Protokoll der Sitzung vom 13.02.2003

Aber als erfahrener Politiker müssten Sie wissen, dass es im Vorfeld von Entscheidungen natürlich eine politische Willensbildung gibt, dass der politische Prozess in den Vereinigten Staaten eine Rolle spielt, dass Äußerungen von maßgeblichen politischen Repräsentanten oder von starken Medien in den Vereinigten Staaten natürlich einen Einfluss auf die offizielle Entscheidungsfindung haben. Jeder, der Ohren hat zu hören, muss eigentlich vernehmen, dass es in Amerika eine zunehmende Distanz zu Deutschland gibt, eine Distanz, die sich nicht nur politisch auswirkt, sondern die sich mutmaßlich im wirtschaftlichen Bereich auswirken könnte.

(Willi Müller (CSU): Leider!)

Diese Schrift wird ja nicht von mir an die Wand gemalt. Wenn Sie in den letzten Wochen Zeitung gelesen haben, insbesondere Interviews, konnten Sie feststellen, dass maßgebliche Vertreter der deutschen Wirtschaft darauf hinweisen, dass Deutschland eine außerordentlich hohe Exportquote in die Vereinigten Staaten hat.

(Zuruf von der SPD: Was hat das damit zu tun?)

Das hat sehr viel damit zu tun. Wenn Sie es noch immer nicht kapiert haben, dann muss ich Ihnen sagen: Wenn der Handel mit den Vereinigten Staaten gewaltig einbricht, stehen viele tausend Arbeitsplätze in Deutschland in Gefahr. Ich muss Ihnen hier offenbar Nachhilfeunterricht erteilen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Möstl (SPD): Billigste Polemik!)

Jetzt meinen Sie, das sei billigste Polemik. Daran werde ich Sie in einigen Monaten, wenn die Probleme da sind, erinnern, wenn Sie mit Krokodilstränen kommen

und alle möglichen Beteiligten auffordern, etwas zur Verbesserung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses zu tun, das heute von der SPD und zum Teil von den GRÜNEN mutwillig und vorsätzlich beschädigt wird. Das sind die Auswirkungen. Da können Sie noch so blöd lachen. Da muss ich Ihnen wirklich sagen, Politik ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Problemen, ist die Vorsorge vor Problemen und nicht Klamauk, wie Sie ihn hier offensichtlich veranstalten wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Muss man sich hier beleidigen lassen? Das ist ein Skandal! „Blödes Lachen“ und „Klamauk“!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Gote, ich bitte Sie, sich so zu verhalten, wie es dem Parlament angemessen ist.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da rügen Sie jetzt mich! Rügen Sie ihn! – Volkmann (SPD): Das ist der Missbrauch der Fragestunde! Der darf eine Regierungserklärung abgeben, und wir dürfen nicht einmal eine Frage stellen! – Spitzner (CSU): Regt euch doch nicht auf!)

Entschuldigung, Herr Abgeordneter, ich darf Ihnen sagen: Ein Abgeordneter hat eine Frage gestellt, und ich habe die Frage beantwortet. Wenn Sie auf diese Frage gekommen wären, hätten Sie auch eine Antwort bekommen. Sie sind offenbar blind für die Probleme, die in der Oberpfalz bestehen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Spitzner.

Herr Staatsminister Huber, Sie haben gesagt, dass keine offiziellen Verlautbarungen aus dem Pentagon vorliegen.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Haben Sie keine Kabinettssitzungen mehr?)

Ist Ihnen bekannt, dass seit vorgestern – und das ist auch in den amerikanischen Medien entsprechend vermeldet – sehr glaubhafte Meldungen vorliegen, denen zufolge Verteidigungsminister Rumsfeld nach seiner Rückkehr aus München vorgestern, am Dienstag, die Order gegeben hat, alle im Haushalt 2003 stehenden Investitionsvorhaben in Deutschland einer kritischen Überprüfung hinsichtlich ihrer Notwendigkeit zu unterziehen?

Wissen Sie, dass sich bereits Anfang nächster Woche der einschlägige Ausschuss im amerikanischen Repräsentantenhaus mit diesem Thema beschäftigen wird?

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich verstehe nicht, warum Sie sich da überhaupt aufregen. Herr

Abgeordneter Spitzner hat das gleiche Fragerecht wie Sie. Sie beschäftigen sich da mit Nebensächlichkeiten. Ich wende mich nun den Problemen zu. Herr Spitzner hat als Abgeordneter der Oberpfalz eine ernsthafte Frage gestellt, die die Menschen in der Oberpfalz zu Recht bewegt.

