Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Herr Minister, in welcher Weise kommt die Staatsregierung, die als eine von wenigen Regierungen noch für die Atomkraft eintritt, ihrer besonderen Verpflichtung nach, sich um die Folgen dieser Technologie zu kümmern? Wie will sie unter anderem die Endlagerung sichern?

(Willi Müller (CSU): Da gab es eine Vereinbarung zwischen den Bundesländern!)

Herr Staatsminister.

Herr Kollege Dürr, wenn Sie der bisherigen Beantwortung aufmerksam gefolgt wären, hätten Sie ihr die Antwort auf Ihre Frage eigentlich schon entnehmen können.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Ich betone noch einmal, dass wir auf dem aufbauen, was bereits seit zwanzig Jahren mit einem Aufwand von 2500 Millionen DM betrieben worden ist. Ich zitiere auch die Einschätzung der von Ihrer Partei mitgetragenen Bundesregierung:

Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes wurden positiv bestätigt.

Eine zweite Aussage der von Ihnen mitgetragenen Bundesregierung:

Damit stehen die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstocks Gorleben nicht entgegen.

Ich meine, dass wir nicht immer wieder bei Adam und Eva anfangen sollten. Wir stehen jetzt kurz vor dem Ende einer Erkundung mit einem enormen Zeitvorlauf und mit einem enormen finanziellen Engagement; die 2,5 Milliarden DM haben unsere Bürgerinnen und Bürger über die Stromgebühren bezahlt. Die Erkundung sollte jetzt abgeschlossen werden.

Die rot-grüne Bundesregierung verschiebt die Endlagerung im Grunde genommen auf den Sankt-NimmerleinsTag. Wir aber möchten, dass die Erkundung jetzt been

det wird und dass, wenn die Erkundung zu positiven Ergebnissen führt, dann auch gebaut wird.

(Beifall bei der CSU – Dr. Wilhelm (CSU): Genauso ist es!)

Nächste Zusatzfrage: Frau Kollegin Peters.

Herr Staatsminister, wann ist die Bayerische Staatsregierung bereit, die einzig richtige Konsequenz aus der Erkenntnis „kein Endlager in Bayern“ zu ziehen, keinen Atommüll mehr zu produzieren?

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin, eine Frage stellen, heißt eigentlich, sich auch selbst die Antwort geben können. Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt und die Ministerpräsidenten aller Länder haben sich 1979 durch Beschluss in der Ministerpräsidentenkonferenz auf eine gemeinsame Vorgehensweise und auf ein gemeinsames Entsorgungskonzept geeinigt. Dieses Konzept ist über mehr als 20 Jahre im Konsens zwischen Bund und Ländern umgesetzt worden. Auch heute wird an unserer Grundhaltung noch deutlich, dass es uns bei der Endlagerung um die höchstmögliche Sicherheit geht. Wenn das Medium Salz die höchstmögliche Sicherheit bieten sollte, sollte es auch genommen werden. Die Endlagerung sollte aber nicht, wie Ihr Parteikollege Struck gesagt hat, nach Süden verschoben werden – egal ob nach Bayern oder nach Baden-Württemberg, Hauptsache, es ist im Süden. Diese Äußerung offenbart, dass es ihm nicht um die Sicherheit geht, sondern darum, die Südländer abzustrafen.

Damit sind die Fragen an den Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen zu Ende. Vielen Dank! Der nächste am Rednerpult ist Herr Staatsminister Miller für das Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Schindler.

Herr Staatsminister, aus welchen Gründen müssen Wandervereine seit dem 1. Januar 2001 für die Gestattung der Durchführung von Wandertagen im Bereich des Staatswaldes sogenannte Sachbehandlungsbeiträge, Gestattungsentgelte und Wegebenutzungsgebühren entrichten, und welche Einnahmen will die bayerische Forstverwaltung dadurch erzielen?

Herr Staatsminister.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Herr Präsident, Herr Kollege Schindler! Bei der Erhebung von Unkostenbeiträgen oder Sachbehandlungsbeiträgen handelt es sich um eine allgemeine Regelung für Verträge im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Forstgrund, welche nicht neu ist. Die Erhebung dieser Beiträge war bisher auch schon möglich. In der neu

gefassten Nebennutzungsrichtlinie der Bayerischen Staatsforstverwaltung sind jedoch erstmalig seit dem 1. Januar 2001 empfohlene Beitragshöhen aufgeführt. Dies führt dazu, dass an vielen Forstämtern hiervon erstmalig Gebrauch gemacht wird. Die Beiträge sollen Kosten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Nutzungsvertrags, der Überlassung von Kartenmaterial, im Zusammenhang mit sonstigem Büroaufwand, mit der Einweisung, der Routenfestlegung und Überprüfung mit dem örtlichen Revierbeamten und im Zusammenhang mit der Entfernung von versehentlich unbeseitigtem Müll teilweise decken.

