Protokoll der Sitzung vom 14.03.2001

Ich kann mich noch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, gut daran erinnern: Es ist noch gar nicht so lange her, als auf einer großen Veranstaltung an der Donau der Herr Ministerpräsident den Vergleich mit der Bundesregierung gezogen und getönt hat: Wir im Freistaat Bayern können dies finanzieren, wir können die Bauern, die Verbraucherverbände mit 600 Millionen DM fördern – im Gegensatz zu dem, was man in Berlin macht. Von einer Milliarde DM habe man in Berlin gesprochen, man schichte um und zum Schluss habe man nur noch 100 Millionen DM übrig, so hat er gesagt. Aber in Wirklichkeit sind Sie es, ist es Ihr Ministerpräsident, ist es die CSU, die hier etwas abzwackt und dort etwas abzwackt. Das ist eine unredliche Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Sie müssen es den Leuten draußen sagen. Ich komme noch darauf, wem genau Sie es sagen müssen. Ich habe mir die letzten Tage immer wieder überlegt, wo der Finanzminister die 600 Millionen DM herbekommt.

(Dr. Bernhard (CSU): Ein Zauberer!)

Wie ist es um die Haushaltslage des Freistaates Bayern bestellt? – Ich sage Ihnen offen, ich glaube nicht, was sie erzählen. Im Haushalt des Freistaates Bayern sind im Jahr 2000 2700 Millionen DM mehr an Steuereinnahmen vorhanden. Das Geld war nicht eingeplant. Der Finanzminister hat immer wieder die Gelegenheit wahrgenommen, über die Bundesregierung und den Bundesinnenminister Schily herzuziehen, weil die Besoldungserhöhung verschoben worden ist, aber er selbst hortet im Haushalt stillschweigend 500 Millionen DM. Insgesamt handelt es sich also um 3,2 Milliarden DM. Wenn man noch das eine oder andere mit einbezieht, muss man sich fragen, wie ist es um die Entwicklung des Haushalts wirklich bestellt.

Herr Finanzminister, ich weiß, wie die Tendenzen sind. Sie sagen, wir müssen mehr für den Länderfinanzausgleich bezahlen. Tatsächlich ist es so, dass wir in den Jahren 1999 und 2000 von einer guten Bundespolitik profitiert haben. Deshalb sind die Steuereinnahmen gestiegen. Das ist Fakt; das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

Wenn ich den zeitlichen Ablauf verfolge, frage ich mich, welcher Gedanke steckt hinter dem Ganzen. Wenn es immer wieder heißt, wie gut die Haushaltslage des Freistaates Bayern ist, dann können wir auf die Haushaltssperre verzichten. Bei einer so guten Haushaltslage brauchen wir sie nicht.

Zu bedenken sind jedoch bestimmte Termine. Ich befürchte, dass Sie es so machen, wie Sie es in der Vergangenheit immer wieder gemacht haben: Sie verhängen eine Haushaltssperre und schaffen sich ein Polster, indem Sie Gelder zurückhalten, um diese als Wohltaten kurz vor den Wahlen – ob Kommunalwahlen oder Landtagswahlen – an das Volk zu verteilen. Diese Vorgehensweise werden wir diesmal nicht dulden. Sie können nicht der Caritas, der Arbeiterwohlfahrt und der Diakonie das Geld verweigern, das diesen Organisationen zusteht, und dafür Wahlgeschenke machen. Das ist eine unredliche, wenn nicht gar verlogene Politik.

(Beifall bei der SPD)

Sie müssen den Leuten konkret sagen, wem Sie 3% wegnehmen. Es ist nicht redlich, dass viele Kolleginnen und Kollegen von der CSU vor Ort immer wieder darauf hinweisen, dass es für die Sportvereine 50 Millionen DM mehr gibt. In Wirklichkeit müssen Sie sagen, die Sportorganisationen bekommen 1,5 Millionen DM weniger. Sie müssen auch darauf hinweisen, dass die Sozialdemokraten mit dem, was sie gesagt haben, Recht hatten. Sie müssen der Caritas und den Sozialstationen sagen, dass sie weniger bekommen. Es genügt nicht, dass CSU-Abgeordnete erklären, sie haben zwar Verständnis, aber man muss sparen. Man muss konkret sagen, BLLV, Caritas und Diakonie bekommen weniger Geld.

Herr Minister, wir sind gern bereit, Ihnen zu helfen. Die Frage war, wo kann man sparen. Es wird immer so getan, als ob die Opposition dazu keine Vorschläge machen könnte. Wir machen sogar viele Vorschläge. Wenn Sie nicht wissen, wo man einsparen kann, empfehle ich Ihnen, Seite 26 unseres dicken Haushaltsbuchs aufzuschlagen. Dort geht es um die Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Staatskanzlei. Ministerpräsident Stoiber und sein Team haben im Jahr 1999 für die Öffentlichkeitsarbeit 3,019 Millionen DM gebraucht. Die gleiche Staatskanzlei verordnet der Caritas, der Arbeiterwohlfahrt, der Diakonie und dem Evangelischen Bildungswerk einen Sparkurs. Und was macht Herr Stoiber jetzt? – Er sagt, er will für die Öffentlichkeitsarbeit im Jahr 2001 5 Millionen DM mehr. Die Summe steigt von 3 Millionen DM auf 8 Millionen DM. Wenn Sie nicht wissen, wo man sparen kann, schlagen Sie Seite 26 des Haushalts auf. Hier gibt es Möglichkeiten. Wir meinen, der Oberste sollte mit gutem Beispiel vorangehen. Die Staatskanzlei muss mit dem Sparen beginnen, nicht die Caritas oder andere Organisationen.

