E i n s t e l l u n g s b e g r ü n d u n g e n f ü r P o l i z e i b e a m t e o h n e d e u t s c h e S t a a t s b ü r g e r s c h a f t
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehr ter Herr Staatssekretär Klenk! Ich beziehe mich bei meiner
Frage auf die Landtagsdrucksache 16/2927. In dieser Land tagsdrucksache teilt das Innenministerium mit, dass 138 Po lizeibeamte in Baden-Württemberg ohne deutsche Staatsan gehörigkeit beschäftigt sind. Hierbei handelt es sich nicht um Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft, sondern, wie es im Volksmund ausgedrückt wird, um ausländische Staatsbürger.
Nun weiß ich sehr wohl, dass nach § 7 des Beamtenstatusge setzes der Beamtenstatus nicht allein an die deutsche Staats bürgerschaft im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes ge bunden ist, sondern Ausnahmen definiert sind, die ich hier nicht alle aufführen will – offensichtliche Ausnahmen für Pro fessoren, Künstler und ähnliche Personen. Alle Rechtskom mentare sind sich aber darin einig, dass der Stellenvorbehalt für deutsche Staatsangehörige bei den klassischen Laufbah nen der Hoheitsverwaltung, insbesondere bei den Polizeivoll zugsbeamten, gelten muss und Ausnahmen nur im extremen Ausnahmefall und besonders gut begründet möglich sind.
Ich frage die Landesregierung vor diesem Hintergrund, wie sie die Beschäftigung von serbischen, kroatischen, bosnischen und natürlich auch von türkischen Polizeibeamten in Deutsch land begründet, ob sie etwas unternimmt – und gegebenen falls was –, um die Zahl der ausländischen Polizeibeamten in Baden-Württemberg zu reduzieren, und ob ihr möglicherwei se bekannt ist bzw. ob schon absehbar ist, wann wir albani sche, tunesische, marokkanische, syrische, irakische oder af ghanische Polizeivollzugsbeamte in Baden-Württemberg be schäftigen werden.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen, lieber Kollege Podeswa! Einstellung von Ausländerinnen und Ausländern – bitte nicht mit Migran ten verwechseln – in den Polizeivollzugsdienst: Für nicht deutsche Staatsangehörige ist eine Einstellung in den Polizei vollzugsdienst der Polizei Baden-Württemberg nach dem so genannten Beamtenstatusgesetz und dem Landesbeamtenge setz unter folgenden Voraussetzungen möglich:
Die nicht deutschen Staatsangehörigen müssen eine befriste te Aufenthaltserlaubnis, eine unbefristete Niederlassungser laubnis gemäß § 9 des Aufenthaltsgesetzes oder eine Erlaub nis zum Daueraufenthalt in der EU haben. Sie müssen die Muttersprache in Wort und Schrift beherrschen. Der Bewer ber oder die Bewerberin muss dazu auch eine schriftliche Er klärung abgeben und sich seit mindestens acht Jahren legal in Deutschland aufhalten.
Jetzt kommt das, was Sie angesprochen haben: Für eine Ein stellung muss ein dringendes dienstliches Bedürfnis vorlie gen. Bei den Ländern, die ich Ihnen nachher noch vorlese, handelt es sich um solche, bei denen ein dringendes dienstli ches Bedürfnis an einer Einstellung grundsätzlich bejaht wird. Die Kriterien hierfür sind: Mehr als 10 000 Ausländerinnen und Ausländer aus diesem Staat wohnen in Baden-Württem berg, und der jeweilige Staat zählt zu den Top 20 der Her kunftsländer der ausländischen Tatverdächtigen.
Derzeit sind dies 21 Länder. Ich darf Ihnen diese einmal vor lesen – Sie haben ja auch welche aufgezählt –: Albanien, Al
gerien – übrigens das einzige Land aus dem nordafrikanischen Raum –, Bosnien-Herzegowina, China, Frankreich, Griechen land, der Irak, Italien, das Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Polen, Portugal, Rumänien, die Russische Fö deration, Serbien, Spanien, die Türkei, die Ukraine und Un garn.