Bei Veranstaltungen mit gewerblichem Charakter – zum Beispiel mit Startgebühren, Werbeeinnahmen oder Betreiben von Verkaufsständen etc. – muss ein Nutzungsentgelt verlangt werden. Wenn es sich also um Veranstaltungen handelt, bei denen Erlöse erzielt werden, dem Staat aber die Kosten verbleiben, muss ein Ausgleich verlangt werden. Bei Wandertagen ohne gewerblichen Charakter, die ausschließlich einem anerkannt gemeinnützigen Zweck dienen, wird kein Nutzungsentgelt verlangt.

Für die Veranstaltung bzw. die Wegebenutzung durch die Wanderer wird keine Entschädigung verlangt. Für das Befahren der Privatwege der Bayerischen Staatsforstverwaltung mit Kfz wird je nach Zahl und Größe der Fahrstrecke ein geringfügiges Entgelt erhoben. Das Ziel dieser Maßnahme ist nicht die Erwirtschaftung von Einnahmen, sondern die angemessene Minderung der mit organisierten Veranstaltungen verbundenen Sonderausgaben. Sonderleistungen des Staates, die über die allgemeine Staatsfürsorge für alle Bürger deutlich hinausgehen, sind auch in anderen Verwaltungsbereichen gängigerweise erstattungspflichtig. Deshalb werden hier, wie in anderen Bereichen mit Gemeinwohlfunktion auch, nur Anerkennungsbeiträge verlangt.

Zusatzfrage: Herr Kollege Schindler.

Herr Staatsminister, ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie den zweiten Teil der Frage, welche Einnahmen die Bayerische Staatsverwaltung dadurch erzielen möchte, bislang nicht beantwortet haben. Ich möchte gleich eine Zusatzfrage anschließen: Warum muss man seit dem 1. Januar 2001 Gebühren erheben, wenn es nicht darum geht, einen wirtschaftlichen Ertrag für den Staat zu erzielen?

Herr Staatsminister.

Ich habe gesagt, dass das nicht neu ist, aber dass seit 1. Januar viele Forstämter aufgrund der neugefassten Nebennutzungsrichtlinie diese Gebühr verlangen. Wir haben jetzt noch keine Übersicht, wieviel Geld hier eingegangen ist, zumal in der Winterzeit solche Veranstaltungen kaum stattfinden, sondern erst jetzt beginnen. Es kann doch nicht sein, dass die Veranstalter Geld machen, während die hierfür entstehenden Kosten sozialisiert werden. Auch wenn über ein bestimmtes

Maß hinausgehend Personal in Anspruch genommen wird, laufen entsprechende Gebühren auf. Die Gebührenregelungen werden aber durchaus mit Augenmaß gehandhabt.

Weitere Zusatzfrage: Der Fragesteller.

Herr Staatsminister, wenn nur ganz geringe Einnahmen erzielt werden können, wie ich vermute, stellt sich dann nicht auch für Sie die Frage, ob der Aufwand, der Ertrag und insbesondere der Ärger, welcher sich bei den Wandervereinen durch diese neue Verwaltungspraxis ergibt, noch in einem Verhältnis zueinander stehen?

Herr Staatsminister.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Soweit die Erhebung der Beiträge die zu erzielenden Beträge übersteigt, wird das sicherlich nicht gemacht. Sie wissen aber auch, dass wir sehr viele Anfragen nach Wanderveranstaltungen haben, und dass die Staatsforstverwaltung hier sehr stark eingebunden ist. Die Forstverwaltung ist ein Wirtschaftsbetrieb bzw. sie ist wie ein Wirtschaftsbetrieb zu führen. Wenn hier größere Kosten auflaufen, sind sie auch zu erstatten, weil schließlich auch Einnahmen erzielt werden. Es kann doch nicht so sein, dass die Staatsforstverwaltung nur die Ausgaben trägt.

Nächster Fragesteller: Herr Kollege Dr. Dürr.

Herr Minister, nachdem die russische Regierung letzte Woche ein Importverbot von Rindfleisch aus der EU verfügt hat und die Bayerische Staatsregierung laut Auskunft von EUKommissar Fischler keine EU-Ausfuhrgenehmigung beantragt hat, eine Förderung durch eine bayerische Staatsbürgschaft aber unzulässig ist, frage ich Sie, mit welchem speziellen Beitrag der Staatsregierung der Export von bayerischem Rindfleisch nach Moskau ermöglicht wird, wann der Handel, den laut Presseberichten Ministerpräsident Stoiber anlässlich eines Fußballspiels bzw. laut Ihrer eigenen Auskunft Sie, Herr Minister, persönlich in Moskau eingefädelt haben, zustande kommen wird und welche Folgen ein Scheitern für den bayerischen Rindfleischmarkt hätte?

Herr Staatsminister.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Das Importverbot für Nahrungsmittel durch die russische Regierung wegen der Maul- und Klauenseuche war nicht vorhersehbar. Die Einfuhrsperre hat mit diesem Exportauftrag überhaupt nichts zu tun, somit kann die Staatsregierung dafür auch nicht verantwortlich gemacht werden.

