Es gibt einen Haftbefehl gegen Herrn Pfahls, der im April 1999 vorerst nicht vollzogen wurde. Die Folge ist, dass sich Herr Pfahls noch heute auf der Flucht befindet.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat im Zuge der Ermittlungen den Versuch unternommen, Helmut Kohl als Zeugen zu vernehmen und die Parteizentrale der CDU nach Beweismitteln zu durchsuchen. Beides ist offensichtlich auf Druck aus München nicht zugelassen worden. Es gab fast flehentliche Bitten aus dem Ausland – vor allem aus der Schweiz –, doch endlich den Komplex Leuna/Elf Aquitaine zu untersuchen. In Bayern war bei der Staatsanwaltschaft nur Fehlanzeige festzustellen.
Herr Kollege Güller, wie beurteilen Sie im Hinblick auf den Aufklärungsbedarf die Tatsache, dass sich von der Staatsregierung zwar sieben ehemalige Kabinettsmitglieder, aber nur ein aktives im Saale befinden?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist mir mitgeteilt worden, dass Justizminister Dr. Weiß beim Richterwahlausschuss in Berlin ist. Dies wurde allen Fraktionen schriftlich mitgeteilt. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.
Frau Präsidentin, dies nehme ich zur Kenntnis. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die Staatsregierung nicht nur aus dem Justizminister besteht, sondern dass sie die ganz ordentliche Stärke von 18 Personen hat. Besonders auffällig erscheint mir, dass insbesondere ehemalige Justizminister und ehemalige Justizstaatssekretäre ein ganz besonderes Interesse an ihrer Anwesenheit haben. Vielleicht haben sie aber auch Gelegenheit, im Rahmen des Untersuchungsausschusses ihre Kenntnisse den Kolleginnen und Kollegen, die die Untersuchungen führen, weiterzugeben.
(Leeb (CSU): Wenn Sie Zeugengeld zahlen, dann gern! – Allgemeine Heiterkeit – Herbert Müller (SPD): Was verlangen Sie denn?)
Auf der anderen Seite der Medaille erscheint Karlheinz Schreiber als Beschuldigter, der sich in Briefen und allerlei Interviews bester Kontakte zur CSU und deren Spitzen rühmt. Er hat wohl auch die eine oder andere Mark für die CSU, ihre Stiftungen und ihre Vereine in die Hand genommen. Karlheinz Schreiber hat über Umwege oder direkt auf Konten von Max Josef Strauß Geld eingezahlt, und nach wie vor ist ungeklärt, ob auf die Konten von Max Josef Strauß auch die Kultusministerin, Frau Hohlmeier, Zugriff hatte. Deshalb ist die Frage erlaubt, woher der Sand kommt, der immer wieder ins Getriebe der Augsburger Staatsanwaltschaft gestreut wurde, einer Staatsanwaltschaft, die sich zusammen mit der Steuerfahndung wirklich redlich darum bemüht hat, den Fall aufzuklären. Kurzum, das Vertrauen in die bayerische Justiz und die bayerischen Staatsanwaltschaften ist durch die Vorgänge zwischen München und Augsburg aufs Tiefste erschüttert. Im Kern geht es um die Frage, wie unabhängig bayerische Staatsanwälte ermitteln können, wenn prominente Mitglieder der Union beteiligt sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Klärung – unter anderem – dieser Frage beantragen die SPD und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Untersuchungsausschuss. Wir hätten gerne einen Untersuchungsausschuss in einer Größe von mehr als acht Mitgliedern gehabt, denn der Umfang des Untersuchungsgegenstandes ist mit mehr Kollegen besser zu bewältigen. Von Anfang an aber wurde uns von der CSU signalisiert, dass sie daran kein Interesse hat. Wir mussten diese Entscheidung, bei der es sich um eine Mehrheitsentscheidung handelt, zur Kenntnis nehmen. Richtig finde ich diese Entscheidung nicht.
Jetzt komme ich zum Kollegen Merkl. Im Verfassungsausschuss haben Sie sinngemäß gesagt: „Wir selbst haben am meisten Interesse an der Aufklärung dieser Geschichte“. Herr Kollege Merkl, dies glaube ich Ihnen persönlich unbesehen. Im Hinblick auf die Festlegung der Größe des Untersuchungsausschusses weiß ich allerdings nicht, ob ich dies auch der gesamten CSU glauben darf. Wieweit der Aufklärungswille über den Kollegen Merkl hinaus bis hin zu den Ministerien weitergeht, werden wir im Laufe der Untersuchungen sehen.
