Nachdem wir in Deutschland an der Spitze stehen, aber sehen, dass es da und dort Probleme gibt, bezüglich derer wir Veränderungen herbeiführen müssen, haben wir sofort die Konsequenzen gezogen. Wir haben Jahrgangsstufentests mit neuen Fragestellungen eingeführt. Wir sind mit federführend bei den Projekten zur Verbesserung der Effizienz des Mathematikunterrichts. Wir haben zusammen mit Baden-Württemberg die meisten Mathematikstunden in der Stundentafel. Wir ziehen die Konsequenzen.
Wenn ich allerdings in der KMK frage, sind die SPD-regierten Länder auch bereit, sich zentralen Jahrgangsstufentests zu stellen, die neue schwierige, anwendungsorientierte Aufgabenstellungen beinhalten und zum Teil einen experimentellen Bezug und einen Lebensbezug aufweisen, dann höre ich immer: Nein, auf solche Standards wolle man sich nicht verständigen. Genauso wenig wollen sie das beim Zentralabitur, bei der Prüfung für die Mittlere Reife oder beim Quali an der Hauptschule. Diese Länder können nicht unser Vorbild sein.
Wenn es aber da und dort eine gute Schule gibt, die hervorragende Initiativen zeigt oder gute Leute hat, dann sind wir uns in Bayern nicht zu schade, mit den Leuten zu reden. Wir tun das sogar sehr gern, denn wir haben keine Schablonen. Wir schauen dahin, wo es etwas Gutes gibt. Wir holen uns das und versuchen, es umzusetzen, und zwar ganz gleich, wo es herkommt. Da habe ich überhaupt keine Bedenken.
Für mich ist etwas interessant, das Frau Münzel angesprochen hat. Ich muss mich meinem Kollegen Schneider anschließen, Frau Münzel hat sich uns in vielen Bereichen – ich sage es vorsichtig – angenähert. In vielen Fragen kann ich nur sagen: Herzlich willkommen bei uns.
Sie haben Begriffe angesprochen. Wenn man Begriffe aus den Siebzigerjahren mit denen der heutigen Zeit vergleicht, stellt man fest, dass zum Teil ein völlig anderer Inhalt dahinter steckt. Wenn man heutzutage von innerer Schulentwicklung spricht, meint man damit nicht mehr die alte Demokratisierung oder das, was Herr Irlinger angesprochen hat, nämlich Mitspracherechte für Schüler, Eltern und Lehrer, also noch mehr Gremien und Richtlinien, wer wann das Recht hat, mit wem zu reden.
Genau das ist es, was wir nicht wollen. Wenn es um eine Zusammenarbeit zwischen Schülern, Eltern und Lehrern geht, ist eine zielgerichtete Zusammenarbeit gemeint: Wer erfüllt in der Schule welchen Auftrag, um den pädagogischen, erzieherischen und unterrichtlichen Zielsetzungen näher zu kommen. Es geht nicht darum, dass der eine dem anderen dreinreden darf, sondern es geht darum, dass möglichst viele mitarbeiten und sich einbringen, wenn es darum geht, die Qualität der Schulen zu verbessern.
Wir Bayern sind diejenigen, die in der Kultusministerkonferenz am meisten Wert auf das Wort „Qualitätsstandards“ und dessen Inhalt gelegt haben. Wie oft haben SPD-regierte Länder leider das Wort „Qualitätsstandards“ streichen lassen, weil sonst kein Konsens innerhalb der Kultusministerkonferenz erreichbar gewesen wäre. Es geht dabei um alles, was mit Evaluation von außen zu tun hat. Die Evaluation gehört dazu, wenn man die Qualität der Schule sichern will. Wenn sich Schulen allein überlassen sind, bringt das nichts. Frau Münzel, ich stimme Ihnen gern zu, Evaluation von außen ist notwendig. Diese These hat die CSU immer vertreten. Sie war nur lang umstritten, als es um das Zentralabitur und sonstige zentrale Prüfungen ging. Heutzutage ist der Begriff erweitert. Heute geht es um Jahrgangsstufentests und Orientierungsarbeiten an Grundschulen. Heute geht es auch darum, Qualitätsstandards flächendeckend auch während der Schulzeit und nicht nur bei Prüfungen durch eine Evaluation sicherzustellen. Das halte ich im Sinne der inneren Schulentwicklung für außerordentlich wichtig.