Jetzt zu den Zahlen: Seit 1993 wurden bislang insgesamt 314 Ausländerinnen und Ausländer eingestellt. Ansonsten – das kommt dazu – gelten die gleichen allgemeinen Einstellungs voraussetzungen wie für deutsche Staatsangehörige. Die all gemeinen Einstellungsvoraussetzungen sind bei den norma len Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten: Sie müssen Deut sche im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes sein und ei ne Gewähr dafür bieten, jederzeit für die freiheitlich-demo kratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzu treten. Sie müssen auch einen entsprechenden Fragebogen zur Verfassungstreue ausfüllen und unterschreiben und dürfen nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sein, müssen mindestens 1,60 m groß sein – das wissen Sie wahrscheinlich –, und zwar geschlechterunabhängig, und polizeitauglich und damit körperlich und gesundheitlich fit sein.
Als Nachfrage habe ich hier ohne jede Wertung der Länder noch die folgende: Sie haben Albanien, die Türkei, China auf geführt. Wir alle haben hier sicherlich eine Meinung zu dem jeweiligen Regime in diesen Ländern. Meine Frage ist: Glau ben Sie, dass Polizeivollzugsbeamte aus diesen Ländern in Baden-Württemberg aufgrund der Ausfüllung eines Fragebo gens tatsächlich die Einstellungsvoraussetzungen nach § 7 Ab satz 1 Satz 3 des Beamtenstatusgesetzes erfüllen, nämlich je derzeit und einschränkungslos für die freiheitliche demokra tische Grundordnung hier eintreten zu können?
Deshalb sage ich: Diese Beamtinnen und Beamten, die dann hier als Ausländerinnen und Ausländer eingestellt werden, sind ja mit einem Kollegen auf Streife. Wir haben nur aller beste Erfahrungen damit. Da gibt es überhaupt keine Proble me – das sind 319 von 30 000; das muss man jetzt auch ein mal festhalten –, weil die sich im Grunde genommen an den Kollegen entsprechend anlehnen. Wir müssen feststellen, dass diese Beamtinnen und Beamten gerade in den Milieus, aus de nen sie kommen, einerseits Respekt genießen
und andererseits von sich aus größtes Interesse haben, hier konsequent durchzugreifen, weil sie den Aufenthalt der in je dem Einzelfall über 10 000 bei uns Lebenden schützen wol len und nicht durch irgendwelche Kriminellen hier in Miss kredit ziehen lassen wollen. Wir haben da also seit 1993 null Probleme gehabt. Das war übrigens keine Erfindung Baden
Württembergs, sondern wurde damals auf der Innenminister konferenz beschlossen, also bundesweit. Auch die Kriterien wurden dabei festgelegt.
Ich fand die Argumentation des Kollegen Podeswa etwas abenteuerlich, man könne an der Verfassungstreue eines solchen Polizeibeamten zweifeln, weil in dessen Herkunftsland irgendein fragwürdiges Regime herrscht. Das ist schon eine bemerkenswerte Argumentationskette. Sie müssen ja feststellen, ob der jeweilige individuelle Beamte diese Einschätzung seines Regimes in seinem ehemaligen Hei matland hat. Das können Sie so überhaupt nicht sagen.
Herr Staatssekretär, jetzt aber meine Frage: Sind Sie mit mir der Ansicht, dass solche Polizeibeamtinnen und Polizeibeam ten – es sind ja keine großen Zahlen, bezogen auf den Gesamt personalkörper von über 25 000 Beamtinnen und Beamten bei der Polizei – mit ihrer speziellen Kenntnis z. B. der Sprache oder der Mentalität auch des entsprechenden polizeilichen Ge genübers für die polizeiliche Arbeit, für den Erfolg der poli zeilichen Arbeit durchaus sinnvoll und hilfreich sein können?
Das kann ich nur bestätigen. Das sind ja auch die Kriterien, die diese Einstellung ermögli chen, dass gerade diesbezüglich entsprechende Beamtinnen und Beamte im Einsatz sind, die diese Kulturen und speziel len Eigenarten – Sprache, Kultur und alles, was sonst noch damit zusammenhängt – kennen und entsprechend einschät zen können.