Eine Genehmigung der EU für den Export von Rindfleisch nach Russland ist nach Kenntnis unseres Minis

teriums nicht notwendig. Die Exportfirma stellt den Antrag auf Erteilung einer Exportlizenz und auch auf Erstattungsgebühren, die bei Bullenfleisch derzeit 3,60 DM pro Kilo und bei Kuhfleisch 1,80 DM pro Kilo betragen. Exportlizenzen und Exporterstattungen wurden bisher auch immer erteilt. Die Exportlizenz wurde immer erteilt, die Erstattung je nach geltender Höhe.

Die vorgesehenen Lieferungen sollen durch HermesBürgschaften abgesichert werden. Sofern Hermes weiterhin keine Ausfuhrgewährleistungen für Russland übernimmt, soll ausnahmsweise – und das ist ja dem Landtag bekannt – eine Absicherung des Exportkredits durch den Freistaat Bayern vorgenommen werden. Die außerordentlichen Umstände der BSE-Krise rechtfertigen ein solches außergewöhnliches Engagement. Sie wissen, dass die Absicherung der Exportaufträge über die Banken einen hohen Stellenwert hat.

Geschäfte dieser Größenordnung können nicht auf Vorauskasse getätigt werden.

Auch wenn die Bürgschaft über den Freistaat Bayern erfolgt, ist sie EU-konform, weil sie wie eine HermesBürgschaft ausgestaltet wird. Das war die Grundbedingung der Brüsseler Beamten, die gesagt haben, Hermes-Bürgschaften dürfen gewährt werden. Wenn man im Rahmen der Hermes-Bürgschaft bleibt, kann das Geld gewährt werden. Wie gesagt, das hat ein Gespräch mit der Kommission ergeben.

Die Bayerische Staatsregierung hat durch ihre guten Beziehungen zur Stadt Moskau den Weg für mögliche Rindfleischlieferungen geebnet und wird diese soweit wie möglich unterstützen. Jedoch können die Lieferung nur zustande kommen, wenn sich die privatwirtschaftlichen Handelspartner bezüglich der Lieferungen, Preise, Konditionen und Qualitäten einig werden. Darauf hat die Bayerische Staatsregierung keinen Einfluss.

Bei einem Scheitern der Rindfleischlieferungen würde bei der derzeitigen Situation auf den Märkten das Überangebot an Rindfleisch langsamer abgebaut werden können. Sie wissen, dass allein die Ankündigung des Geschäftes zu dem Zeitpunkt, als nichts mehr abgeflossen ist, nachweislich zu einem Anstieg der Preise geführt hat.

Zusatzfrage: Herr Kollege Dr. Dürr.

Staatsminister Sinner hat vorhin erklärt, dass sich die Märkte längst wieder normalisieren. Er ist stolz darauf, dass sich kein bayerischer Schlachthof an der Marktmaßnahme beteiligen muss. Sie haben an Frau Ministerin Künast geschrieben, dass Ministerpräsident Dr. Stoiber das Geschäft eingefädelt habe. Gleichzeitig erklären Sie aber, Sie hätten das selbst getan. Ich hätte gern gewusst, ob Sie nicht dann, wenn Sie Kühe nach Moskau exportieren, mit der EU-Bestimmung in Konflikt geraten, wonach funktionierende Märkte nicht gestört werden dürfen. Sie selbst haben vorhin ausführlich dargelegt, dass der Markt in Russland noch funktioniert hat.

Wie soll Ihre Maßnahme mit der EU-Bestimmung konform gehen?

Herr Staatsminister, bitte.

Es war nie daran gedacht, diese Märkte durch bayerische Exporterstattungen, die wir nicht gewähren können und dürfen, zu stören. In Russland gibt es keine Unterscheidung zwischen Bullenfleisch und Kuhfleisch. Alles wird als Rindfleisch bezeichnet. Was letztlich exportiert wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Entscheidend ist zum einen die jeweils geltende Exporterstattung. Ich habe bereits gesagt, die Summe beträgt derzeit für Bullenfleisch 3,80 DM und für Kuhfleisch 1,80 DM. Zum anderen ist entscheidend, was auf dem Markt verfügbar ist.

Bayern ist jedes Jahr auf der Pro Expo. Unsere Ernährungswirtschaft unterhält – unterstützt von der Staatsregierung – gute Beziehungen zur russischen und insbesondere zur Moskowiter Ernährungswirtschaft. Unsere Firmen sind in Kontakt. Während der Diskussion über den Haushalt des Verbraucherschutzministeriums habe ich Ihnen gesagt, wie viel Exportlizenzen für Russland von Deutschland genehmigt worden sind. Tatsache ist, dass bei meinem Besuch ein Vertrag zwischen einer deutschen Firma und eine russischen Firma über die Lieferung von 10000 Tonnen Fleisch unterzeichnet wurde. Wenn Sie so wollen, sind wir dabei Pate gestanden. Dasselbe gilt für dieses Geschäft. Die Bearbeitung der Hermes-Bürgschaften braucht eine gewisse Zeit. Der Zuschlag wird auf einer Ausschusssitzung gegeben, die in den nächsten Tagen stattfinden wird. Dann werden wir wissen, ob eine Hermes-Bürgschaft zur Verfügung steht. Damit steht die finanzielle Absicherung des Geschäftes.

Anschließend müssen die Handelspartner den Preis finden. Dann muss die Ware bereitgestellt werden.