Da frage ich mich doch: Wäre es besser gewesen, er hätte be hauptet, er habe für oder gegen die Taliban gekämpft? Wäre es besser gewesen, zu sagen, er sei ein Mörder? Denn dann hätte man ihn in der Bundesrepublik Deutschland sofort hier behalten, damit er auf keinen Fall umkommt. Einen Christen abzuschieben ist wohl nicht so schlimm.
Mörder haben Rechte, richtig. Aber haben Christen auch Rech te? Vielleicht kann das Ministerium später noch etwas dazu sagen.
Meine Frage lautet: Nach welchen Kriterien wird im BAMF und auch im Ländle entschieden, wer Christ ist oder nicht, wer hierbleiben darf, oder wer nicht hierbleiben darf? Wir hatten bereits im Jahr 2016 eine Anfrage gestellt, wobei die Antwort darauf dann aber eher nichtssagend war.
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte, IGFM, beobachtet, dass – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis –
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Anträge von iranischen und afghanischen Asylbewerbern, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, als unbegründet ablehnt und den Antragstellern nahelegt, in ihren Heimat ländern wieder zum Islam zurückzukehren.
Wie war das noch mit dem Bekenntnis zur Religionsfreiheit in unserem Land? Christen sollen zum Islam zurückkehren, um ihr Leben zu retten? In was für einem Land leben wir ei gentlich?
Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis noch einmal die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte, in diesem Fall den Vorsit zenden Professor Dr. Dr. Schirrmacher:
Tausendmal wurde beklagt und von den großen Kirchen angemahnt, dass das BAMF unparteiische Übersetzer einsetzen müsse. So aber baut das BAMF seine Urteile oft auf den ungenügenden Übersetzungen von muslimi schen Übersetzern auf, wenn es prüft, ob die Bekehrung echt gemeint ist oder nicht. Absurd. „Komik, die das Le ben kosten kann“, nannte das vor Kurzem das Medien magazin pro und führt als Beispiel an, dass ein Asylant laut Übersetzer vermeintlich über den Fußballer Lothar Matthäus sprach, als er von Martin Luther und vom Evan gelisten Matthäus sprach.
Wie war das noch mit Bekenntnis- und Glaubensfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland? Ein Autor der Seite „www. katholisches.info“, Giuseppe Nardi, kommt zu dem Schluss, dass staatliche Organe der Bundesrepublik Deutschland – ich zitiere noch einmal – „unter dem Verdacht einer latenten Ab neigung gegen verfolgte Christen“ stehen.
Was unternimmt die Landesregierung, um verfolgte Christen zu schützen – nicht nur zufällig, wie in dem vorliegenden Fall, sodass er dann doch dableiben durfte, sondern konsequent –, und warum werden in unserem Land, wenn es um eine Ab schiebung geht, Straftäter gegenüber Christen bevorzugt? Ich freue mich auf eine Antwort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Man kann, glaube ich, schon von einem guten Maß an politischer Heuchelei sprechen bei dem, was der Kollege Rottmann hier eben ausgeführt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Lachen bei der AfD – Zuruf des Abg. Daniel Rott mann AfD)
Denn von der AfD liegt zu genau diesem Vorgang eine Druck sache vor, die sich mit diesem Vorgang befasst – eine Initia tive, die eigentlich viel besser in Ihr Bespitzelungskonzept passt, da haargenau abgefragt wird, was Personen getan ha ben, die sich für diesen Flüchtling eingesetzt haben, beispiels weise Abgeordnete der Grünen und anderer Parteien, z. B. die Kirchen, die Vertreterinnen und Vertreter der Kirchengemein de. Nur von Ihnen habe ich in dieser ganzen Angelegenheit nichts gehört, sondern Sie versuchen einmal mehr, politisch Honig daraus zu saugen.
Ich kann Ihnen sagen: Wir als grüne Abgeordnete gehen selbst verständlich Anliegen nach, die von Bürgerinnen und Bürgern an uns herangetragen werden. Dies geschieht auch dann, wenn es um Abschiebevorgänge geht, wenn uns habhafte und nach vollziehbare Gründe vorgetragen werden, die gegen eine Ab schiebung sprechen oder eine erneute Bewertung der Umstän de erforderlich erscheinen lassen. Ich habe auch keinen Zwei fel daran, dass dies zumindest für die Mehrzahl der Abgeord neten in diesem Haus ebenfalls gilt.