Ich nenne einige Punkte, bei denen ich erwarte, dass sie ohne große juristische Spitzfindigkeiten erledigt werden. Selbstverständlich brauchen wir Einblick in die Handakten von Herrn Held und Herrn Froschauer bezüglich der Vorgänge zwischen Augsburg und München. Selbstverständlich erwarten wir von allen leitenden Beamten der Staatsregierung Aussagebereitschaft, und dazu brauchen wir auch die Aussagegenehmigungen. Wir erwarten auch, dass uns die einschlägigen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Selbstverständlich werden wir uns auch nicht auf ein juristisches Klein-Klein einlassen, wenn es darum geht, welche einzelnen Akten aus Berlin wir einsehen dürfen, können und müssen, und wie diese Akten im Einzelnen zu bezeichnen sind. Ich meine, dass die Unterlagen des Untersuchungsausschusses in Berlin in ihrer Gänze dem Bayerischen Untersuchungsausschuss zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, daran werden wir messen, ob Sie es mit der Aufklärung tatsächlich ernst meinen.
Ich darf an dieser Stellen einen kleinen Einschub machen. Wir haben auch zu klären, wie wir in Zukunft mit dem freien Mandat der Abgeordneten in diesem Hause umgehen. Das, was in der letzten Woche in Berlin bei der Durchsuchung durch die politische Abteilung der Münchner Staatsanwaltschaft abgelaufen ist, erfüllt mich etwas mit Sorge. Es wurde wohl auf Unterlagen des SPD-Obmannes im Untersuchungsausschuss zugegriffen, weil sie sich zufälligerweise gerade nicht in seinem Büro befanden, sondern weil sie sein Mitarbeiter hatte. Wenn wir das freie Mandat so verstehen, dass Notizen eines Abgeordneten nur dann geschützt sind, wenn sie sich in seinem Büro befinden, nicht aber wenn sie sich im Büro seiner Mitarbeiter befinden, dann können wir auf Dauer nicht ordnungsgemäß arbeiten.
Jeder weiß, dass die Arbeit im Untersuchungsausschuss ohne die Zuarbeit durch unsere Mitarbeiter nicht möglich sein wird. Logischerweise haben die Mitarbeiter dann aber auch Kenntnis von Vorgängen, und sie müssen auch selbst Kontakte zu Journalisten und zu Leuten, die uns informieren wollen, herstellen. Diese Kontakte sind unumgänglich. Herr Kollege Heike, Sie schütteln gerade den Kopf. Sie haben offensichtlich eine solche Arbeit noch nie gemacht. Es mag sein, dass bei der CSU, die die Arbeit auf fünf Leute verteilt, nicht so viel anfällt. Wir sind nur mit zwei Leuten vertreten. Für diese ist die Arbeit alleine nicht zu machen. Deshalb brauchen wir die Mitarbeiter. Wenn wir aber die Mitarbeiter nicht unter den Schutz des freien Mandates der Abgeordneten stellen, ist unsere Arbeit in nächster Zeit nur schwer möglich.
Dies bedeutet natürlich nicht, dass die Staatsanwaltschaft nicht ermitteln soll und ermitteln muss, wenn Akten berechtigterweise weitergegeben werden.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Heike?
Lassen Sie mich bitte den Gedanken noch zu Ende führen. Die Ermittlungen müssen so geführt werden, dass die Kollegen, die in einem Untersuchungsausschuss tätig sind, auch darauf vertrauen können, dass Notizen über vertrauliche Gespräche mit Journalisten oder andere Aktennotizen nicht in die Hände der Staatsanwaltschaft fallen. Wenn wir daran festhalten können, sind wir uns einig.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gestatten Sie jetzt die Zwischenfrage des Herrn Kollegen Heike? – Bitte.
Herr Kollege, sind Sie bereit zuzugestehen, dass es nicht zu den Aufgaben des Abgeordneten oder seines Mitarbeiters gehört, Journalisten zu informieren?
Es gehört zur Aufgabe des Abgeordneten, Journalisten darüber zu informieren, was von einer Fraktion im Rahmen eines Untersuchungsausschusses geplant ist. Es ist nicht die Aufgabe des Abgeordneten, interne Akten weiterzugeben. Dies war auch nie Gegenstand meiner Ausführungen.
