einer großen Veran staltung in Oberreichenbach.

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Er sagt auch sonst, dass die Entschädigung schnell und unbü rokratisch war. Das zeichnet diesen Wolfsrissfonds aus. Er läuft über die Verbände. Der LJV ist dort übrigens noch nicht ausgestiegen; der ÖJV ist noch mit dabei, da gibt es Diskus sionen. Das zeichnet den Fonds aus, dass die Entschädigung schnell und unbürokratisch erfolgt.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Es gibt ein zweites Argument in der Sache, das gegen Ihren Gesetzentwurf spricht. Das haben Sie wohl nicht bedacht. 15 000 € dürften nach der De-minimis-Regelung maximal aus bezahlt werden, wenn man das über eine Entschädigung des Landes machen würde. Das Beihilferecht sieht das eben im Augenblick noch so vor.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Eben! Ja! – Abg. Andreas Kenner SPD: Dann müsste man das ändern!)

Der Wolfsrissfonds unterliegt dieser Regelung aber nicht. Das heißt, im Augenblick können wir mehr auszahlen. Wir wür den, wenn man das nach Ihren Vorstellungen machen würde, die Obergrenze neu einführen. Das wäre ja wohl unklug und ganz sicher auch nicht im Interesse der Antragsteller. Das un terstelle ich jedenfalls zu Ihren Gunsten.

Der vierte Punkt einer Entschädigungsregelung, der ganz un sinnig wäre: Wenn ich dieses Fass aufmache, muss mir klar sein, dass nicht nur zum Wolf, sondern später auch zu Biber, Kormoran, Rabenkrähe, Buntspecht, Maiswurzelbohrer ir gendwann eine rechtliche Anforderung, ein Gerichtsurteil kommt

(Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt hast du nur noch den Mistkäfer vergessen!)

mit dem Ziel, dass auch Schäden, die von diesen Tieren ver ursacht werden, irgendwie ausgeglichen werden. Dieses Fass möchte ich nicht, möchte unsere Fraktion nicht aufmachen, und nach meinem besten Wissen und Gewissen möchte auch das Umweltministerium dieses Fass auf gar keinen Fall auf machen. Auch deswegen hat das Land Brandenburg mit sehr vielen Wolfsrudeln und einer seit 28 Jahren von der SPD ge führten Landesregierung dieses Fass nicht aufgemacht. Das spricht in der Sache dagegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Dann ist noch anzumerken: Sie sagen, dass die Förderung für den Wolfsrissfonds jetzt 70 % betrage. Es stimmt, dass eine Erhöhung sicherlich sinnvoll ist, und ich weiß, dass es da Dis kussionen gibt. Auch wir von der grünen Fraktion sprechen uns dafür aus, den Fördersatz von 70 auf 90 % zu erhöhen, um die Verbände weiter zu entlasten und da mehr zu überneh men. Das ist sicherlich ein Schritt, über den noch diskutiert wird, aber wir sind guter Dinge, dass da etwas erreicht wird.

Das gilt übrigens genauso für das Beihilferecht auf EU-Ebe ne. Das ist jetzt wieder ein parteiübergreifender Punkt. Ich le ge Wert darauf, dass es auch bei diesem Thema, das emotio nal zum Teil viel zu sehr hochgekocht wird, sehr viel mehr parteiübergreifenden Konsens gibt, als vielleicht der eine oder andere glaubt oder berichtet.

Es gab ein Gespräch in Brüssel, und bei diesem Gespräch ha ben sich die Kommissionen für Umwelt, für Landwirtschaft und für Wettbewerb sehr offen dafür gezeigt, diese beihilfe rechtliche Regelung dahin gehend zu ändern, dass in Zukunft 100 % der Sachkosten erstattet werden können. Das ist ein gu ter Erfolg. Baden-Württemberg war mit dabei, und ich freue mich, dass es uns gelingt, in Baden-Württemberg die Nutz tierhalter noch besser als bisher zu unterstützen – allerdings nicht über eine gesetzliche Schadensersatzregelung, sondern weiterhin über den Wolfsrissfonds und über andere Maßnah men.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteil te ich Herrn Abg. Haser das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Markus Rösler, wir glauben, dass der Gesetzentwurf von SPD und FDP/DVP an einer Stelle in die richtige Richtung geht, nämlich an der, dass wir langfristig nicht umhinkommen, eine gesetzliche Rege lung des Ganzen zu treffen.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der CDU – Abg. Andreas Kenner SPD: Bra vo!)

Da dürfen wir uns auch nichts vormachen. Das Lob für die jetzige Beihilfe hängt schlicht und einfach mit der Fallzahl zusammen und mit der Art, wie das Problem heute individu ell gelöst werden kann. Mit diesem System würden wir in an deren Ländern, die es mit großen Populationen und täglichen oder wöchentlichen Rissen zu tun haben, nicht durchkommen. Wenn an diesem Gesetzentwurf etwas gut ist, dann ist es die

Aussage, dafür brauche man ein Gesetz. Wir haben auch beim Landesparteitag der CDU über dieses Thema gesprochen und dazu ein gutes Papier verabschiedet, in dem auch die Forde rung enthalten ist, ein Gesetz nach den Vorgaben bzw. Ideen Sachsens zu machen,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Gegenruf des Abg. Winfried Mack CDU: Hier schon!)

wonach Ausgleichszahlungen bei Wolfsrissen sehr wohl durch einen gesetzlichen Anspruch geregelt werden können.

Ich möchte aber an dieser Stelle auch sagen, liebe FDP/DVP, liebe SPD: Wir stimmen diesem Gesetzentwurf nicht zu,

(Oh-Rufe von der SPD)

weil er zu kurz springt. Ja, das wird Sie überraschen. Wir wer den dem Entwurf nicht zustimmen. Der Schaden entsteht für den Nutztierhalter nicht nur in dem Moment, in dem der Wolfsriss stattgefunden hat, sondern der Schaden entsteht in dem Moment, in dem er anfangen muss, Zäune zu bauen, was ihn von der Arbeit abhält, und in dem er gegenüber einem Tier, mit dem er bisher nichts zu tun hatte, in einen Schutz inves tieren muss.

Herr Drexler, ich bin Ihnen für den Zuruf vorhin dankbar. Ich kann mit dem Wort Entnahme auch nichts anfangen. Die Ent nahme kenne ich aus dem Krankenhaus. Vielleicht sollten wir wieder lernen, den Wolf als das zu begreifen, was er ist: Er ist ein Tier wie jedes andere auch. Deswegen bringt uns letztend lich auch der Gesetzentwurf und die Debatte zur grundsätzli chen Frage, um die wir heute in diesem Haus keinen Bogen machen dürfen – – Markus Rösler hat es angesprochen, dass die Fragestellung über alle Fraktionen hinweg nicht einfach ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Warum wollen und müssen wir überhaupt an dieser Stelle et was regeln? Ist das, was ab jetzt passieren wird, wirklich un ausweichlich? Haben wir uns gut überlegt, was es heißt, wenn wir gesetzliche Entschädigungen zahlen, was das für den Haushalt bedeutet? Es ist einfach zu sagen: „Wir geben den Nutztierhaltern 70, 90 oder 100 %, um sich zu schützen.“ Ich kann mir vorstellen, wie viele Zäune das sind und was es kos tet, auch was es an Arbeit bedeutet. Wir müssen uns auch ein mal haushaltstechnisch überlegen, ob wir das wirklich wol len.

Ist also Freude angebracht, wenn ein Tier in eine Welt zurück kehrt, die auf keinem einzigen Quadratzentimeter mehr so aussieht wie vor 150 Jahren?