Protokoll der Sitzung vom 21.11.2018

Frankreich hat einen Zielbestand von 500 Tieren. 40 wurden entnommen. Spanien versteigert seinen Abschuss. Italien hat bei stabilen Beständen eine Entnahme in Höhe von 5 %. Ru mänien hat eine legale Bejagung von 3 000 Tieren. Die Slo wakei hat 120 bis 150 Tiere entnommen, um einen Korridor freizuhalten. Diese Länder sind alle in der Europäischen Uni on. Und Sie heucheln hier vor: „Wir können nicht handeln.“ Sie wollen nicht handeln!

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Bravo!)

Da kann ich nur die Kollegen der Union auffordern: Setzen Sie sich endlich einmal gegen Ihren Koalitionspartner durch, befreien Sie sich aus dem Würgegriff der Grünen,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Oh, oh!)

und lassen Sie die Wölfe da leben, wo sie leben sollen, und das ist nicht in unserer Kulturlandschaft in Baden-Württem berg.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Rolland.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Da men und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Ich muss zuge ben, mein erster Gedanke beim Lesen des Titels der Aktuel len Debatte war: Um Himmels willen, liebe CDU, warum se hen Sie in Ihrem Justiz- und Europaminister ein Risiko?

(Zuruf von der CDU: Witz komm raus!)

Müssen wir uns tatsächlich Sorgen machen – zumal er jetzt auch nicht da ist? Mit wem, wenn nicht mit dem Stier, tanzt denn jetzt die Europa? Und was tanzt sie? Oder hat jetzt viel leicht das frisch angezündete Fasnetslicht aus dem alemanni schen Südwesten die CDU in Stuttgart erreicht?

Nein, das alles ist falsch. Es ist tatsächlich so, dass Sie mit uns hier im Parlament zum wiederholten Mal über die Wiederkehr des Wolfes sprechen wollen – des vierbeinigen Wolfes, um hier alle Missverständnisse auszuräumen – und darlegen wol len, warum der Wolf ein Problem für die Schaf- und Ziegen halter im Land ist.

Stimmt, das Thema muss man ernst nehmen. An allererster Stelle steht für die SPD-Fraktion selbstverständlich die Si cherheit der Bevölkerung. Daran gibt es nichts zu rütteln. Wichtig ist tatsächlich auch der Schutz der Herdentiere. Da für braucht es eine gute Vorbeugung und vor allem eine gute und schnelle Entschädigung im Fall von Wolfsrissen.

(Zurufe)

Bei der gesamten Thematik sollte man aber auch nicht ver gessen, dass es noch viel mehr Faktoren gibt, die die Existenz

und die Zukunft der Nutztierhalter im Schafs- und Ziegenbe reich gefährden. Das ist z. B. der billige Preis im Welthandel für das Lammfleisch, oder das sind die teuren, sehr kleintei lig notwendigen veterinärrechtlichen Untersuchungen, oder es ist die preiswerte Wolle, die aus Neuseeland und aus Irland ins Land kommt. Nicht zu vergessen sind die Schäden, die Fahrzeuge, aber auch wildernde Hunde oder Regionalzüge an Schafsherden verursachen.

In der vergangenen Woche war im Magazin GEO zu lesen, dass Kolkraben, die sich ins Genick von Schafen setzen, so lange picken und die Schafe verletzen, dass diese eingehen.

(Zuruf der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch)

Meine Damen und Herren, von Wölfen sind bisher 100 Scha fe gerissen worden, aufgrund der Raben, Kolkraben, sind Tau sende in Baden-Württemberg verendet.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Was soll uns das sagen?)

Es ist eindeutig: Wir können die Schafe durch Herdenschutz hunde und durch Zäune vor den Wölfen schützen. Gegen die Raben nutzt das allerdings nichts.

Deswegen ist es richtig, dass sich Europa, die Europäische Union, bewegt hat. Die Kommission gibt ihren Widerstand auf. Die vollständige finanzielle Förderung solcher Schutz maßnahmen ist möglich; das ist keine unzulässige Beihilfe für die Landwirtschaft. Ich denke, das ist ein Meilenstein, was den Schutz der Herden angeht.

(Beifall bei der SPD)

Europa bewegt sich – das haben Sie richtig geschrieben, lie be CDU-Fraktion –, das Land bewegt sich auch. Die Frage ist nur: Wohin? Wir, die SPD-Fraktion, empfehlen der Landes regierung, die Entschädigung für die Nutztierhalter nun end lich tatsächlich gesetzlich zu verankern. Spätestens, wenn sich ein Wolfsrudel in Baden-Württemberg angesiedelt hat, wer den Sie das tun. Also bereiten Sie sich jetzt schon vor. Bewe gen Sie sich doch bitte!

Liebe CDU-Fraktion, lassen Sie uns doch fachorientiert und lösungsorientiert an der Thematik arbeiten. Der Wolf ist hier. Im Augenblick ist gesichert ein Wolf in Baden-Württemberg, einige Wölfe sind auf der Durchreise. Der Ruf, den Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen – das bringt nichts. Das Abschie ßen von Problemwölfen ist nach dem Bundesnaturschutzge setz jetzt schon möglich. Auch die Aufhebung des Schutzsta tus durch die Europäische Union oder das Washingtoner Ar tenschutzabkommen wird viel Zeit erfordern, hilft den Nutz tierhaltern aber leider gar nicht.