Um mit Journalisten sprechen zu können, brauche ich allerdings Notizen und deren Telefonnummern. Wenn diese Unterlagen durch die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt werden, stellt dies nach meiner Auffassung einen Eingriff in das freie Mandat eines Abgeordneten dar.
Nach Aussagen von Herrn Dr. Maier und Herrn Kindler und nach verschiedenen Presseverlautbarungen hatte die Staatsregierung, vor allem das Justizministerium, im vergangenen halben Jahr reichlich Zeit, die zur Diskussion stehenden Vorgänge selbst aufzuklären. Passiert ist nach unserer Einschätzung nichts. So ist es Aufgabe der Opposition, Licht in die Sache zu bringen und zu schauen, woher der Sand kommt, der permanent in das Getriebe der Augsburger Staatsanwaltschaft geworfen wurde.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Die SPD-Fraktion benennt als Vorsitzenden des einzusetzenden Ausschusses Harald Güller, als Stellvertreterin Dr. Hildegard Kronawitter und als stellvertretende Mitglieder Marianne Schieder und Rainer Volkmann.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zur Ehrenrettung von Herrn Staatsminister Dr. Weiß möchte ich nur anmerken, dass er in meinem Büro hat anrufen und mitteilen lassen, dass er heute leider verhindert sei. Ich meine, wir werden im Untersuchungsausschuss noch genügend Gelegenheit haben, verschiedene Kabinettsmitglieder als Zeugen zu befragen.
Kolleginnen und Kollegen, man braucht schon viel Fantasie, um sich eine solche Räuberpistole auszudenken: Provisionen in Millionenhöhe für dubiose Waffen- und Flugzeuggeschäfte, Korruption, Bestechung, Schmiergeldzahlungen, Betrug und Geldwäsche, verschwundene oder beiseite geschaffte Beweismittel, Beschuldigte, die sich abgesetzt haben oder untergetaucht sind, und diverse Fahndungspannen, Beschuldigte, die rechtzeitig Informationen über drohende Hausdurchsuchungen oder Festnahmen erhalten, Behinderung der Staatsanwälte, die ermitteln wollen, wenn sie denn überhaupt dürfen, verzögerte Haftbefehle, verschleppte Rechtshilfeersuchen, Untätigkeit bei anderen Staatsanwaltschaften, die dazu führen, dass wichtige Zeugen nicht im Land gehalten werden können, sondern ausgeliefert werden müssen.
Das ist der Stoff für spannende Politkrimis, gerade dann, wenn es sich bei den Handelnden um schillernde Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Justiz und dem halbseidenen Waffenhändlermilieu handelt und wenn diese miteinander in einem engen privaten und geschäftlichen Beziehungsgeflecht stehen. Ein Autor würde Italien oder Russland als Tatort für diesen Krimi wählen, als Organisation, die hinter diesen Machenschaften steht, ein kriminelles Mafiasystem internationaler Korruption.
Ein Stoff dieser Art wurde Grundlage für mehrere Buchveröffentlichungen, zahlreiche Medienberichte und – auf Drängen der GRÜNEN – den Berliner ParteispendenUntersuchungsausschuss.
Ort des Geschehens ist Deutschland, ist Bayern, die Staatsanwaltschaft in Augsburg und die dortige Steuerfahndungsstelle, mit deren Ermittlungen 1995 nach einer Selbstanzeige des Kauferingers Unternehmers, Spezialisten für Straßenmarkierungen und Hobbywaffenhändlers Karlheinz Schreiber alles begann. Die handelnden Personen sind führende Unionspolitiker von CDU und CSU, unter ihnen verschiedene Mitglieder des bayerischen Kabinetts und der immer noch flüchtige und per internationalem Haftbefehl gesuchte Holger Pfahls – ExBüroleiter von Franz Josef Strauß, Ex-Verfassungsschutzpräsident, Ex-Verteidigungsstaatssekretär und jetzt mit 3,8 Millionen DM im Koffer auf der Flucht. Das ist das Ende seiner Karriere.
Als säumiger Beitragszahler hat er vor kurzem wohl auch noch sein CSU-Parteibuch eingebüßt. Außerdem ist hier der Amtsleiter im Justizministerium zu erwähnen, Wolfgang Held, der in seinem früheren beruflichen Leben ebenfalls Bürochef von Franz Josef Strauß und außerdem stellvertretender Generalsekretär der CSU war. Zu den handelnden Personen gehört auch der Münchner Generalstaatsanwalt Hermann Froschauer, der den Vollzug der Haftbefehle gegen Pfahls und ehemalige Thyssen-Manager durch Prüfung verzögerte, die Durchsuchung der CDU-Zentrale und die Vernehmung von Altkanzler Helmut Kohl ablehnte und immer wieder als Bremser der Augsburger Ermittler in Erscheinung tritt. Der Augsburger Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Kolb taucht in Schreibers Terminkalender auf, ist mit ihm persönlich bekannt und war immer wieder in Ermittlungsverfahren gegen Schreiber und andere eingeschaltet.
