Protokoll der Sitzung vom 12.03.2003

Vielen Dank, Herr Kollege Wörner. Mir ist das nicht bekannt, aber Sie wissen es sicher. Ist Ihnen bekannt, dass unser ehemaliger Kollege und jetzige Bundestagskollege Köhler der Vorsitzende der Fernwasserversorgung Oberfranken ist?

(Frau Radermacher (SPD): Ja und? Was soll das?)

Und wo ist das Problem? Herr Kaul, jetzt stelle ich Ihnen eine ernsthafte Frage. Ich habe die Fernwasserversorgung in einem völlig anderen Zusammenhang genannt als Sie. Wenn Sie jetzt diese Frage stellen, Herr Kaul, dann stellen Sie damit das von Ihnen beschlossene LEP in Frage. Ist Ihnen das klar? –

(Kaul (CSU): Ich wollte nur wissen, ob das stimmt!)

Wir haben im LEP alle miteinander beschlossen – und das wollten wir gemeinsam tragen, wenn ich mich recht erinnere –, dort, wo es möglich ist, Nahversorgung zu betreiben. Aber bei der Nahversorgung ist die Grundvoraussetzung ein möglichst großes Wasserschutzgebiet, um im Falle von Störungen im eigenen Gebiet so schnell wie möglich für Abhilfe zu sorgen, weil sonst die neue Verordnung greift, die sagt: Brunnen schließen. Ich habe nur auf diese Gefahr hingewiesen: Wenn die Wasserschutzgebiete nicht ausreichend groß sind – man muss Ihnen das öfter erklären, damit Sie es verstehen –, dann müssen die Brunnen geschlossen werden,

(Hofmann (CSU): Das ist doch nicht wahr!)

weil Sie nicht dafür Sorge tragen können, dass diese Brunnen schnellstmöglich wieder genügend sicher und gesund sind.

(Hofmann (CSU): Das ist doch nicht wahr, was Sie sagen!)

Das wollen Sie offensichtlich nicht, Herr Hofmann. Ich kann es ja gut verstehen, denn dann müssten Sie sich mit der Lobby anlegen, die dagegen ist.

(Hofmann (CSU): Sie haben doch überhaupt keine Ahnung!)

Wir fordern Sie noch einmal dazu auf, mit uns gemeinsam die beantragten Wasserschutzgebiete – um die geht es – schnellstmöglich auszuweisen. Das sind rund 500, um es Ihnen noch einmal zu verdeutlichen, die seit 15 Jahren in dieser so guten bayerischen Verwaltung hängen – und die Verwaltung wäre ja gut, wenn sie dürfte –, wo immer wieder jemand eine Kröte findet, warum er gerade das Wasserschutzgebiet nicht vergrößern darf.

Meine Damen und Herren, das Beste wäre wohl, wenn jeder das Wasser trinken müsste, auf dem er direkt wohnt.

(Hofmann (CSU): Das wünsche ich allen Münchnern!)

Da sind wir uns einig. Das ist die so genannte Nahversorgung. Dass das bei Großräumen nicht mehr so ganz geht, müsste eigentlich jedem Schulkind klar sein, Herr Hofmann, aber Ihnen erklären wir es gesondert: weil man eben ein bisschen mehr braucht.

(Hofmann (CSU): Dann reden Sie halt nicht so saudumm daher!)

Nein, Herr Hofmann. Ich weiß, es schmerzt Sie. Sie sollten mit uns dieses Sanierungskonzept tragen. Was spricht denn dagegen, Herr Hofmann, dass wir gemeinsam die 500 anstehenden Verfahren beschleunigen?

(Hofmann (CSU): Das läuft doch!)

Nein, eben nicht. Seit 15 Jahren funktioniert es nicht. Seit 15 Jahren, Herr Hofmann, wird verhindert, 500 Verfahren abzuschließen, die nichts anderes tun sollen als sicherzustellen, dass Trinkwasser vor Ort weiterhin genießbar bleibt und dass die Brunnen vor Ort erhalten bleiben. Stimmen Sie bitte unserem Antrag zu, dann sind wir einen Schritt weiter.

(Beifall bei der SPD – Willi Müller (CSU): Das wäre ein Schritt zurück!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Kollege. Das Wort hat Frau Paulig.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Es wird Sie nicht verwundern, dass wir diesem Antrag der SPD zustimmen.

(Leeb (CSU): Ist das eine Überraschung!)

Bei manchem sind wir durchaus kritisch, aber ich denke, hier ist Handlungsbedarf gegeben.

Wenn wir uns einmal die bundesweite Statistik über die Ausweisung von Wasserschutzgebieten anschauen, stellen wir fest, dass Bayern leider wiederum Schlusslicht ist. Bundesweit, bezogen auf die Landesfläche, gibt es 11,7% Wasserschutzgebiete, Stand 1997. Schauen wir uns einzelne Bundesländer an. Vielleicht soll zunächst genannt werden, wo Bayern liegt. Bayern liegt bei ungefähr 3,5%. Baden-Württemberg beispielsweise liegt bei 21%, unser vielgeliebtes Hessen bei 27%, Nordrhein-Westfalen bei 13%, das Saarland bei 15%, Sachsen bei 12%. Allein diese Bilanz sollte doch aufzeigen, dass in Bayern noch einiges zu tun ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Insofern unterstützen wir mit Nachdruck die Forderung, dass jetzt zumindest die 500 anstehenden Verfahren abgeschlossen werden.