Frau Münzel, eine Frage beantworte ich anders als Sie. Ich will die Frage von Ihnen und von Herrn Irlinger noch einmal nennen. Was ändert sich substanziell an Schulen, wenn Sie eine neue Schule wollen? Ich kann auf die Frage nur sagen: Ich will keine andere Schule. Ich glaube, dass unsere bayerischen Schulen in vielen Bereichen gute Arbeit leisten und dass wir sie weiterentwickeln, aber nicht substanziell verändern müssen. Unsere Schulen leisten eine qualitativ hochwertige Arbeit.
Als manche von der SPD und den GRÜNEN auf der Straße noch im „Schlabberlook“ herumliefen und die Freiheit von jeglicher Erziehung forderten, hat Bayern die Schule weiterentwickelt. Das sind die Tatsachen. Wir haben auf Erziehung und Standards immer Wert gelegt. In diesem Sinn nehme ich gern entgegen, dass gesagt wird: Vergessen Sie, was in den Siebzigerjahren war. Ich glaube Ihnen, dass Ihnen das am Herzen liegt, aber ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, was in den Siebzigerjahren tatsächlich war und was in der Schulpolitik von Ihnen leider falsch gemacht worden ist.
Die bayerische Schulpolitik genießt in Deutschland einen guten Ruf. Wenn Europäer nach Deutschland kommen, besuchen sie sehr häufig Bayern, weil wir als Land mit Qualitätsstandards gelten. Weit über Europa hinaus beanspruchen Länder für sich ein Schulwesen wie das, das in Bayern geprägt worden ist.
Ich möchte noch einen Satz zur Hauptschule und zur R 6 sagen. Frau Münzel, Sie haben gesagt: „Wer geht schon
an eine sterbende Schule?“ An die R 6 haben die Eltern aber ihre Kinder bereits geschickt, als noch nicht feststand, dass die R 4 keinen Bestand mehr haben wird. Die Eltern haben die sechsstufige Realschule von Anfang an der vierstufigen Realschule vorgezogen. Das war schon im Versuch so.
Zur Hauptschule. Frau Münzel, ich freue mich, dass Sie sie verteidigen. Aber in den Ländern, in denen Sie regieren, gibt es die Orientierungsstufe, die Gesamtschule und die sechsstufige Realschule, was in der Gesamtheit zur Vernichtung der Hauptschule geführt hat. In den von Ihnen regierten Ländern war kein Platz für die Hauptschule. Sie hat dort bis heute keine Lobby.
Zum Schluss will ich kurz auf die islamische Unterweisung eingehen. Die islamische Unterweisung hat Bayern als erstes Land in Deutschland eingeführt. Anschließend hat Nordrhein-Westfalen unsere Lehrpläne übernommen und das Fach eingeführt. Nachdem die Entwicklung in den letzten 15 Jahren fortgeschritten ist, sind wir bereit, die Pläne zusammen mit den jeweiligen Ansprechpartnern weiterzuentwickeln. Ich bin froh, wenn wir dies parteiübergreifend tun, denn gerade die Fragen der Glaubensfreiheit und des Religionsunterrichts sollten vom Parteienzank ausgenommen sein.
(Beifall bei der CSU). Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Haushaltsplans 2001/2002, Einzelplan 05, sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 14/4674 zugrunde. Der Einzelplan 05 wird vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen mit den in der Beschlussempfehlung genannten Änderungen zur Annahme empfohlen. Wer dem Einzelplan 05 entsprechend der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktion der CSU und Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Einzelplan 05 mit den vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen angenommen. Gemäß § 132 Absatz 5 der Geschäftsordnung haben zugleich die vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge ihre Erledigung gefunden. Eine Liste der Änderungsanträge liegt Ihnen vor. (siehe Anlage)
Außerdem schlägt der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen noch folgende Beschlussfassung vor:
Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen insbesondere in den
Erläuterungen, der Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdruck des Einzelplans vorzunehmen.
Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Unter Bezugnahme auf die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 14/4674 weise ich darauf hin, dass die Änderungsanträge auf den Drucksachen 14/4342, 14/4373, 14/4374, und 14/4375 sowie 14/4459 ihre Erledigung gefunden haben. Das Hohe Haus nimmt hiervon zustimmend Kenntnis. Die Beratung des Einzelplans 05 ist damit abgeschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit pro Fraktion beträgt 15 Minuten. Wortmeldungen? Herr Kollege Dr. Dürr, bitte.