Zu erwähnen sind auch die ehemaligen Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Winfried Haastert, deren Steuerstrafprozess demnächst beginnen wird, sowie die weltweit operierenden Lobbyisten Dieter Holzer – sein Ferienhaus in Südfrankreich diente der bayerischen Politprominenz für illustre Treffen – und Karlheinz Schreiber, der aus seinem Exil in Kanada in regelmäßigen Abständen mehr oder weniger ernst zu nehmende Drohungen gegen seine Parteispezln loslässt, aber, soweit ich weiß, noch immer CSU-Mitglied ist. Statt Panzer, Hubschrauber und Airbusse vertreibt er mittlerweile überdimensionale Nudelkochmaschinen. Last but not least ist Max Josef Strauß zu erwähnen, der sich um das Erbe und die guten Beziehungen seines Vaters kümmert. Denn Vitamin B ist sicherer als jede Schweizer Bank. Nicht genug, dass seine Computerfestplatte mit möglicherweise wertvollen Hinweisen auf das Firmengeflecht und gewisse Geldbewegungen rechtzeitig gelöscht wurde – sie ist auch noch auf ungeklärte Weise bei der Justiz verschwunden.
Ob Berichte und die deutlichen Hinweise, die sich aus der Arbeit des Berliner Untersuchungsausschusses ergeben haben, der Wahrheit entsprechen, das muss ein Untersuchungsausschuss hier in Bayern klären. So haben wir GRÜNE darauf gedrungen, dass der jetzt zur Diskussion stehende Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Die zusammengetragenen und an die Öffentlichkeit gelangten Fakten sprechen jedenfalls eine deutliche Sprache und decken sich mit dem Inhalt der offiziellen Akten. Diese offiziellen Akten – ob es nun Haupt-, Neben-, oder Handakten sind – müssen nun auf den Tisch, und zwar komplett. Die Salamitaktik bei der Aktenlieferung von München nach Berlin – es wurde geradezu „scheibchenweise“ geliefert – darf sich hier nicht wiederholen. Es mag trickreich gedacht gewesen sein, die bereits von Staatsanwalt Dr. Maier kopierten und äußerst aussagekräftigen Handakten zunächst zurückzuhalten. Aber so etwas tun nur diejenigen, die etwas zu verbergen haben. Schließlich enthalten die Handakten so unangenehme Details wie die Anmerkung von Staatsanwalt Dr. Maier , dass er sich für bestellte Berichte zu schade sei.
Die „Schreiber-Spenden-Affäre“ muss gerade in Bayern lückenlos aufgeklärt werden. Schließlich besteht auch aufgrund des Inhalts der Handakten der Vorwurf, dass
das Justizministerium und die Münchner Generalstaatsanwaltschaft systematisch Einfluss auf die Ermittlungen der Augsburger Staatsanwaltschaft genommen haben, und zwar mit dem Ziel, prominente Beschuldigte wie Max Strauß und Holger Pfahls zu schützen und von jedwedem Verdacht einer Verstrickung insbesondere von Kultusministerin Monika Hohlmeier in die Schreiber-Affäre abzulenken. Außerdem steht der Vorwurf im Raum, dass auch in Bayern CSU-Politiker von den Spenden Schreibers und Holzers profitiert haben.
Die Kollegen von der CSU-Fraktion haben bisher gute Mine zum bösen Spiel gemacht und sich in betonter Gelassenheit geübt. Schließlich können sie die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht verhindern. Meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, wenn es nichts zu verbergen gibt, muss ich mich schon fragen, warum Sie unsere beiden Fragen nach dem Inhalt eines Gesprächs zwischen dem damaligen Bundestagsabgeordneten Erich Riedl und Generalstaatsanwalt Hermann Froschauer, das im Mai 1995 stattgefunden haben soll, aus dem Untersuchungsauftrag gestrichen haben. Bei besagtem Gespräch soll es nach der Eintragung in Riedls Terminplaner um die Besetzung „höherer Richterstellen“ gegangen sein. Das ist ein Indiz dafür, dass sich unzuständige Politiker in die Besetzung von Posten bei der Justiz eingemischt haben. Wenn es nichts zu verbergen gibt, hätten entsprechende Fragen ganz einfach im Untersuchungsausschuss geklärt werden können. So bleibt ein bitterer Nachgeschmack zurück. Ein Zusammenhang mit den Ermittlungen besteht, da drei Monate vor dem erwähnten Gespräch die Selbstanzeige Schreibers bei der Steuerermittlungsstelle erfolgt war.