Es gibt Besseres, was man tun kann: mehr Schutz für die Tie re, bessere Unterstützung für die Tierhalter und gute Bedin gungen für den Erhalt der Landwirtschaft und für den Land schaftsschutz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Glück.

Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Baden-Württemberg ist Wolfsland; dies scheint jetzt auch die Landesregierung zumindest in Tei len verstanden zu haben. Denn die Rückkehr des Wolfes nach Baden-Württemberg und hier in den Südwesten ist natürlich mit großen Problemen verbunden. Er wurde nicht ohne Grund irgendwann in der Vergangenheit ausgerottet. Und jetzt kommt er zurück und findet eine völlig andere Welt vor: hohe Besied lungsdichte, viele Straßen. Es ist ohnehin schon eine große Herausforderung, unsere Kulturlandschaft hier zu erhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem in den ver gangenen Jahren Milliarden Euro in die extensive Weidebe wirtschaftung gesteckt wurden, hatte man doch den Eindruck, Teilen der Landesregierung sei das völlig egal. Sie freuen sich über den Wolf und stellen den Wolf über alles.

Inzwischen wurden mindestens 56 Schafe und eine Ziege in Baden-Württemberg nachweislich Opfer einer Wolfsattacke. Des Weiteren gibt es viele unbestätigte Angriffe auf andere Tiere, u. a. auf zwei Pferde im August dieses Jahres. Bei je dem Übergriff, bei jeder Sichtung kommt die reflexhafte Re aktion der Landesregierung, vor allem aber auch einzelner grüner Abgeordneter, die sagen: Das wird schon ein Hund ge wesen sein.

(Abg. Anton Baron AfD: Einzelfälle! Die kennen wir!)

Glaubhafte Wolfssichtungen wurden unbestätigt kommentiert mit dem Hinweis – –

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: So ein Blödsinn! – Zu ruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Ich zitiere gerade einen Kollegen von Ihnen. Natürlich ist es ein Blödsinn. Genau. – Da kam u. a. der Satz

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf)

nein, eine Zwischenfrage lasse ich nicht zu; er kann ja nach her noch dazu sprechen –: „Ein Wolf ist von einem Wolfshund nur schwer zu unterscheiden.“ Das ist die Aussage, die von den Grünen kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn jemand einen Wolf sieht und bekommt diesen Spruch „Ein Wolf ist vom Hund schwer zu unterscheiden“ zu hören – – Da werden Sie doch in die Ecke der Ahnungslosen gestellt. So fühlt sich doch kein Mensch ernst genommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Des Weiteren haben wir eine unklare Situation bei der Ent schädigung. Es gibt z. B. keinen gesetzlichen Anspruch auf Entschädigung. Jahrelang wurden die Probleme mit dem Wolf negiert.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Unsere Forderungen übrigens, den Wolf ins Jagdrecht aufzu nehmen – erst einmal bei ganzjähriger Schonzeit – und eine Wolfsverordnung zu schaffen, um diese komplexe Rechtsla

ge, die es in Bezug auf den Wolf gibt, zu bündeln, sind bisher alle völlig fehlgeschlagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Ich sage Ihnen ganz klar: Wir brauchen eben nicht nur für den Wolf die Anwendung des Jagdrechts, sondern wir brauchen auch eine Wolfsverordnung, die das komplizierte Recht bün delt. Denn im Zweifelsfall muss ein Anruf ausreichend sein, um einen Wolf jagdlich zu entnehmen, oder, wie Herr Drex ler sagt – der heute leider nicht hier ist –, um ihn abzuschie ßen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, des Weiteren muss aber auch das Land darauf hinwirken, dass der Bund in Rück sprache mit der EU den Wolf von Anhang IV in Anhang V der FFH-Richtlinie hebt. Wir haben hier eine gesicherte Popula tion in Europa; wir haben eine gesicherte Population in Deutsch land. Andere Länder haben das übrigens schon gemacht – Est land, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei usw. Da ist der Wolf bereits heute im Anhang V.

Minister Untersteller möchte das aber nicht. Das ist völlig un verständlich, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir ha ben eine gesicherte Wolfspopulation; der Wolf gehört in Deutsch land in den Anhang V und nicht in den Anhang IV der streng geschützten Bereiche.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Aber auch die Möglichkeit, die Wolfspopulationen zu regu lieren, solange der Wolf noch im Anhang IV aufgeführt ist, wurde von der Landesregierung jahrelang negiert. Jahrelang hat man gesagt: Das geht nicht, der ist streng geschützt, da kann man die Populationen nicht regulieren. Was mich nur wundert: Wie kommt es, dass Frankreich dies macht, obwohl dort der Wolf im Anhang IV aufgeführt ist? Wie kommt es, dass Schweden dies macht?

(Abg. Raimund Haser CDU: Weil die ein paar Wöl fe mehr haben!)

Dort findet eine Lizenz- und Schutzjagd auf den Wolf statt, und dort sind übrigens auch Rentierbewirtschaftungsgebiete ausgezeichnet, bei denen man sagt: Dort sind Wölfe nicht er wünscht.