Ich will die Siebzigerjahre nicht vergessen. Es ist ganz interessant zu sehen, wo es in jenen Jahren seitdem eine Entwicklung gegeben hat und wo nicht. Eine Methode, die in den Siebzigerjahren häufig geübt wurde war, wenn man an etwas Kritik geübt hat, was hier falsch war, dann wurde immer gesagt: Geh doch rüber. Frau Hohlmeier versucht jetzt im Prinzip das Gleiche, indem sie immer sagt: Geht doch nach Nordrhein-Westfalen. Ich will aber nicht nach Nordrhein-Westfalen, was soll ich dort?
Frau Hohlmeier spricht doch von meinem eigenen Land. Ich dachte, sie redet über Bayern. Aber nein, sie redete über Nordrhein-Westfalen. Ich verstehe nicht ganz, was Sie damit eigentlich sagen wollen, Frau Hohlmeier. Das müssen Sie mir eines Tages erklären. Für uns ist klar: Dieses Land ist unser Land. Dieses Land gehört uns mindestens so sehr wie Ihnen.
Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass die Abteilung Gegenwartskunde des Südost-Instituts in München bleibt.
Das soll möglichst im Einvernehmen mit dem Bund geregelt werden, notfalls aber auch ohne dessen Einvernehmen. Wir wollen der Staatsregierung, die leider auch unsere Staatsregierung ist, mit diesem Antrag in den Verhandlungen den Rücken stärken. Wir glauben, dass wir die Gegenwartsabteilung des Südost-Instituts in Bayern brauchen, weil sonst ein wesentlicher Teil des geplanten Kompetenzzentrums – ich hoffe, es ist immer noch geplant und wird eines Tages auch realisiert werden – für die Osteuropaforschung fehlt. Wir denken, wenn das Kanzleramt sieht, dass wir das Institut zusammenhalten wollen, dann kommt es vielleicht zur Vernunft.
Das Bundeskanzleramt verhält sich in dieser Frage nicht gerade kooperativ, und ich glaube, auch nicht besonders intelligent.
Wir haben den Antrag aber hochgezogen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, um Ihnen die Gelegenheit zu geben, sich intelligenter zu verhalten.
Im Ausschuss haben Sie allerdings bewiesen, dass Sie nicht viel erkenntnisfreudiger sind als das Bundeskanzleramt. Jetzt haben Sie eine zweite Chance. Ich bin sicher, deshalb haben wir den Dringlichkeitsantrag auch hochgezogen, dass sich die Staatsregierung in jedem Fall intelligenter verhalten wird. Die Staatsregierung will – und das wollen auch wir, das haben wir bereits gezeigt –, dass die Münchner Einrichtungen, die sich mit der Osteuropaforschung befassen, in einer sogenannten Campus-Lösung zusammengefasst werden. Entstehen soll ein Kompetenzzentrum, und das könnte, um es mit den Worten der Staatsregierung zu sagen, europaweit einmalig sein. So etwas sagt doch Minister Huber immer sehr gerne. Wenn wir dieses Ziel realisieren würden, gäbe es das sonst nirgends. Es handelt sich um eine einmalige Chance.
Ohne die Gegenwartsabteilung wäre das Kompetenzzentrum aber nachhaltig geschwächt. Das Geld, das man dafür ausgibt, und die Organisation, die man dafür aufwendet, wären erheblich weniger effizient. Wir bekämen für das gleiche Geld viel weniger Leistung.
In Berlin will man das Südost-Institut sozusagen entkernen. Man will die wertvolle Abteilung nach Berlin holen, aber das lehnen wir ab. Wir sagen nicht, dass die Berliner nicht auch ein berechtigtes Interesse hätten, aber wir in Bayern haben auch ein berechtigtes Interesse. Wir sind dagegen, weil dies hier auch unser Land ist. Wir stellen unser Interesse deshalb voran, und wir denken,
Die Politikberatung, die man in Berlin will, die kann man genauso gut, wie bisher auch, dezentral haben. Ich verstehe zwar, dass man in Berlin am liebsten alles bequem zur Hand und unter Kontrolle haben will. Ein paar Bequemlichkeiten mehr in Berlin rechtfertigen aber nicht, den Forschungsstandort Bayern zu schwächen. Es muss nicht alles in Berlin konzentriert werden, im Gegenteil. In diesem Punkt sind wir uns einig, nehme ich an. Wir treten, mindestens so sehr wie die CSU, für die Länderhoheit ein. Als ich heute die Zeitung aufgeschlagen habe, musste ich aber schon ein bisschen schmunzeln, als ich sah, dass der Hauptkritikpunkt des bayerischen Wissenschaftsministers an Minister Naumann die Eitelkeit ist. Da muss ich schon fragen, wer hier eigentlich wem was vorwirft.