Es gibt bereits einen Bonus für den Süden. Das Bruttorefe renzmodell des EEG bietet den etwas windschwächeren Stand orten schon heute Vorteile im Umfang von 20 bis 30 %. In Berlin wird auch über weitere Vorteile gesprochen. Da sind wir auch dafür. Wir sind aber nicht dafür, Quoten einzusetzen. Denn die Energiewende wird insgesamt nur gelingen, wenn sie effizient ist, wenn sie so erfolgreich ist, dass andere Län der uns folgen.
sie ist ungerecht, sie ist chaotisch, dann ist das ein großer Feh ler. Deswegen müssen wir darauf achten: Wer günstige Strom preise will, kann nicht für eine Quote sein. Denn eine Quote führt natürlich zu einem Anstieg des Preises.
Jetzt zum Windatlas. Natürlich macht der Windatlas Sinn. Das ist übrigens auch nicht der erste Windatlas; es ist der zweite.
Der erste Windatlas kam von Schwarz-Gelb. Er wurde 2011 unter dem damaligen Wirtschaftsminister Pfister, FDP, veröf fentlicht. Auch damals hat der Windatlas Sinn gemacht. Heu te, acht Jahre später, ist die Erfahrung: Wir haben in Deutsch land fast 30 000 Windräder installiert und am Drehen. In Ba den-Württemberg sind es 720. Wir wollten 1 200 neue haben. Das haben wir nicht erreicht.
Trotzdem ist der Windatlas eine hilfreiche Orientierung – nicht mehr und nicht weniger. Es ist kein Bebauungsplan. Natür lich müssen wir darauf achten, dass die anderen Kriterien, die es gibt – ich habe sie angesprochen –, eingehalten werden. Aber wir müssen natürlich mit solchen Hilfen arbeiten, damit die Investoren und die Öffentlichkeit wissen, wo Möglichkei ten für Windkraft bestehen. Das trägt zur Transparenz bei. Deswegen ist der Windatlas ein völlig vernünftiges Instru ment, wie es alle Bundesländer einsetzen.
Es geht vielmehr, meine Damen und Herren, darum – und das nicht nur bei der Windkraft –, in allen Bereichen des Klima schutzes, z. B. auch bei der Energieeffizienz, besser zu wer den und alle Kräfte in Baden-Württemberg optimal zu bün deln, damit wir hier schneller, besser, konsequenter und effi zienter vorangehen.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Windkraft ist zweifellos ein wichtiger Be standteil der Energiewende. Die SPD steht zur Energiewen de, und deshalb stehen wir auch zur Windkraft, meine Damen und Herren.
Heute wird der Windatlas zum Anlass einer Aktuellen Debat te genommen. Wir brauchen allerdings weniger Atlanten, wir brauchen auch weniger Debatten; wir brauchen mehr Han deln, und genau das vermissen wir bei dieser Landesregie rung.
Wir fragen deshalb: Wie kann die grün-schwarze Regierung die Prozesse hier besser steuern, damit der Verwaltungsauf wand für Windkraftgenehmigungen im Land nicht immer wei ter steigt und die Anlagen nicht immer teurer werden? Wenn man sich also fragt, warum der Ausbau nicht vorankommt, dann wird man ehrlicherweise feststellen, dass dies auch da ran liegt, dass die konkrete Umsetzung vor Ort nicht immer einfach ist.
Als ehemaliger Bürgermeister einer Schurwald-Gemeinde ist mir sehr bewusst, dass sich kein Rathauschef freut, wenn di rekt an der Gemarkungsgrenze Windkraftanlagen gebaut wer den.
Auch Anwohner werden selten spontane Jubelfeiern veran stalten. Denn leider zeigt sich in Bezug auf Windkraftanlagen ein Phänomen, das wir auch aus allen anderen Infrastruktur debatten in diesem Land kennen: Abstrakt ist jeder dafür, aber sobald Einzelne direkt betroffen sind, rückt das Allgemeinin teresse sofort in den Hintergrund, und das Einzelinteresse wird mit aller Massivität verfolgt.
