Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Lieber Herr Kollege Kobler, natürlich haben auch wir im Ausschuss diesem Gesetzentwurf zugestimmt, aber Sie haben vergessen zu sagen, was wir dazu im Ausschuss vorgebracht haben.
Das will ich jetzt nachholen. Wir haben im Ausschuss gesagt, dieses Gesetz wäre an und für sich – und dabei bleibe ich – nicht notwendig gewesen, wären die Bayerische Staatsregierung und die dafür zuständigen Stellen schon vorher tätig geworden und hätten Untersuchungen vorgenommen. Vielfach haben wir das gefordert, aber es ist nicht geschehen. Weil es nicht geschehen ist, wird jetzt ein Gesetz geschaffen, das wiederum Geld kostet. Das hätten wir uns alle ersparen können, hätte die Staatsregierung ihre Hausaufgaben gemacht. Dennoch stimmen wir dem Gesetz zu.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Um es kurz zu machen – meine grundsätzlichen Ausführungen zu dem Thema habe ich gestern schon gemacht –: Das Gesetz ist überfällig; denn allzu lange wurde nur versprochen und nichts getan. Deshalb können wir dem Gesetz zustimmen.
Wir haben auch kein Problem mit dem Gesetz selbst, sondern mit der Umsetzung. Bei uns im Landwirtschaftsausschuss wurde ausführlich diskutiert, wobei Nachfragen von allen Fraktionen kamen. Auch Herr Kollege Zengerle, der nicht da ist – doch, da hinten steht er, aber er hört nicht zu; das macht nichts; dann sage ich es für ihn – hat sich sehr kritisch geäußert. Die Ausschreibung und das Ergebnis der Ausschreibung haben alle drei Fraktionen mit Skepsis gesehen. Leider werden wir in unserer Skepsis schon jetzt bestätigt, weil der größte Auftrag
nehmer, der ab 1. Januar die Tests vor allem in Schwaben durchführen soll, in Verruf gekommen ist. Es gibt drastische Zweifel an seiner Zuverlässigkeit. Wohlgemerkt: Das ist derjenige, der von den vier Laboren mit Abstand den größten Auftrag in Bayern bekommt.
Der zweitgrößte Auftragnehmer, der TGD, der auch nicht viel weniger Aufträge bekommt, bereitet aus unserer Sicht ebenfalls Probleme, und zwar für die Bauern und Schlachthöfe. Der TGD versteht sich anscheinend von seinem Charakter her als mehr oder minder halbstaatliche Einrichtung, was man daran merkt, dass er – wie mir von Schlachthöfen berichtet worden ist – ab 17.00 Uhr nicht mehr in der Lage ist, Aufträge auszuführen. Ich hoffe, das wird sich in Zukunft in der Weise bessern, dass Proben auch noch kurz vor 17.00 Uhr angenommen werden und den Schlachthöfen zügig die Ergebnisse mitgeteilt werden, was bis jetzt offensichtlich nicht der Fall ist. Aus diesem Grund haben andere Labore den Auftrag bekommen und der TGD nicht mehr. Deswegen war er nicht mehr im Rennen.
Der zweite Punkt, den ich schon in einem Schreiben an Staatsminister Sinner angesprochen habe, ist der reduzierte Umsatzsteuersatz, mit dem der TGD arbeitet, der aber angeblich nicht in die Kalkulation eingegangen ist bzw. eingegangen ist, aber mitgeteilt wurde, dass der TGD die Tests auch mit einem normalen Steuersatz durchführen könnte. Ich finde das trotzdem sehr zweifelhaft und merkwürdig. Wir haben immer darauf hingewiesen, dass Organisationen, die staatlich unterstützt werden, nicht mit Privatunternehmen in Konkurrenz treten sollen. Genau das ist beim TGD mit den Laboren der Fall. Wir werden die Ergebnisse der Ausschreibung und die Umsetzung dieses Gesetzentwurfs sehr kritisch beobachten.
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fragen, die hier in der Diskussion aufgeworfen werden, sind eigentlich schon alle im Ausschuss beantwortet worden.
Erstens. Wir haben keine bundesrechtlichen Vorgaben, die uns die landesweite Vergabe dieser Tests ermöglichen. Deswegen mussten wir über die Änderung des Ausführungsgesetzes zum Fleischhygienegesetz diese Position erst schaffen.
Zweitens. Wenn der Staat Aufträge vergibt, dann geht das nur auf dem Wege der Ausschreibung. Alle Labore müssen die gleichen Kriterien erfüllen. Herr Kollege Dr. Dürr, es ist nicht sehr fair von Ihnen, einzelne Labore herauszugreifen und Zweifel zu äußern. Entscheidend ist, dass Kontrollmechanismen greifen, die eine OnlineKontrolle der Labore ermöglichen, wie ich das vorhin in der Fragestunde schon festgestellt habe.
Ich habe vorhin angekündigt, dass ich gern bereit bin, dem zuständigen Landwirtschaftsausschuss das Funktionieren dieser Kontrollsysteme zu demonstrieren. Wir haben alle Vorkehrungen getroffen, damit die BSE-Tests so ablaufen, wie sie ablaufen müssen.
