Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg – der linken Seite natürlich mehr als Ihnen.
Und ich hoffe, dass Sie weiterhin gut zusammenarbeiten, strei ten, über die Zukunft nachdenken und alles tun, dass dieses Parlament das Ansehen hat, das es, das der Parlamentarismus in Baden-Württemberg insgesamt verdient.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD, den Grü nen, der CDU und der FDP/DVP sowie auf der Re gierungsbank)
Liebe Kolleginnen und Kolle gen, nicht dass der eine oder die andere auf die Idee kommt, sich vom Landtag zu verabschieden, weil es jetzt ausnahms weise Wein und Brezeln gab. Nur zur Sicherheit: Die gibt es erst, wenn Sie mindestens 25 Jahre auf dem Buckel haben.
Große Anfrage der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Mögliche Konsequenzen der Gründung eines Stadtkreises Reutlin gen für die Stadt und den Landkreis – Drucksache 16/3321
Meine Damen und Herren, auf der Besuchertribüne begrüße ich sehr herzlich interessierte Bürgerinnen und Bürger der Stadt und des Landkreises Reutlingen, die anlässlich von Ta gesordnungspunkt 1 die Debatte mitverfolgen.
Besonders begrüßen darf ich Frau Oberbürgermeisterin Bar bara Bosch, Herrn Oberbürgermeister und Kreisrat Dr. Ulrich Fiedler sowie Herrn Landrat Thomas Reumann. Ebenfalls un ter den Gästen sind Mitglieder aus Gemeinderäten der Regi on sowie des Kreistags. Sehr geehrte Damen und Herren, ich heiße Sie alle in der Plenarsitzung des Landtags von BadenWürttemberg nochmals herzlich willkommen und wünsche Ihnen weiterhin informative Eindrücke und eine interessante Debatte. – Herzlich willkommen!
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion und für das Schlusswort der die Große Anfrage stellenden Fraktionen ei ne zusätzliche Redezeit von insgesamt fünf Minuten festge legt. Die Fraktion GRÜNE und die Fraktion der CDU sind übereingekommen, die für das Schlusswort zur Verfügung ste hende Zeit zu teilen, sodass ihnen jeweils 12,5 Minuten Re dezeit zur Verfügung stehen.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Im Juli 2015 hat der Gemeinderat der Stadt Reutlin gen mit großer Mehrheit beschlossen, ein eigener Stadtkreis werden zu wollen, und einen entsprechenden Antrag an das
Land gerichtet. Nun, die Gemeindeordnung für Baden-Würt temberg sieht die Möglichkeit der Erklärung von Städten zu Stadtkreisen vor. Zuständig ist der Landtag, der dafür ein Ge setz erlassen müsste.
Landesverfassung und Landkreisordnung definieren als Maß stab hierfür, dass Gründe des öffentlichen Wohls bei einer der artigen Entscheidung überwiegen müssen. Das zeigt: Die Lan desverfassung schließt mögliche Änderungen von Kreiszu schnitten in unserem Land nicht aus; auch die Gemeindege bietsreform von 1973 ist keinesfalls in Stein gemeißelt.
1973 hatte Reutlingen das Pech, noch weniger als 100 000 Einwohner zu haben. Andernfalls gäbe es eine gewisse Wahr scheinlichkeit, dass man die Stadt seinerzeit zum Stadtkreis erklärt hätte. Aber damals konnte eine Stadt erst ab 100 000 Einwohnern zum Stadtkreis erklärt werden.
Wir haben jetzt in den letzten Monaten immer wieder bohren de Nachfragen erhalten, wann endlich der Landtag die Ent scheidung über den Antrag der Stadt fällen werde. Das kann ich gut verstehen; ich kann gut verstehen, dass man ungedul dig geworden ist. Ich muss aber andererseits um Verständnis dafür bitten, dass wir einen umfassenden Abwägungsprozess – einen wirklich umfassenden Abwägungsprozess – zu bewäl tigen hatten, und so ein Prozess braucht Zeit. Es gibt keinen historischen Vorläufer; es hatte nach der Gemeindegebietsre form in Baden-Württemberg bislang keinen Antrag auf Grün dung eines Stadtkreises gegeben, und das Verfahren dafür ist auch nirgendwo konkret bestimmt.
