Protokoll der Sitzung vom 13.02.2003

Erstens. Hochwasserschutzaufgaben sind Ländersache.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Der Bund stellt über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes Gelder zur Verfügung. Er bezahlt 60%, 40% sind von den Ländern zu bezahlen. Mit diesen Geldern kann man auch Maßnahmen für den Hochwasserschutz durchführen.

Drittens. Es gibt Fördergelder der Europäischen Union. In einigen Fällen ist es möglich, Hochwasserschutz damit zu finanzieren.

Lassen Sie mich nun zum Thema Donau kommen. Bei den Bundeswasserstraßen geht es um den Eingriff. Das geschieht klar nach dem Verursacherprinzip. Wenn der Bund die Variante A durchführt und das Auswirkungen auf den Hochwasserschutz hat, dann muss er selbstverständlich auch die Maßnahmen zum Hochwasserschutz übernehmen. Das ist doch das Konzept. Deswegen gibt es die Vereinbarung, die der Herr Minister richtig zitiert hat. Diese Vereinbarung regelt, dass Hochwasserschutzmaßnahmen dann ergriffen werden müssen, wenn der Bund dort eine Schifffahrtsstraße baut. Das ist die Logik: Zuerst muss man eingreifen und sich für die Variante A entscheiden, und dann ist der Hochwasserschutz die Konsequenz, aber nicht umgekehrt, weil man nach dem Verursacherprinzip auch die Kosten teilt. Alles andere wäre nach Haushaltsrecht nicht zulässig.

(Beifall bei der SPD – Kaul (CSU): Der Bund muss den Antrag stellen, Herr Gartzke!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Wortmeldung ist von Herrn Weber. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich darf

zunächst Herrn Franzke darauf hinweisen, dass ich zwar ein junger Kollege in diesem Gremium bin, wir aber trotzdem gewisse Umgangsformen wahren sollten.

(Beifall bei der CSU – Kaul (CSU): So ist es!)

Soweit es mir als jungem Kollegen zusteht, darauf hinzuweisen, bitte ich darum, dass wir uns gegenseitig nicht absprechen, uns mit einem Thema ernsthaft zu beschäftigen und ernsthaft auseinander zu setzen.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie selbst, Herr Franzke, in Ihrer Wortmeldung darauf hingewiesen haben, dass es um eine sachgerechte Auseinandersetzung geht, dass es eine gute – –

(Zuruf des Abgeordneten Franzke (SPD))

Lassen Sie mich bitte ausreden. Ich habe genauso zugehört, wie Sie zuhören könnten.

Herr Franzke, Sie haben gesagt, es geht um ein Abwägungsverfahren. Ich habe in meinem Beitrag versucht, darauf hinzuweisen, dass in Ihrer Abwägung – das ist legitim, das ist Ihre Position – die Schifffahrt überhaupt keine Rolle spielt, nicht in den Bewertungen und den Wortmeldungen, die Sie heute gemacht haben. Deshalb lassen Sie uns ehrlich und sachgerecht darüber streiten.

Ich möchte noch zwei Argumente einbringen, um die Debatte wirklich sachgerecht zu machen: Zum einen nenne ich den Naturschutz – noch einmal zur Klarstellung: Schauen Sie sich die Mühlheimer Schleife an; wir reden über sieben Kilometer durch Hochwasserschutz kanalisierte Donau. Wenn wir hier die Staustufe, den Stich machen könnten, dann würden durch die Staustufe vom gesamten Donauwasser nur drei oder vier Prozent des Wassers fließen, das für das Ausgleichen der Hubhöhe notwendig ist. Der Rest des Wassers würde komplett durch die Mühlheimer Schleife laufen mit einer ökologischen Wirkung, die beachtlich wäre. Wir haben eine kanalisierte Donau und könnten ökologisch wirklich etwas bewegen, wirklich etwas voranbringen.

Ein zweiter Hinweis sei mir auch noch gestattet, weil der Minister sehr deutlich die Variante A als Grundlage für die Hochwasserplanung genannt hat: Sie müssen dann den Bürgern draußen auch sagen: Wenn wir über Kanalisierung – sprich über die Höhe des Dammes – reden, dann muss man sagen: Variante A ist diejenige, die über die gesamte Ausbaustrecke den höchsten Hochwasserschutz benötigt, also die höchsten Donaudämme braucht. Wenn Sie das als Planungsgrundlage nehmen, ist der höchste Hochwasserschutz notwendig. Das heißt: Wer Kanalisierung kritisiert, muss wissen: Um 20 cm am gesamten Donaustrang entlang muss der Damm höher sein, weil die Variante A als Grundlage genommen wird. Das sollte Ihnen zu denken geben, weil Sie immer von der Kanalisierung der Donau sprechen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Frau Paulig.

Sehr geehrte Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich mache es sehr kurz, weil noch der nächste Dringlichkeitsantrag drankommt.

Klar ist: Wir begrüßen es, dass der Hochwasserschutz nach Variante A auf der gesamten geplanten Ausbaustrecke umgesetzt werden soll, nämlich Straubing-Vilshofen. Das haben wir heute auch so im Protokoll festgehalten. Damit ist die Grundlage geschaffen, wirklich Naturschutz zu gewährleisten, die Menschen, die Bewohnerinnen und Bewohner dort zu schützen. Damit ist auch gewährleistet, dass die Schifffahrt stattfinden kann; denn wir wissen, dass Variante A allenfalls Minderungen bis 10% – wenn überhaupt – für die Schifffahrt bedeutet. Wenn man schaut, wie oft Niedrigwasser herrscht oder wie oft Zulaufstrecken gefroren sind, kommt man zum Schluss: Variante A ist ein sehr gutes wirtschaftliches Ergebnis.

