Protokoll der Sitzung vom 22.03.2000

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Biedefeld das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es gab und gibt nach wie vor im Inland, Ausland und auch in Bayern erhebliche Sicherheitsbedenken wegen des Atomkraftwerks im südböhmischen Temelin. Aus bayerischer Sicht ist das verständlich, weil das AKW nur 80 Kilometer vom niederbayerischen Grenzraum entfernt ist. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass alle Möglichkeiten der Einflussnahme ausgeschöpft werden, um vor Inbetriebnahme alle Bedenken auszuräumen.

Die Bayerische Staatsregierung muss gemeinsam – ich betone: gemeinsam – mit Unterstützung dieses Hohen Hauses und der Bundesregierung auf eine eigene vertiefte Sicherheitsbewertung der ausgewählten sicherheitsrelevanten Systeme des AKW Temelin drängen. Wir müssen aus eigener Sicht die vertieften Sicherheitsbewertungen vornehmen, um uns selbst ein Bild darüber zu verschaffen, wie die sicherheitstechnische Nachrüstung läuft, was man bisher mit welchem Effekt geleistet hat und was darüber hinaus an technischer Nachrüstung notwendig ist, um dem Sicherheitsstandard Rechnung zu tragen.

Deshalb unterstützen wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Nach Auffassung der SPD-Fraktion ist die geplante Fertigstellung des AKW Temelin, das ja seit Mitte der Achtzigerjahre im Bau ist, nicht nur aus sicherheitstechnischer und ökonomischer Sicht fragwürdig. Im Zusammenhang mit den ökonomischen Aspekten möchte ich das unterstreichen, was Frau Kollegin Kellner eben ausgeführt hat: Es ist die Rede von 3000 Megawatt Überkapazität in Tschechien. Vor dem Hintergrund meine ich, dass der Bau dieses AKW nicht erforderlich gewesen wäre. Das Projekt ist also schon aus ökonomischer Sicht fragwürdig.

Es kommt eines hinzu – darauf wird in Nummer 6 des vorliegenden Antrags der GRÜNEN hingewiesen –: Mit der Entscheidung zum Bau des in Rede stehenden Atomkraftwerks und mit dem 1999 gefassten Beschluss zum Weiterbau verstellt sich die Tschechische Republik den Einstieg in eine umwelt- und klimafreundliche Energieversorgung selbst. Mit der Entscheidung, hier weiterzubauen, ist wirklich eine Chance vertan worden, zu einer zukunftsfähigen Energieversorgungsstruktur zu kommen und auf rationelle Energieversorgung, Energieeinsparung sowie erneuerbare Energieträger zu setzen. So begrüßen wir gerade Nummer 6 des vorliegenden Dringlichkeitsantrags.

Zum Sicherheitsstandard des AKW Temelin habe ich am 8. März dieses Jahres eine Schriftliche Anfrage an die Staatsregierung eingereicht. Darin frage ich unter anderem nach dem Stand der Gespräche zwischen der Bayerischen Staatsregierung und der tschechischen Genehmigungsbehörde hinsichtlich des Sicherheitsstandards des Kernkraftwerks. Herr Staatsminister Dr. Schnappauf, vielleicht können Sie heute schon darauf eingehen.

Die GRÜNEN sprechen in ihrem Antrag nur eine Teilumweltverträglichkeitsprüfung an, bei der die Meldefrist am 31.03.2000 abläuft. Diese tschechische Teil-UVP bezieht sich nur auf nachträglich beantragte Änderungen am AKW Temelin, also beispielsweise auf die Konditionierungsverfahren und den Umgang mit Abfall. Für die Gesamtanlage sieht die Tschechische Republik keine Umweltverträglichkeitsprüfung mehr vor. Auch aufgrund der dortigen Gesetzeslage gibt es Probleme. Denn die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen wurde in Tschechien erst sieben Jahre nach Erteilung der Baugenehmigung für das in Rede stehende AKW gesetzlich vorgeschrieben. Doch sollte es für uns kein Grund dafür sein, nicht weiterhin darauf zu drängen, dass für die gesamte Anlage eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, nicht nur für die nachträglich beantragten Maßnahmen. Unserer Meinung nach ist dies angesichts der Gefahr, die von diesem AKW-Standort auch für Bayern ausgeht, auch aus Sicht der bayerischen Bürgerinnen und Bürger unerlässlich.