Sie haben eben Ausführungen gemacht in einer sehr verkürz ten Form, holzschnittartig bearbeitet, damit es Ihnen gut ins Konzept passt. Deshalb muss man Ihren Ausführungen ein fach eine Korrektur anfügen.
Nach Ablehnung des Asylantrags zweifelte das Verwaltungs gericht 2013 bei der anschließenden Klage des Betroffenen an den Motiven für die Konversion zum Christentum. Zum Zeitpunkt der anstehenden Rückführung im Jahr 2016 lag das Urteil allerdings bereits weit über drei Jahre zurück. Ich will die Feststellung des Gerichts von 2013 nicht bewerten, da ich die materielle Grundlage, auf der es die Entscheidung getrof fen hat, überhaupt nicht kenne – ich bezweifle auch, dass sie Ihnen vorliegt. Aber in über drei Jahren kann viel passieren, kann sich viel verändern.
Deshalb haben sich 2016 neben dem Flüchtlingsrat auch die Kirchengemeinde des Betroffenen und weitere Personen aus dem kirchlichen Umfeld sehr massiv an politische Vertreter gewandt, und alle haben plausibel dargelegt, dass diese Per son glaubhaft zum Christentum konvertiert sei und in den ver gangenen Jahren, rückwirkend seit 2016, aktiv am Gemein deleben teilgenommen habe. Sie verweisen ja immer zu gern auf die christlichen Werte unseres Landes; und hier haben sich
Kirchenvertreterinnen und -vertreter aktiv für Mitmenschen, in diesem Fall für einen Christen, eingesetzt.
2016, kurz vor dem Abschiebetermin, hat das Verwaltungsge richt in einem erneut angestrengten Eilverfahren – nicht eine Hauptsacheentscheidung; das ist eine wichtige juristische Un terscheidung – einen Negativbeschluss gefasst. Aus der Ab schiebehaft heraus innerhalb kürzester Zeit einen Asylfolgean trag, einen Eilantrag zu stellen – das ist jetzt ein wenig juris tisches Fachchinesisch – ist für die meisten Betroffenen in al ler Regel nicht möglich. Richtig ist aber, dass aufgrund des in der Stellungnahme der Landesregierung angesprochenen fak tischen Abschiebestopps, der in den Jahren bis Ende 2016 in Kraft war, die meisten Afghanen geglaubt haben, sie seien in Sicherheit. Hätte der Betroffene zu einem früheren Zeitpunkt bereits einen Asylfolgeantrag gestellt, wäre er gar nicht in die se Situation gekommen.
Jetzt gab es diese Gerichtsentscheidung. Aber eine Gerichts entscheidung enthebt die Behörden eben nicht der Verantwor tung, den individuellen Fall noch einmal daraufhin zu prüfen, ob etwa Gründe vorliegen, die einer Abschiebung entgegen stehen – z. B. wenn sich nach einer gerichtlichen Entschei dung die Umstände noch einmal verändert haben.
Wir haben darauf gedrängt, haben diese Bedenken auch dem Innenministerium vorgetragen, und das Innenministerium hat dann – weil letztlich, wenn auch mit einer anderen Gewich tung, von einer Gefährdung der Person ausgegangen werden musste – von einer Abschiebung abgesehen, wofür ich dem Innenministerium auch ausdrücklich sehr dankbar bin. Denn die betroffene Person ist als Konvertit, der vom Islam zum Christentum übergetreten ist, im Herkunftsland durch religi öse Extremisten von der Verfolgung bis hin zur Ermordung bedroht. Deshalb war diese Entscheidung sachgerecht und notwendig.
Wir sehen, glaube ich, an dieser heutigen Debatte einmal mehr, wer sich wirklich ernsthaft für Flüchtlinge und Bedroh te – auch für Christen, die Flüchtlinge sind und bedroht sind – einsetzt. Wir bedanken uns, dass Sie das per Großer Anfra ge und durch die Behandlung hier im Parlament sichtbar für alle dokumentiert haben. Auf jeden Fall einmal vielen Dank dafür.