Die Stimme der zitierten Sprecherin des Hauptquartiers Europa bestätigt diese mögliche Überlegung im Verteidigungsministerium. Ich möchte aber für das gesamte Hohe Haus nochmals sagen, dass der Staatskanzlei und der Staatsregierung bisher keine offizielle Äußerung vonseiten des amerikanischen Verteidigungsministeriums vorliegt. Aber wir nehmen das, was in der Öffentlichkeit und hier an einzelnen Äußerungen zu vernehmen ist, sehr ernst. Das scheint eine Evaluierung verschiedener Investitionen in ganz Europa zu sein. Man könnte zunächst einmal vermuten, dass dies eine allgemeine Überprüfung hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit darstellt.

Der politische Zusammenhang nach der Sicherheitskonferenz und der Zusammenhang mit den politischen Diskussionen in Europa gibt allerdings Anlass zu der Vermutung, dass es auch politische Überlegungen gibt, nämlich Zweifel an der Zuverlässigkeit von Partnern in Europa. Eigentlich sollten alle politisch Verantwortlichen in Deutschland – die Bundesregierung, auch wir und alle, die ihre politische Aufgabe ernst nehmen – alles tun, um Zweifel an der Zuverlässigkeit des NATO-Partners Deutschland auszuräumen. Dann würden möglicherweise solche Gefahren, wie etwa für die Investition in der Oberpfalz, nicht oder nicht in diesem Ausmaß bestehen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächster Fragesteller: Herr Odenbach, bitte.

Herr Staatsminister, in welcher Höhe sind für die Leistungen der Beratungsagentur McKinsey im Zusammenhang mit der Erstellung und Verarbeitung des Zehn-Punkte-Programms zur Förderung der Wirtschaftsentwicklung in Bayern Kosten angefallen und noch vorgesehen? In welchem finanziellen Umfang sind darin auch Berichterstattungen außerhalb des Ministerrates vorgesehen?

Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter! Bei dem Zehn-Punkte-Papier der Unternehmensberatung McKinsey handelt es sich um eine Ideenskizze mit Handlungsoptionen, die zur Vorbereitung der Kabinettsklausur in Schloss Lautrach vom 4. bis 6. November 2002 erarbeitet wurde. Die Vergütung betrug einmalig 25000 e. Weitere Kosten fallen nicht an. Berichterstattungen sind nicht Vertragsgegenstand.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Herr Odenbach.

Herr Staatsminister, welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus diesem Gutach

ten, nachdem McKinsey eine sehr kritische Beurteilung der Politik der Staatsregierung vorgenommen und vor allem extreme regionale Disparitäten aufgezeigt hat?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Herr Abgeordneter, wenn Sie das gesamte Papier lesen, werden Sie feststellen: Es trifft nicht zu, dass hier eine extrem kritische Haltung zur Politik der Staatsregierung eingenommen wurde – im Gegenteil. Die Politik der Staatsregierung wurde in vielen Bereichen positiv dargestellt. In dem Papier wurden unter anderem regionale Disparitäten erwähnt und Vorschläge dazu gemacht. Die Staatsregierung ist ja nicht erst seit diesem Gutachten, sondern schon seit langer Zeit dabei, eine Politik zu betreiben, die die Entwicklung aller Landesteile in gleicher Weise nach vorne bringt. Ich darf für Oberfranken das Ertüchtigungsprogramm und die besondere Förderung für Hochfranken erwähnen. Wir sehen in diesem Papier McKinseys einige Anregungen, die wir in die laufende Arbeit der Staatsregierung aufnehmen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Herr Odenbach.

Herr Staatsminister, beabsichtigt die Staatsregierung auch, dieses Papier den Mitgliedern des Landtags offiziell zur Verfügung zu stellen?

(Willi Müller (CSU): Sie haben es offensichtlich schon!)

Eine offizielle Zuleitung an den Landtag ist nicht beabsichtigt; denn das Gutachten hat die Staatsregierung für ihre Arbeit erstellen lassen. Aber einzelne Abgeordnete, zum Beispiel Frau Kollegin Kellner, die sich mit der Bitte um Übersendung dieses Papiers an die Staatskanzlei gewandt haben, haben dieses ohne Verzögerung erhalten; es ist also kein Geheimpapier.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nun bitte ich den Herrn Staatssekretär für Wirtschaft, Verkehr und Technologie um die Beantwortung der nächsten Fragen. Fragestellerin ist Frau Gote.

Frau Präsidentin, Herr Staatssekretär! Ich frage die Staatsregierung: Welche Ergebnisse erbrachte das für 2002 angekündigte Gutachten zu den Fahrgastpotenzialen und den Investitionskosten auf der Strecke Hof – Selb/Plößberg – Asch – Eger? Hat die Staatsregierung in Abstimmung mit der tschechischen Seite und den betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften mittlerweile eine Entscheidung über die Wiederaufnahme des Schienenverkehrs getroffen, und was hat die Staatsregierung seit Februar 2002 unternommen, um die Wiederinbetriebnahme der Strecke voranzutreiben?