(Beifall bei der SPD)

Entschuldigung, Frau Kollegin Biedefeld! Ich nehme Ihre Sprechpause zum Anlass, hier bekannt zu geben, dass die GRÜNEN namentliche Abstimmung über den aufgerufenen Dringlichkeitsantrag beantragt haben.

Seit Baubeginn wurden auf dem gesamten AKW-Gelände an die 4000 Änderungen gegenüber dem vorgenommen, was der ursprüngliche Bauplan vorsieht. Diese wurden bis jetzt jedoch noch keiner UVP unterzogen. Die CEZ, der tschechische Energieversorger und künftige Betreiber des AKW Temelin, erkennt von diesen 4000 Änderungen nur 41 als solche an. Das muss man auch einmal sagen. Die CEZ wurde letztlich aufgrund einer Klage vor dem obersten Gericht in Prag im Februar 1999 dazu gezwungen, eine erste UVP durchzuführen. Diese Teilumweltverträglichkeitsprüfung läuft noch bis zum 31.03.2000, wie schon angesprochen.

Hier in Bayern, auch in diesem Hohen Hause, wurde die Sicherheit des AKW Temelin wiederholt angezweifelt. Der Hauptkritikpunkt besteht darin, dass in dem Kernkraftwerk nicht zusammenpassende westliche und russische Technik kombiniert werden. Insofern ist es wirklich sinnvoll, dass Bayern, die bayerische Staatsregierung bzw. das hiesige Umweltministerium, in dem noch bis zum 31.03.2000 laufenden UVP-Verfahren Einwendungen erhebt. Diese Chance dürfen wir nicht einfach so verstreichen lassen. Einwendungen können zum Beispiel gegen das Abfallverfahren erhoben werden. Das Bitumisierungsverfahren ist völlig veraltet und stellt durchaus ein Sicherheitsproblem dar. Es ist auch sinnvoll, die Einwendungen, die im Rahmen der Umweltvertraglichkeitsprüfungen vorgebracht werden, öffentlich zu erörtern, und zwar unter Einbeziehung aller Beteiligten, auch derjenigen, die Einwendungen erhoben haben. Denn dadurch erhält man einen guten Gesamtüberblick über die Einwendungen und das führt zu mehr Transparenz.

Nun zu der Forderung der GRÜNEN, die bayerischen Bürgerinnen und Bürger über die vom AKW Temelin ausgehenden Gefahren sowie die Möglichkeit zu informieren, Einwendungen gegen das Projekt zu erheben. Da sehe ich ein kleines Problem – das muss ich einräumen –: Wir haben heute den 22. März. Das UVP-Verfahren endet am 31. März. Die Zeit ist sehr knapp, um die Bürgerinnen und Bürger wirklich ausreichend zu informieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, Einwendungen zu erheben.

Wie informiert werden soll, hat Frau Kollegin Kellner schon angesprochen. Die Bürgerinnen und Bürger, die an der Grenze zu Tschechien leben, also in Oberfranken, der Oberpfalz oder in Niederbayern, sollen eine 70-seitige Informationsschrift über die fast fertig gestellte Anlage einsehen können. Da ich diese Broschüre nicht kenne, will ich sie jetzt nicht verurteilen oder kritisieren. Das steht mir nicht zu. Denn dazu müsste ich sie kennen oder zumindest schon einmal angesehen haben. Doch meine ich, dass es vielleicht nicht ausreicht, die Broschüre in den Landratsämtern und in den Stadtverwaltungen einfach auszulegen. Vielmehr muss man meiner Meinung nach den Bürgerinnen und Bürgern eine zusätzliche Möglichkeit einräumen, sich mit dieser Informationsschrift zu befassen. Ins Rathaus oder ins Landratsamt gehen zu müssen, um dort 70 Seiten zu lesen, das stellt in meinen Augen eine zu große Hürde dar. Hier besteht ein Defizit, was die Information der Bürgerinnen und Bürger anbelangt.