Jetzt war ich wieder erstaunt, als ich gehört habe, dass Sie, Herr Weber, Hochwasserschutz mit Dämmen umsetzen wollen. Hochwasserschutz braucht Retentionsflächen, braucht Platz für das Wasser der Fluten. Genau darum geht es und nicht darum, wieder neue und höhere Dämme zu bauen. Dann ist die Variante A auch wirklich ökonomisch und ökologisch sinnvoll, wenn wir endlich dem Fluss, dem Wasser wieder mehr Raum geben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Es ist jeweils namentliche Abstimmung beantragt.

Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion betreffend „Raumordnungsverfahren an der Donau, Beibringung der Planunterlagen und Annahme des Gesprächsangebots der Bundesregierung“ auf Drucksache 14/11623 in namentlicher Form abstimmen. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne befindet sich auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion und die Urne für Stimmenthaltungen wie immer auf dem Stenografentisch. Mit der Abstimmung kann begonnen werden. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.45 bis 16.50 Uhr)

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und von mir später bekannt gegeben.

Wir führen zwischenzeitlich die namentliche Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend „Einleitung des Raumordnungsverfahrens für den ökologischen

Donauausbau – sofortiger Beginn der Hochwasserschutzmaßnahmen“ auf Drucksache 14/11628 durch. Die Urnen sind wie bei der vorhergehenden Abstimmung bereitgestellt. Für die Abstimmung stehen erneut fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.51 bis 16.56 Uhr)

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird wiederum außerhalb des Saales ermittelt und von mir später bekannt gegeben.

Wir fahren zwischenzeitlich mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge fort.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Elisabeth Köhler, Schopper und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Behandlung auf Chipkarte sicherstellen (Drucksa- che 14/11624)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kobler, Unterländer, Dr. Zimmermann und anderer und Fraktion (CSU)

Abrechnung vertragszahnärztlicher Leistungen – Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sicherstellen (Drucksache 14/11632)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Schopper.

Schopper (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (von der Red- nerin nicht autorisiert): Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Montag hat die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns den Streit auf die Spitze getrieben. Die Versicherten der Ersatzkassen werden nicht mehr auf Chipkarte behandelt. In der Kasse soll vielmehr Bares klingeln. Das heißt, die Patientinnen und Patienten werden in der Praxis abkassiert. Schon im Januar haben die Versicherten Post von ihrer Kassenzahnärztlichen Vereinigung bekommen mit der sehr fragwürdigen Aufforderung, eventuell die Kasse zu wechseln, da es bei den Ersatzkassen keine angemessenen Honorare mehr gebe.

Die Patientinnen und Patienten waren schon damals tief verunsichert. Hintergrund unseres Dringlichkeitsantrags ist, dass die Honorarverhandlungen bisher gescheitert sind. Darauf kann ich aus Zeitgründen leider nicht näher eingehen. Klar ist, dass wir auf jeden Fall Regelungen bekommen müssen, mit denen verhindert wird, dass diese Streitigkeiten auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten ausgetragen werden.

Fakt ist zurzeit: Die Kassenzahnärztliche Vereinigung bastelt sich ihr Recht selbst: Was scheren uns Gesetze? Es herrscht das Motto: Das Gesetz bin ich. Und manchmal erweckt der Vorstand der KZVB den Eindruck, wenn er auf den diversen Versammlungen und Veranstaltungen auftritt, als gäbe es im Sozialministerium eine ge

wisse Toleranzschwelle und ein mildes Lächeln für diesen Rechtsbruch. Deshalb finde ich es gut, Frau Ministerin, dass Sie hierzu ein klares Wort gesagt und der KZVB ein Ultimatum gesetzt haben. Ich möchte auch heute ein klares Wort von Ihnen dazu hören.

Eines muss klar sein: Auch für die Zahnärzte müssen Recht und Gesetz gelten. Wohin kämen wir, wenn jeder das Recht nach dem Motto anwenden würde: Ich bin zwar zu schnell gefahren, aber mir hat’s halt pressiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kann nicht sein, dass das Recht nicht beachtet wird. Das Recht heißt, dass die Zahnärzte verpflichtet sind, die Ersatzkassenpatientinnen und -patienten auf Chipkarte zu behandeln.

Ich habe es schon erwähnt: Die Frau Ministerin hat ein Ultimatum an die Zahnärzte gestellt. Sie sollen sich bis morgen erklären, ob sie weiterhin auf Chip-Karte behandeln wollen. Wer die Herren der KZVB kennt, weiß, dass ein Panzer im Vergleich dazu ein Weichei ist.

(Heiterkeit)

Oberbayerische Dickschädelei, Rechthaberei und die Aussicht auf mehr Geld lässt kein Einlenken zu. Deshalb haben wir den Dringlichkeitsantrag eingebracht, die Behandlung auf Chipkarte sicherzustellen.

Die Frau Ministerin muss einen Staatskommissar einsetzen. Dieser Staatskommissar soll umgehend sicherstellen, dass die Patientinnen und Patienten wieder auf Chipkarte behandelt werden, und soll sich danach damit beschäftigen, in Gesprächen mit den Ersatzkassen und der KZVB diese Streitigkeiten beizulegen, damit die Chipkarte wieder das Mittel der Wahl ist und die Verunsicherung der Patientinnen und Patienten aufhört. Sie wissen zum Teil ja nicht mehr, ob sie auf Chipkarte behandelt werden oder nicht. Wenn der Zahn schmerzt, werden sie auf Chipkarte behandelt, aber wenn sie einen normalen Termin zum Nachschauen haben, wissen sie nicht, wie sie sich verhalten sollen. Diese Verunsicherung muss umgehend aufhören und die KZVB in die Schranken gewiesen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)