Protokoll der Sitzung vom 17.02.2000

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Zusatzfragen? Frau Kellner, bitte.

Herr Staatsminister, bleibt es dabei, dass es für Grunderwerb keinen Zuschuss gibt?

Das kann ich momentan gar nicht beantworten, ich nehme es aber an. Ich weiß jetzt nicht auswendig, wie die Richtlinien aussehen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Fragesteller sehe ich nicht. Dann rufe ich die nächste Frage auf. Herr Dr. Jung, bitte.

Herr Staatsminister, wird das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie seine mit Ministerschreiben vom 12.01.1999 angekündigte Absicht, eine rechtliche Bindung kommunaler Beteiligungsgesellschaften an die VOB unterhalb des jetzigen Schwellenwerts auszuweiten, nach wie vor aufrecht erhalten, wann ist gegebenenfalls die Einführung und zu welchem Zweck soll dies erfolgen?

Das Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie strebt weiterhin an, die kommunalen Beteiligungsgesellschaften bei der Vergabe auch unterhalb des Schwellenwerts zur Anwendung der VOB zu verpflichten. Das innerhalb der Staatsregierung für die VOB federführende Staatsministerium des Inneren vertritt allerdings, wie bekannt ist, eine andere Auffassung.

In diesem Zusammenhang will ich auf die gemeinsame Anhörung der Ausschüsse für Wirtschaft, Verkehr und Technologie sowie für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit zum Thema „Kommunalwirtschaft und Mittelstand“ hinweisen, die für den 6. April 2000 geplant ist. Sie soll auch die Frage des Anwendungsbereichs der VOB behandeln. Das Ergebnis der Sachverständigenanhörung bleibt für eine Entscheidung des Ministerrats abzuwarten. Wir wollen sehen, was bei dieser Anhörung

herauskommt, aber unsere Position ist die, die ich beschrieben habe.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfragen? Herr Dr. Jung, bitte.

Herr Staatsminister, das Aufgabengebiet Ihres Ministeriums umfasst auch die Wirtschaft. Sehen Sie auch das Problem, dass gerade bei kleinen Handwerksbetrieben große Bedenken gegen eine solche Ausweitung bestehen? Ich selbst weiß, dass VOBAusschreibungen sehr aufwändig sind und dass davon gerade kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe überfordert werden. Gerade sie würden unter einer solchen neuen Regelung leiden.

Erstens. Aus den Erfahrungen, die ich gemacht habe, kann ich sagen, dass VOB-Ausschreibungen, die aufwändig gestaltet sind, auch einfach gemacht werden können. Zweitens. Die Handwerkskammern drängen darauf, dass die VOB auch auf diesen Bereich ausgedehnt wird. Drittens. Die VOB gibt einen klaren Ordnungsrahmen, in dem sich der Wettbewerb abspielt. Viertens. Unter den Verfahren der letzten Jahre wegen Schiebereien bei den Ausschreibungen befindet sich kein einziges, bei dem eine öffentliche Ausschreibung stattgefunden hat. Die Ausschreibungen waren alle beschränkt, oder die Aufträge wurden freihändig vergeben. Man sollte sich deshalb über die Transparenz und die Sinnhaftigkeit dieser Verfahren Gedanken machen. Fünftens. Die Einhaltung der VOB auch durch privatisierte, ehemals öffentliche Untenehmen wurde vom Landtag bereits 1996 gefordert. Irgendwann müssen wir wissen, was wir wollen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Fragesteller sehe ich nicht. Dann danke ich Ihnen, Herr Staatsminister, und bitte nun den Staatsminister des Inneren, Herrn Dr. Beckstein, um die Beantwortung der nächsten Fragen. Bitte, Herr Pschierer.