Die Bürger haben dann zwei Monate lang Zeit, sich anhand der Broschüre der tschechischen Betreibergesellschaft über die Sicherheit des AKW Temelin zu informieren. Einwendungen und Fragen von Bürgern werden vom bayerischen Umweltministerium nach Tschechien weitergeleitet werden – so war aus Ihrem Hause zu erfahren, Herr Umweltminister Dr. Schnappauf. Die tschechischen Genehmiungsbehörden haben eine Prüfung zugesagt. Was heißt das? Diese „Bürgerbeteiligung“, die jetzt unter Verwendung der angesprochenen Informationsbroschüre läuft, hat nichts mit der ebenfalls schon erwähnten Teil-UVP zu tun. Hier geht es um ein anderes Verfahren, über das die Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden sollen. Die tschechische Genehmigungsbehörde hat in der deutsch-tschechischen Kommission zur Nuklearsicherheit zugesagt – ich füge hinzu: dank Bundesumweltministerium –, zu Einwendungen bayerischer Bürger Stellung zu nehmen. Das klingt gut. Doch muss man darauf hinweisen, dass dies keinerlei rechtliche Relevanz hat. Denn hier handelt es sich nicht um ein atomrechtliches Verfahren.

Man muss auch wissen, dass die Broschüre des tschechischen Energieversorgers mehr oder weniger freiwillig auf Bitte des Bundesumweltministeriums erstellt wurde. „Mehr oder weniger freiwillig“, auch das sagt schon viel aus.

Ich verweise in dem Zusammenhang auch auf den CSUAntrag, der am 22. Juli 1995 hier im Landtag angenommen wurde. Darin heißt es, berechtigten Einwendungen der bayerischen Bürgerinnen und Bürger werde Rechnung getragen. Das ist ein wichtiger Hinweis und muss auch vollzogen werden.

Abschließend möchte ich es noch einmal sagen: Die Bayerische Staatsregierung, der Landtag, die Bundesregierung, wir dürfen wirklich nicht in unseren Bemühungen nachlassen, alle relevanten Sicherheitsfragen vertieft zu analysieren und zu klären, und zwar vor Inbetriebnahme des AKW Temelin. Wir dürfen nicht nachlassen in unseren Bemühungen, dies vor allem, um mögliche Gefahren von der bayerischen Bevölkerung abzuwenden. – Wir stimmen dem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Herr Kollege Hofmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Radermacher, Sie sind auch mal wieder im Haus. Herzlich willkommen, grüß Gott!

(Heiterkeit bei der CSU)

Wie man es auch drehen und wenden will, die tschechische Regierung fragt offensichtlich nicht danach, was die GRÜNEN, Frau Kellner, bei der Energieerzeugung für geboten halten oder in ihren Augen überflüssig ist.

In den zurückliegenden Jahren haben wir im Bayerischen Landtag vor allem aufgrund der Anträge, die unser Kollege Kobler gestellt hat, Fragen zur Sicherheit des Atomkraftwerks Temelin sehr ausführlich diskutiert. Bei der Erörterung des Antrags des Kollegen Kobler und anderer vom 22.06.1995 wurde im Grunde genommen dargestellt, dass wir alles in unserer Kraft Stehende versucht haben, um sicherzustellen, dass westlicher Sicherheitsstandard zum Tragen kommt, dass das Kraftwerk entsprechend nachgerüstet wird und dass die berechtigten Einwendungen bayerischer Bürger im tschechischen Zulassungsverfahren Berücksichtigung finden. Das wird problematisch sein, denn die Tschechen haben eine andere Rechtsprechung als wir hier in Bayern oder in der Bundesrepublik Deutschland.

Gleichzeitig will ich aber feststellen: Die GRÜNEN und teilweise auch die Kollegen von der SPD tun so, als ob wir in Berlin eine Regierung hätten, auf die sie keinen oder nur geringen Einfluss haben. Tatsache ist aber, dass die Auseinandersetzung im Wesentlichen von den zuständigen Verantwortlichen in der Bundespolitik geführt werden muss. Das muss auch mit Unterstützung aus Bayern erfolgen, das steht außer Frage, Frau Kollegin Biedefeld. Zuständig für die auswärtigen Beziehungen ist aber ein grüner Minister; und zuständig für die Sicherheit der Kernkraftwerke ist ebenfalls ein grüner Minister.

(Maget (SPD): Es ist schon schlimm, dass es so etwas geben kann!)