So möchte z. B. auch jeder ein voll ausgebautes Handynetz, aber die Funkmasten sollen bitte möglichst weit entfernt ste hen. Der Ausstieg aus der Atomenergie und der Kohle wird ausdrücklich begrüßt, aber sobald auch nur ein Windrad im Blickfeld auftaucht, spielt das keine Rolle mehr. Diese Denk- und Handlungsweise lässt sich leider noch an vielen weiteren Beispielen aufzeigen.
Hier kommen wir als politisch Verantwortliche ins Spiel. Un sere Aufgabe ist der Dialog mit den Menschen, unsere Auf gabe ist die Diskussion vor Ort, und unsere Aufgabe ist die Überzeugungsarbeit zum Wohl der Allgemeinheit.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU und Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sehr gut!)
Die heutige Aktuelle Debatte hat aber ein ganz anderes Ziel: Heute sollen wieder einmal Ängste geschürt werden, um da raus politisches Kapital zu schlagen.
Dass die Antragsteller ihren Antrag selbst nicht ernst nehmen, lässt sich sehr leicht aufzeigen, werte Kolleginnen und Kol legen. Sinngemäß wird ja die Frage aufgeworfen, ob Anwoh ner, Vögel und Insekten unter der Windenergie leiden. Tat
sächlich – Zahlen sind vorhin bereits genannt worden –, durch Windkraftanlagen kommen jährlich ca. 100 Vögel um. Dem stehen aber ca. 15 Millionen Vögel gegenüber – auch das ha ben wir vorhin bereits gehört –, die allein an Glasscheiben sterben. Wenn ich dann noch berücksichtige, dass Haushalts unfälle, etwa beim Fensterputzen, jährlich bis zu 9 000 Men schen das Leben kosten, dann müssten Sie eigentlich kein Burkaverbot, sondern ein Fensterverbot fordern.
Schauen wir doch mal auf das angebliche Leid der Insekten. Eine Studie vermittelte kürzlich den Eindruck, die Windräder würden das Insektensterben befeuern, weil zahllose Fliegen und Mücken in 80 bis 200 m Höhe gegen die Rotorblätter knallen.
Im Übrigen sagen die Autoren dieser Studie selbst, dass es noch viel zu forschen gilt und sie nicht quantifizieren können, welchen Anteil am Insektenrückgang Windkraftanlagen ha ben. Diese Studie hat es somit ebenfalls versäumt, ihre Zah len in eine Relation zu setzen.
Wie viele Insekten zerschellen z. B. an Kühlergrillen und Windschutzscheiben der über 50 Millionen Fahrzeuge in Deutschland?
Leider ist hier auch das Leid für die Menschen, das Sie in Ih rem Antrag beschreiben, höher; denken wir nur an die zahl reichen Verkehrsunfälle, die Tag für Tag passieren.
Dieser Logik folgend werden Sie vielleicht demnächst folgen de Aktuelle Debatte beantragen: „Hermanns Straßenatlas – müssen Anwohner, Vögel und Insekten weiter unter grünschwarzer Verkehrspolitik leiden?“
Werte Kolleginnen und Kollegen, auch wenn wir zum gefühlt hundertsten Mal in diesem Haus, auch bei zahlreichen unsin nigen Ausschussanträgen, die Windkraftnutzung gegen Angst schürerei verteidigen müssen, so dürfen wir uns – leider – nicht entnervt abwenden. Denn die Energiewende und der Kli maschutz sind zu wichtig.
Wenn wir irgendwann 100 % des Stroms klimaneutral erzeu gen wollen und auch noch Mobilität und Wärmeversorgung durch erneuerbare Energien sicherstellen wollen – und das wollen wir seitens der SPD –, dann werden Wind- und Solar energie nach heutigem Wissensstand den größten Anteil dar an erbringen müssen.