Herr Hofmann, in dem Zusammenhang möchte ich gerne an die Petition Wasserschutzgebiet Bamberg erinnern. Mein Gott, was sind Sie da rumgeeiert, als es darum ging, dieses Wasserschutzgebiet für die Stadt

Bamberg auszuweiten! Ein Dreifachsalto rückwärts ist nichts dagegen.

(Hofmann (CSU): Das wird Ihnen nicht vergessen!)

Aber es saßen die Petenten, die landwirtschaftlichen Vertreter, hinten im Ausschuss.

(Hofmann (CSU): Das zahle ich Ihnen zurück!)

Sie zahlen es auf freundschaftliche Weise zurück, das sei Ihnen erlaubt. Ich denke, es ist einfach Handlungsbedarf da.

Zu München möchte ich jetzt auch noch eine kurze Bemerkung machen. Es ist nicht allein der Wasserbedarf des Großraums, der München veranlasst, Wasser aus dem Mangfalltal oder aus dem Loisachtal wegzupumpen. Vielmehr ist das Quartärwasser unter München hoffnungslos verschmutzt, und leider ist inzwischen auch das Tertiärwasser belastet. Denn wegen der Wasserentnahme aus dem Tertiärbereich durch die Münchner Brauereien ziehen erhebliche Schmutzfahnen nach unten. Damit ist das Tertiärwasser auch nicht mehr optimal. Insofern hat München bewusst auf das Umland zurückgegriffen und holt das Wasser von weit her. Immerhin zahlt es vernünftige Entschädigungen, und dort gibt es ja auch eine ökologische Landwirtschaft. Wir haben allerdings schon die Besorgnis, dass gerade durch das Absinken des Grundwassers im Loisachtal eine Veränderung der Vegetation stattfindet. Diese Besorgnis ist nicht aus der Welt. Aber grundsätzlich hat, das wiederhole ich, München die Trinkwasserversorgung gut gelöst. Das Wasser in München hat eine hohe Qualität, und man kann es wirklich aus dem Wasserhahn trinken.

(Hofmann (CSU): Aber die Münchner können nicht das Wasser trinken, auf dem sie wohnen!)

Das ist richtig, das können sie nicht trinken. Dabei wäre das Tertiärwasser, das nicht für die allgemeine Wasserversorgung abgepumpt wird, durchaus noch zu trinken. Die Brauereien greifen darauf zurück. Allerdings weist es, wie gesagt, tatsächlich in einigen Bereichen auch schon Schmutzfahnen auf.

(Zurufe von der CSU)

Also: Das Wasser ist gut, es kann getrunken werden, es wurde eine vorsorgende Trinkwasserpolitik in München gemacht. Nur das Wasser direkt unter dem Münchner Bereich aus dem Quartärbereich kann man sicherlich keinem mehr zum Trinken empfehlen.

Lassen Sie uns nun auf das bayerische Wasser insgesamt sehen. Dazu ist Folgendes zu sagen: Es ist dringend angezeigt, vermehrt Wasserschutzgebiete auszuweisen, und zwar deswegen, weil wir eine bedenkliche Belastungssituation haben. Wir müssen feststellen, dass die Trinkwasserbelastung durch Nitrat nicht zurückgegangen ist. Auch bei den Pflanzenschutzmitteln gibt es keinen Rückgang. In den letzten zehn Jahren ist eher ein Anstieg festzustellen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang einmal ein paar Zahlen nennen. Nehmen wir beispielsweise die Pestizide. Bei Desethylatrazin, dem Abbauprodukt von Atrazin, liegen 10% nach dem Grundwassermessprogramm über dem Grenzwert. Das zeigt die hohe Belastung durch Desethylatrazin an, die wir nach wie vor haben. Aber auch Atrazin selbst ist noch in hohem Maße festzustellen. 30% des untersuchten Grundwassers sind mit Atrazin belastet und über 40% mit Desethylatrazin. Wenn man sich die Entwicklung seit 1990 ansieht, erkennt man die ansteigende Tendenz. Das bedeutet, dass wir in der Tat die Wasserschutzgebiete vergrößern und dabei auf eine umweltverträgliche Bewirtschaftung achten müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beim Parameter Nitrat sieht es auch nicht gut aus. Bei 5% des Grundwassers wird der Grenzwert von 50 Milligramm überstiegen. Es ist in den letzten zehn Jahren keine Verbesserung zu beobachten. Die Belastung bleibt in etwa auf dem gleichen Niveau. Das ist allerdings auch nicht verwunderlich, wenn man sich den Verbrauch an mineralischen Düngern ansieht. Der Herr Vertreter des Bauernverbandes hier im Plenum schaut etwas skeptisch. Aber wir müssen feststellen, dass es seit den Neunzigerjahren keine Tendenz zur Verbesserung gibt.