Ich bin dankbar, dass der Bayerische Landtag dem Gesetzentwurf einstimmig zustimmt. Damit ist die Voraussetzung dafür geschaffen, dass ab dem 01. 01. 2003, nachdem die Ausschreibung abgeschlossen ist und nachdem Gespräche mit der Fleischwirtschaft, Laboren und sonstigen Betroffenen geführt wurden, dieses System umgesetzt werden kann. In diesem Sinne herzlichen Dank für die Beratungen und die Begleitung dieses Gesetzentwurfs.
Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/10189 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik auf der Drucksache 14/11179 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfiehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung mit der Maßgabe zu, dass § 2 eine neue Fassung erhält. Ich verweise insofern auf die Drucksache 14/11179.
Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit so beschlossen.
Ein Antrag auf Dritte Lesung ist nicht gestellt worden. Wir treten daher gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich, auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Das Gesetz ist damit angenommen.
über die Errichtung der „Stiftung Bayerische Gedenkstätten“ (Gedenkstättenstiftungsgesetz – GedStG) (Drucksache 14/10507)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist ein wichtiges Gesetz, es ist ein notwendiges Gesetz. Es ist wichtig und notwendig für die politische Kultur in unserem Land. Es gab lange Jahre, in denen die grausamen Ereignisse während der Nazidiktatur möglichst verschwiegen wurden. Sie wurden von denjenigen verschwiegen, die sie eigentlich hätten mitbekommen können und müssen, die aber weggesehen haben, aber auch von denjenigen, die den Terror überlebt haben, in einer psychologischen Ausnahmesituation waren und oft lange Schwierigkeiten hatten, sich damit zu beschäftigen.
Zwei der geschichtsträchtigsten und größten Konzentrationslager befinden sich auf bayerischem Boden. Eines davon ist in Dachau. Es war ein Zufall, dass dieses Konzentrationslager nicht auf dem Boden der „Hauptstadt der Bewegung“ in München, errichtet wurde. In Dachau wurde eines der ersten Konzentrationslager in Deutschland errichtet. Dort wurde die kritische politische Elite inhaftiert, gequält und wurde zum Teil dort ermordet. Dies waren Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Kommunisten und christliche Politiker. Aus allen Bereichen wurden Menschen dort inhaftiert und gequält.
Es war sehr schwierig nach dem Krieg, die Erinnerung daran wach zu halten, und zwar Erinnerung nicht nur als rückwärts gewandtes Gedenken, sondern als Mahnung für die Zukunft. Erfreulich ist, dass fast eine Million Menschen im Jahr nach Dachau und mehrere Hunderttausend nach Flossenbürg kommen. Viele Menschen sind aus dem Ausland, weil viele ihrer Landsleute in den Konzentrationslagern gelitten haben. Ich erinnere an den Friedhof am Leitenberg in Dachau, wo viele Tausende russische Soldaten begraben liegen, die völkerrechtswidrig an der Kugelwand des SS-Schießtruppenplatzes erschossen wurden.
Ich war sieben Jahre lang Vereinsvorsitzender in Dachau. Es war schwierig, von der Stadt Dachau einen Platz für ein internationales Jugendzeltlager zu bekommen. Wir mussten immer bis zum letzten Termin bangen, bis uns dies genehmigt wurde. All dies ist Gott sei Dank besser geworden. Einige Kollegen hier im Hause haben sich intensiv dafür eingesetzt.
Es ist notwendig, dass die Erinnerungsarbeit auf eine feste zukunftsgerichtete Grundlage gestellt und aus dem normalen Bereich der Staatsverwaltung ausgegliedert wird. Dies geschieht mit dieser Stiftung. Wir haben oft und lange diskutiert. Der erste Entwurf lag im Frühjahr 2001 vor. Inzwischen haben wir es zusammen geschafft, dass die heutige Beschlussvorlage der siebte Entwurf der Staatsregierung ist. Das ist mir in den über zehn Jahren, in denen ich im Landtag bin, noch nicht vorgekommen. Es war aber ein produktiver Prozess, und ich bedanke mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen der CSU, insbesondere bei Herrn Spaenle und bei den GRÜNEN, insbesondere bei Frau Köhler, dass es uns gelungen ist, einen guten gemeinschaftlichen Gesetzentwurf zustande zu bringen.
Er ist dadurch gekennzeichnet, dass die ehemaligen Häftlinge, die früher nur kärglich im zentralen Organ, dem Stiftungsrat, bedacht wurden, jetzt mit drei Vertretern auftreten können. Diese Vertreter werden nicht vom sonstigen Stiftungsrat herausgepickt, sondern werden autonom entsandt. Sie werden auch dann entsandt, wenn die Häftlingsgeneration nicht mehr existiert, weil die Organisationen, die sich dieses Schicksals angenommen haben, weiter dorthin Vertreter entsenden werden. Zum Teil sind es Angehörige oder andere engagierte Menschen, die sich dieser Erinnerungsarbeit annehmen. Das war ein ganz wichtiger Punkt.