(Beifall bei der SPD)

Sie können im Haushalt noch mehr finden. Ich könnte zum Beispiel mit den Planstellen fortfahren. Herr Minister, es müsste Ihnen doch zu denken geben, wenn auf der einen Seite Ihre Kollegin Frau Hohlmeier jammert, dass es keine Lehrkräfte gibt, und auf der anderen Seite die Personalkosten der Staatskanzlei um 1,5 Millionen DM angestiegen sind. Auf der einen Seite verordnen Sie den Bürgern einen Sparkurs; auf der anderen Seite verfahren Sie äußerst großzügig.

Uns bewegt auch ein Thema, das heute bereits Gegenstand der Fragestunde war, nämlich die freiwilligen Leistungen. Wer ist denn betroffen? – Selbstverständlich sind die Kommunen betroffen. Selbstverständlich sind die Bamberger Symphoniker betroffen. Selbstverständlich sind die Sportorganisationen und die sozialen Einrichtungen betroffen. So behandeln Sie die Leute, die Tag für Tag ehrenamtlich arbeiten. Denen kürzen Sie die Zuschüsse, während Sie in Sonntagsreden erklären, wie Sie das Ehrenamt fördern wollen. Sie haben eine Möglichkeit, das Ehrenamt wirklich zu fördern: Verzichten Sie auf eine Haushaltssperre. Damit tun Sie etwas Gutes für die Organisationen, die Vereine und für die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Bernhard.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kernpunkt, an dem Sie völlig vorbeireden, ist doch, dass wir uns aufgrund der BSE-Krise und anderer Dinge in einer dramatischen Situation befinden, die besondere Antworten verlangt. Das, was Sie machen, ist billig. Ich habe von Ihnen nichts zur Notwendigkeit der Maßnahmen gehört. Äußern Sie sich doch einmal dazu, ob Sie das Programm bezüglich seines Volumens und seiner Maßnahmen für richtig oder falsch halten.

(Beifall bei der CSU)

Das ist der Ausgangspunkt. Im Folgenden können wir über die Finanzierung debattieren.

Frau Kellner, ich kenne Sie eigentlich als seriöse Haushaltspolitikerin, auch wenn wir mit vielem, was Sie fordern, nicht einverstanden sind. Dass Sie jetzt Anträge stellen und einfach sagen, es soll Geld ausgegeben werden, ohne dass man weiß, wo das Geld für anderes herkommen soll, das ist billig und plump.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Frau Abgeordneten Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie haben Umschichtungen angemahnt. Eine Sperre ist letztlich nichts anderes als eine Umschichtung. Wenn die Mittel aus der Sperre für eine neue dringende Aufgabe verwendet werden, ist das eine Umschichtung. Es handelt sich um eine Prioritätensetzung, die Sie nicht begreifen. Diskutieren wir doch einmal darüber, ob die Maßnahme notwendig ist. Dann unterhalten wir uns

darüber, wie die Dinge finanziert werden sollen. Es geht eben nicht so wie in Berlin, wo Sie mit 100 Millionen DM einen billigen Beitrag zur Behebung der Krise beisteuern. Das ist unseriös.

Herr Kollege Dr. Bernhard, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Kellner?

Das, was wir hier tun, ist die Wahrnehmung der Verantwortung, die uns im Moment abgefordert wird.

(Maget (SPD): Was kostet das Programm?)

Ich will deutlich sagen, wir müssen diese Herausforderung im Rahmen unseres finanzpolitischen Kurses bewältigen. Es kann doch nicht sein, dass wir im großen Stil die Nettoneuverschuldung erhöhen. Auch wenn Sie es heute früh angezweifelt haben, wir wollen das Ziel eines schuldenfreien Haushalts im Jahr 2006 erreichen, weil es finanzpolitisch vernünftig ist. Neue Herausforderungen müssen im vorgegebenen Rahmen bewältigt und finanziert werden.

Ich will nicht bestreiten, dass wir zum Teil dieselben Anliegen haben, und zwar auch auf den Feldern, die Sie genannt haben. Man muss aber abwägen, was jetzt Priorität hat, was jetzt notwendig ist und was freiwillige Leistungen sind. Auch wenn es bedauerlich ist – keiner macht das gern –, muss man bei den freiwilligen Leistungen zumindest eine Sperre verhängen.