Beim mineralischen Düngereintrag pro Hektar landwirtschaftliche Fläche gibt es zwar Schwankungen, aber keine klare Linie zur Verbesserung hin zu werten, wie wir sie noch in den Sechziger- oder Siebzigerjahren hatten. Wir haben leider nach wie vor einen zu hohen Stickstoffeintrag durch Mineraldünger, der noch durch die Gülleausbringung vermehrt wird.

Ich sage es noch einmal: Wir liegen bei 5% des Grundwassers über dem Grenzwert von 50 Milligramm Nitratbelastung pro Liter. Wenn wir den europäischen Richtwert von 25 Milligramm nehmen, sind circa 30% im Bereich zwischen 25 und 50 mg/l belastet. Auch hier gibt es also einen dringenden Handlungsbedarf für die Ausweisung von Wasserschutzgebieten.

Leider kommt die Ausweisung von Wasserschutzgebieten nach fachlichen Kriterien nicht voran; das müssen wir immer wieder feststellen. Es gibt hier politische Einflüsse, sei es vom Bauernverband und der Landwirtschaft, sei es von anderen Grundstücksnutzern bis hin zu den Kommunen, die Gewerbegebiete ausweisen wollen. Diese politischen Entscheidungen in Bayern bestimmen über das fachlich Notwendige beim Trinkwasserschutz. Durch diesen Antrag wird ein neuer Anstoß gegeben, endlich fachliche Kriterien anzuwenden und Wasserschutzgebiete sachgerecht auszuweisen, wie es aufgrund der von mir aufgezeigten Fakten notwendig ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Guckert.

(Kaul (CSU): Klären Sie Frau Paulig mal auf! Versuchen Sie mal, das richtig zu stellen! – Zuruf von der SPD: Jetzt habe ich gedacht, der Hofmann redet! – Hofmann (CSU): Meine Stunde ist noch nicht gekommen! – Heiterkeit)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Kollege Wörner ist leider schon wieder weg, aber ich habe in diesem Fall auch gar nichts anderes erwartet. Obwohl ich eigentlich nur zur Sache sprechen wollte, möchte ich trotzdem noch kurz einen Satz zum Kollegen Wörner sagen. Er hat wieder einmal in der von ihm schon bekannten Art, nämlich in einem Rundumschlag Angst zu verbreiten, Verschiedenes miteinander. Das ist für mich ein entscheidender Punkt bei diesem Antrag. Genauso entscheidend ist allerdings auch sein Beitrag zur Verantwortung der Kommunen. Diese wird auch von den Kommunen durchaus wahrgenommen, während Sie versuchen, Herr Kollege, die Verantwortung auf den Landtag zu verlagern.

Frau Kollegin Paulig, Sie haben drei Bereiche angesprochen, die Sie immer wieder bringen. Erstens. Sie reden zwar immer von Bürgerbeteiligung, aber in diesem Fall der Ausweisung der Wasserschutzgebiete vor Ort sehen Sie das anders und meinen, das Verfahren müsse verkürzt werden. Zweitens haben Sie immer wieder diese Prozentzahlen vorgetragen. Ihr ganzes Wirken und Reden geht immer auf die Prozente hinaus. Diese Diskussion kann man schon fast nicht mehr hören. Drittens meinen Sie, dass grundsätzlich nur in der ökologischen Landwirtschaft das Heil zu finden ist. Aber wir sehen doch gerade durch die Politik in Berlin, wohin diese Entwicklung geht.

Ich komme nun zum Antrag. Dieser Antrag gliedert sich in zwei Punkte. In Punkt 1 wird die Staatsregierung aufgefordert, alles in ihren Kräften Stehende zu unternehmen, damit die... seit über 15 Jahren anhängigen Verfahren zur Ausweisung von neuen Wasserschutzgebieten und zur Ausweitung von bestehenden Wasserschutzgebieten möglichst rasch abgeschlossen werden können, um sicherzustellen, dass die nach der am 1. Januar 2003 in Kraft tretende Trinkwasserverordnung vorgesehenen Sanierungskonzepte... zum Tragen kommen können. Im zweiten Punkt fordern Sie einen jährlichen Bericht über den Fortschritt der Wasserschutzgebieteausweisung.

Eines vorweg: Die Staatsregierung und die CSU-Landtagsfraktion sind natürlich grundsätzlich dafür, das Trinkwasser, unser höchstes Gut, entsprechend zu behandeln und zu bewirtschaften. Trinkwasser ist das Nahrungsmittel Nummer 1 und für unsere Gesundheit von äußerst großer Bedeutung. Sie sagen ja selber, dass mehr als 90% des bayerischen Trinkwassers aus Quellund Grundwasser kommt. Davon müssen zwei Drittel – das muss man einmal deutlich herausstellen – nicht behandelt bzw. nicht aufbereitet werden. Das ist weltweit anerkannt. Hier kann man von einer hohen Qualität unseres Trinkwassers sprechen.