Für die übrigen Änderungen, die Sie in der vergangenen Woche in den Untersuchungsauftrag eingebracht haben, könnten Sie einen Preis für Beschwichtigungsformulierungen gewinnen. Was ist denn der Unterschied zwischen „Trifft es zu...“ und „Sind Berichte zutreffend...“? Was ist der praktische Wert der Einfügung von „gegebenenfalls“? Vorher ging es um die Prüfung unzulässiger staatlicher Einflussnahmen, jetzt um die Prüfung gegebenenfalls unzulässiger Einflussnahmen auf die Ermittlungen gegen Schreiber, Strauß, Pfahls, Holzer, Kiep, Maßmann, Haastert und Riedl.
Ärgerlich ist allerdings die Streichung des Wortes „insbesondere“ an mehreren Stellen. Hierdurch haben Sie versucht, den Fragenkatalog einzuschränken, da der beispielhafte Charakter der angeführten Fragenteile verloren ging. In Berlin sieht der Fragenkatalog des Untersuchungsausschusses ganz anders aus: Er ist kurz und enthält keine detaillierten Einzelfragen.
(Kreuzer (CSU): Der Ausschuss in Berlin ist eine einzige Peinlichkeit! – Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Für die CDU vielleicht!)
Die enge bayerische Regelung führt die Ermittlungen eines Untersuchungsausschusses ad absurdum. Das ist buerocratia maxima bavariae.
Man muss schon vorher das Ergebnis wissen, wenn man einen Sachverhalt von einem Untersuchungsausschuss prüfen lassen will; jede einzelne Fragestellung muss feststehen. In Berlin kommt man mit einem kurzen Untersuchungsauftrag von einer Seite aus, in dem insbesondere das Wort „insbesondere“ auftaucht. Als Beispiel möchte ich die zukünftigen Ermittlungen im Fall Klaus Landowsky, dem Noch-CDU-Fraktionsvorsitzenden in Berlin, nennen. Ohne großes Aufhebens kann auch in diesem neu aufgetauchten Spendenskandal ermittelt werden.
Mit der Auslieferung von Alfred Sirven nach Frankreich ist zunächst ein wertvoller Zeuge verloren gegangen, weil vorher nicht ausreichend ermittelt worden war. Frau Justizministerin Däubler-Gmelin hatte sich bereits darüber beklagt, dass sich keine Staatsanwaltschaft für den Leuna/Elf-Aquitaine-Komplex zuständig gefühlt hat, nicht einmal auf intensive Nachfrage hin. Nach unserem bisherigen Kenntnisstand wollte der Augsburger Staatsanwalt Dr. Winfried Maier in dieser Sache ermitteln, durfte es aber nicht. Auch die Staatsanwaltschaft München I hat die Aufnahme der Ermittlungen abgelehnt.
Da ist es besonders bemerkenswert, dass just an dem Tag, an dem der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Verfassungsausschuss des Landtags beschlossen wurde, von dieser Münchner Staatsanwaltschaft die Wohn- und Büroräume des Mitarbeiters des Berliner SPD-Kollegen Frank Hoffmann wegen möglicher Aktenweitergabe im Zusammenhang mit einem vor neun Monaten in der „Süddeutschen Zeitung“ erschienenen Artikel durchsucht und auf den Kopf gestellt wurden. Selbstverständlich – darin sind wir uns einig – dürfen keine geheimen Akten herausgegeben werden, aber diese Aktion ist absurd und im Hinblick auf das Abgeordnetenrecht höchst problematisch. Für die Aufklärung der Schmiergeldzahlungen im Leuna-Deal wäre es dienlicher gewesen, wenn sich die Staatsanwaltschaft der eigentlich wichtigen Ermittlungen angenommen hätte. Ich kann die Durchsuchungsaktion zu diesem Zeitpunkt nur als Versuch werten, die Opposition im bayerischen Untersuchungsausschuss einzuschüchtern.