Herr Staatsminister, trifft es nach Ansicht der Staatsregierung zu, dass im immissionsschutzrechtlichen Verfahren Nachbarn die rechtlichen Möglichkeiten haben, die Errichtung eines im Interesse der gemeinschaftlichen Kulturarbeit geplanten Kulturzentrums über lange Zeit zu verhindern, obwohl Gemeinde, Landratsamt und Regierung nach pflichtgemäßer Abwägung der verschiedenen Interessen zu dem Schluss gekommen sind, dass das Kulturzentrum Vorrang hat – konkretes Beispiel: Marktgemeinde Blonhofen im Ostallgäu?

Frau Präsidentin, lieber Herr Kollege Pschierer, dem einzelnen Bürger ist es in Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich garantiert, gegen ihn belastende Entscheidungen der Verwaltung den Rechtsweg zu beschreiten. So sieht § 42 Absatz 1 VwGO vor, dass gegen einen belastenden Verwaltungsakt Anfechtungsklage erhoben werden kann. Dies gilt insbesondere auch

dann, wenn es sich um so genannte Verwaltungsakte mit Drittwirkung handelt, die sowohl einen oder mehrere Bürger, z.B. den Bauherrn, begünstigen als auch einen anderen Bürger, z.B. den Nachbarn, belasten, so wie im Ausgangsfall die dem Bauwerber vom Landratsamt Ostallgäu erteilte Baugenehmigung.

Seit dem 01.01.1998 sieht das Baugesetzbuch in § 212 a vor, dass Rechtsbehelfe eines Dritten – also etwa eines Nachbarn – gegen die Baugenehmigung keine aufschiebende Wirkung haben. Damit wollte der Gesetzgeber die Möglichkeiten, Bauvorhaben durch Nachbarrechtsbehelfe zu verzögern, einschränken. Dem Nachbarn steht es dann aber offen, beim Verwaltungsgericht im einstweiligen Rechtsschutz die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu beantragen. Diese Möglichkeit hat der Nachbar in dem von Ihnen angeführten Beispielsfall aus der Marktgemeide Blonhofen erfolgreich wahrgenommen.

Ordnet das Verwaltungsgericht auf Antrag eines Nachbarn an, dass von der Baugenehmigung zunächst nicht Gebrauch gemacht werden darf, so sind die am Verfahren Beteiligten einschließlich der Verwaltung an die gerichtliche Entscheidung gebunden. Die in Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes enthaltene Rechtsweggarantie führt zu einer für alle Beteiligten verbindlichen Entscheidung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage, Herr Kollege Pschierer, bitte.

Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass das zuständige Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall das Objekt nicht mit zusätzlichen Auflagen hinsichtlich der Nutzungsart oder der Nutzungsdauer versehen hat, sondern den Bau bei einem Gebäude eingestellt hat, das im fast fertigen Rohbauzustand war?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Minister, bitte.

Herr Kollege Pschierer, Ihnen ist sicher geläufig, dass die Exekutive verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zu beachten hat und dass deshalb eine außerordentliche Zurückhaltung in der Bewertung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen geboten ist. Die Beteiligten haben aber die Möglichkeit, im Hauptsacheverfahren eine sorgfältige Abklärung herbeizuführen, die über mehrere Instanzen gehen kann. Die Frage wird nur durch ein gerichtliches Verfahren eindeutig entschieden werden. Für die betroffene Gemeinde ist es bedauerlich, dass die Verzögerung eingetreten ist. Das Gericht hat aber die Rechte des Nachbarn für wichtig gehalten. Deshalb müssen alle Beteiligten diese Entscheidung beachten.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Einen neuen Fragesteller sehe ich nicht. Dann rufe ich die nächste Fragestellerin auf: Frau Werner-Muggendorfer. Ich sehe sie nicht. Dann ist jetzt Frau Kollegin Gote dran. Bitte.