Es ist sogar zum Haare raufen. Wenn ich davon aber so wenige hätte wie Sie, hätte ich das überhaupt nicht gesagt. – Ich will dem Eindruck entgegentreten, als ob in

den zurückliegenden Monaten und Jahren seitens der Staatsregierung und seitens des Landtags nicht alles gemacht worden wäre, was von Seiten Bayerns möglich gewesen ist. Das Ergebnis ist, dass Aufklärung stattfinden wird. Sie haben völlig zu Recht angesprochen: Heute haben wir den 22. März. Die Auslegungsfrist endet am 31. März. Unser Problem sind die Fristen. Ob sich die tschechische Regierung und die tschechische Rechtsprechung dann Einwendungen, die wir haben, so zu Eigen machen, wie wir uns das vorstellen, das steht auf einem anderen Blatt. Das kann heute niemand von uns zufrieden stellend beantworten.

Die Staatsregierung ist bei der tschechischen Regierung vorstellig geworden, das hat sie in der Vergangenheit getan, und wo sie die Möglichkeit hat, wird sie das auch in Zukunft tun. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung und die Zuständigen des Bundes das Anliegen, das die SPD und die GRÜNEN vertreten, mindestens genauso nachhaltig unterstützen wie wir vom Freistaat Bayern.

Der Antrag fordert, dass auf die tschechische Regierung eingewirkt werden soll, dass auch für die anderen Gebäude des Atomkraftwerks Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt werden. Nach der tschechischen Rechtsprechung werden Verfahren durchgeführt, aber die werden nicht für den gesamten Bereich, sondern nur für Teilbereiche durchgeführt. Man wird sehen, ob in den Verhandlungen zwischen Berlin und Prag die Voraussetzungen geschaffen werden können, damit das noch stärker ausgedehnt wird.

Der Antrag fordert, die Anstrengungen zu verstärken, um die Informationsblockade zu überwinden. Meine Damen und Herren, wir haben, soweit ich das beurteilen kann, aus der Sicht Bayerns, der Staatsregierung und der CSU, alles in unseren Kräften Stehende getan, um so genannte Informationsblockaden zu überwinden. Wenn die andere Seite spärlich, überhaupt nicht oder zu spät informiert, haben wir keine andere Möglichkeit als das – wie soll ich sagen – klagend zur Kenntnis zu nehmen. Wir haben keine Möglichkeit des Zwangs.

In Punkt 6 des Antrags heißt es, Tschechien soll bei Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Nutzung von erneuerbaren Energien unterstützt werden. Dazu brauchen Sie uns nicht auffordern, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Wir haben in den zurückliegenden Jahren gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium mindestens sieben Maßnahmen gefördert. Bei der Fernwärmeversorgung und bei der Kraft-WärmeKopplung haben wir – so glaube ich – ein mustergültiges Projekt gemeinsam finanziert. Ein weiteres gemeinsames Projekt steht auf der Tagesordnung, weil die tschechische Seite Interesse daran hat. Der Freistaat Bayern ist bereit, alles, was er finanziell dazu beitragen kann, einzusetzen, um auch diesen Punkt Ihres Antrags zu erfüllen.

Alle sechs Punkte Ihres Antrags sind überflüssig, weil die Bayerische Staatsregierung in der Vergangenheit und in der Gegenwart dafür gesorgt hat – und dies auch in Zukunft tun wird –, dass das Sicherheitsbedürfnis der

betroffenen bayerischen Bevölkerung durch unsere Politik in ausreichendem Maß berücksichtigt wird.

Herr Kollege Hofmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Biedefeld? – Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Kollege Hofmann, könnten Sie mir auf die Frage antworten, ob die Staatsregierung im Rahmen des Umweltverträglichkeitsverfahrens konkrete Einwendungen erhebt und in welcher Hinsicht diese Einwendungen erfolgen?

Frau Kollegin, ich gehe davon aus, dass Ihnen die Antwort vom 31. Januar 2000 vorliegt, die das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen an den Präsidenten des Bayerischen Landtags gerichtet hat. Sie haben teilweise daraus zitiert. Aus diesem vier Seiten umfassenden Schreiben geht hervor, wie die Bayerische Staatsregierung, auch im Zusammenhang mit nachträglichen Umweltverträglichkeitsprüfungen den Versuch macht, den von uns gewünschten Sicherheitsstandard zu erreichen. Ich will keinen Zweifel daran lassen.