Im Zusammenhang mit dem, was Sie zu den Kommunen gesagt haben, weise ich darauf hin, Investitionen sind von der Sperre ausgenommen. Das ist unser großer Schwerpunkt. Wir haben immer gesagt, wir brauchen einen ausgeglichenen Haushalt, wollen aber die Investitionsquote halten. Deshalb sind die Investitionen von der Sperre ausgenommen.

Frau Kellner, dramatisieren Sie nicht. 3% sind nicht alles. Das ist nicht der Cappuccino, sondern das sind nur 3%. Dramatisieren Sie die Dinge bitte nicht so.

Sie werden auch erleben, dass wir den Agraretat umschichten werden, was Sie angezweifelt haben. Das ist eine völlig vernünftige Forderung. Bei Ihnen sehe ich aber schon einen gewissen Widerspruch. Sie beklagen die anderen Kürzungen, wenn aber bei der Landwirtschaft gekürzt und in größerem Umfang umgeschichtet wird, dann zeigen Sie kein Verständnis für die Betroffenen. Das ist die Politik, die Sie auch in Berlin betreiben. Wir haben heute Morgen schon deutlich gesagt, dass es eine Politik auf Kosten der Landwirtschaft mit uns nicht geben wird. Sie betreiben in Bayern die Politik, die Frau Künast auf Bundesebene betreibt. Sie interessieren sich nicht für die Bauern.

Gestatten Sie noch eine Bemerkung zu den Ausführungen von Herrn Kollegen Strasser. Herr Kollege Strasser hat vom Aufschwung gesprochen. Wie war das denn damals? Herr Schröder hat, als er noch gar nicht Bun

deskanzler war, den Aufschwung, der unter der Regierung Kohl einsetzte, für sich reklamiert.

(Dr. Jung: Zu Recht!)

Das ist volkswirtschaftlich eine schwierige Geschichte. Wie sieht jetzt die Realität aus? Man muss an Ihrem volkswirtschaftlichen Verstand zweifeln, wenn Sie glauben, dass eine Regierung, die Ende 1998 angefangen hat zu regieren, an den Steuereinnahmen etwas geändert hat, noch dazu, wenn man bedenkt, welche Politik 1999 von der gegenwärtigen Regierung betrieben worden ist. Das ist geradezu lächerlich.

(Hufe (SPD): Wir haben 300000 Arbeitslose weniger!)

Realität ist, dass leider die Konjunktur wieder abflacht und wir einen dramatischen Einbruch bei den Steuereinnahmen haben.

Was haben Sie denn bisher gemacht? Sie haben eine Steuerreform gemacht, von der alle Sachverständigen sagen, dass sie keine Push-Wirkung hat, weil 2005 eine Stufe erreicht wird, in der die Steuerermäßigungen längst durch die Progression und Inflation aufgezehrt sind. Die OECD hat erst kürzlich Ihre Arbeitsmarktpolitik verheerend beurteilt, weil Sie den Arbeitsmarkt nicht deregulieren, sondern weiter regulieren. Darauf möchte ich im Einzelnen nicht eingehen.

Was die Staatskanzlei betrifft, so ist diese durch die Sperre genauso wie andere Bereiche betroffen. Sie wissen auch, dass die Personalmehrungen in der Staatskanzlei zustande gekommen sind, weil man Abordnungen aufgehoben und in Planstellen umgewandelt hat. Die Staatskanzlei hat über all die Jahre ihr Soll an Personaleinsparungen erfüllt. Ich verstehe die Kritik überhaupt nicht. Deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Der nächste Redner ist Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser. Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kellner hat in ihrer Rede gesagt, dass sich unsere Maßnahmen gewaltig anhörten, und sie versuchte dann, dies zu relativieren. Ich kann nur sagen: Dieses 600-Millionen-DM-Programm ist gewaltig. Genau das ist der Unterschied zu dem, was wir von Bonn und Brüssel hören. Keine Ankündigungen, keine Reden, sondern schlicht und einfach Fakten.

(Beifall bei der CSU)

In Berlin und in Brüssel gibt es Ankündigungen ohne Ergebnisse.

Meine Damen und Herren, ich will es Ihnen noch einmal vorrechnen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich weniger aufs Schreien konzentrieren würden und mehr aufs Zuhören, dann wären Sie etwas aufgeklärter. Ich ringe um Ihre Aufmerksamkeit. Hören Sie bitte zu. Sie wollen offenbar nicht hören.

(Glocke des Präsidenten)

Die Bundesregierung hat Maßnahmen angekündigt, die zusammengerechnet eine Milliarde DM kosten werden. Tatsächlich hat sie 900 Millionen DM gegenfinanziert. Netto sind für das gesamte Thema BSE und sein Umfeld insgesamt 100 Millionen DM für die Bundesrepublik Deutschland übrig geblieben. Das sind für den Freistaat Bayern grob 15 Millionen bis 20 Millionen DM. Das ist das, was Frau Künast zustande gebracht hat. Sie redet in einer großen Geschwindigkeit, aber ohne Ergebnis. Das ist der Punkt.