Wir haben erreicht, dass nicht nur der Stiftungsrat existiert, sondern zwei hochkarätige Gremien, die das Anliegen an beiden Gedenkorten aufgreifen, sowohl in Dachau als auch in Flossenbürg. Es wird ein Kuratorium geschaffen, in dem insbesondere die Organisationen, die viele Jahre vor Ort die Erinnerungsarbeit geleistet haben, mit mindestens einem Vertreter repräsentiert sein werden. Das Kuratorium wählt sich selbst einen Vorsitzenden, welcher an den Sitzungen des Stiftungsrats teilnimmt und nicht nur zuhört und lediglich einige Floskeln sagen kann, sondern der ein eigenes Antragsrecht in diesem Gremium hat.
Wir haben sichergestellt, dass der Stiftungsdirektor nicht auf eine staatliche Institution in Personalunion festgeschrieben ist, sondern dass er eine eigenständige Stellung hat. Dies ist in der Begründung klar zum Ausdruck gebracht. Wir haben auch bestimmte Vorgaben für das Kuratorium gemacht, das bis zu 15 Personen umfassen soll. Hier wird kraft Gesetzes der Deutsche Gewerkschaftsbund, der vor allem die Erinnerung an die vielen vertritt, die in der Anfangsphase in Dachau interniert waren und dort gelitten haben, vorschlagsberechtigt sein, ferner werden der Verband der Sinti und Roma in Bayern, der Bayerische Jugendring und mindestens je ein Vertreter aus dem Kreis der vor Ort tätigen Organisationen in Dachau und Flossenbürg vertreten sein.
Wir haben auch klargestellt, dass es nicht nur um die zentralen Orte gehen kann, sondern es war ja ein Imperium, das wie ein Netz Bayern überzogen hat. Es soll an die Außenlager – bei Dachau sind es über 100, bei Flossenbürg an die 100 – mitgedacht werden. Wir haben sie nicht sofort mit einbringen können, weil es auch Fragen hinsichtlich der Grundstücke und Ähnliches gab. Dort gibt es auch aktive Organisationen. Engagement ist auf
jeden Fall vorhanden. Das geht von Mühldorf über Kaufering bis nach Hersbruck. Auch hier ist die Gesamtheit im Blickpunkt.
Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir offen gehalten haben, dass weitere Gedenkorte dazu kommen können, wobei wir meinen, es sollten in erster Linie Opfergedenkorte sein und nicht Tätergedenkorte, die es ja auch in verschiedensten Facetten in Bayern gibt.
Was uns auf die Dauer wichtig ist: dass hier irgendwann einmal, wenn die finanzielle Situation wieder besser ist, eine sozusagen klassische Stiftung in Kraft tritt, die mit einem Vermögen dotiert ist, von dessen Erträgnissen sie leben kann. Wir wissen, das ist jetzt nicht möglich, aber es ist für eine Grundfinanzierung gesorgt, damit dort zusätzliches Personal eingestellt werden kann, damit die eigenständige Arbeit im nächsten Jahr beginnen kann. Im nächsten Jahr haben wir ja einige wichtige Daten, die eine Rolle spielen: der 30. Januar, 60 Jahre Geschwister Scholl und anderes. Das hat zwar keinen unmittelbaren Bezug, gehört aber auf die gleiche Ebene.
Ich bitte nochmals, den Stellenwert dieses Gesetzes wirklich zu würdigen und nach draußen weiterzutragen. Wir wissen alle, dass wir es in diesem Bereich nicht jedem Engagierten Recht machen können; aber ich glaube, wir werden dies gemeinschaftlich durchstehen, wenn wir uns das Positive dieses Gesetzes vor Augen halten.
Herr Präsident, Hohes Haus, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Es gibt Momente im politischen Alltagsbetrieb, bei denen es auch in einem sehr hektischen Geschäft wie dem unseren angelegen sein kann, kurz innezuhalten. Ich glaube, dass ein solcher Moment im politischen Geschäftsgang des Bayerischen Landtags heute ansteht. Wir bringen heute etwas zu Ende, das sich mit den schlimmsten Jahren in den Annalen unserer Geschichte befasst, mit diesen schlimmsten Jahren, in denen alles, was uns gemeinsam, allen Demokraten in diesem Hause und in diesem Lande, hoch und heilig ist – ich verwende diese Begriffe jetzt ohne Anführungszeichen – mit Füßen getreten wurde. Dies geschah im wahrsten Sinne bis zur Auslöschung menschlicher Existenzen aufgrund willkürlich festgelegter, irrsinniger Kriterien, und zwar in industrieller Weise. Auch in Bayern haben wir Orte, die – leider –, wie etwa bei Dachau und seiner über 1000-jährigen Geschichte, zum Synonym für diese schlimmste Phase schlimmster Verirrung unserer Geschichte geworden sind.
Umso höher, meine ich, ist es am heutigen Tage staatspolitisch zu bewerten, dass wir bei all dem berechtigten Ringen um Einzellösungen in diesem Stiftungsgesetz in