Die Beantwortung der Frage, meine Damen und Herren, ob überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls für oder gegen die Gründung eines Stadtkreises bestehen, erforderte jeden falls eine sehr umfassende Güterabwägung. Das öffentliche Wohl ist keinesfalls einseitig aus der Sicht der Stadt bestimm bar, aber auch nicht einseitig aus der Sicht des Landkreises.
Auch Reutlingen selbst ist keinesfalls einfach einzuordnen. Es ist die einzige Stadt in Baden-Württemberg mit deutlich über 100 000 Einwohnern, die immer noch kreisangehörig ist. Zweifelsohne – ich glaube, das bestreitet niemand hier in die sem Haus – könnte Reutlingen aus eigener wirtschaftlicher Kraft seine eigenen Angelegenheiten regeln. Zu berücksich tigen ist aber auch – das ist die Schwierigkeit eines derartigen Abwägungsprozesses –, welche Folgen dies wiederum für den Landkreis hätte.
Im Ergebnis kann ich für meine, die grüne Fraktion feststel len: Wir haben das Anliegen der Stadt sehr ernst genommen, und wir haben den Klärungsprozess mit der gemeinsamen Großen Anfrage von Grünen und CDU vom 17. Januar dieses Jahres auch vorangetrieben. Wir haben viele Gespräche mit Stadt und Landkreis geführt, und wir haben diese öffentlich angehört. Wir haben in der Koalition wahrhaft um Lösungen gerungen.
Es ist kein Geheimnis: Es gibt in der Beurteilung dieser Fra ge durchaus unterschiedliche Auffassungen in unserer Koali tion. Aber damit – machen Sie sich keine Sorgen – kommen wir gut zurecht
Bei uns Grünen genießt der Antrag der Stadt durchaus Sym pathie. Ein Stadtkreis ist für uns aufgrund der geschilderten Umstände selbstverständlich grundsätzlich vorstellbar, auch wenn es sicherlich keine rechtliche Verpflichtung dazu gibt, Reutlingen zum Stadtkreis zu erklären. Es gibt aber auch kri tische Stimmen bei uns, die nach der Existenz und der Zu kunft des Landkreises und nach dem Gesamtgefüge des Ge bietszuschnitts in Baden-Württemberg fragen.
Die grundsätzliche Sympathie meiner Fraktion resultiert aus unserer Grundüberzeugung vom Prinzip der Subsidiarität, ein Prinzip, das sich gerade in einem föderalen Land wie dem un seren in den letzten Jahrzehnten sehr bewährt hat und viel Po sitives gestiftet hat. Auf dieses Prinzip muss man sich immer wieder einmal besinnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Sckerl, für das Zulassen der Frage. – Ich freue mich natürlich, dass Sie dem Antrag der Stadt Reutlingen und des Gemeinde rats mit Sympathie begegnen. Ich frage mich aber, wie Sie die Entscheidung des Gemeinderats bewerten. Übergehen Sie mit diesem Entschließungsantrag nicht auch ein Stück weit das Votum des Gemeinderats?
Zur Frage des Gemeinwohls, die Sie jetzt zu Recht angespro chen haben, hätte ich eine Nachfrage: Der Antwort auf die Große Anfrage entnehme ich, dass es um die Steigerung der Leistungsfähigkeit von Kommunen geht. Was heißt das? Wä re das durch den Stadtkreis gegeben? Die Effizienz der kom munalen Aufgabenwahrnehmung durch den Stadtkreis wäre gegeben. Die Sicherung und Solidität der Haushalte wären nach meiner Ansicht durch den Stadtkreis auch gegeben. Auch eine Sicherung der umfassenden Daseinsvorsorge wäre durch den Stadtkreis gegeben. Oder sehen Sie das anders?