Letztlich hat das Innenministerium Baden-Württemberg die Gefährdung des Betroffenen durch die Konversion für so groß gehalten, dass der Betroffene nicht abgeschoben wurde. Wir halten das auch im Rückblick und mit dem Wissen von heu te, fast zwei Jahre später, für richtig und freuen uns, dass der Betroffene – in diesem Fall der zum Christentum konvertier te Mann – nicht abgeschoben wurde.
Wir haben auch erreicht, dass in dieser Sache eine Fehlent scheidung korrigiert wurde. Denn das Bundesamt hat inzwi schen einen Schutzstatus gewährt. Da sind Ihre Vorwürfe ge genüber dem Bundesamt völlig unangebracht; denn als der Antrag des Betroffenen beim Bundesamt vorlag, war er über haupt noch nicht konvertiert. Vielmehr ist das erst im laufen den Verwaltungsgerichtsverfahren passiert. Das hätten Sie auch wissen können, wenn Sie die Drucksache zu Ihrer eige
Ohne den Einsatz zahlreicher Menschen, auch Abgeordneter, wäre das nie geschehen, und wir freuen uns, dass dieser Fall einen guten Ausgang genommen hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Recht auf Schutz vor politischer Verfolgung ist ein Grundrecht, zu dem sich die Landesregierung und die Regierungsfraktionen klar beken nen. Deshalb stellen wir uns unserer humanitären Verantwor tung, bieten Menschen Schutz vor Krieg und Verfolgung.
Neben der Integration anerkannter, schutzbedürftiger Men schen beschäftigt uns aber auch die Ausreise von Menschen, die keinen Schutzstatus haben. Auch das gehört zu einer ver antwortungsvollen Asylpolitik.
Asylanträge werden stets auf der Basis des Einzelfalls geprüft. Deutschland ist ein Rechtsstaat, und deshalb handeln wir nach Recht und Gesetz. Wenn es strittige Fälle gibt, werden diese auch objektiv überprüft.
Für die Durchsetzung von Ausreisepflichten ist der einfachs te und damit auch der bevorzugte Weg die freiwillige Ausrei se. Allerdings: Kommen Menschen ihrer Ausreisepflicht nicht per freiwilliger Ausreise nach, ergreift natürlich der Staat die notwendigen Mittel, und dazu gehören die Abschiebungen.
Die Einschätzung der Sicherheitslage in den Herkunftslän dern, ob in einen Staat abgeschoben werden kann, erfolgt durch den Bund. Nach derzeitigem Sachstand sind Abschie bungen nach Afghanistan im Einzelfall möglich und werden deshalb auch durchgeführt, besonders wenn es sich bei den ausreisepflichtigen Personen um Straftäter oder Gefährder handelt.
An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich unserem Innenmi nister Thomas Strobl für die Einrichtung des „Sonderstabs ge fährliche Ausländer“ Anfang dieses Jahres danken. Mit dem Sonderstab werden nämlich genau die Richtigen abgescho ben: Intensivtäter, islamistische Gefährder und Integrations verweigerer. Der afghanische Staatsangehörige, um den es jetzt in der Großen Anfrage der AfD vom Januar 2017 geht, war gerade kein Gefährder und kein verurteilter Straftäter. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde eingestellt. Es gibt auch kei nerlei Hinweise auf weitere strafbare Handlungen.
Am Tag der geplanten Abschiebung gab es Zweifel daran, ob der Mann tatsächlich nach Afghanistan zurückgeführt werden kann oder nicht. Es fand noch ein gerichtliches Verfahren auf
einstweiligen Rechtsschutz statt; Kollege Lede Abal hat das ausgeführt. Daneben war die Lage auch so, dass sich nach sei ner Rückkehr nach Afghanistan wirklich eine konkrete Ge fahr für ihn hätte ergeben können. Deshalb musste gemäß § 60 a Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes – also nach Recht und Gesetz – die Abschiebung zur weiteren Prüfung der Sach- und Rechtslage vorübergehend ausgesetzt werden.
Die erneute Behandlung des Falls ergab auch, dass dem Mann befristet subsidiärer Schutz gewährt wurde. Im Übrigen – das kann man hier auch einmal sagen –: Für seinen Lebensunter halt sorgt der Mann selbst.