Wir unterstützen ausdrücklich das Ansinnen der vier Fraktio nen, die den Gesetzentwurf eingebracht haben, nach Moder nisierung des Untersuchungsausschussgesetzes. Die aufge zeigten Problemfelder erfordern eine Novellierung der ent sprechenden Vorschriften.
Als Angehörige der Opposition begrüßen wir insbesondere die Stärkung der Minderheitenrechte. Auch wenn Minderhei ten nach dem vorliegenden Entwurf ihre Sperrminorität nut zen oder sogar missbrauchen könnten, hoffen wir doch, dass Themen, die zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geführt haben, uns allen wichtig genug erscheinen, dass wir auch künftig zu einvernehmlichen Entscheidungen kommen.
Wir erkennen auch an, dass das Verschleppen einer Untersu chung nicht das Anrecht einer Minderheit sein kann. Mit an deren Worten: Wir begrüßen prinzipiell die dahin gehende Än derung, dass eingesetzte Untersuchungen auch dann weiter geführt werden, wenn der Verfassungsgerichtshof angerufen wird.
Dennoch regen wir eine Lösung an, welche verhindert, dass verfassungswidrige Einsetzungsanträge nur aufgrund von Ef fektivitätssteigerungen hingenommen werden sollen. Dieser Punkt bedarf deshalb einer weiteren kritischen Auseinander setzung im Ausschuss.
Die Möglichkeit, Vorlagen künftig auch in elektronischer Form einreichen zu können, verstehen wir als einen Beitrag zur Entbürokratisierung und Effektivitätssteigerung bei der Arbeit im Untersuchungsausschuss. Die Datensicherheit darf hier aber nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, sondern muss sehr kritisch gesehen werden. Diese Möglichkeiten dür fen deshalb nur dann in Anspruch genommen werden, wenn ein absolut zuverlässiger Datenschutz gewährleistet werden kann. Hier kann und darf es keine Abstriche geben.
In diesem Sinn befürworten wir auch die im Gesetzentwurf vorgesehene Einfügung eines § 13 a, wonach Unterlagen mit persönlichem Charakter dem Untersuchungsausschuss nur in soweit zur Verfügung gestellt werden müssen, als sie für den Untersuchungsgegenstand relevant sind.
Sinnvoll ist auch die Möglichkeit, einen Ermittlungsbeauf tragten einzusetzen. Dieses Institut darf uns Abgeordnete je doch nicht unserer Verantwortung entbinden.
Als behilfliches Institut kann ein solcher Ermittlungsbeauf tragter aber die Arbeit entsprechend erleichtern.
Der zunächst angestrebte Ermittlungszeitraum von höchstens sechs Monaten entspricht dem Interesse der Öffentlichkeit. Die Flexibilität durch die vorgesehene Erweiterungsmöglich keit ist zu begrüßen. Ausgehend von einem verantwortungs vollen Umgang mit den genannten Möglichkeiten kann der
Ermittlungsbeauftragte als zeitgemäßes Institut im Rahmen eines Untersuchungsausschusses betrachtet werden.
Wir denken, dass die geplante Änderung von § 9 Absatz 5 des Untersuchungsausschussgesetzes durchaus im Interesse der Öffentlichkeit liegt und zur Transparenz beitragen kann. Wir versprechen uns von der Liberalisierung dieses Paragrafen, dass die Abgeordneten zur Information der Öffentlichkeit er mutigt werden. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass diese Mög lichkeit nicht zur Austragung von anderen politischen Strei tigkeiten missbraucht wird.
Die AfD-Fraktion steht dem Gesetz zur Änderung des Unter suchungsausschussgesetzes daher grundsätzlich positiv ge genüber.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren! Er innern Sie sich noch an die vergangene Plenarsitzung? Herr Wolf war so großzügig, uns einen kurzen Rhetorikkurs zu ge ben.
Wir erfuhren von einem anderen Abgeordneten – Frau Lind lohr ist gerade leider nicht hier –, wie wichtig doch eine kor rekte Sprache ist, da die Sprache unser Denken und unsere Gesellschaft prägt. Umso verwunderlicher finde ich deshalb Artikel 1 Nummer 3 in dem vorliegenden Gesetzentwurf.
Den Rest dieses Entwurfs zur Änderung des Untersuchungs ausschussgesetzes finden wir gut. Das Instrument des Unter suchungsausschusses ist, wie meine Vorredner einhellig be kundet haben, eines der wichtigsten Instrumente unseres Par laments. Wir hatten heute Morgen eine Debatte über den Par lamentarismus. Da gehört das auch hin.
Schauen wir uns die Nummer 3 einmal genauer an. § 9 Ab satz 5 des Untersuchungsausschussgesetzes in der gültigen Fassung lautet:
Vor Abschluss der Beratung über einen Gegenstand der Verhandlung sollen sich die Mitglieder des Untersu chungsausschusses einer öffentlichen Beweiswürdigung enthalten.
Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, dies in der Weise zu öffnen, dass man lediglich keine „abschließende“ öffentliche Beweiswürdigung tätigen darf.
Wenn wir nun davon ausgehen, dass die Sprache unser Den ken steuert, bewirkt das Folgendes: Sobald ich eine Art Wer tung abgebe – ganz egal, ob es ein Zwischenbericht oder ei ne abschließende Betrachtung ist –, verfestigt sich diese Mei nung in meinem Denken. Dadurch entsteht eine selektive, ei ne gesteuerte, eine einseitige Wahrnehmung. Eine einseitige Wahrnehmung ist genau das, was wir bei einem Untersu chungsausschuss verhindern müssen.