Herr Staatsminister, ist der unter dem Punkt „Aktuelles, Terminplanung der Ortsverbände für die OB-Wahl“ – Stand Anfang Februar 2000 – auf der Homepage „ www.thomas-ebersberger.de“ des Bayreuther OB-Kandidaten Thomas Ebersberger, CSU, zu findende Eintrag „03.03.2000, 12 Uhr, Öffnung des Durchgangs Neues Schloss/Regierung, Ludwigstraße, Staatssekretär Regensburger, Mandatsträger“ als Wahlkampfhilfe der Staatsregierung für den CSU-Kommunalpolitiker zu deuten, werden die Baukosten für den entsprechenden Durchgang und die Kosten der Veranstaltung von Seiten der Staatsregierung übernommen, und wie ist der Umstand zu erklären, dass Mandatsträgerinnen und Mandatsträger anderer Parteien als der CSU bisher weder öffentlich über diesen Termin informiert noch dazu eingeladen wurden?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin, Frau Kollegin Gote, es ist richtig, dass eine Öffnung des Durchgangs Neues Schloss/Regierung von Oberfranken erfolgen soll. Der feierliche Akt hierzu findet jedoch nicht am 3. März 2000, sondern am 29. Februar 2000 statt. Die Eröffnung soll durch Herrn Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser und nicht durch Herrn Staatssekretär Regensburger durchgeführt werden. Ihre weiteren daran anknüpfenden Fragen dürften sich damit erledigt haben.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfragen? Das sehe ich nicht. Dann ist die nächste Fragestellerin Frau Peters. Bitte.

Herr Staatsminister, ich frage Sie, ob es bereits konkrete Vorstellungen über Art, Finanzierung und Realisierung der von Ihnen beim CSU-Neujahrsempfang angekündigten „Europäischen Akademie für Innere Sicherheit“ gibt, für die Sie sich Passau in einer „Favoritenrolle“ als Standort vorstellen können, und in welchem Zeitraum soll sich die Umsetzung dieser Einrichtung abspielen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin, Frau Kollegin Peters, bei der „Europäischen Akademie für Innere Sicherheit“ handelt es sich um eine Planung der EU, die auf Vorschlag des Europaabgeordneten Posselt vom Europäischen Parlament unterstützt wird. Die derzeitigen Überlegungen bei der EU bewegen sich mehr in Richtung auf eine virtuelle Einrichtung, wie ich bereits in der von Ihnen angesprochenen Veranstaltung erklärt habe.

Wenn ein konkreter Standort für eine derartige Einrichtung gesucht wird, setzt sich das Innenministerium nachdrücklich für eine Errichtung in Bayern ein. Passau ist durch seine geografische Lage und seinen europäischen

Bezug – ich denke etwa an die Universität – besonders geeignet.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage, Frau Kollegin Peters.

Herr Staatsminister, trifft es zu, dass das Europäische Parlament der Errichtung der Europäischen Akademie für innere Sicherheit bereits zugestimmt hat, wie viele Lehrpersonen könnten dort beschäftigt werden, und wie viele Arbeitsplätze würden dort entstehen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Das Europäische Parlament hat dem Antrag des CSU-Abgeordneten Posselt zugestimmt und sich damit grundsätzlich für eine Europäische Akademie für innere Sicherheit ausgesprochen. Auf europäischer Ebene scheint man dabei von einer virtuellen Akademie mit Koordinierungsfunktion auszugehen. Weiter gehendere Planungen sind der Staatsregierung nicht bekannt. Ich bezweifle auch, dass sie in Brüssel bereits vorliegen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Waschler.

Dr. Waschler (CSU : Herr Staatsminister, haben Sie Kenntnisse darüber, wer sich für die Errichtung der „Europäischen Akademie für Innere Sicherheit“ bisher eingesetzt hat, welche treibenden Kräfte in Ostbayern tätig waren und welche Parteien sich bisher nicht für eine Vergabe nach Ostbayern eingesetzt haben?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Die Errichtung einer Europäischen Akademie für innere Sicherheit ist auf einen Vorschlag des CSU-Abgeordneten Posselt im Europäischen Parlament zurückzuführen. Ich gebe zu, dass ich hinsichtlich der Erfolgsaussichten eines derartigen Antrags skeptisch war.