Herr Kollege, ich habe gesagt, dass für uns die Gründung eines Stadtkreises grund sätzlich vorstellbar ist, dass aber noch andere Faktoren hinzu kommen, die in dem Antrag der Stadt Reutlingen selbst na türlich nicht enthalten sein können. Die Stadt Reutlingen ver tritt eigene Interessen. Wir mussten aber auch die Interessen des Landkreises in einem fairen Interessenausgleich im Blick haben; wir mussten Zukunftsfragen und Fragen der Gebiets organisation insgesamt berücksichtigen. Aus diesem Grund gibt es heute als Ergebnis der Koalition insgesamt keine Zu stimmung zur Gründung eines Stadtkreises.
Ich glaube aber, es gibt einen sehr attraktiven anderen Vor schlag unterhalb der Stadtkreisgründung, über den wir reden sollten, weil ich davon überzeugt bin, dass solche Vorschläge auch zukunftsfähig sind.
Ich meine, beide Positionen – Ja zum Stadtkreis und Nein zum Stadtkreis – haben ihre Berechtigung. Sie sind legitim. Wir haben – das ist für uns entscheidend – in diesem Abwägungs prozess gemeinsam festgestellt, dass es gleichwohl sinnvolle
Veränderungen im Verhältnis zwischen Stadt und Landkreis geben kann. Meine Fraktion sagt sogar, dass es sie geben muss.
Unser Motto ist sehr eindeutig, auch wenn es heute keine Zu stimmung zum Stadtkreis gibt. Es kann dennoch nicht so blei ben, wie es ist. Entscheidend ist, dass eine Großstadt andere Herausforderungen hat als ein ländlich geprägter Landkreis. Die Stadt braucht Beinfreiheit für ihre Entwicklung, der Land kreis braucht Sicherheit für seine eigene gesunde Zukunft. Deshalb wollen wir mit interkommunaler Zusammenarbeit beides ermöglichen und den Zusammenhalt und Interessen ausgleich in der Zukunft fördern. Wir wollen einen Prozess, in dem Stadt und Kreis ihre Aufgabenteilung von Grund auf prüfen und möglichst einvernehmlich Änderungen vorneh men. Das meinen wir ernst. Unser Entschließungsantrag ist kein Larifari. Das Thema wird nicht ad acta gelegt, wenn er beschlossen worden ist. Wir erwarten substanzielle Verände rungen in der Aufgabenverteilung, und wir erwarten dazu auch Ergebnisse und einen Bericht. Das ist uns sehr, sehr wichtig.
Meine Damen und Herren, abschließend sage ich – Kollege Thomas Poreski wird in der zweiten Runde dazu noch reden und es vertiefen –: Man muss kein Prophet sein, um zu wis sen, das Thema kommt in den nächsten Jahren zurück. Städ te, auch Große Kreisstädte, wachsen weiter, und wir werden uns hier und voraussichtlich auch an anderen Stellen in eini gen Jahren fragen müssen, ob wir Gebietszuschnitte so lassen können, wie sie im Moment sind. Die nächste Landesregie rung ist nach meiner Überzeugung gut beraten, hier nach über vier Jahrzehnten eine umfassende Evaluation einzuleiten und durchzuführen. Dann gibt es sicherlich viele Fragen zu beant worten.
Heute haben wir gute Gründe, Ihnen diesen Entschließungs antrag vorzulegen. Wir bitten um Zustimmung.
Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Alle Tage im Landtag sind wichtig. Manche Tage sind besonders wichtig, weil ihnen ein Hauch von Besonderem und Einmaligem innewohnt. Heute ist ein solcher Tag, mit den Tagesordnungspunkten 1 und 2.