Auch wenn ein Untersuchungsausschuss sehr lange dauert – wie es u. a. beim NSU-Untersuchungsausschuss der Fall war bzw. ist –, dürfen wir keinen Raum für Spekulationen oder Schwatzhaftigkeit oder Ähnliches zulassen. Denn dies beein flusst nicht nur den Untersuchungsausschuss, sondern auch die Bevölkerung und die Medien.
Die Neutralität des Untersuchungsausschusses wird durch ei ne solche Gesetzesänderung nur unnötig gefährdet. Wenn wir die Nummer 3 – also dieses eine kleine Wörtchen – aus dem Gesetzentwurf streichen, nehmen wir dadurch den öffentli chen Druck aus dem Untersuchungsausschuss. Wenn die in Nummer 3 vorgesehene Änderung jedoch umgesetzt wird, dann wäre das beinahe so, als würde man im Strafrecht den Grundsatz „In dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklag ten – nicht mehr gelten lassen. Darum fordern wir, die Num mer 3 zu streichen.
Wird vonseiten der Regie rung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Mir liegen auch keine weiteren Wortmeldungen vor. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Aussprache beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/275 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so be schlossen.
Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Quali tätssicherung im Zusammenhang mit der Inklusion – Drucksache 16/3
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion und fünf Minuten für den Zusammenschluss fraktionsloser Abgeordneter.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Den unmittelbaren Anstoß zum vor liegenden Antrag haben zahlreiche Eltern von Kindern mit Behinderung gegeben. Sie haben sich an die FDP/DVP-Frak tion gewandt in der Sorge, dass die qualifizierte sonderpäda gogische Förderung und die erstklassige medizinisch-pflege rische Versorgung und überhaupt die aufmerksame Betreuung in den baden-württembergischen Sonderschulen verloren ge hen könnten.
Bis die damalige, grün-rote Landesregierung den Sonderschu len die Bezeichnung „Schule“ wegnahm – sie heißen jetzt of fiziell „Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren“ –, kannte das Schulgesetz folgende neun Sonderschularten: erstens Schulen für Blinde, zweitens Schulen für Hörgeschä digte, drittens Schulen für geistig Behinderte, viertens Schu
len für Körperbehinderte, fünftens Förderschulen, sechstens Schulen für Sehbehinderte, siebtens Schulen für Sprachbehin derte, achtens Schulen für Erziehungshilfe und neuntens Schu len für Kranke in längerer Krankenhausbehandlung.
Allein diese Auflistung macht nicht nur deutlich, wie ausdif ferenziert und hoch spezialisiert unser Sonderschulwesen ist, sondern verdeutlicht auch, welch große Bandbreiten von Be hinderungsarten es gibt und welch anspruchsvolle Aufgabe es ist, jedem einzelnen Kind mit Behinderung gerecht zu wer den.
Jedem einzelnen Kind gerecht zu werden und ihm oder ihr die bestmögliche passende Bildung und Förderung angedeihen zu lassen ist und bleibt für uns Freie Demokraten die Richtschnur unseres Handelns.
Wir verstehen den Auftrag der UN-Behindertenrechtskonven tion zur Inklusion als Auftrag, mehr Möglichkeiten, mehr Wahlfreiheiten bei der Bildung und Förderung von jungen Menschen mit Behinderung zu schaffen. Aber wir verstehen den Inklusionsauftrag nicht als Auftrag, alles Bisherige um zustürzen – so, als hätte es vorher keine Inklusion gegeben.
Die mittlerweile wieder abgeschaffte Sonderschulpflicht bei spielsweise war seinerzeit eine große Errungenschaft. Sie si cherte Menschen mit Behinderung ein Recht auf Bildung. Sie legte den Grundstein für das ausdifferenzierte Sonderschul wesen. Aus der Sonderschulpflicht erwuchs das Recht auf die bestmögliche Bildung. Dieses Recht gilt es auch für die Zu kunft in vollem Umfang zu sichern.
Die Sicherung dieses Rechts ist vor dem Hintergrund der be sorgniserregenden Rückmeldungen insbesondere aus der El ternschaft auch dringend notwendig. So erreichten unsere Fraktion von vielerlei Seiten Klagen über Unterrichtsausfall und mangelnde Lehrerversorgung. Ein Blick in die Stellung nahme des Kultusministeriums zu unserem Antrag bestätigt, dass die Zahl der Absolventen des Lehramtsstudiengangs Son derpädagogik in Baden-Württemberg von 549 im Jahr 2012 auf 492 im Jahr 2014 gesunken ist.
Gleichzeitig hat die Landesregierung 600 zusätzliche Lehrer stellen für die Inklusion zur Verfügung gestellt. Bis zum Schuljahr 2022/23 sind insgesamt 1 350 zusätzliche Stellen geplant. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da muss die Sche re zwischen Anspruch und Wirklichkeit auseinandergehen.
Dass mit dieser Versorgungslücke auch noch die Ausbildungs dauer für die technischen und Fachlehrkräfte verlängert wur de, verschärft die Problematik zusätzlich. Außerdem ist vie lerorts der Verdacht aufgekommen, dass die Sonderschulen bei der Versorgung mit knappen Lehrkräften gegenüber den Inklusionsprojekten benachteiligt werden.