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Warum sollten wir das Sicherheitsbedürfnis der betroffenen Bevölkerung in unserem Grenzland oder in Bayern einem solchen Unternehmen gegenüber vernachlässigen? Ich muss allerdings auch darauf hinweisen, dass es nicht nur in bayerischer Kraft und in bayerischer Macht liegt, sondern es muss gemeinsam gearbeitet werden. München, Berlin und Bayern müssen gemeinsam für die bayerischen Interessen und die der betroffenen Bevölkerung arbeiten. Hierfür haben Sie selbstverständlich unsere Unterstützung, und die haben Sie unabhängig von diesem Antrag, den wir aus den genannten Gründen ablehnen werden.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat jetzt Herr Kollege Hartenstein.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alle machen sich Sorgen um Atomkraftwerke, die in den benachbarten Staaten stehen. Die CSU-Fraktion samt Staatsregierung sorgt sich, wenngleich sie zu den größten Kernkraftwerksbefürwortern zählt. Die SPD-Fraktion sorgt sich mit einem Kanzler, der nicht davor zurückscheut, Hermes-Bürgschaften exakt für solche Kernkraftwerke zuzusichern. Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, die sich spätestens am letzten Wochenende vom Ausstieg aus der Atomenergie verabschiedet hat, tut dies ebenfalls.

(Zuruf von der CSU: Gott sei Dank!)

Es sei zugestanden: Reaktoren unterschiedlicher Bauart tragen unterschiedliche Risiken in sich. Glaubt man den Bürgerinitiativen vor Ort, so bedeutet dies, dass bei dem

Reaktor in Temelin davon auszugehen ist, dass eine größere Havarie mit einer Wahrscheinlichkeit von 10–4 eintreten kann.

Bei westdeutschen Reaktoren liegt die Wahrscheinlichkeit bei 10-6. Dennoch wären auch in Deutschland betriebene Reaktoren nach heute geltendem Recht nicht mehr genehmigungsfähig. Auch bei uns sind Wasserdampfund Wasserstoffexplosionen nicht völlig ausgeschlossen. Darüber hinaus gilt selbstverständlich auch für die angrenzenden Bereiche, sei es der Abbau von Uran, die Anreicherung, der Transport von Atommüll oder die Endlagerung, dort und hier: Es treten massive Risiken auf.

Ich werde dem Antrag zustimmen, wenngleich Teile davon meines Erachtens bereits erfüllt sind. Ich werde zustimmen, weil ich die Hoffnung daran knüpfe, dass das Problembewusstsein auf diese Art und Weise weiter geschärft werden kann. In dem Antrag ist allerdings der Bund nicht aufgeführt. Ein Brief, liebe Emma Kellner, hat lange nicht die gleiche Bedeutung wie ein Antrag, der sich an den eigentlich Zuständigen, den Bund, richtet. Selbstverständlich wäre es auch sinnvoll gewesen, die europäische Ebene in die Überlegungen einzubeziehen.

Ich gehe davon aus, dass es nicht gelingen wird, auf die Regierung Tschechiens dahin gehend Einfluss nehmen zu können, doch noch von diesem Projekt zu lassen. Man sollte ihr aber noch einmal deutlich machen, dass der Energieverbrauch in ihrem Land seit Jahren stagniert, die installierte Leistung bei 15000 Megawatt und der Spitzenabruf bei 11000 Megawatt liegt. Das zeigt, dass dort bereits heute mehr Strom produziert wird als man selbst verwenden kann. Darüber hinaus gibt es erhebliche Energieeinsparpotentiale, die noch ungenutzt sind. Ich denke insbesondere an die Elektroheizungen, die in großem Umfang vorhanden sind. Aber auch die Kosten der Anlage insgesamt einschließlich der Nachrüstung liegen so hoch, dass davon auszugehen ist, dass der Kilowattstundenpreis im obersten Drittel aller Atomkraftanlagen in Europa angesiedelt sein wird. Das bedeutet letztendlich, dass ein Export in einem liberalisierten Energiemarkt kaum vorstellbar ist.

Ich denke, als einziger Punkt wird übrig bleiben, noch einmal deutlich zu machen, dass bei einem Eintrittsbegehren in die EU damit gerechnet werden muss, dass Sicherheitsaspekte verschärft abgefragt werden und selbstverständlich auch die Demokratiedefizite, die sich hinsichtlich der Bürgerbeteiligung zeigen, angesprochen werden müssen.

Ein letzter Gesichtspunkt scheint mir noch wichtig. Es wird spekuliert, Strom exportieren zu können. Es muss bereits heute klar gemacht werden, dass die für den Wettbewerb zuständige Stelle der EU-Kommission beauftragt werden wird, den Export auf Wettbewerbsverzerrungen hin zu überprüfen.

Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Schnappauf.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her