Herr Klenk, erst einmal vielen Dank für Ihre Ausführung. – Ich habe doch noch eine Frage. Wenn ich Ihrer Conclusio folge, sagen Sie ja: Aufgrund der sozio ökonomischen Herkunft von vielen Migranten hat man diese Einstellung betrieben, um einen besseren Zugang zu diesen ausländischen Mitbürgern zu haben. Hat denn dann aufgrund der wachsenden Strukturen innerhalb Baden-Württembergs die Landesregierung vor, dieses Potenzial noch zu erhöhen?
Wir greifen auf diese Mög lichkeit doch nur dann zurück, wenn wir nicht Migranten – jetzt sind wir bei Migranten –, die die deutsche Staatsbürger schaft bereits erworben haben, bekommen. Diese zu gewin nen ist das erste Ziel.
Wenn dann noch dringender Bedarf besteht, Menschen einer bestimmten Nationalität, einer bestimmten Kultur einzustel len, aber im normalen Bewerbungsverfahren keine geeigne ten Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft dabei sind, nur dann greifen wir darauf zurück.
Herr Staatssekre tär, ich verstehe nicht die Notwendigkeit zur Ausnahme, nur weil Leute aus diesen Gegenden da sind. Warum können das einheimische Polizisten nicht machen? Wir können doch nicht, wenn irgendwelche Leute von irgendwoher kommen, dann immer gleich die entsprechenden Leute einstellen.
Die zweite Frage betrifft das, was schon zum Stichwort Fra gebogen gesagt wurde: Glauben Sie wirklich, dass der Frage bogen ein ausreichendes Instrument ist, um herauszubekom men, ob diese Leute verfassungstreu sind? Es ist doch auch bekannt, dass es auch Clans und alle möglichen Gruppierun gen gibt, die gezielt die Polizei infiltrieren wollen. Da ist doch nichts leichter, als einen Fragebogen zu verfassen.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Ziemlich naive Vorstellung, wie so etwas funktioniert! – Abg. Thomas Blenke CDU: Was würden Sie reinschreiben?)
Gibt es wenigstens irgendwelche Beobachtungen vom Verfas sungsschutz oder von irgendwelchen anderen Organen, die da hilfsweise hinzugezogen werden?
Das kommt ja bei jedem Po lizeibeamten automatisch dazu. Auch bei denjenigen mit deut scher Staatsbürgerschaft gibt es mehrfache Überprüfungen auch mal während ihrer Dienstzeit, wenn hier irgendein Ver dacht bestehen sollte.
Wir greifen, wie gesagt – ich kann es nur zum vierten Mal wiederholen: seit 1993 in 314 Fällen –, wirklich nur in abso lut dringenden Fällen auf diese Möglichkeit zurück, nämlich wenn über das übliche Bewerbungsverfahren niemand zur Verfügung steht.
Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Thema. Dann ist das für heute erledigt.
B u n d e s w e i t e r s t e r S t u d i e n g a n g H e b a m m e n w i s s e n s c h a f t u n d P f l e g e a u f d e m C a m p u s f ü r G e s u n d h e i t s w i s s e n s c h a f t e n T ü b i n g e n
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Regierungsbefragung möch ten wir, die Fraktion GRÜNE, das Thema „Akademisierung der Gesundheitsberufe“ ansprechen, insbesondere mit Blick auf die Hebammenwissenschaft.
Am 19. Oktober wurden gemeinsam mit Frau Staatssekretä rin Bärbl Mielich und Frau Ministerin Bauer die Bachelorstu diengänge Hebammenwissenschaft und Pflege auf dem neu en Campus Gesundheitswissenschaften Tübingen/Esslingen eröffnet. Insbesondere die an einer Universität verortete pri märqualifizierende Hebammenwissenschaft in Zusammenar beit mit der Universitätsmedizin ist dabei eine bundesweite Neuerung.