Aus der ostbayerischen CSU sind von Deggendorf bis Passau – fast möchte ich sagen: bis über die Grenze der Lästigkeit hinaus – massive Pressionen gemacht worden. Der Ihnen bestens bekannte Kollege Dr. Waschler hat wie andere Kollegen aus dem Passauer und Deggendorfer Raum mehrfach gefordert, dass die Akademie in jedem Fall in Ostbayern errichtet werden müsse. Im Rahmen einer Veranstaltung in Passau habe ich dargelegt, dass es noch keine konkrete Standortplanung für eine virtuelle Akademie, was immer man sich darunter vorstellen mag, gibt. Ohne das im Detail innerhalb der Staatsregierung abgestimmt zu haben, kommt Passau für mich sowohl aus geografischen Gründen, d. h. wegen seiner Verbindungen nach Österreich und in die

tschechische Republik, als auch aus inhaltlichen Gründen, d. h. wegen der europäischen Ausrichtung der Universität Passau, als Standort infrage.

Die Staatsregierung wird in den europäischen Gremien immer wieder darauf hinweisen, dass Bayern besonders gute Voraussetzungen für die Errichtung einer Europäischen Akademie für innere Sicherheit hat; denn Bayern gehört unbestrittenermaßen zu den führenden Ländern Europas im Bereich innere Sicherheit. Darüber hinaus trägt Bayern eine Vielzahl von Unterstützungsmaßnahmen für osteuropäische Länder, zum Beispiel für die tschechische und die ungarische Polizei. Planungen hinsichtlich der Standortwahl und Angaben darüber, wie viele Mitarbeiter eingestellt werden, sofern es sich nicht um eine zusätzliche Tätigkeit handelt, die vorhandene Mitarbeiter nebenher übernehmen könnten, sind auf europäischer Ebene derzeit noch nicht fixiert.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatzfrage, Frau Kollegin Peters.

Herr Staatsminister, hat ihre Standortankündigung die gleiche Qualität wie seinerzeit bei der Ankündigung der Multimedia-Akademie am Aschermittwoch vom Ministerpräsidenten, die bekanntlich dann auch nicht nach Passau gekommen ist?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Dass Sie nicht auf dem CSU-Neujahrsempfang waren, Frau Peters, war ein großer Fehler; denn dort habe ich darauf hingewiesen, dass die Europäische Union mit den Planungen noch nicht sehr weit ist. Gleichwohl unterstützt die Staatsregierung das Ansinnen, eine Europäische Akademie für innere Sicherheit einzurichten. Wenn es um die Standortfrage geht, wird sie sich lautstark bewerben. Es ist besser, sich frühzeitig zu melden, als später feststellen zu müssen, dass der Zug abgefahren ist. Die Qualifizierung von Passau war auch deshalb wichtig, weil ein Ihnen bekannter Minister aus Mittelfranken im Verdacht steht, alles für Nürnberg haben zu wollen. Im vorliegenden Fall hält es dieser Minister aber aus sachlichen Gründen für sinnvoll, Passau eine gewisse Präferenz zu geben. In anderen Fällen wird das sicher wieder zu korrigieren sein.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Uns stehen noch drei Minuten zur Verfügung. Frau Naaß, reicht Ihnen die Zeit?

(Frau Naaß (SPD): Das hängt von der Antwort ab!)

Herr Staatsminister, wie viele Unfälle haben sich in der Nacht von Sonntag, 13.02.2000, auf Montag, 14.02.2000, aufgrund vereister Fahrbahnen in Bayern und vor allem in Mittelfranken ereignet, warum ist der Winterdienst vor allem auf den Staats- und Bundesstraßen trotz Hinweise der örtlichen Polizei nicht flächendek

kend ausgerückt, und gibt es eine Anweisung des Innenministeriums, nach der ab 20 Uhr in der Regel keine Streufahrzeuge mehr auszurücken haben?