Frau Präsidentin, ich darf die Frage wie folgt beantworten. Im vergangenen Jahr gab es sowohl in Bayern als auch in Tschechien starke Bestrebungen auf kommunaler Seite, die nach der Wende stillgelegte Strecke zwischen Selb und Asch zu reaktivieren. Die tschechische Seite stellte sich zunächst hinter diesen kommunalen Wunsch und schlug der Bayerischen Staatsregierung ein gemeinsames, durch Interreg-Mittel gefördertes Gutachten vor. Bayern stimmte einer Mitfinanzierung eines solchen Gutachtens zu.

Die Zusage der Kofinanzierung durch die Europäische Union aus Interreg-Mitteln liegt mittlerweile vor. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft hat im Auftrag meines Hauses die Mitfinanzierung des bayerischen Anteils bereits im vergangenen Jahr verbindlich zugesagt. Allerdings fehlt bis heute die Zusage des tschechischen Anteils.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Frau Gote.

Ich muss aus Ihrem Bericht schließen, dass dieses Gutachten bis heute nicht vorliegt. Einige Fragen, die ich gestellt habe, wurden nicht beantwortet. Seit wann liegt die Zusage der EU einer Kofinanzierung vor? Wurde mittlerweile seitens der Staatsregierung eine Entscheidung getroffen, wie man mit dem Projekt weiterhin umgeht? Was wurde seit Februar 2002 ansonsten unternommen? Sie haben wohl nichts unternommen, sondern auf die Zusage Tschechiens gewartet.

Frau Kollegin, Sie verwechseln dies mit dem Radetzkymarsch. Lassen Sie mich erklären. Es wird von Ihrer Seite immer moniert, dass – das ist äußerst interessant –, die Antworten zu lang seien; damit hat sich das Präsidium schon beschäftigt. Ich versuche, alles in eine relativ kurze Antwort hineinzupacken. Ich glaube, Sie haben mitgedacht. Ich sage nochmals: Es gab sowohl auf tschechischer als auch auf bayerischer Seite einschlägige Bestrebungen. Wir haben diese Bestrebungen unterstützt und gesagt, wir setzen bewusst auf InterregMittel. Das Gutachten liegt mittlerweile vor. Die EU-Zusage ist da, und auch wir haben gesagt, wir machen mit. Die Tschechen, die gedrängt haben, taten bisher noch nichts. Wir haben in den letzten Wochen nicht nur einmal, sondern zigmal mit Tschechien Kontakt aufgenommen, um dieses Projekt nach vorne zu bringen. Auf die Antwort warten wir jetzt; bisher ist noch nichts geschehen. Sie wissen, dass in Tschechien eine Neuorganisation der Bahnen erfolgte und dass nunmehr die Regionen für den Schienenpersonennahverkehr zuständig sind; möglicherweise hängt dies damit zusammen.

Von Bayern aus sind alle Voraussetzungen geschaffen. Es hängt letzten Endes an der tschechischen Seite, die bisher noch keine definitive Zusage gegeben hat.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Eine weitere Zusatzfrage: Frau Gote.

Dazu brauche ich jetzt eine Klarstellung. Die Interreg-Mittel waren ja für das Gutachten vorgesehen. Sie sagten, die Zusage für die Erstellung des Gutachtens liege vor. Jetzt haben Sie aber gerade gesagt, das Gutachten liegt vor. Was liegt denn nun vor? Wenn das Gutachten schon vorliegt, wäre es auch einmal interessant, in der Region davon zu erfahren. Deshalb möchte ich Sie darum bitten, uns dieses Gutachten zuzuleiten; denn dann können wir auf der Grundlage dieses Gutachtens eine Entscheidung treffen. Habe ich jetzt Ihre Einlassung richtig verstanden, dass die Staatsregierung die Wiederaufnahme dieser Strecke will und auf der Grundlage eines Gutachtens, das mittlerweile vorliegt, befürwortet?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekretär.

Die Tschechen müssen jetzt einmal erklären, was sie wollen.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gibt es jetzt das Gutachten oder nicht?)

Es liegt kein Gutachten vor. Frau Kollegin, ich hatte mich versprochen: Es liegt kein Gutachten vor. Wir jedenfalls haben der Mitfinanzierung des Gutachtens zugestimmt. Die tschechische Seite blockiert aber offensichtlich. Insoweit ist das Gutachten noch nicht erstellt worden.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ganz kennen Sie sich in diesem Fall auch noch nicht aus!)

Frau Kollegin, ich darf es noch einmal klar und deutlich sagen. Für viele Strecken wird bei uns der Antrag auf ein Gutachten gestellt.

(Willi Müller (CSU): Das erstellt dann der Professor Sadlonowitsch!)